Es gibt Neuigkeiten rund um das Neonazi-Ladengeschäft „PLS-Werkzeuge“ (PLS ist die Abkürzung von „Polenschlüssel“) am Vinetaplatz 3 im Kieler Stadtteil Gaarden. Das Geschäft wurde in den letzten Jahren maßgeblich von dem Neonazi Alexander Hardt geführt.
DHL macht Geschäfte mit militantem Neonazi
Am 17. Januar 2019 wurde der Versandanbieter DHL Group in einem Anschreiben darauf aufmerksam gemacht, mit wem sie in Kiel Geschäfte machen: Der Inhaber Alexander Hardt des An- und Verkaufs „Polenschlüssel“ am Vinetaplatz 3 im Stadtteil Gaarden ist seit Anfang des Jahres auch Paketshop für die DHL Group. „DHL macht Geschäfte mit militantem Neonazi“ weiterlesen
Nazi-Laden als Paketshop? Offener Brief an DHL
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten Sie mit diesem Schreiben auf Ihren Geschäftspartner Alexander Hardt aus Kiel aufmerksam machen. Unter der Adresse Vinetaplatz 3 im Kieler Stadtteil Gaarden betreibt Alexander Hardt den An- und Verkaufsladen „Polenschlüssel“, in dem vor allem Einbruchswerkzeuge verkauft werden. Nebenbei fungiert das Ladenlokal auch als Paketshop für die DHL Gruppe. Der Name des Geschäfts lässt bereits auf die Gesinnung ihres Geschäftspartners schließen. Alexander Hardt ist seit Jahren Teil der militanten Neonazi-Szene in Schleswig-Holstein und gleichzeitig Mitglied der Rockergruppe „Bandidos MC“.
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A Never Ending Story? Neuigkeiten vom Naziladen „PLS“ in Gaarden
Nachdem der Naziladen „PLS“ bzw. „An- und Verkauf Grüne Scheibe“ am Vinetaplatz 3 in Kiel-Gaarden nach seiner Eröffnung Ende 2012 noch für einigen Wirbel sorgte, wurde es später ruhiger um das Geschäft. Durch Haftstrafen, Motivationsverlust und sonstige Faktoren war der Laden vor allem in den letzten zwei Jahren fast dauerhaft. Nur selten schauten die Neonazis um Alexander Hardt aus Neumünster mal nach dem Laden. Diese Besuche waren oft damit verbunden, dass zu nächtlicher Stunde Gegenstände im Laden deponiert oder dort abgeholt wurden. Vorgänge innerhalb des Ladens waren sowieso nicht mehr erkennbar, da nach diversen antifaschistischen Aktionen die Fassade notdürftig mit Holzplatten gesichert war. So setzte sich langsam die Interpretation durch, dass die Betreiber das Ladengeschäft weitgehend aufgegeben haben und es allenfalls noch als Lager für ihre zwielichtigen Machenschaften nutzen. Bis auf gelegentliche kleinere und größere Angriffe auf die Fassade von „PLS“ passierte auch von antifaschistischer Seite nicht mehr viel.
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NPD, PLS, Blood and Honour und der NSU
Das antifaschistische Recherche-Portal La Quimera berichtete unlängst erneut über die Verstrickungen von Alexander Hardt und Lars Bergeest im Rahmen des “Blood and Honour”-Netzwerks. Offenbar waren die beiden Betreiber des kieler Neonazi-Geschäfts “PLS-Werkzeuge” u.a. zusammen mit den Mitgliedern des “NSU” während deren Zeit im Untergrund unterwegs.
Der Artikel findet sich auf der Website von La Quimera.
Zuvor berichteten schon die Antifa NMS und abermals La Quimera über die Vernetzungen der “Blood and Honour”-Nachfolgestrukturen.
Alexander Hardt (2.v.r.) und Lars Bergeest (3.v.r.) tragen 2005 das Fronttransparent in Kolding
Rechte Erlebniswelt und Infrastruktur in Kiel und im Kreis Plön
Die Neonazi-Szene Kiels und Umgebung hat in den letzten Jahren einen starken Wandel durchlaufen. Während vor wenigen Jahren noch Strukturen um die militante “Aktionsgruppe Kiel” (AG Kiel) um die Vorherrschaft auf der Straße kämpften und an dem selbst gesetzten gesellschaftlichen Kristallisationspunkt letztlich auch nach kurzem Kampf scheiterten, geben sich die verbliebenen neonazistischen Organisationen äußerlich angepasster und unauffälliger. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine nachhaltige Schwächung, denn zum einen belegen Wahlergebnisse, dass der gesellschaftliche Nährboden für neonazistische Politik unverändert vorhanden ist und zum anderen wird aus der Region Infrastruktur für zum Teil internationale rechte Kreise gestellt. Demnach steht der weitgehende Zusammenbruch der militanten Straßenbewegung und der desolate Zustand der örtlichen NPD zwar für einen Erfolg stetiger antifaschistischer Arbeit, bedeutet allerdings auch teilweise den bloßen Rückzug in kleinere Zirkel, denn ohne die Aufmerksamkeit durch große öffentliche Auftritte und spektakuläre Übergriffe lassen sich lukrative braune Geschäfte machen und jenseits antifaschistischer oder behördlicher Aufmerksamkeit die Eckpfeiler zukünftiger Politik setzen.
Aus diesem Grund hat die Kampagne “An die Substanz! – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” das Ziel eben genau jene Strukturen offen zu legen und mit der nötigen antifaschistischen Aufmerksamkeit zu bedenken. Nachfolgend ein Überblick über einige braune Geschäfts- und Erlebniswelten in Kiel und Plön. Getreu dem Motto der Kampagne sind alle Antifaschist_innen aufgerufen weitere Informationen beizusteuern und auch über die gemeinsamen Aktionen hinaus mit eigenen Inhalten und Aktionsformen aktiv zu werden.
