Prozesserklärung / Amtsgericht HH-St. Georg // 26.7.13

Prozesserklärung zum Prozess gegen einen Kieler Antifaschisten am 26.7.13 in Hamburg anlässlich des Naziaufmarsch in Hamburg am 2. Juni 2012

Ich bin heute angeklagt, weil mir auf Grundlage der Aussagen dreier Polizisten vorgeworfen wird, am Abend des Aufmarsches von etwa 600 Neonazis am 2. Juni 2012 in Hamburg-Wandsbek am Hamburger Hauptbahnhof einen dieser Polizisten mit einer abenteuerlichen Schlag-Knie-Kombination angegriffen und verletzt zu haben und mich bei der anschließenden Festnahme zur Wehr gesetzt zu haben. Vorausgegangen sei meinem angeblichen Angriff der Versuch seiner Polizeieinheit, mich und andere als Antifaschist_innen ausgemachte Personen durch Umzingelung davon abzuhalten, in das Bahnhofsgebäude zu gelangen, das etwa zeitgleich von abreisenden Neonazis passiert worden sein soll.

Wir werden im Laufe des Prozesses voraussichtlich noch Polizei-eigene Videoaufzeichnungen von der Abführung meiner Person zu Gesicht bekommen, die nicht zufällig erst nach den vermeintlichen Handlungen, die mir vorgeworfen werden, einsetzen, aber trotzdem eine andere Version des Geschehens als naheliegender erscheinen lassen: Da physischer Widerstand ohne übernatürliche Kräfte nahezu eine Sache der Unmöglichkeit ist, wenn drei gepanzerte Personen ihre volle Körperkraft einsetzen, um eine ungepanzerte Person auf dem Boden zu fixieren, wird es wohl auch keinen entsprechenden Widerstand gegeben haben. Und wenn der angebliche Täter, also ich, mit blutiger Nase über den Bahnhofvorplatz und vorsätzlich gegen eine Schiebetür geschubst wird, drängt sich der Verdacht auf, dass irgendeine Art von Schlagkombination wohl kurz zuvor eine Körperverletzung hervorgerufen hat, Empfänger und Absender in den der Anklage zu Grunde liegenden Aussagen aber offensichtlich vertauscht wurden. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ich anschließend während einer Odyssee durch verschiedene Polizeiwachen, Gefangenenzellen und Amtszimmer noch etwa fünf Stunden meiner Freiheit beraubt wurde.

Nun könnte ich empört feststellen: „Mir ist hier ganz offensichtliches Unrecht widerfahren, dies ist ein Skandal!“ Und diesen gelte es nun mit der Kundtat meines Wissens über die tatsächliche Vorgänge am frühen Abend des 2.6., Tatort Hauptbahnhof, aufzudecken, um vor dem unabhängigen Gericht seine Richtigstellung zu erwirken. Dies ist aber nicht die vordergründige Motivation, die mich veranlasst hat, Widerspruch gegen den für Gericht und Staatsanwaltschaft äußerst komfortablen, weil arbeitssparenden und im nicht-öffentlichen Raum zum Ziel führenden, Strafbefehl einzulegen, den ich vor ein paar Monaten erhalten habe. Denn dagegen, mir als linker Antifaschist, der hier auch nicht vor hat, seine politischen Überzeugungen und damit auch nicht die selbstredende Teilnahme an den Gegenaktivitäten zum Naziaufmarsch am 2.6. zu leugnen, vor Gericht realistische Chancen auszumalen, sprechen durch zahllose Fälle unterfütterte Erfahrungswerte. Diese veranlassen mich im Gegenteil leider dazu, anzunehmen, dass bürgerliche Gerichte spätestens bei der heutigen Konstellation – unbelehrbarer linker Trotzkopf vs. drei im Verprügeln von Demonstrant_innen und seinem juristischen Nachspiel wohl erfahrene Angehörige einer kasernierten Truppe Bereitschaftspolizist_innen – schnell mal seine vorgebliche Unabhängigkeit verliert und Judikative und Exekutive eine letztlich kaum verwunderliche Interessengleichheit bei der Wahrung ihrer Sicherheit und Ordnung beweisen. Eine Aussage meinerseits würde somit kaum mehr als den Zweck erfüllen, als den Schein einer unvoreingenommen und jenseits politischer Interessen urteilenden Gerichtsbarkeit zu wahren, um am Ende trotzdem der Einheitsaussage des von Beruf aus glaubwürdigen polizeilichen Gegenübers zu unterliegen.
Ein Fünkchen Hoffnung, hier heute vielleicht trotzdem noch meinen Kopf ein Stück weit aus der Schlinge zu winden, setze ich wenn überhaupt darin, dass die drei Brandenburger Kollegen, die uns später noch im Gerichtssaal beehren werden, dann vielleicht doch nicht so routiniert sind, wie bei der am 2.6. unter Beweis gestellten in Perfektion praktizierten Disziplin des Aufmischens von Demonstrant_innen. Für einen Genossen hat dieser eher die Regel bestätigende Ausnahmefall ebenfalls im Zusammenhang mit dem 2.6.2012 im Februar ja immerhin überraschenderweise einen vorläufigen Freispruch bedeutet.

Aber was verspreche ich mir stattdessen davon, wenn ich mich im Vorfeld des Prozesses für die Anklagebank entschieden habe, obwohl dies wohl einer der letzten Orte ist, an dem man für Gewöhnlich gerne Platz nimmt? Nun, ich bin es leid, dass das Gelaber von der zunehmenden Gewalt gegen Polizist_innen, dass auch im Nachklang des 2.6. mal wieder, z.B. unter erheblicher Beihilfe der rechtspopulistischen „Deutschen Polizeigewerkschaft“, durch die Mainstream-Medien geisterte, unwidersprochen hinzunehmen. Insbesondere dann, wenn auch meine zu erwartende Verurteilung u.a. den Zweck hat, Zahlen herbeizuführen, die dieses Märchen dann statistisch belegen sollen. Dass die Aussagekraft solcher Beweisführungen über tatsächliche Verhältnisse dann auch tatsächlich der eines Märchens gleichkommt, bezeugen u.a. die heute zu verhandelnden Geschehnisse: Polizeiübergriffe, wie sie ganz alltäglich alle möglichen Menschen erleiden müssen, die sich den nicht selten auch willkürlichen Spielregeln der selbstherrlichen Hüter_innen der bürgerlichen Ordnung nicht fügen wollen – z.B. aus politischen Gründen oder weil sie lieber ihren eigenen, viel besseren Regeln vertrauen – oder dies gar nicht können – etwa weil ihnen das hierzu nötige Kleingeld oder das richtige Ausweisdokument fehlt – gehen nicht als solche in die öffentliche Wahrnehmung ein. Im Gegenteil: Ist dem Kollegen bei einem Einsatz mal wieder Faust oder Knüppel über das gesetzlich gebilligte Maß hinaus ausgerutscht, etwa weil das Feindbild passte oder ihm nicht die gewünschte Unterwerfung entgegengebracht wurde, ist die Anzeige mit umgekehrten Vorzeichen schnell geschrieben, die Aussage abgestimmt, die herzzerreißende Pressemitteilung über die Polizei als Opfer inkl. Forderung nach „drastischen Strafen durch die Justiz“ und keinen „Kuschelskurs mit Antifaschisten“ in Umlauf gebracht und das Urteil damit bereits weitestgehend festgeschrieben. Und – voilà : Obwohl die Straße ein anderes Lied zu singen weiß, nimmt in den Parlamenten, den Medien, an den Stammtischen und wahrscheinlich sogar in der polizeilichen Selbstwahrnehmung nun nicht mehr Polizeigewalt, sondern Gewalt gegen Polizist_innen zu.

