Nach den Rechten sehen – AfD-Kader besucht

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia:

Sonntagabend wurden die AfD-Kader Guido Dachs und Sören Boigs zeitgleich mit unangekündigten Kundgebungen besucht. Während des Tatorts wurden durch Flyer, Redebeiträge, Transparente und Pyro ihre Wohnorte als Tatorte rassistischer Hetze benannt.

Die Spürnasen der Kieler Polizei wollten das Spektakel schnellstmöglich unterbinden, hatten aber zu große Orientierungsprobleme um die Antifas belästigen zu können.

Werdet aktiv gegen den rassistischen Kommunalwahlkampf!

Organisiert euch!

Schnauze im Dachsbau!

(Bilder gibt es auf Indymedia)

Outings und ein kaputtes Auto – unfreiwillig hektische Adventszeit für einige Rechte in Schleswig-Holstein

Der Dezember lief für ein paar Rassist_innen in Schleswig-Holstein unruhiger als geplant. Den Anfang machte die AfD-Funktionärin Martina Dibbern-Krämer die nach ihrem Outing auch prompt den Kreisvorstand der AfD Kiel verlassen hat. Auch die Neonazi-Familie Bork aus Elmshorn und die Rechtsrockband „Abtrimo“ (der mit Carsten Soltmann auch ein Mitglied aus Schleswig-Holstein angehört) bekamen unerwünschte Aufmerksamkeit. Der Lübecker IB-Neonazi Jonathan Allonge dürfte auf seine neue Berühmtheit auch gern verzichtet haben. Schließlich hatte er bisher alles dafür getan seine Identität als organisierter Rassist geheim zu halten. Die Autor_innen des Outings beziehen sich in ihrem Schreiben auch auf den Leiter der IB in Schleswig-Holstein, Volker Zierke aus Lütjenburg, der Anfang 2017 versuchte einen Antifa am Lübecker ZOB zu töten. Zu dessen Umfeld gehört der Nachwuchs-Neonazi Allonge.

Ein kleines Bildungsprogramm haben sich Antifas überlegt, die ein Nazi-Memory pünktlich zu Weihnachten veröffentlichten. Spannung, Spiel und Spaß mit der ganzen Familie wünschen wir!

Laut einem am 19. Dezember auf Indymedia veröffentlichtem Schreiben haben sich Aktivist_innen dem Auto von Hermann Gutsche (NPD Kiel) gewidmet. „bauschaum und löcher in den reifen von seinem citroen sind ein garant für extra besinnliche feststage“ schreiben die anonymen Autor_innen. Sie schliessen mit einem Aufruf anlässlich der Kommunalwahl im Mai gegen NPD und AfD militant aktiv zu werden.

Obwohl größere Anlässe wie Wahlen oder Aufmärsche fehlten, haben Antifaschist_innen aus verschiedenen Regionen und Spektren den Dezember genutzt um mit ihren jeweiligen Aktionsformen stetigen Druck auf die rechte Szene aufrecht zu erhalten. Gerade in Zeiten von Rechtsruck und Repression hoffnungsvolle Signale!

Outing Allonge

AfD-Funktionärin Martina Dibbern-Krämer geoutet

Laut eines kurz vor dem Bundesparteitag der AfD in Hannover auf Indymedia veröffentlichten Artikels, wurde die AfD-Funktionärin Martina Dibbern-Krämer an ihrem Arbeitsplatz, der SEB-Bank, geoutet. Wir dokumentieren hier den Text.

„Anlässlich des Parteitags der AfD in Hannover wurde der Arbeitgeber der Kieler AfD-Funktionärin Martina Dibbern-Krämer über ihre Machenschaften informiert. Hier das Schreiben:

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Auf dem Bild unten ist Martina Dibbern-Krämer im Kreis des Vorstands der Kieler AfD zu sehen.

„An die Mitarbeiter_innen der SEB-Bank,

wir haben festgestellt, dass in Ihrem Unternehmen die AfD-Funktionärin Martina Dibbern-Krämer angestellt ist. Zunächst einmal mögen Sie denken, was denn die politischen Aktivitäten von Frau Dibbern-Krämer mit Ihrer Arbeitsstelle zu tun haben. Wir möchten in diesem Schreiben klarstellen, dass es nicht hinnehmbar ist, führende Mitglieder der AfD innerhalb von Organisationen zu dulden, egal ob es sich um einen Sportverein oder eine Firma handelt.