Die völkische Neonazi-Szene und ihre Geschäftspraktiken
Insbesondere um die kleine Gemeinde Martensrade im Kreis Plön hat sich ein Zirkel gut vernetzter und vermeintlich intellektueller Neonazis gebildet. Dreh- und Angelpunkt ist das Versand- und Verlagshaus von Dietmar Munier und Gerlind Mörig, deren Aktivitäten unter der “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” zusammengefasst werden.
Munier ist schon seit Jahrzehnten ein Drahtzieher neonazistischer Aktivitäten und dementsprechend ist seine Vita durchzogen von Kontakten zu vielfältigen rechten Strukturen und Personen, weshalb hier nur beispielhaft einige genannt werden. Früher betrieb Munier eine Buchhandlung am Dreiecksplatz in Kiel, zeitweilig zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Thies Christophersen, einem ehemaligen SS-Angehörigen, der in einer Versuchsanstalt für Pflanzenschutz der SS nahe dem KZ Auschwitz eingesetzt war. Über Christophersen bestand auch der Kontakt zu dem Rechtsterroristen Manfred Roeder und dem Holocaustleugner Ernst Zündel, zuletzt 2012 Gast auf Muniers Kastanienhof anlässlich einer Sonnenwendfeier. Neben seinen publizistischen Aktivitäten engagiert sich Munier seit langem in völkisch-neonazistischen Erziehungsmethoden und Gebietsrevisionismus. So ist er in Russland mit einem Einreiseverbot belegt, denn er verfolgt mit verschiedenen Initiativen und Vereinen die “Wiederansiedlung” von vermeintlichen “Deutschen” in Russland. Der wichtigste dieser Vereine wird unten noch thematisiert. Vor allem durch seine Aktivitäten im ehemaligen Ostpreußen hat sich Munier über die “Vertriebenen”-Szene ein weites Kontaktnetz auch über seinen angestammten Neonazismus hinaus geschaffen. So gilt er trotz bester Kontakte zu militanten Neonazis als vertrauenswürdiger Funktionär und Wohltäter quer durch neurechte und konservative Kreise, bis hin zu Teilen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Die “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” ist nach dem Niedergang des NPD-Hausverlags “Deutsche Stimme” der mutmaßlich einflussreichste deutschsprachige Verlag mit explizit neonazistischer Ausrichtung. In dem unübersichtlichen Verlagsgeflecht werden diverse faschistische Schriften und Devotionalien produziert und vertrieben. Augenfällig ist insbesondere die Strategie hinter den bekanntesten Formaten “Zuerst!”, “Deutsche Militärzeitschrift” (DMZ) und “Der Schlesier”. Alle eint eine eindeutig positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus und die Beteiligung neonazistischer Autor_innen. Gleichzeitig werden die Inhalte, im Unterschied zu vielen anderen Neonazi-Schriften, professionell aufbereitet und wird in Layout und Inhalt auf explizite subkulturelle Szene-Codes der klassischen Neonazis verzichtet. Auch kommen Autor_innen der Neuen Rechten zu Wort. So werden die erwähnten Schriften auch über ohnehin schon politisierte eigene Kreise hinaus als “Fachzeitschriften” wahrgenommen, schließlich gelten die Analysen militärischer Strategien in der DMZ bei Militärangehörigen als zutreffend, die “Vertriebenen” betrachten den “Schlesier” als ihr Sprachrohr und rechtskonservative Kreise beziehen sich schon einmal auf “Zuerst!”. Dementsprechend hoch sind die Auflagen, “Zuerst!” hatte eine Erstauflage von 86 000 Exemplaren, “Der Schlesier” soll eine wöchentliche Auflage von 12 000 Stück haben. An diesem für Neonazis ungewohnt lukrativen Geschäft verdienen auch andere kräftig mit. So ist sich der bekannte Bauer-Verlag nicht zu schade, den Vertrieb für “Zuerst!” zu übernehmen. Zu dem Martensrader Publikationshaus gehören verschiedene Verlage und Vertriebe, wobei die “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” eine übergeordnete Rolle spielt, so läuft die Infrastruktur (Fuhrpark, Webseiten) unter dem Dach von “Lesen und Schenken”. Weitere Namen aus dem Geflecht sind “Arndt-Verlag”, “Nation [&] Europa”, “Orion-Heimreiter-Verlag” oder “Fortuna-Buchservice”. Als Mitarbeiter_innen und Redakteur_innen sind schon viele aus dem Personenkreis der Neuen Rechten oder dem organisierten Neonazismus in Martensrade tätig gewesen. Redaktionelle Hauptfigur ist Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der wichtigsten Publikation “Zuerst!”. Ochsenreiter ist omnipräsent auch in anderen Publikationen aus Muniers Verlagen und tritt als Referent auf. Strategisch positionieren Ochsenreiter und Munier “Zuerst!” zwischen der Bedienung der angestammten Klientel, so nimmt “Zuerst!” an Fachmessen für rechte Publizistik teil, wie 2012 am “Zwischentag” der Zeitschrift “Sezession”, und einem weltpolitischen Anstrich. Ochsenreiter reist regelmäßig in den nahen Osten und versucht sich dort als vermeintlich seriöser Korrespondent, wobei das Resultat meist doch nur einschlägige Erlebnisberichte für Neonazis und Militaristen sind. So ließ sich Ochsenreiter 2008 auf einem von der Hisbollah abgeschossenen Panzer der Israelischen Armee ablichten und aktuell füllt er die Martensrader Formate mit seinen Berichten aus Syrien. Jüngst für Aufsehen sorgte “Zuerst!”, als es zur Urlaubssaison die zehn schönsten “Deutschen” Reiseziele benannte, von denen ein guter Teil nicht in den heutigen Grenzen Deutschlands liegt. Auf seinem früheren Posten als Chefredakteur von der “Deutschen Militärzeitschrift” wurde Ochsenreiter von Guido Kraus beerbt.