Aber auch eine andere Funktion eint bürgerliches Märchen und Propaganda à la DPolG und Verbündete: Beide arbeiten bewusst mit Unwahrheiten, die gezielt verbreitet und so penetrant wiederholt werden, dass selbst der nüchterne Verweis auf das überdeutliche Verhältnis von 450 während des Polizeieinsatzes am 2.6. verletzten Antifaschist_innen gegenüber 19 angeblich verletzten Beamten nicht mehr gegen deren Horrorszenario eines „in Schutt und Asche gelegten Stadtteils Wandsbek“ anzukommen weiß. Aber es ist nicht nur der polizeiliche Eigennutz nach belieben die Sau raus lassen zu dürfen, der dahinter steht, sondern es geht vielmehr noch auch um eine übergeordnete gesellschaftliche Zielsetzung. Das Zerrbild des zunehmend geschundenen Opfers Polizeibeamte_r und die Lüge von dem Ansteigen von Kriminalität und Gewalt sind die propagandistische Vorbereitung dafür, ohne breiten gesellschaftlichen Widerspruch auf gesetzgebender Ebene das Feld der polizeilichen Befugnisse immer mehr auszuweiten, das Strafmaß zu erhöhen sowie Grundrechte einzuschränken und auszuhöhlen. Ziel solcher Maßnahmen ist es natürlich nicht, das Leben der Menschen sicherer zu gestalten, wie dann suggeriert wird, sondern einen staatlichen Kontroll- und Repressionsapparat zu installieren, der die herrschende Ordnung selbst dann in der Lage ist aufrecht zu erhalten, wenn das soziale Konfliktpotenzial der gleichzeitigen Verarmungs- und Verunsicherungspolitik als Prävention und autoritäre Antwort auf die andauernde kapitalistische Weltwirtschaftskrise sich auch hier im Land der Profiteure einmal, in welcher Form auch immer, droht aufzubrechen, wie es – im Vergleich vielleicht etwas hinkend – anderswo längst der Fall ist.

Und an diesem Punkt lohnt es sich dann auch mal, kurz von der moralisierenden zur nüchternen Perspektive überzugehen: Denn solange es den beruflichen Tätigkeiten des_der Polizist_in inbegriffen ist, der Gesetzeslage entsprechend Wohnungslose von öffentlichen Plätzen zu vertreiben, rassistische Kontrollen durchzuführen, Abschiebungen zu vollziehen, Mieter_innen aus ihren Wohnungen zu räumen, Ladendiebe festzunehmen, von Zeit zu Zeit mal einen x-beliebigen Störenfried aus nichtigen Gründen zu erschießen oder eben Nazi-Demos durchzusetzen, kurzum: eine Ordnung zu hüten, die linke Aktivist_innen gemeinhin als menschenfeindlich ablehnen, herrscht zwischen diesen und der Polizei ein Interessengegensatz, den selbst die noch so ernst gemeinteste Deeskalationstrategie nicht in der Lage wäre, zu versöhnen. Folglich ist es kaum vermeidbar, dass linke Aktivist_innen und die Polizei von Zeit zu Zeit aneinandergeraten. Am heute zu verhandelnden Tag sind tausende Antifaschist_innen mit dem Ziel auf Hamburgs Straßen unterwegs gewesen, den Naziaufmarsch nach Möglichkeit zu verhindern. 4500 Polizist_innen wiederum waren damit beauftragt, ihn mit allen Mitteln möglich zu machen. Dieser Antagonismus wurde an diesem Tag in unzähligen Fällen physisch, in übergroßer Mehrheit zu Ungunsten der Meinigen.
Doch solange deutsche Neonazis in unfassbarer Regelmäßigkeit Menschen ermorden können, wie erst am Mittwoch letzter Woche wieder im bayrischen Kaufbeuren geschehen, als das Pack auf einem Volksfest einen 34-jährigen aus Kasachstan stammenden Mann aus rassistischen Gründen totprügelte und danach für ein Gros der örtlichen Bevölkerung die entscheidende Sorge gewesen zu sein scheint, dass es die Fortsetzung seiner Festwoche gefährdet sah, weiß ich, dass meine Wut und mein Verantwortungsbewusstsein, dabei nicht tatenlos zuzusehen, gegenüber der Angst vor drohender Gefährdung meiner körperlichen Unversehrtheit und staatlicher Bestrafung obsiegen wird und auf welcher Seite ich auch das nächste Mal stehen werde, wenn die Polizei den Mördern den Weg bahnt und ihnen die Möglichkeit gibt, das ideologische Hintergrundgebrüll zu dem allein seit 1990 mindestens 184-fachen neonazistischen Töten in der BRD auf die Straße zu tragen.

Mein Dank gebührt den Genoss_innen, die mich hier heute im Gerichtssaal unterstützen und allen Menschen, die trotz Polizeigewalt und Repression weiter für ein soziales Miteinander aller in grenzenloser Gleichheit, Freiheit und Solidarität aufbegehren. Insbesondere möchte ich aus aktuellem Anlass denjenigen Anwohner_innen meine Hochachtung aussprechen, die in den vergangenen Wochen eindrucksvollen Widerstand gegen rassistische Polizeischikanen in Altona geleistet haben. Damit möchte ich schließen und habe ansonsten keine weiteren Worte zu der nun folgenden tragisch-komischen Vorstellung zu verlieren.

Alles eine Frage der Perspektive! Solidarität mit unserem angeklagten Genossen!