Wie Sie sicherlich der vielfältigen Berichterstattung entnommen haben, entwickelt sich die AfD in rasendem Tempo zu einer offen faschistischen Partei. Es wird gegen alles gehetzt was nicht in das beschränkte Weltbild passt. Homosexuelle, Migrant_innen Jüdinnen_Juden, Menschen muslimischen Glaubens, Linke, Liberale – alles Feindbilder gegen die auch Frau Dibbern-Krämer als Führungsperson der AfD in Kiel regelmäßig Hetze organisiert. Dabei werden zu militanten Neonazi freundschaftliche Verbindungen gepflegt, die dann ja auch gleich die Propaganda dser AfD in Gewalttaten umsetzen. Somit ist Frau Dibbern-Krämer direkt für die rechten Angriffe verantwortlich! Möglicherweise hält Frau Dibbern-Krämer sich im Kreis ihrer Kolleg_innen bedeckt. Auch für die AfD tritt sie nicht offen mit Ihrem Namen auf um ihre rassistischen Verstrickungen zu verschleiern. Doch hinter dieser Fassade steckt eine ideologisch gefestigte Rassistin. Wie realistisch ist es, dass sie diese Einstellungen immer zum Arbeitsbeginn ablegt? Da die AfD, und damit auch Frau Dibbern-Krämer, einen großen Teil dieser Gesellschaft mit Hass und Hetze überzieht, wird sie diese Einstellungen auch einem großen Teil Ihrer Mitarbeiter_innen und Kund_innen entgegen bringen. Natürlich wird sie dies meist nicht offen tun. Doch wie werden sich beispielsweise Migrant_innen oder Homosexuelle in Ihrem Unternehmen fühlen, wenn sie wissen, dass Frau Dibbern-Krämer ihnen mit einem falschen Lächeln gegenüber steht, nach Feierabend aber schon die nächste Hetzkundgebung plant?

Ziehen Sie die richtigen Konsequenzen! Das Beste für das Klima in Betrieb und Gesellschaft ist, wenn Sie Frau Dibbern-Krämer vor die Tür setzen. Mit einem Arschtritt statt einer Abfindung!“

de.indymedia.org

Angriffe, Outing, Glasbruch – „Neumünster wehrt sich“ Protagonisten zunehmend unter Druck

In den vergangenen zwei Wochen kam es auch über die lautstarken Proteste gegen die nunmehr vierte Kundgebung des rassistischen Zusammenschluss „Neumünster wehrt sich“ am 21.5.2016 hinaus zu verschiedenen dokumentierten antifaschistischen Aktionen gegen seine Protgonisten und Infrastruktur.

So wurde einem Artikel und einem Kommentar auf linksunten.indymedia.org zufolge der Mitinitiator und Dauergast bei „Neumünster wehrt sich“ Hauke Haak in der Nacht auf den 27.5. von Antifaschist_innen an seinem Wohnort in Kiel-Gaarden geoutet. Seine Wohnung in dem Wohnhaus im Kirchenweg wurde daraufhin noch in der selben Nacht „mit Farbe markiert“. Bereits eine Woche zuvor war Haak von Anwohner_innen auf offener Straße als aktiver Neonazi enttarnt und angegriffen worden. In sozialen Netzwerken bejammerten Haak und seine KameradInnen anschließend die davon getragenen Verletzungen. Haak ist erst im Zuge der rassistischen Mobilisierungen nach Neumünster im vergangen halbe Jahr in organisierterer Form als Nazi-Aktivist in Erscheinung getreten. Seitdem gehört er jedoch zum festen Kern einer braunen Reisegruppe um „Bollstein Kiel“-Organisator und Relikt der 1990er Mario Hermann und beteiligte sich mit dieser z.B. auch an den NPD-Aufmärschen am 16.4. in Bad Oldesloe und am 1.5. in Schwerin.