Antifaschist_innen fällt das Martensrader Verlagshaus auch immer wieder im Zusammenhang mit der örtlichen Neonazi-Szene auf. Insbesondere die NPD hat über ihren bei Munier angestelltenstellvertretenden Landesvorsitzenden Jens Lütke gute Kontakte zu dem Verlagshaus. So können Firmenwagen für Aktionen der Neonazi-Szene genutzt werden, kann Lütke auch immer wieder Parteiarbeit während seiner Arbeitszeit verrichten, bekommt für Aktionen frei und fungiert das Martensrader Verlagshaus als interne Kontaktadresse der NPD. Über den finanziellen Zusammenhang zwischen Munier und der NPD ist noch nicht alles bekannt, direkte Förderung über Spenden liegt im Bereich des Möglichen und das Ausmaß der stattfindenen indirekten Förderung (Fuhrpark, Räumlichkeiten, Arbeitszeit, sonstige Infrastruktur) dürfte auch noch nicht in Gänze bekannt sein.
Das Anwesen in Martensrade umfasst Wohngebäude, Ställe, Verlagsgebäude und Druckerei. Unter dem Schutz eines Wachturms entstand eine braune Parallelwelt, deren Strukturen trotz des großen Bekanntheitsgrades weitgehend intransparent sind. Neonazis können sich in dem kleinen Ort abgeschieden von der kritischen Öffentlichkeit vernetzen und ideologische wie wirtschaftliche Grundlagen für verschiedene Bereiche rechter Politik legen.
Die Neonazi-Szene betrachtet die “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” zwiegespalten. Angerechnet wird Munier, dass er sich trotz der großen Bekanntheit nie distanziert hat von den klassischen neonazistischen Spektren um NPD und Kameradschaften. Im Gegenteil stellt Munier Neonazis immer wieder Treffpunkte, Fahrzeuge, Arbeitsplätze und vermutlich Geld zur Verfügung. Auch genießen die Führungspersonen der Kreise um Munier ein hohes Ansehen, schließlich haben diese erreicht wovon die schlecht organisierten und zerstrittenen Milieus der Kameradschaften oft nur träumen können: Gut vernetzte und über Jahrzehnte etablierte Strukturen, die auch eine praktische politische Relevanz jenseits des “Kampfes um die Strasse” haben. Andererseits wird der “weichgespülte” inhaltliche Kurs der Martensrader Publikationen kritisiert. Teile der Neonazis fordern außerdem eine Aufklärung der Rolle Tino Brandts, V-Person des “Verfassungsschutzes” und mutmaßliche Schlüsselperson im “NSU”-Komplex. Dieser hatte vor seinem Outing als V-Person bei dem “Zuerst!”-Vorläufer “Nation [&] Europa” gearbeitet. Gerade weil Munier damals offiziell noch nicht an der Publikation beteiligt war, verwundert sein mangelnder Aufklärungswillen einige Neonazis. Stimmen in der Szene mutmaßen, dass der “Verfassungsschutz” weitreichenderen Einfluss auf rechte Publizistik hatte als allgemein bekannt und auch der “NSU”, über den Multifunktionär Tino Brandt, in diesem Netzwerk eine Rolle spielen könnte.
Als einer der engsten Vertrauten Muniers bei der Umsetzung seiner politischen Ziele gilt Henning Pless. Die neonazistischen Aktivitäten von Pless wurden vomantifaschistischen Recherche-Portal La Quimera ausführlich beschrieben. An dieser Stelle deshalb nur einige grundlegende Informationen, für eine Vertiefung sei der oben genannte Artikel empfohlen. Pless ist Vorsitzender des “Schulvereins zur Förderung der Russlanddeutschen in Ostpreussen e.V”, einem von Munier gegründeten Verein der versucht über eine Schule und diverse Kulturveranstaltungen “Deutsche” Traditionen in dem Dorf Jasnaja Poljana (ehemals Trakehnen) zu reaktivieren. Früher war Pless 1. Bundesführer der “Heimattreuen Deutschen Jugend”, einem völkischen Jugendverband, der aufgrund seiner offensichtlichen Anlehnung an die “Hitler-Jugend” verboten wurde. Damals schon galt Dietmar Munier als treibende Kraft im Hintergrund. So übernimmt Henning Pless immer wieder Aufgaben neonazistischer Politik als Vertrauensperson von Munier. Aktuell organisiert er dessen “Lesertreffen”, die sich zu einem der wichtigsten Zusammenkünfte der verschiedenen rechten Strömungen im deutschsprachigen Raum entwickelt haben. Dort treffen neben Neonazis auch Militaristen, Neue Rechte und “Vertriebenen”-Verbände zusammen um jenseits großer öffentlicher Aufmerksamkeit Strategien rechter Politik zu diskutieren. Diese Vernetzungstreffen der Deutschen Rechten werden offiziell von Pless´ “Schulverein” ausgerichtet. Referent_innen berichten zu einschlägigen Themen, so referierte 2012 “Zuerst!”-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter im neonazistischen Duktus über “Medien-Manipulationen”, Alfred Mechtersheimer sprach über “Deutschland als Friedensmacht” und Dmitrij Chmelnizki gab seine Thesen zu “Stalins Angriffskrieg” zum Besten. Für einen Überblick über das Treffen 2013 sei wiederum ein Blick in den La Quimera-Artikel empfohlen.
Privat und beruflich lebt Pless ein, im Vergleich zu anderen langjährigen neonazistischen Funktionären, unauffälliges Leben. Er nimmt nicht an Demonstrationen und Übergriffen der Szene teil, betreibt mit dem “Heilcentrum Pless” eine vermeintlich seriöse Heilpraxis mitten in der Kieler Innenstadt und pflegt sein Image als Wohltäter für die Sache der “Vertriebenen”. So richteten der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis und das ehemalige Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ortwin Lowack Grußworte an den “Schulverein” anläßlich der Jahreshauptversammlung 2012, die im Rahmen des “Lesertreffens” in Weißenstein (Bayern) stattfand. Persönlich an Pless lobte Ortwin Lowack dessen “Idealismus, positive Lebenseinstellung und vorbildhafte Arbeit” die “den jungen Menschen in Ostpreußen eine neue (oder alte?) kulturelle und geistige Perspektive und Tiefe” vermitteln könne. Dieses Statement verdeutlicht einmal mehr die Gefährlichkeit von Henning Pless und Dietmar Munier, denn trotz ihrer explizit neonazistischen Ausrichtung haben sie durch den Verzicht auf militanten Szene-Habitus Fürsprecher bis in den Bundestag gewinnen können.