Aufruf der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und der Roten Hilfe e.V. Ortsgruppe Kiel zum Prozess gegen einen Kieler Antifaschisten am 26.7.13 in Hamburg anlässlich des Naziaufmarsch in Hamburg am 2. Juni 2012.

Am 2. Juni 2012 wird in Hamburg Wandsbek ein Neonaziaufmarsch unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ von viereinhalb tausend Bullen trotz eines vehementen Widerstandes von bis zu 10.000 Antifaschist_innen durchgesetzt. Unter demselben Motto fanden bereits Neonaziaufmärsche in Pinneberg, Hildesheim, Braunschweig / Peine und dieses Jahr in Wolfsburg statt. Blockaden der Aufmarschroute der Neonazis in Hamburg von mehreren tausend antifaschistischen Aktivist_innen, zu welchen das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HbgR) sowie das autonome-antifaschistische Bündnis “Keine Zukunft für Nazis” (aaB) aufgerufen hatten wurden von der Polizei mit all ihr zur Verfügung stehenden Mitteln angegriffen um dem rechten Auflauf einen angenehmen Verlauf ihrer geplanten Demonstration zu ermöglichen. Über sechs hundert Antifaschist_innen wurden zu diesem Zwecke von der Staatsgewalt über mehrerer Stunden in einem Polizeikessel ohne Zugang zu medizinischer Versorgung, Wasser oder Toiletten festgehalten. Im gesamten Tagesverlauf verletze die eingesetzte Polizei zielgerichtet zahlreiche Demonstrant_innen. Das Versammlungsrecht für Antifaschist_innen wurde am 2. Juni faktisch polizeilich unterbunden – hingegen der Neonaziaufmarsch mit aller Gewalt durchgeprügelt.

Jetzt, gut ein Jahr nach den Ereignissen des 2. Juni 2012 erhält ein Kieler Antifaschist, der sich ebenfalls an den antifaschistischen Aktionen gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ beteiligt hatte von der Hamburger Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl. Er soll am frühen Abend des 2. Juni am Hamburger Hauptbahnhof einen Polizeibeamten attackiert und leicht verletzt haben. Er wird den Stafbefehl nicht akzeptieren, nicht einfach zahlen, auch wenn es aus juristischer Perspektive womöglich der einfachste und kostengünstigste Weg wäre. Es wurde Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, am Freitag den 26.07.13 um 9.00 Uhr findet die Hauptverhandlung am Hamburger Amtsgericht St. Georg statt.

Eine „unerträgliche Gewaltorgie“ (Deutsche Polizeigewerkschaft, 2.6.2012)

Der Polizeieinsatz in Hamburg-Wandsbek wurde bereits im Verlauf des Tages und in seinem Nachklang von Antifaschist_innen scharf kritisiert. Schon während des Tages zeichnete sich ab, dass die politisch Verantwortlichen aus Polizei und Innenbehörde zu keinem Zeitpunkt den Willen hatten, den Naziaufmarsch trotz der massiven Proteste abzubrechen. Am 21. Juni 2012 beschäftigte sich ein Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft mit dem polizeilichen Vorgehen. Waren unmittelbar nach dem 2. Juni einerseits zwar einige kritische Stimmen zu vernehmen, die eine Aufklärung der Geschehnisse forderten, dominierten auf der anderen Seite völlig unkritische, aber leider nicht wenig gelesene, gehörte und gesehene Darstellungen des Tages die Mainstream-Medien, die es in plumpster populistischer Manier verstanden, die Geschichte so umzuschreiben, dass am Ende ein durchsetzungsstarker Staat erfolgreich über die „Links“- und Rechtsfaschisten gesiegt hatte und Ruhe und Ordnung verteidigt werden konnte. Kollateralschäden inbegriffen.

Die Frage wird nicht sein was geschehen ist, sondern wer die Macht hat, die Erinnerungen an das Geschehen zu bestimmen

Die konkrete Auseinandersetzung auf der Straße, der Akt sich als Antifaschist_in Neonazis entgegen zu stellen, die zu Hundert für ihre vernichtende Ideologie auf die Straße gehen wollen, und im Voraus möglichst viele Menschen zu erreichen und aufzufordern sich anzuschließen, ist ein essentieller Teil praktischer Antifa-Arbeit, er ist jedoch nicht der einzige. Um eine gemeinsame Perspektive entwickeln zu können, müssen wir mit unseren Positionen auch ein Jahr nach einem gewalttätig durchgesetzten Neonaziaufmarsch wahrnehmbar sein. Und zwar deutlicher, als z.B. die rechte Hetze einer DpolG (Deutsche Polizeigewerkschaft) oder eines Verfassungsschutzes, der eben zwar noch wegen seiner Kooperation mit der neonazistischen Mörderbande NSU in der öffentlichen Kritik stand, um mittlerweile längst wieder völlig unhinterfragt über sämtliche Kanäle öffentlicher Meinungsmache u.a. mittels Verfassungsschutzberichten gegen linke Bestrebungen zu hetzen. Ziel dieser „anti-extremistischen“ Propaganda in antikommunistischer Tradition ist es, die Grundlage für die ständige Verschärfung repressiver Herrschaftssicherung zu schaffen.

Wenn wir unseren Genossen nun bei seiner Entscheidung unterstützen, den Strafbefehl nicht unwidersprochen zu akzeptieren, geht es uns um die Deutungshoheit im Konkreten wie im Allgemeinen. Es geht darum, nach Ereignissen wie dem Polizeieinsatz am 2. Juni 2012 in Hamburg populistische Auswürfe wie die von z.B. der DpolG Hamburg, die nach am selben Tag in einer Pressemitteilung „für drastische Strafen durch die Justiz“ plädiert und „keinen Kuschelkurs mit Antifaschisten“ einfordert, nachdem sie vorher von einem „von randalierenden Antifaschisten verwüstetem“, gar „in Schutt und Asche gelegtem Standteil Wandsbek“ halluziniert und dem „besonnenen [!] Einschreiten der Polizei“ dankt, „dass nicht mehr passiert ist“, nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen.

Konkret geht es auch darum, es nicht einfach zu akzeptieren, wenn am Ende (oder im Verlauf) eines solchen Tages, Antifaschist_innen von der Polizei geprügelt und dafür auch noch brutal festgenommen werden. Denn natürlich geht es hierbei nicht in erster Linie um die Vereitelung oder Ahndung vermeintlicher Straftaten, was in diesem Fall ohnehin synonym für allgemein wünschenswertes praktisches Vorgehen gegen Neonazis verwendet werden darf. Es geht bei solchen Polizeiübergriffen – neben den immer bestehenden Abschreckungs- und Einschüchterungseffekten zur Bewahrung von Ruhe und Ordnung – darum, entsprechende Zahlen von renitenten Aktivist_innen vorweisen zu können, die dann in einem Innenausschuss zur Rechtfertigung von über 450 verletzten Demonstrant_innen und der Außerkraftsetzung des Demonstrationsrechtes und der Bewegungsfreiheit präsentiert werden können. Es ist eine kausale Absurdität, wenn der Tenor der Mainstream-Medien in der Berichterstattung ob 19 verletzter Polizeibeamter über „gewaltbereite Chaoten“ herzieht, während über 450 durch den Polizeieinsatz, teils schwer verletzte Antifaschist_innen, keinen Anlass zur Empörung zu sein scheinen.