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In der Nacht zum 26.5. wurde zudem die rechte Kneipe „Titanic“ in Neumünster von militanten Antifas angegriffen. Dabei wurde die Glasfassade zerstört und „damit keine Freude über die frische Frühlingsluft aufkommt, […] noch etwas gelbe Farbe und ein paar Ekelhaftigkeiten (Buttermilch) durch die kaputte Scheibe geschleudert.“ Dies war bereits der zweite nächtliche Angriff auf die „Titanic“ in diesem Jahr. Ihr Betreiber Horst Micheel ist seit Jahren in lokale Neonazi-Aktivitäten verstrickt. Er stellt regelmäßig die technische Ausrüstung der „Neumünster wehrt sich“-Kundgebungen zur Verfügung, zählt selbst zu ihren TeilnehmerInnen und schafft mit seinem Kneipenbetrieb den mittlerweile wichtigsten Treffpunkt für den dort zusammenkommenden braunen Sumpf der Schwalestadt. Eine u.a. vom NPD-Ratsabgeordneten Mark Proch beworbene spontane Solidaritätskundgebung für den „Titanic“-Wirt scheiterte abermals an internen Streitigkeiten der rechten Szene sowie der Angst vor antifaschistischen Gegenaktionen. Außer Proch und dem zwischenzeitlichen „Neumünster wehrt sich“-Anmelder Sven Späthmann erschienen am Samstag geradeeinmal eine handvoll Neonazis in der Kneipe. Die Kundgebung wurde abgesagt.

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Auch der Neonazi-Einzelkämpfer Enrico Pridöhl, der am kommenden Samstag mal wieder zu einer einsamen „Demonstration“, diesmal in Bad Segeberg, mobilisiert, musste im Anschluss an die letzte „Neumünster wehrt sich“-Kundgebung auf seinem Nachhauseweg die Konsequenzen für sein Nazi-Aktivismus tragen. Am Neumünsteraner Bahnhof wurde er von Antifaschist_innen angegriffen, auch er bemitleidete sich anschließend im Internet für seine erlittenen Blessuren.

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Insgesamt sind die Verantwortlichen der derzeit einzigen zwischenzeitlich zumindest irgendwie relevanten rassistischen Mobilisierung in Schleswig-Holstein in der zweiten Hälfte des Mais also erheblich unter Druck geraten. Wir freuen uns über jede weitere Aktion, die auch zukünftig – ob gemeinsam auf der Straße oder überraschend in der Nacht – an diese fleißige Vorarbeit anknüpft, um der jetzt schon vorläufig gescheiterten rechten Mobilmachung im Land endgültig den Garaus zu machen.

„Neumünster wehrt sich” – da wächst (nicht) zusammen, was (nicht) zusammen gehört

Folgend dokumentieren wir einen Artikel von La Quimera: antifascist watch group S-H:

„Am 23. April will die neonazistische Organisation “Neumünster wehrt sich” wieder durch die Stadt an der Schwale marschieren. Die bisherigen Auftritte waren die ersten ernsthaften Versuche seit dem 1. Mai 2012 Aufmärsche in Schleswig-Holstein durchzuführen. Dementsprechend werden die Aktivitäten auch von anderen rechten Akteur_innen genau beobachtet, um das eigene Potential “auf der Straße” ebenso abschätzen zu können, wie jenes der politischen Gegner_innen. Diese Heterogenität spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur wider. Wie wir schon berichteten , übernehmen dort Neonazis verschiedener politischer Herkunft Verantwortung, was, wie dargestellt , auch schon den einen oder anderen Konflikt mit sich brachte. Nicht zuletzt deshalb dürfte der letzte geplante Auftritt am 28. Februar abgesagt worden sein. Dass die offizielle Begründung schlicht gelogen war, ist leicht daran ersichtlich, dass als Grund abwechselnd “organisatorische und technische Gründe”, eine “Erkrankung” oder eine “Sportverletzung am Knie” von Manfred Riemke genannt wurden. Zeichnet es schon ein desolates Bild, dass sich die Neonazis nicht einmal auf eine Ausrede einigen konnten, setzte Riemke dem erbärmlichen Schauspiel noch die Krone auf, als er am Tag der geplanten Kundgebung bei bester Gesundheit in Neumünster unterwegs war. Doch wie wir in diesem Artikel darstellen wollen, ist dies längst nicht das einzige Konfliktpotential. An der Organisation beteiligte Strukturen, haben sich in der Vergangenheit zum Teil massiv hintergangen und angeschwärzt. Diese Vorgänge wurden nie öffentlich thematisiert und selbst ein großer Teil der direkt betroffenen Neonazis kennt die genauen Zusammenhänge nicht. Das werden wir heute ändern.