Weitere rechte Publizistik
Etwas weniger bekannt aber nicht minder beachtenswert ist der Kieler “Regin-Verlag” um Dietmar Sokoll. Der Verlag des ehemaligen Burschenschaftlers Sokoll (“Alte Hallesche Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf”, einer Verbindung des Rechtsaußen-Dachverbands “Deutsche Burschenschaft”) verlegt und vertreibt diverse rechte Literatur. So verlegte der “Regin-Verlag” Werke in Andenken an rechte VordenkerInnen wie Oswald Spengler oder Savitri Devi. Auch aktuelle AutorInnen sind der Neuen Rechten oder dem Neonazi-Spektrum zuzuordnen. Schlagzeilen machte der Verlag 2013, als er ein Werk über “Inselfaschismus” des Autors Eric Fröhlich ankündigte. Das Werk wird im Spätsommer erwartet. Fröhlich war eine Führungsfigur der “Nationalen Sozialisten Chemnitz” und stand der “Weißen Bruderschaft Erzgebirge” nahe. So nahm er mit wichtigen UnterstützerInnen der “NSU”-TerroristInnen an Szene-Veranstaltungen wie paramilitärischen Märschen teil. Außerdem soll er zu Ralf Wohlleben, mutmaßlicher Hauptunterstützer der neonazistischen Terrorzelle, Kontakt gehalten haben, weshalb sich auch die Bundesanwaltschaft im Rahmen des “NSU”-Verfahrens für ihn interessiert.
Der “Regin-Verlag” wurde im April 2013 vom NDR in einem Beitrag thematisiert.
Geschäfte der militanten Szene
Das aktuell bekannteste von Neonazis betriebene Geschäft Kiels ist “PLS-Werkzeuge” (“PLS” = “Polenschlüssel”) am Vinetaplatz. Unter dem rassistischen Namen werden von Personen aus der Mischszene zwischen militanten Neonazi- und “Bandido”-Strukturen Einbruchswerkzeug und Bewaffnung vertrieben. Die Hintergründe des Geschäfts wurden im Januar von La Quimera beschrieben, weshalb wir darauf aufbauend hier nur einige aktuelle Entwicklungen beleuchten werden. Das Geschäft hat im Moment Montag bis Freitag ab 10.00 Uhr bis nachmittags geöffnet. Der Hauptakteur Alexander Hardt hat, nachdem die Geschäftsführung im Nachgang der Veröffentlichung der neonazistischen Hintergründe schon einmal wechselte, aktuell wieder den Posten des Geschäftsführers übernommen. Er selbst ist seit einem Umbau vor einigen Wochen seltener im Geschäft anzutreffen, stattdessen haben Kieler Neonazis um Timo Räwel und Tobias Schulz die Verantwortung vor Ort übernommen. Bei dem Umbau half auch Timo Räwels Bruder Andy Räwel. Die Neonazis geben sich zunehmend aggressiv, zeigen oft mit mehreren Personen Präsenzvor dem Laden und bedrohen Menschen. Die Aufteilung der Verantwortung zwischen verschiedenen Neonazis spricht zum einen für eine wirtschaftliche Etablierung, zum anderen für eine Absicherung des Geschäfts in Anbetracht der drohenden Inhaftierung von Hardt. Weiterhin unklar ist die Rolle Peter Borcherts, zigfach vorbestrafter neonazistischer Gewalttäter und ehemaliger NPD-Landesvorsitzender, der vermutlich in einigen Monaten aus der Haft entlassen wird. Bei der Eröffnung firmierte Borchert mit auf dem Klingelschild am Geschäft. Eine Möglichkeit besteht darin, dass “PLS-Werkzeuge” als braunes Resozialisierungsprojekt für Borchert vorgesehen ist und sich Borchert aus der Haft kommend und der mit Haft bedrohte Hardt buchstäblich die Klinke in die Hand geben. Borchert verbindet eine längere Geschichte mit dem Kieler Stadtteil Gaarden, in welchem der Vinetaplatz liegt. Bei früheren Versuchen sich in Gaarden zu etablieren musste er stets nach teils heftigen Auseinandersetzungen mit Antifaschist_innen den Stadtteil wieder verlassen. Eine mögliche aktive Rolle Borcherts bei “PLS” würde also für eine Eskalation der Lage sprechen.
Unauffälliger aber nicht weniger explizit neonazistisch ist der Versandhandel “Support Wear” von Matthias Kussin. Die dahinter stehende Firma “MK-Service” (“MK” = Matthias Kussin) betreibt unter den Namen “Asathor-Auktion”, “Support-Wear”, “Aryan Blood Records” und “Amalek-Textilien” Produktion und Versand von Artikeln für die militante Neonazi-Szene. Die Aufmachung der Produkte und Webseiten ist eindeutig nationalsozialistisch und beworben wird das Geschäft auf einschlägigen Portalen wie “Altermedia”. Um die Bindung an die Kameradschaftsszene unter Beweis zu stellen, wurde beispielsweise zu dem neonazistischen “Tag der Deutschen Zukunft” ein Sonderverkauf mit Solidaritätsbeitrag veranstaltet. Ansässig ist der Versandhandel an der Privatadresse von Kussin im Göteborgring in Kiel-Mettenhof.