Oder deutlicher: wenn nach dem Ende eines Neonaziaufmarsches ein Antifaschist vorm Hamburger Hauptbahnhof von Bundespolizisten niedergeschlagen, verletzt und festgenommen wird, wofür die einzige offizielle Begründung der angebliche Versuch ist, ein Aufeinandertreffen mit in der U-Bahn sitzenden Neonazis verhindern zu wollen und dieser jetzt einen Strafbefehl wegen Widerstand und vermeintlicher Körperverletzung an einem der vier Beamten, die auf ihm gesessen und ihm die Nase blutig geschlagen haben, erhält, dann zielt dieses Manöver darauf ab, die Deutungshoheit über die Geschehnisse am 2. Juni 2012 im Sinne des Staatsapparates durchzusetzen.

Im Kontext der sich steigender Beliebtheit erfreuenden Darstellung der Polizei als Opfer zunehmender Gewalttaten, können die Statistiken mittels einfacher Strafbefehle entsprechend herbeigeführt werden. Denn ein akzeptierter Strafbefehl ist eine Verurteilung, gleichwertig der im Gerichtssaal und ein bezahlter Strafbefehl kommt einem Schuldeingeständnis gleich. Viel zu häufig werden Strafbefehle, die ins Haus geflattert kommen einfach unwidersprochen hingenommen und zähneknirschend bezahlt. Es scheint oft das kleinere Übel, da im Falle des Widerspruchs ja eine Hauptverhandlung droht, die zumeist als weitaus unangenehmer wahrgenommen wird. Mag es für den_die Einzeln_e ganz persönlich, vielleicht juristisch, wohl eher nicht politisch, eine verfechtbare Entscheidung sein, so sind die Konsequenzen für eine politische Bewegung fatal.

All around us…

Was bleibt denen, die am 2. Juni 2012 nicht auf Hamburgs Straßen unterwegs waren und von den Umständen nur aus dem Radio, der Zeitung oder dem Fernsehen erfahren haben im Gedächtnis? Kurzfristig mit Glück auch kritische Stimmen, aber im weitaus stärkeren Maße werden sie bombardiert mit öffentlichen Darstellungen, die nicht zwischen historisch mörderischer rechter Ideologie und emanzipatorischen Linken Bestrebungen zu unterscheiden wissen, Neonazis und Antifaschist_innen in einen Topf werfen und die armen Polizisten bedauern, die sich immer mehr Missbilligung, Nichtakzeptanz und Gewalt ausgesetzt fühlen. Steigende Zahlen von Gewalttaten gegen Polizeibeamte, deren Grundlage abgeurteilte „Straftäter_innen“ sind, dienen Verschärfungen der Gesetzeslage und rechtfertigen Einsätze wie Beschriebenen.

Das ist in der gegenwärtigen Situation, in der – nun auch im globalen Norden – die soziale Lage großer Teile der Gesellschaft mit fortschreitender Weltwirtschaftskrise stetig verunsichert und verschlechtert wird, für die Aufrechterhaltung des bestehenden Systems auch notwendig. Denn wenn Menschen in der Logik und Realität des Kapitalismus massenhaft zu billigem Humankapital oder gar zu Überflüssigen werden, bürgt dies zumindest potenziell Sprengstoff für die soziale Ordnung. Auch wenn das, was an verschiedenen Orten der Welt, wo sich Reibungspunkte zuspitzen und Zigtausende veranlassen, zusammen zu kommen um zu für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen einzutreten, in der BRD bisher wie gehabt nicht im größeren Maßstab absehbar ist: Mit der Krise steigt für die kapitalistisch verfasste Gesellschaft ganz grundsätzlich auch die Gefahr ihrer Störung, deshalb bedarf es ebenfalls und gerade in der BRD einer starken Polizei, die sich heute schon an der gewaltsamen Durchsetzung von Naziaufmärschen auch gegen den Widerstand Tausender erproben kann, ohne dass dies zu einem größeren Aufschrei führt. Denn nicht nur ihre Weltmeisterschaft im Gürtel-enger-schnallen und im Waffenexport lässt die BRD derzeit als Krisengewinner dar stehen, auch diejenige in der Perfektion ihres auch präventiv in alle sozialen Bereiche wirkenden Repressionsapparates trägt ihren Teil dazu bei. Aber so etwas wie Widerspruch ist hierzulande ja ohnehin eine Rarität, weshalb seine permanente Ausweitung auch reibungslos vonstatten zu gehen weiß.

Die Entscheidung unseres Genossen, den Strafbefehl nicht zu akzeptieren und stattdessen den Prozess zu führen ist eine Entscheidung sich zu widersetzen, renitent, ungemütlich und vor allem nicht einverstanden zu sein. Die Entscheidung, den Strafbefehl nicht zu akzeptieren bedeutet in erster Linie, den entsprechenden Instanzen, also der Gerichtsbarkeit, etwas mehr Mühe zu abzuverlangen, wenn sie Antifaschist_innen wegen was auch immer aburteilen möchten, sie zu nötigen, nicht nur einen Standartbrief ausfüllen und ausdrucken zu müssen, sondern sich in einer Hauptverhandlung als politische Justiz zu positionieren. Gleichwohl ist diesem Entschluss übergeordnet der Wille, den Kampf um die Deutungshoheit der Geschehnisse am 2. Juni 2012 in Hamburg zu führen.

Wir rufen dazu auf, am Freitag, 26.07.2013 in das Amtsgericht St. Georg zu kommen, um den angeklagten Antifaschisten dabei solidarisch zu unterstützen!