Jörn Lemke (m.) und Nico Seifert (r.)

Wir schreiben das Jahr 2012. Der NPD-Landesverband muss mal wieder einen Landtagswahlkampf stemmen, in der Hoffnung, mit ausreichend Stimmen, zumindest an die staatliche Parteienfinanzierung zu gelangen. Doch eigentlich ist die Partei zu einem flächendeckenden Wahlkampf nicht in der Lage. Auf diese Ausgangslage sind wir schon in der Vergangenheit eingegangen . In dieser fragilen Situation meldet sich kurz vor der Wahl eine bis dahin unbekannte “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” (NSH) zu Wort. Der gleichnamige Blog versteht sich als Enthüllungsplattform über die NPD in Schleswig-Holstein. In einem langen Pamphlet wird u.a. dem Landesgeschäftsführer Wolfgang Schimmel “Rassenschande”, also ein Kind mit einer “nicht-deutschen” Frau, vorgeworfen, der Autismus des damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke öffentlich gemacht, werden die Landesvorstandsmitglieder Jörn Lemke und Roland Siegfried Fischer als V-Leute des Verfassungsschutz “enttarnt” und allerlei Interna, wie Treffpunkte der rechten Szene, ausgeplaudert. Für Beobachter_innen der Szene decken sich viele Informationen mit anderen Quellen, so dass dort sehr gut informierte Kreise am Werk gewesen sein müssen. Sogar die “Enttarnung” der beiden V-Leute, für deren Arbeit für den Inlandsgeheimdienst es nach wie vor keinen Beleg gibt, erscheint heute in einem anderen Licht. Denn Anfang Dezember 2012 trat Roland Fischer von allen Ämtern zurück und aus der Partei aus. Inzwischen ist durch das NPD-Verbotsverfahren bekannt, dass genau zu diesem Zeitpunkt, nach Angaben der Innenminister_innen, die letzten Quellen in den Führungsgremien der Partei abgeschaltet worden seien.

Doch wer steckte hinter dem Blog und dem Aufruf zum Boykott der NPD? Schnell wurden damals Spekulationen laut. Für möglich gehalten wurde eine “false flag”-Aktion gut informierter antifaschistischer Gruppen. Doch glaubhaft ist dies nicht. Bekanntermaßen entspricht es nicht dem politischen Stil von Antifaschist_innen, offensiv Neonazi-Propaganda zu verbreiten. Innerhalb der rechten Szene wurde schnell mit Namen jongliert, welche Kandidat_innen in den eigenen Reihen in Frage kämen. Insbesondere Dennis Brandt, der zu diesem Zeitpunkt erst kürzlich eine umfassende Aussage bei der Polizei gemacht hatte , und Kevin Stein, schon in handfeste Auseinandersetzungen in der Szene verwickelt , schienen in Frage zu kommen.


Sebastian Alexander Struve

Doch all diese Rechnungen wurden ohne zwei altbekannte Querulanten mit denkbar schlechtem Verhältnis zur NPD gemacht: Sebastian Alexander Struve (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Eutin”) und Nico Seifert (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Neumünster”). 2012 standen beide vor dem politischen Nichts. Ihre jeweiligen Gruppierungen waren zerfallen und den “Rückweg” zur NPD haben sich beide verbaut. Die Gründe im Fall von Sebastian Struve haben wir schon in unserem letzten Artikel zu diesem Thema dargelegt , weshalb wir hier vorwiegend die Vorgänge um Nico Seifert darstellen werden. Seifert war eine zentrale Figur der rechten Szene in Neumünster. Insbesondere mit seinem Freund Daniel Zöllner (“Aktionsgruppe Kiel”) stand er für einen sehr aktionistischen Neonazismus im Stil der “Autonomen Nationalisten”. Doch nachdem die “Aktionsgruppen” um das Jahr 2010 ihren Zenit überschritten hatten, nahm das Konfliktpotential um Seifert in Neumünster zu. Es hieß, Seifert schulde dem, damals ebenfalls im Niedergang begriffenen, “Club 88” Geld. Dieses Geld versuchten die im “Club” zunehmend dominanten “Bandidos” und ihre Unterstützer einzutreiben. Beteiligt war u.a. der heute bei “Neumünster wehrt sich” eingebundene Manuel Fiebinger. Dass die Schulden im Falle Seiferts besonders gern und nachdrücklich zurück gefordert wurden, mag auch daran liegen, dass er, über Daniel Zöllner, Kontakte zu den Erzfeinden der “Bandidos”, den “Hells Angels”, hat. Auch der Weg zur NPD war versperrt. Hier rächte sich, dass Seifert in der ganzen Szene damit geprahlt hat, den damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke verprügelt zu haben. Als die Lage zunehmend brenzlig wurde, verließ Seifert Neumünster in Richtung Witzwort (Nordfriesland).