Hinter dem Namen Matthias Kussin verbirgt sich Matthias Lehnecke, früherer NPD-Kandidat und neonazistischer Gewalttäter aus Kiel. Lehnecke betrieb früher den “Ruf des Nordens”-Versandhandel, dessen Emailadresse immer noch als Kontaktadresse von “MK-Service” genutzt wird. Verheiratet ist Matthias mit Melanie Kussin, langjährige Aktivistin des Kieler Kameradschaftsspektrums und mit guten Kontakten zu “Club88″-AktivistInnen um Christiane Dolscheid, Frank Rieckmann oder Michael Denz, deren Nachnamen er annahm.
Neonazistische Urlaubswelten
Ein besonderes Beispiel für gesellschaftliche Verankerung auf der einen und neonazistische Politik auf der anderen Seite ist Eckart August. Öffentlich gibt sich August als familienfreundlicher Betreiber des “Eselpark Nessendorf” im Kreis Plön. Das Konzept ist aufgegangen: Der Eselpark wird omnipräsent im ganzen Bundesland als Ausflugsziel beworben und auch Ausflugstipps von großen Medien und Tourismusindustrie weisen oft auf den Betrieb der Familie August hin.
Antifaschist_innen stellt sich jedoch ein ganz anderes Bild der Szenerie dar. Eckart August ist bekannt für sein langjähriges Engagement in der NPD und soll auch finanziell der klammen Neonazi-Partei schon das eine oder andere Mal ausgeholfen haben. Jüngst in die Schlagzeilen geriet August, als bekannt wurde, dass der “NSU” im Urlaub auf seinem Eselpark zu Gast war. Dies ist kein Beweis dafür, dass August wusste es mit der untergetauchten neonazistischen Terror-Zelle zu tun zu haben, allerdings gibt es viele Hinweise, dass die Gruppe um Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sich ihre GastgeberInnen sehr sorgfältig aussuchte. So häuften sich Anschläge in Regionen wo Kontaktpersonen der drei Terroristen lebten und auch Anschlagspläne für Schleswig-Holstein wurden bekannt. Die TerroristInnen machten gern Urlaub im nahen Fehmarn und besuchten anscheinend auch Szene-Veranstaltungen in Schleswig-Holstein. Da entsprechend des Vorgehens in anderen Regionen auch für die Aktivitäten im Norden Deutschlands mutmaßlich örtliche Unterstützung vorhanden war, bleiben an August als eine der wenigen belegten Kontaktpersonen einige Fragen offen, die dieser wohl nie beantworten wird.
It’s up to you!
Dies war kurzer Einblick in neonazistische Geschäftswelten in Kiel und Umgebung. Auch wenn sicherlich die prominentesten Beispiele aufgeführt wurden, entziehen sich viele kleine und große Rückzugsräume der Neonazis oft der kritischen Öffentlichkeit. Um den Namen der Kampagne “An die Substanz!” auch Programm werden zu lassen, rufen wir alle Antifaschist_innen auf, zu helfen neonazistische Infrastruktur aufzudecken und gegen bekannte rechte Geschäfte aktiv zu werden. Teilt uns eure Informationen mit und organisiert euch!
Versalzen wir die braune Brühe! Nazi-Läden zu Autonomen Zentren, Nazis zu Pleitegeiern und rassistische Schundblätter ins Klo!
Kiel: Antifa-Fahrradtour geht an die Substanz
Vor Matthias Kussins Wohnhaus in Kiel-Mettenhof
Die Auftaktaktion der Tour fand beim renommierten “Heilcentrum Pless” am Kleinen Kuhberg statt. Betreiber der politisch unscheinbaren und etablierten Heilpraxis ist der seit Jahrzehnten aktive Protagonist des bundesweiten völkischen Neonazismus Henning Pless, der in den 1990ern z.B. Vorsitzender der mittlerweile verbotenen “Heimattreuen Deutschen Jungend” war und sich bis heute in Kreisen der Vordenkerschaft und Publizistik der völkischen Rechten im Umfeld des Martensrader Großverlegers Dietmar Munier sowie im Bereich des Gebietsrevisionismus engagiert.
Nachdem kritische Medien und antifaschistische Initiativen die neonazistischen Hintergründe Henning Pless’ bereits mehrfach thematisiert hatten, wurde dieser nun erstmalig Ziel antifaschistischer Proteste in und im Umfeld seiner Praxis. Gegen 16.30 Uhr betrat eine Delegation des “Vereins zur Schließung neonazistischer Infrastruktur in SH” die Praxis, um Henning Pless für besondere Leistungen im Laufe seiner langjährigen Karriere im braunen Netzwerk zu ehren und ihm eine entsprechende Urkunde zu überreichen. Nachdem seine Vorzimmerdame auf das Gesuch, den Praxisbetreiber persönlich anzutreffen, zunächst auf einen Termin pochte, sich die Delegation ob des gewünschten Überraschungseffektes aber nicht einfach abwiegeln lassen wollte, erschien Pless selbst tatsächlich im öffentlichen Bereich der Praxis. Obwohl dieser eine kurze Zeit um Professionalität bemüht schien, verweigerte er sich dann zur Enttäuschung der Delegierten doch der Urkundenübergabe, hielt seine Sekretärin zum Polizeiruf an und verschwand hektisch in einem Hinterzimmer. Die Urkunde wurde trotzdem nebst zahlreicher Flugblätter in der Praxis zurückgelassen. Zwei anwesende Kundinnen, denen die politischen Hintergründe Pless’ bis dahin offenbar nicht bekannt waren, zeigten sich interessiert an der neuen Erkenntnis.
Zeitgleich zum Besuch in der Praxis hielten etwa 25 Aktivist_innen vor der Praxis eine Kundgebung ab und verteilten Flugblätter, die auch die Nachbarschaft des “Heilcentrum Pless” über die Hintergründe der zeitlich parallel erfolgten unrühmlichen Ehrung informierte. Erst an deren Ende erschien die alarmierte Polizei, die sich in Anbetracht ihrer Unterbesetzung zu diesem Zeitpunkt jedoch noch zurückhielt. Sie begnügte sich damit, einen größeren Pulk Radfahrer_innen zu verfolgen, der sich nach planmäßiger Beendigung der Aktion gemeinsam vom Ort des Geschehens entfernte.