 

Autonome Antifa-Koordination Kiel | Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Kiel

HH: Am Freitag Prozess gegen Kieler Genossen

Am 2. Juni 2012 wurde in Hamburg-Wandsbek ein Neonaziaufmarsch unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ von viereinhalbtausend Polizist_innen trotz eines vehementen Widerstandes von bis zu 10.000 Antifaschist_innen durchgesetzt. Blockaden der Aufmarschroute der Neonazis von mehreren tausend antifaschistischen Aktivist_innen, zu welchen das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HbgR) sowie das autonome-antifaschistische Bündnis “Keine Zukunft für Nazis” aufgerufen hatten, wurden von der Polizei mit all ihr zur Verfügung stehenden Mitteln angegriffen um dem rechten Auflauf eine möglichst störungsfreie Demonstration zu ermöglichen. Über sechshundert Antifaschist_innen wurden zu diesem Zwecke über mehrere Stunden in einem Polizeikessel ohne Zugang zu medizinischer Versorgung, Wasser oder Toiletten festgehalten. Im gesamten Tagesverlauf verletze die Polizei zielgerichtet zahlreiche Demonstrant_innen. Das Versammlungsrecht für Antifaschist_innen wurde am 2. Juni faktisch polizeilich unterbunden – hingegen der Neonaziaufmarsch mit aller Gewalt durchgeprügelt.

Knapp ein Jahr nach den Ereignissen des 2. Juni 2012 erhielt ein Kieler Antifaschist von der Hamburger Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl. Er soll am frühen Abend des 2. Juni am Hamburger Hauptbahnhof einen Polizeibeamten attackiert und leicht verletzt haben. Anders als in dieser auf der Darstellung der beteiligten Polizisten beruhenden Behauptung, war es der nun Angeklagte, der bei diesem Ereignis von Bundespolizisten niedergeschlagen sowie verletzt und anschließend festgenommen wurde.
Der Angeklagte wird den Stafbefehl nicht akzeptieren, nicht einfach zahlen. Es wurde Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, am Freitag den 26.07.13 um 9.00 Uhr findet die Hauptverhandlung am Hamburger Amtsgericht St. Georg statt. Anlässlich dieser kündigen antifaschistische und Antirepressions-Gruppen einen Solidaritätsspaziergang zum Gericht an, der um 8 Uhr auf dem Hachmannplatz am Hamburger Hauptbahnhof beginnen wird und rufen zur kritischen Begleitung des Prozesses auf.
Die Intention hinter der Führung des Prozesses ist es, nach Ereignissen wie dem Polizeieinsatz am 2. Juni 2012 in Hamburg populistische Auswürfe wie z.B. die der DpolG (Deutschen Polizeigewerkschaft) Hamburg, die noch am selben Tag in einer Pressemitteilung für drastische Strafen durch die Justiz plädiert und keinen Kuschelkurs mit Antifaschisten einforderte, nachdem sie vorher von einem von randalierenden Antifaschisten verwüstetem, gar in Schutt und Asche gelegtem Standteil Wandsbek halluziniert und dem besonnenen [!] Einschreiten der Polizei dankt, nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen.
Die Entscheidung, den Strafbefehl nicht zu akzeptieren bedeutet in erster Linie, den entsprechenden Instanzen, also der Gerichtsbarkeit, etwas mehr Mühe abzuverlangen, wenn sie Antifaschist_innen verurteilen möchten, und sich in einer Hauptverhandlung als politische Justiz zu positionieren. Gleichwohl ist diesem Entschluss übergeordnet der Wille, den Kampf um die Deutungshoheit der Geschehnisse am 2. Juni 2012 in Hamburg zu führen.

Überwachung von Antifa-Aktivist_innen in Lübeck

Lübecker Antifaschist_innen wurden in letzter Zeit Ziel von staatlichen Überwachungsmaßnahmen: Wie die taz am 28.4.13 im Internet berichtete wurden zwei Staatschützer dabei beobachtet, wie sie sich am Auto einer Genossin zu schaffen machten. An diesem und noch mindestens einem weiteren Auto wurden im Radkasten montierte GPS-Sender festgestellt, welche nun einer Hamburger Anwaltskanzlei übergeben wurden.
UPDATE: Zweiter Artikel aus der taz vom 29.4.13 zum Download als PDF von linksunten.indymedia.org: taz Nord, 29.04.2013, Seite 1 (PDF)
Die Schnüffelangriffe richten sich laut taz gegen antifaschistische Recherche-Strukturen in Schleswig-Holstein. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht verschwendet die NSU-Akten-Vernichter-Behörde mehr als drei Seiten Papier in der „Analyse“ antifaschistischer Recherchestrukturen und Outing-Aktionen, vor allem in Zusammenhang mit der militanten Kampagne „Farbe bekennen! Den rassistischen Wahlkampf in S-H sabotieren“ aus dem Frühjahr 2012. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Ermittlungen und Überwachungen momentan fortgesetzt werden, da auch dieses Jahr Antifaschist_innen im Vorfeld der Kommunalwahlen im Rahmen der Kampagne „DIY – In die antifaschistische Offensive!“ schon für ordentlich Ärger bei diversen Neonazis und RechtspopulistInnen in Schleswig-Holstein gesorgt haben.
Passt auf euch auf, macht Überwachungen und Anquatschversuche öffentlich!
Kontaktiert in solchen Fällen Antifa-Gruppen in eurer Region und meldet euch bei der Roten Hilfe!

NMS: Polizei eskaliert Refugess Revolution-Bustour

Während ihrer heutigen Station in Neumünster wurden die Aktivist_innen der bundesweiten Refugees Revolution-Bustour für die Abschaffung der Abschiebegesetze, die Schließung aller Flüchtlingslager und die Abschaffung der Residenzpflicht, die dieser Tage in zahlreichen deutschen Städten das Gespräch mit anderen Geflüchteten suchen und für die Großdemo am kommenden Samstag in Berlin mobilisieren, und ihre Unterstützer_innen wiederholt Ziel brutaler Polizeiübergriffe.