Dass es dabei nicht bleiben sollte, zeichnete sich bereits ab, als die Einsatzfahrzeuge, die die mutmaßlichen vorherigen Kundgebungsteilnehmer_innen nicht ohne Mühen versuchten im Blick zu behalten, sich vermehrten und sogar eine Zivilstreife durch den Schrevenpark rollte, während die Radfahrer_innen ihren Weg unbeeindruckt fortsetzten. Die kurzzeitige Ruhepause vor dem staatlichen Überwachungsdrang, die sich einstellte, als die Reisegruppe den autoberuhigten Eichhof durchquerte, kam abrupt zu einem Ende, als eine weitere herbeieilende Besatzung Bereitschaftspolizist_innen in letzter Minute mit einem nicht ungefährlichen Einparkmanöver, das kaum der Straßenverkehrordnung entsprochen haben dürfte, den Friedhofsausgang Kronshagen kurzerhand zuparkte und einen Teil der Fahradfahrer_innen am passieren hinderte. Anschließend wurden etwa ein Dutzend Radfahrer_innen auf dem Friedhofsgelände hektisch eingekesselt, ihre Personalien überprüft und fotografiert. Dies wurde nachträglich mit einem vermeintlichen Hausfriedensbruch in der “Heilpraxis Pless” begründet. Auch hier ist überaus fragwürdig, wie der offensichtlich völlig konfuse Einsatz mit der Friedhofsordnung, genauso wie mit dem kirchlichen Hausrecht zu vereinbaren ist. Gleichsam unverschämte wie absurde Drohungen von Polizist_innen gegenüber einer Betroffenen, die in Begleitung ihres Kindes unterwegs war, dieser das Sorgerecht nehmen zu wollen, taten ihr übriges, um den Einsatz selbst unter Berücksichtigung diverser negativer Erfahrungswerte mit der Kieler Polizei als völlig maßlos bewerten zu müssen. Nach Abwicklung der Überprüfungen drohte die Polizei mit Ingewahrsamnamen, falls “ähliche Vorfälle sich wiederholen würden”, verzichtete aber auf eine weitere Verfolgung der Radfahrer_innen.
Nichtsdestotrotz kam es gegen 18 Uhr zu einer weiteren antifaschistischen Aktion gegen einen Kieler neonazistischen Gewerbetreibenden. Vor einem Mehrfamilienhaus im Göteborgring im Stadtteil Mettenhof wurde vor der Privatwohnung des langjährigen Neonazis Matthias Kussin, vormals Lehnecke, eine Kundgebung abgehalten. In einem Redebeitrag und auf verteilten Flugblättern wiesen etwa 20 Antifaschist_innen darauf hin, dass dieser von gleicher Adresse aus, u.a. mit dem Mailorder “Support-Wear”, die Neonazi-Szene mit einschlägigen Klamotten, Tonträgern und sonstigen Accessoires versorgt. Hier war die Resonanz sowohl der Passant_innen, als auch im daneben liegenden Imbiss und von Nachbar_innen auf den angrenzenden Balkons durchweg positiv, was sich durch Applaus und in Gesprächen äußerte. Das braune Business in der Nachbarschaft schien auch hier bisher weitestgehend unbekannt gewesen zu sein. Der Besuch bei Kussins “Support-Wear” konnte ungestört und planmäßig beendet werden und die Beteiligten verließen geschlossen per Rad die Gegend.
Als dritte und letzte Station wurde etwa eine Stunde später der Laden von “PLS-Werkzeuge” am Vinetaplatz in Gaarden angefahren, das bisher wohl prominenteste und am ausgiebigsten thematisierte Kieler Beispiel für Geschäfte mit Verwicklungen in die rechte Szene. Das Geschäft vor allem für Bewaffnung und Einbruchswerkzeuge existiert in dieser Form seit Dezember 2012 und wird betrieben von Alexander Hardt aus Neumünster, der im Laufe des letzten Jahrzehnts durch seine Aktivitäten im militanten Kameradschaftsspektrum zunächst in Ostholstein und seit einigen Jahren in Neumünster als Neonazi bekannt geworden ist. Zuletzt gehörte er zum Umfeld des dortigen Szenetreffpunkts “Club88″ und tritt seit längerem zudem als Mitglied der Rockergang “Bandidos” auf. Zu seinen Mitarbeitern zählen desweiteren die Kieler Neonazis Timo Räwel und Tobias Schulz, die bereits im Zusammenhang mit den zunehmend inaktiven “Freien Nationalisten Kiel” aufgefallen sind. Der Laden stand in diesem Jahr bereits wiederholt im Fokus von antifaschistischer Öffentlichkeitsarbeit, Straßenprotesten und anderen Aktionen, die das Ziel der Schließung des Ladens im durch Migration geprägten Stadtteil verfolgten.
Nachdem wiederum etwa 20 Aktivist_innen mit Fahrrädern auf dem Vinetaplatz Halt gemacht hatten, wurden vor dem geschlossenen Laden ein Transparent entrollt, ein Redebeitrag verlesen und Flugblätter in der belebten Umgebung verteilt. Währenddessen wurden zudem zahlreiche antifaschistische Aufkleber an der Ladenfassade angebracht. Im Laufe der Kundgebung kam es wiederholt zu Unmutsbekundungen in Richtung der Antifaschist_innen, die zunächst noch als Ausdruck eines allgemeinen Ordnungsfetischismus ob der Stickeraktion eingeordnet werden konnten, sich jedoch in der anschließenden Dynamik schnell mit Sympathiebekundungen für die Ladenbetreiber vermischten. Diese Situation verdeutlichte recht unschön, was gleichzeitig in dem Redebeitrag thematisiert wurde. Nämlich, dass es Hardt und seinem Umfeld bei Teilen seiner Nachbarschaft durchaus gelungen ist, sich durch Zurückhaltung und teils Leugnung ihres nachweisbaren rechten Backgrounds als freundliche und vertrauenswürdige Geschäftsleute zu etablieren. Dass dies freilich nicht überall der Fall ist, zeigten andere Reaktionen, die gestern jedoch leider nicht zu den lautstärksten gehörten.
Nachdem sich die Aktivist_innen nach Beendigung der Aktion wieder entfernt hatten, rollten umgehend vier Wagenbesatzungen Polizist_innen an, die einzelne vermeintliche Antifaschist_innen über den Vinetaplatz jagten, wobei sie teils von Aktiv-Bürger_innen unterstützt wurden, und anschließend wahllose Personenkontrollen durchführten. Auch zwei offenbar alarmierte und sichtlich wütende, zum Laden gehörige, Neonazis, darunter Schulz, trafen einige Zeit später vor Ort ein und begannen mit der Beseitigung der antifaschistischen Zurücklassungen an ihrer Fassade.
Insgesamt kann die antifaschistische Fahrradtour als Auftaktaktion der “An die Substanz!”-Kampagne als gelungen bewertet werden. Insbesondere die Präsenz bei den bisher aktionistisch unbehelligt gebliebenen neonazistischen Gewerbetreibenden Pless und Kussin dürfte seine Wirkung nicht verfehlt haben. Ihnen wird die Erledigung ihres Geschäftsbetrieb nun wohl ungleich weniger entspannt von der Hand gehen als zuvor, wo sie aus der Anonymität agieren konnten und nicht mit unerwünschtem Besuch rechnen mussten. Die Erfahrungen am Vinetaplatz haben dagegen das bestätigt, was Antifaschist_innen seit jeher befürchtet und in der letzten Zeit verstärkt beobachten konnten: Dass sich “PLS-Werkzeuge” mitten in Gaarden eben nicht nur Feinde gemacht hat, was die Betreiber vor allem ihrer opportunistische Strategie im Umgang mit ihren Verwicklungen in die Neonazi-Szene zu verdanken haben. Einer weiteren Festsetzung von Hardt und seinem Anhang in Gaarden muss daher umso dringlicher entgegen gewirkt werden, wobei die konkrete Vorgehensweise der Gemengelage entsprechend wohlüberlegt sein sollte. Die Kampagne “An die Substanz!” bietet einen Rahmen, in dem antifaschistische Arbeit nicht nur gegen “PLS”, sondern gegen alle anderen zahlreichen Objekte neonazistischer Infra- und Geschäftsstruktur in Schleswig-Holstein, auch in den kommenden Wochen ausdrücklich auch eigeninitiativ stattfinden kann. Dazu sind alle Antifaschist_innen herzlich und mit Nachdruck eingeladen.
Kundgebung vor dem “Heilcentrum Pless”
…die ersten Polizist_innen erscheinen, sichtlich überfordert
Kundgebung in Mettenhof
Kundgebung in Mettenhof
Aktion vor “PLS-Werkzeuge” am Vinetaplatz in Kiel
Erneut Angriff gegen PLS-Werkzeuge in Kiel-Gaarden
Der von Neonazis betriebende Laden „PLS-Werkzeuge“ in Gaarden wurde offenbar erneut Ziel einer direkten Aktion. Wie Anwohner_innen berichteten, wurde die Eingangstür des Geschäftes in der Nacht auf den 23.5.13 schwer beschädigt und ist momentan mit einer Holzplatte geschützt, an den Schaufenster-Rolladen sollen Graffitis mit der Aufschrift „Keine Geschäfte mit Neonazis“ zu lesen gewesen sein.
Betreiber Alexander Hardt hat die Graffitis schnell wieder entfernt und ist offensichtlich, im Gegensatz zum Angriff im Januar, darum bemüht seine Fassade schnell wieder sauber zu bekommen. Nach der Aktion am 24.1.13, diversen Flugblattverteilungen und einer Demonstration von 600 Menschen gegen das Geschäft inklusive Farbbeutelwürfe scheint sich der Unmut über den Laden mitten in Gaarden weiter zu halten.
Kiel-Gaarden: 600 gegen „PLS-Werkzeuge“
+++ Über 600 Antifaschist_innen auf bunter Demonstration gegen von Neonazis betriebenen Laden in Gaarden +++ Sonne, gute Laune, Antifa! +++ Viele kleine und große Solidaritätsbekundungen von Anwohner_innen +++ Polizei nervt mit Großaufgebot +++ Farbspritzer für Rollläden von „PLS-Werkzeuge“ +++
Am heutigen Samstag, 4. Mai 2013 demonstrierten über 600 Menschen gegen den seit Dezember 2012 von bekannten Neonazis, darunter Alexander Hardt aus Neumünster, betriebenen Laden „PLS-Werkzeuge“ am Vinetaplatz im Kieler Stadtteil Gaarden.
Unter dem Motto „Keine Geschäfte mit Neonazis – „PLS-Werkzeuge“ dichtmachen! Für einen solidarischen Stadtteil ohne Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus!“ versammelten sich zunächst etwa 300 Teilnehmer_innen der Demonstration, zu der das antifaschistische Bündnis Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus aufgerufen hatte, ab 13 Uhr auf dem Alfons-Jonas-Platz zur Auftaktkundgebung.
Hier sprach neben einem Vertreter des Runden Tischs der Intendant des Werftparktheaters, Norbert Aust, ein Grußwort. Anschließend drehte die Demo eine ausführliche Runde durch den Stadtteil, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, und wuchs beständig auf eine Teilnehmer_innenzahl von über 600 an. Am Bahide-Arslan-Platz sprach Cebel Kücükkaraca, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein, zu den rassistischen NSU-Morden und den fatalen Auswirkungen des ausgebliebenen Handelns staatlicher Behörden auf das Sicherheitsempfinden von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Ein weiterer Redebeitrag der SDAJ befasste sich mit dem Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus.