Bereits vor dem angekündigten nachmittäglichen Besuch des Aufnahmelagers für Geflüchtete am Haart wurden sowohl die zwei Tourbusse des Berliner Protestcamps, als auch Unterstützer_innen, die sich vom Neumünsteraner Bahnhof auf den Weg gemacht hatten, bei ihrer Anreise von vollbesetzten Polizeifahrzeugen verfolgt. Gegen 15 Uhr am Lager angekommen, hielt die Polizei bereits den Innen-, wie auch den Außenbereich mit einem massiven Aufgebot an Beamt_innen in Kampfausrüstung besetzt, darunter BFE-Einheiten. Entgegen des Rechts der Insass_innen des Lagers, Besuch empfangen zu dürfen, wurden, angeblich auf Weisung der Lagerleitung, nur einer Delegation von drei Aktivist_innen der Weg nach drinnen gewährt, um hier in Kontakt mit den dort lebenden Geflüchteten treten zu können. Als weitere Teilnehmer_innen versuchten, das Lager zu betreten, wurden sie von der Polizei gewaltsam daran gehindert und das Tor geschlossen.
Anschließend entspannte sich die Situation zunächst und vor dem Lager konnten die etwa 50 Demonstrant_innen mit Parolen, Transparenten, Sambarhythmen und Durchsagen die Aufmerksamkeit der Bewohner_innen erregen, während die Delegation drinnen den direkten Kontakt mit ihnen herstellte. Einige der Lagerinsass_innen schlossen sich dem Protest an, die Stimmung war trotz niedriger Temperaturen und der Polizeischikanen ausgelassen.
Nach knapp einer Stunde jedoch, kurz nachdem die Delegation das Lager wieder verlassen hatte, begann ein minutenlanger Gewaltexzess durch die Polizei: Nachdem einige Aktivist_innen es gewagt hatten, den Bürgersteig zu verlassen und den Protest auf die Fahrbahn auszuweiten, griffen BFE-Schläger_innen diese umgehend mit Faustschlägen an und prügelten sie von der Straße. Als die Uniformierten anschließend versuchten, einen Refugee aus der Menge heraus zu zerren und festzunehmen, eskalierte die Situation völlig. Die Polizei traktierte die Aktivist_innen mit Schlägen, Tritten und Pfefferspray und schubste an allen Ecken Demonstrant_innen durch die Gegend. Insgesamt wurden während der Übergriffe mindestens vier Menschen verletzt, von denen einer ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und sechs Menschen unter dem Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen, unter ihnen sowohl Refugees, als auch Supporter. Alle anderen Aktivist_innen wurden zunächst des Platzes verwiesen, etwa ein Dutzend von ihnen, das sich nicht in der von der polizeilich erwünschten Eile vom Ort des Geschehens entfernte, dann allerdings eingekesselt. Weil sie die Ordnungswidrigkeit begangen hätten, an einer „nicht genehmigten“ Veranstaltung teilgenommen zu haben, wurden ihre Personalien festgestellt.
Leider passend zum Tag der politischen Gefangenen versammelten sich anschließend ab etwa 18 Uhr ein Großteil der Demonstrant_innen erneut, diesmal vorm 1. Neumünsteraner Polizeirevier, wohin die Gefangenen zwecks Verhör und erkennungsdienstlicher Behandlung gebracht worden waren. Eine spontan angemeldete Kundgebung wurde zunächst geduldet. Wiederum wurde lautstark globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen, wie auch die Freilassung der inhaftierten Genoss_innen gefordert. Gegen 19 Uhr, als bereits drei der Festgenommenen wieder entlassen waren, setzte die Polizei ein drittes Mal an diesem Tage auf Eskalation. Unter der Begründung, die Kundgebung sei nur für eine Stunde genehmigt worden, versuchte der Einsatzleiter eine Auflösung zu erzwingen und hielt seine Truppe nach ausbleibendem Erfolg an, zwei Transparente zu entwenden. Nur wenige Minuten später jedoch waren ohnehin alle Gefangenen wieder draußen und die Kundgebung löste sich selbst auf. Ihre Teilnehmer_innen begaben sich mehrheitlich in die AJZ in der Neumünsteraner Innenstadt, wo abends ein gemeinsames Essen sowie eine Infoveranstaltung der Refugees Revolution stattfand. Auch diese wurde von Polizist_innen überwacht.
Insgesamt war der Verlauf des heutigen Tages ein trauriges Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn Unterdrückte und Ausgegrenzte beginnen, ihre Situation nicht widerspruchslos zu erdulden oder um ihre Rechte nur zu betteln, sondern anfangen, selbstbewusst um diese zu kämpfen, sich organisieren und dabei nicht bei den Hüter_innen von Gesetz und Ordnung um Erlaubnis fragen: Auch entgegen jeglicher realistischer Bedrohungslagen wird ihnen mit brutalsten Mitteln immer wieder demonstriert, bei wem das Gewaltmonopol liegt und nach wessen Pfeife zu tanzen ist. Dass die Repression ihre Zielsetzung im Falle der Refugee-Bustour erfreulicherweise zu verfehlen scheint, zeigt, dass auch vorherige Angriffe auf die Aktivist_innen wie in Köln oder Karlsruhe sie nicht an einer Fortsetzung hindern konnten und auch die heutigen Ereignisse ihre kämpferische Haltung nicht zu brechen wussten.
Für morgen ist um 10 Uhr eine öffentliche Pressekonferenz in der Hansa48 in Kiel geplant, am Samstag startet um 14 Uhr die große Refugees Revolution-Demonstration auf dem Oranienplatz in Berlin.

Statement der Bustour
(english/deutsch) | Artikel im Holsteiner Courier

Plakataktion gegen „PLS-Werkzeuge“ und Polizeihysterie in Gaarden

Am Sonntagabend wurden im Kieler Stadtteil Gaarden im Umkreis des Vinetaplatzes zahlreiche Plakate in deutscher und türkischer Sprache verklebt, die auf die Neonazi-Hintergründe der Betreiber des im Dezember letzten Jahres am Vinetaplatz 3 eröffneten Ladens „PLS-Werkzeuge“ hinweisen und seine Schließung fordern.
Antifaschist_innen hatten im Januar die Verwicklung der drei seit Jahren in der schleswig-holsteinischen Neonazi-Szene aktiven Männer Lars Bergeest, Peter Borchert und Alexander Hardt mit dem Geschäft öffentlich gemacht, das vor allem mit Einbruchswerkzeug handelt. Letztere treten seit einiger Zeit zudem als Mitglieder der Rockergang „Bandidos“ in Erscheinung. Die Internet-Veröffentlichung zog großen Widerhall in der regionalen Medienlandschaft nach sich und weckte auch Unmut über die neuen Neonazi-Nachbarn im Stadtteil, der sich in der Nacht zum 24. Januar in einem Farbangriff auf ein Schaufenster von „PLS-Werkzeuge“ erstmalig entladen hatte.


Vor allem die Angst vor weiteren Aktionen gegen den Laden war es wohl auch, die die Gaardener Polizei an diesem sonst eher ruhigen Sonntagabend in Panik versetzte. Ab etwa 23 Uhr konnte man rund um den Vinetaplatz den mutmaßlich voll ausgeschöpften Fuhrpark der Stadtteil-Wache kreuz und quer durch die Straßen kurven sehen, offenbar auf der Suche nach den Kleber_innen der antifaschistischen Plakate. Ohne Erfolg: Plakatierer_innen trafen die Besatzungen der mindestens fünf Streifenwagen nirgends an. Stattdessen waren verstärkt willkürliche Kontrollen von Passant_innen zu beobachten, die teils bizarre Züge annahmen. So wurden ohne jeglichen ersichtlichen Grund drei Anwohner_innen vor einem Imbiss am Vinetaplatz von insgesamt drei Wagenladungen Polizist_innen umstellt, kontrolliert und durchsucht. Ähnliches ereignete sich in zeitlicher Nähe gleich an mehreren Ecken des engmaschigen Fahndungsgebiets. Diese repressive Polizei-Praxis der „verdachtsunabhängigen Kontrollen“, die sich mit der dauerhaften Erklärung ganzer Straßenzüge zum sogenannten Gefahrengebiet durch die politisch Verantwortlichen rechtfertigt, müssen Bewohner_innen Gaardens alltäglich erleiden und brechen der hemmungslosen Schikane gegen alle der Polizei unliebsam erscheinenden Personen Bahn.
Für Gegner_innen des von Neonazis betriebenen Geschäfts im Gaardener Zentrum macht die Hysterie zu später Stunde am vergangenen Sonntag vor allem Zweierlei deutlich: Die Polizei hat ihr verstärktes Augenmerk auf sämtliche Bewegung rund um „PLS-Werkzeuge“ und stellt auch kurzfristig große Kapazitäten bereit, um antifaschistische Interventionen zu unterbinden. Dass sie bei ihrer übermotivierten Suche nach Plakatierer_innen trotzdem erfolglos blieb und an den Wänden in Gaarden nun vielfach zum Handeln gegen den Laden aufgerufen wird, zeigt, dass es mit etwas Umsicht und Geschick dennoch möglich ist, gegen die unerwünschten neuen Nachbarn aktiv zu werden. Dies sollte auch in Zukunft weiter geschehen um eine stille Etablierung von „PLS-Werkzeuge“ zu verhindern.

Hintergründe:
La Quimera | NDR-Beitrag | Pressespiegel

Hausdurchsuchungen gegen AntifaschistInnen in Hamburg und Buchholz

Wir dokumentieren eine Erklärung Hamburger AntifaschistInnen vom 22.11.2012:
Heute Morgen um 6 Uhr wurden zwei Wohnungen von Antifaschist_innen in Hamburg und eine in Buchholz durchsucht. Bei einer weiteren Wohnung in Buchholz wurde niemand angetroffen. Nach ersten Informationen wurden auch Räume durchsucht, für die die Bullen keine „rechtliche Befugnis“ hatten. In dem laufenden Verfahren werden die Genoss_innen des gemeintschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung beschuldigt. Die Bullen beschlagnahmten einige Sachen. Dieses Vorgehen reiht sich ein, in die Tatsache mit welch einer kontinuierlich, präzisen Gründlichkeit seitens der Repressionsorgane heute und in der Vergangenheit, hier und in anderen Städten gegen Antifaschist_innen vorgegangen wird.
Als wäre dies nicht schon genug, werden aktive Anitfaschist_innen und Genoss_innen wie Deniz K. zu zweieinhalb Jahren Knast verurteilt, weil sie sich radikal für eine bessere Gesellschaft einsetzen. Wir betrachten dies nicht alleine als Angriff auf einzelne, sondern als Angriff auf autonome antifaschistische Strukturen.
Die Morde des NSU und die Deckelung und Unterstützung durch die Bullen und Geheimdienste ist für uns die hässliche Spitze des deutschen Eisbergs der letzten zehn Jahre. Wir sehen in den rassistischen Anschlägen von Solingen, Mölln und Rostock, dem Mord an Silvio Meier und der Pogromstimmung in Wolgast die widerliche Kontinuität der deutschen Verhältnisse, die es für uns gilt anzugreifen.
Gerade durch die Aufdeckung der Verstrickung des Staates in die Taten des NSU und durch das Herunterspielen der rassistischen Zustände in Wolgast – die an Rostock erinnern – kann die Antwort nur konsequenter Antifaschismus heißen. Diese Zustände zeigen, dass wir in unserem Kampf gegen die herrschende Verhältnisse niemals auf den Staat setzen werden. Selbstorganisierter und konsequenter Antifaschismus ist notwendig!
Solidarität mit den von Repression betroffenen Antifaschist_innen !
Unsere Solidarität ist unsere Waffe !
Keine Spekulationen! Anna & Arthur haltens Maul!

Repression gegen antifaschistische Proteste in Wismar

Wir dokumentieren eine Erklärung der Roten Hilfe Greifswald:

 

Am Rande des Naziaufmarsches der JN in Wismar am 20.10.12 kam es zu massiven Grundrechtseinschränkungen und gewalttätigen Übergriffen mit mindestens einer schwerverletzten Person durch die Polizei. Mehr dazu in der Pressemitteilung des Antifa-Bündnis –“Kein Leben ohne Freiheit“.

Weiterhin wurde vielen Aktivist_innen gedroht, dass sie Strafanzeigen nach §21 Versammlungsgesetz („Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“) zu erwarten hätten.

 

Wenn ihr am Wochenende in Wismar gewesen seid, eingekesselt wurdet oder auch Polizeigewalt betroffen wart, schreibt unbedingt ein Gedächtnisprotokoll.

Falls ihr tatsächlich irgendwann Post von den Bullen bekommen solltet, dann schreibt uns unbedingt eine Mail und wir beraten dann gemeinsam über das weitere Vorgehen.


Kontakt:
greifswald[ätt]rote-hilfe.de

SPAM, SPAM, SPAM – Reflektionen über eine einseitige Brieffeindschaft. Oder: Vorladungen aus dem K5 in RD und Kiel.

Wir dokumentieren einen Text der Antifa Rendsburg:
In den letz­ten Tagen flat­ter­ten ei­ni­gen Men­schen in Rends­burg und Kiel Vor­la­dun­gen aus dem K5, der Staats­schutz­ab­tei­lung der schles­wig-​hol­stei­ni­schen Po­li­zei, ins Haus. Die Liste der Vor­wür­fe darin ist so lang wie lä­cher­lich: Nö­ti­gung, ge­fähr­li­che Kör­per­ver­let­zung, Haus­frie­dens­bruch, Ver­stoß gegen das Spreng­stoff­ge­setz, un­er­laub­tes Ab­hal­ten einer Ver­samm­lung und un­er­laub­te Kon­takt­auf­nah­me mit Ge­fan­ge­nen.

An die­ser Stel­le der Vor­schlag an die Le­sen­den, sich ein Sze­na­rio vor­zu­stel­len, dass es mög­lich macht, diese Tat­vor­wür­fe zu kom­bi­nie­ren. Ge­walt­sa­mes Ein­drin­gen in eine JVA und an­schlie­ßend ein Loch in die Mauer ge­sprengt? Mi­li­tan­te Ak­tio­nen, um un­se­re Ge­fan­ge­nen aus dem Knast zu holen sind in den letz­ten Jahr­zen­ten lei­der sehr rar und so konn­te sich kei­ne_r der Be­trof­fe­nen er­in­nern, in die­sem Leben an so einer Ak­ti­on be­tei­ligt ge­we­sen zu sein. Was zum Teu­fel also möch­te die Mit­tei­lung aus der Blu­men­stra­ße uns sagen?