Während der Demo, die sich bei bestem Wetter und durchgängig begleitet von Lautsprecheransagen und Parolen gegen „PLS-Werkzeuge“ im Speziellen und Neonazis im Allgemeinen durchweg gutgelaunt ihren Weg durch die engen und belebten Straßen bahnte, wurde immer wieder mit Solidaritätsbekundungen von Anwohner_innen begrüßt. Beim Gang durch die Iltisstraße etwa donnerte links vom Dach ein ausgiebiges Feuerwerk, während rechts von einem Balkon, untermalt mit Konfettiregen, ein riesiges Transparent mit der Aufschrift „Gemeinsam gegen Bullenschikanen, Verelendungspolitik und Nazischweine! Für ein solidarisches und widerständisches Gaarden!“ präsentiert wurde. Lediglich die Polizei sorgte für Missmut: So brach sie ihre vorherige Ankündigung, sich im Hintergrund halten zu wollen und posierte immer wieder mit bewaffneten und vermummten Eingreiftrupps in Seitenstraßen.
Die Demonstration endete auf dem Vinetaplatz im Zentrum von Gaarden, wo auch das unerwünschte Ladengeschäft ansässig ist. Dieses hatte die Polizei zuvor mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen abgeschirmt. Nichtsdestotrotz gelang es Aktivist_innen, wenigsten ein bisschen Farbe der bunten Zusammenkunft auf die hässliche Fassade des mit Rollläden verschlossenen Ladens zu übertragen. Und auch hier kam es zu einer weiteren pyrotechnischen Dachaktion, zu der eine attraktive Antifa-Fahne geschwenkt wurde. Auf der Abschlusskundgebung wurde in Redebeiträgen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und Avantis vielfach auf die Gefahren eines von Neonazis betriebenen Ladens hingewiesen, auch wenn dieser zunächst nicht politisch nach außen wirkt. Betont wurde auch die Notwendigkeit von eigenständigem antifaschistischen Handeln im Alltag und die Verantwortung, die alle antifaschistisch gesinnten Anwohner_innen tragen, wenn es darum geht, die Etablierung von „PLS-Werkzeuge zu verhindern. Ein Gaardener Gewerkschafter und die DGB-Jugend beendeten mit ihren Beiträgen die etwa zweistündige Demonstration, während eine Sambagruppe noch eine Weile vorm Laden weiter trommelte.
Insgesamt hat die heutige Demo ihr Ziel erreicht: Mit 600 Teilnehmer_innen verschiedener politischer und sozialer Backgrounds, davon viele aus dem Stadtteil, konnte an zurückliegende antifaschistische Mobilisierungserfolge angeknüpft und mit großer positiver Resonanz klargestellt werden, dass Gaarden nach wie vor kein ruhiger Ort für Neonazis sein wird. Gleiches hatte bereits in der Nacht zuvor eine militante Aktion gegen das Auto des NPD-Noch-Ratsherren Hermann Gutsche verdeutlicht, der vor Kurzem in die Gaardener Blitzstraße gezogen ist. Es ist zu hoffen, dass der Schwung dieser Tage mindestens solange andauern wird, bis der Laden Alexander Hardts nicht mehr nur seine Rollläden, sondern auch seine Türen schließt – und das für immer!
Danke an alle, die diese Demo unterstützt und möglich gemacht haben!
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Antifa-Demo gegen „PLS-Werkzeuge“: Mobilisierung läuft!
Nur noch wenige Tage verbleiben bis zur bevorstehenden antifaschistischen Demonstration des Runden Tischs gegen Rassismus und Faschismus Kiel gegen den von bekannten Neonazis am Vinetaplatz betriebenen Laden „PLS-Werkzeuge“. Die Demo wird an diesem Samstag, 4. Mai um 13 Uhr auf dem Alfons-Jonas-Platz in Kiel-Gaarden starten.
Plakate in Gaarden
Nachdem bereits in den Monaten zuvor verschiendene antifaschistische Aufklärungsaktionen im Stadtteil stattgefunden hatten, hat in der letzten Woche mit leichter Verspätung nun auch die heiße Phase der Mobilisierung für die Demo begonnen: Hunderte Plakate wurden im Stadtteil und darüber hinaus verklebt, am Samstag massenhaft Aufrufe in der Nachbarschaft des Ladens gesteckt und verteilt und heute kräftig auf der Kieler Gewerkschaftsdemo zum 1. Mai-Demo mobilisiert, u.a. mit einer Banneraktion vom Sophienhof.
Banneraktion am Rande der 1. Mai-Demo in Kiel
Nichtsdestotrotz sollten auch die letzten verbliebenen Tage nicht ungenutzt bleiben. Das Mobi-Material in deutscher, türkischer und auch englischer Sprache kann am besten direkt hier selbst ausgedruckt werden und dann direkt verbreitet werden. Also lieber Freund_innen und Genoss_innen: Rührt nochmal ordentlich die Werbetrommel, sagt Euren Leuten Bescheid und macht das Viertel hübsch für Samstag. Auch das Schmücken von Häusern entlang der Demoroute oder sonstige Grußworte von solidarischen Anwohner_innen sind natürlich ausdrücklich erwünscht!
UPDATE (3.5.): Seit gestern prangt hoch oben an einem Haus am Vinetaplatz direkt gegenüber von „PLS-Werkzeuge“ ein weit sichtbarer, riesiger „NO NAZIS“-Schriftzug.
„NO NAZIS“-Schriftzug am Vinetaplatz gegenüber von „PLS-Werkzeuge“
Wenn es in den nächsten Tagen noch dringende Neuigkeiten geben sollte, erfahrt ihr davon auf diesen Seiten. Checkt sie also regelmäßig. Für eine erfolgreiche antifaschistische Demo am Samstag und eine nachhaltige Dynamik darüber hinaus: Der Laden muss weg!