Nach ei­ni­gem Nach­den­ken, konn­te auf den An­lass der Brie­fe ge­schlos­sen wer­den: Eine Per­so­na­li­en­fest­stel­lung vor dem Rends­bur­ger Ab­schie­be­knast im De­zember 2010. Dort hin­gen Trans­pa­ren­te über dem Zaun und es stan­den ei­ni­ge Leute rum und kom­mu­ni­zier­ten mit den Ab­schie­be­häft­lin­gen, so gut es eben über den Knast­hof und durch die ver­git­ter­ten Fens­ter mög­lich ist. Die an­ge­rück­ten Bul­len kon­trol­lier­ten die Per­so­na­li­en aller, die sich nicht schnell genug auf die an­de­re Stra­ßen­sei­te ver­drück­ten, um dort eine Schnee­ball­schlacht zu ver­an­stal­ten.

10 Mo­na­te spä­ter also eine Vor­la­dung, wegen eben die­ser Per­so­na­li­en­fest­stel­lung, in­klu­si­ve einer sich mar­tia­lisch le­sen­den Liste an Vor­wür­fen, von denen sich kein ein­zi­ger wird be­wei­sen las­sen – es braucht nicht viel Fan­ta­sie, um zu er­ra­ten, was das K5 zu er­rei­chen pro­biert: Ge­ra­de auf jün­ge­re und viel­leicht un­er­fah­re­ne­re Ge­nos­s_in­nen, bei Min­der­jäh­ri­gen auch auf die El­tern, soll Druck aus­ge­übt wer­den, ins K5 zu gehen und dort Infos über linke Struk­tu­ren preis­zu­ge­ben.

Auf einen der Vor­wür­fe muss den­noch kurz ge­son­dert ein­ge­gan­gen wer­den: „Un­er­laub­te Kon­takt­auf­nah­me mit Ge­fan­ge­nen“ ist eine Ord­nungs­wid­rig­keit, die sich auf nicht ge­neh­mig­te Kon­takt­auf­nah­me mit Straf­ge­fan­ge­nen oder vor­läu­fig Fest­ge­nom­me­nen be­zieht. Ab­schie­be­häft­lin­ge wer­den von die­ser Vor­schrift also gar nicht er­fasst, weil sie weder Straf­häft­lin­ge noch vor­läu­fig fest­ge­nom­men sind. Den­noch gel­ten im Rends­bur­ger Ab­schie­be­knast ri­gi­de Be­suchs­re­ge­lun­gen, Be­su­che bei In­sas­sen sind nur mög­lich, wenn der Name des In­sas­sen be­kannt ist. Die Kon­takt­auf­nah­me über den Knast­hof ist also auch eine Mög­lich­keit, Namen der Häft­lin­ge zu er­fra­gen, um sie be­su­chen zu kön­nen, mit ihnen über ihre Le­bens-​ und Fluch­tum­stän­de spre­chen zu kön­nen – mit­hin eine Vor­aus­set­zung, um Öf­fent­lich­keits­ar­beit für ein­zel­ne Per­so­nen or­ga­ni­sie­ren zu kön­nen. Wir wer­den den dümm­li­chen Ver­such, die Kon­takt­auf­nah­me mit Ab­schie­be­häft­lin­gen zu kri­mi­na­li­sie­ren, nicht ein­fach kom­men­tar­los hin­neh­men.

Ohne allzu viel über die Mo­ti­va­ti­on der Bul­len spe­ku­lie­ren zu wol­len, stel­len wir uns den­noch die Frage, was die­ser Aus­horch­ver­such nach 10 Mo­na­ten plötz­lich soll. Der Pro­test gegen den Ab­schie­be­knast in Rends­burg ist lei­der etwas ein­ge­schla­fen, außer der kri­mi­na­li­sier­ten Ak­ti­on im De­zember und ein biss­chen Farbe und Glas­bruch im März, ist dort im ver­gan­ge­nen Jahr von au­to­no­men Zu­sam­men­hän­gen nicht viel ge­lau­fen. Es kann dem K5 also nicht darum gehen, Druck auf eine star­ke Pro­test­be­we­gung aus­zu­üben oder diese aus­zu­spio­nie­ren. Es wäre al­ler­dings denk­bar, dass die Vor­la­dun­gen in Zu­sam­men­hang mit den Bul­len­brie­fen wegen der Pro­tes­te gegen das Glo­bal Eco­no­mic Sym­po­si­um (GES) in Kiel einen ak­tu­el­len Ver­such des K5 dar­stel­len, Ein­blick in linke Struk­tu­ren im All­ge­mei­nen zu krie­gen.

Müßig, zu sagen, dass dies na­tür­lich nicht ge­lin­gen wird: Ayshe und Ar­thur hal­ten das Maul und la­bern nicht mit den Bul­len. Wir wer­den euch nicht dabei hel­fen, ir­gend­wel­che ab­stru­sen Kon­struk­te gegen uns und un­se­re Freun­d_in­nen und Ge­nos­s_in­nen zu er­fin­den, zu er­här­ten oder was auch immer ihr vor­habt. Wir wer­den uns auch wei­ter­hin für eine Welt ohne Gren­zen ein­set­zen und wür­den uns freu­en, wenn auch Men­schen au­ßer­halb von Rends­burg den Pro­test gegen den Ab­schie­be­knast mal wie­der etwas be­le­ben wür­den.

 

An­ti­fa Rends­burg & an­ti­ras­sis­ti­sche Brief­fe­in­d_in­nen

Verfahren gegen Kieler Antifas eingestellt

Die Verfahren gegen mehrere Kieler AntifaschistInnen, die unter dem Tatvorwurf des „Landfriedensbruches“ am 26.3.11 am Rande des Naziaufmarsch in Lübeck festgenommen wurden, sind eingestellt worden.
Zur Deckung der entstandenen Kosten gibt es am Sonntag den 30.10. um 11 Uhr im Li(e)ber Anders (Iltisstr. 34, Kiel-Gaarden) einen veganen Soli-Brunch unter dem Motto „Solidarisch mampfen gegen Nazis und Repression“.
Mehr Infos zu den Verfahren:

Lübeck 26. März 2011 & Repression

Lübeck 26. März 2011 & Repression / Vol. II