Laut Struve Kundgebung mit Unterstützung vom Verfassungsschutz: Mike Östreich, Daniel Nordhorn und Roland Fischer (v.l.n.r.)

Nun befanden sich Struve und Seifert in einer ähnlichen Lage: Beide vereint ein Führungsanspruch innerhalb ihrer Szene, aber beiden fehlte in Schleswig-Holstein jeglicher Rückhalt, um diesen auch durchzusetzen. Als Konsequenz diskutierten die beiden neue Strukturen jenseits von Rockern und NPD aufzubauen. Seifert kontaktierte 2012 “Die Rechte” und 2013 den “III. Weg”, um Möglichkeiten einer Expansion nach Schleswig-Holstein zu diskutieren. Selbstredend mit sich selbst als “Führer” der neuen Bewegung. Diese Pläne scheiterten jedoch an der mangelnden Basis und der organisatorischen Unfähigkeit Seiferts. Struve, ganz der “Autonome Nationalist”, schwebte mehr eine kompromisslos nationalsozialistische Kameradschaft, fern jeder Partei, vor. Auch diesen Plänen war Seifert nicht abgeneigt, ging es ihm ja primär sowieso nur um eine Führungsrolle jenseits der Kreise, die ihn gerade verfolgten. In der Verfolgung dieses Ziels waren theoretische Grundkonzepte verhandelbares Beiwerk. Auf der Suche nach einem Ausweg intensivierten beide bundesweite Kontakte. Struve stand im Austausch mit Dortmunder “Autonomen Nationalisten” (die ihm auch bei seiner später beschriebenen Intrige halfen), Seifert nach Gütersloh zu Julian Fritsch (Nazi-Rapper “Makss Damage”). Dieser war zu diesem Zeitpunkt mit Belinda B. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”, inzwischen lebt B. in Gütersloh) in einer Beziehung. Zusammen mit Janina H. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”) waren Seifert und B. in dieser Zeit, auf Einladung von Fritsch, mehrfach in der westdeutschen Kameradschaftsszene unterwegs, u.a. bei Axel Reitz in Köln.


Belinda B. (r.) als Ordnerin bei einem Auftritt der “Aktionsgruppe Kiel” am 8. Mai 2010 vor dem Kieler Hauptbahnhof

Sogar die Finanzierung ihrer neuen Bemühungen haben Struve und Seifert intensiv diskutiert. Während sich Struve vorwiegend um Vernetzung innerhalb der Rechten bemühte, versuchte Seifert Finanzquellen zu finden. Zunächst beteiligte er sich am Versand “Support Wear” des Kieler Neonazis Matthias Kussin (früher Matthias Lehnecke). Als das Vorhaben im Streit endete, versuchte Seifert vergeblich eigene Versände verschiedener Ausrichtung ins Leben zu rufen. Die Pläne scheiterten samt und sonders an einfachsten organisatorischen Schritten, zu denen Seifert nicht in der Lage war. Doch ganz Geschäftsmann hatte Seifert natürlich mehrere Eisen im Feuer. Als weiteres Standbein schwebte ihm eine Karriere als Pornostar vor. Da sich aber absolut keine Darsteller_innen fanden, die bereit waren mit Seifert einen Porno zu drehen, erörterten Struve und Seifert die Chancen im Geschäft der Zuhälterei, auch bekannt als Menschenhandel. Naheliegenderweise hatten die beiden Neonazis keine inhaltlichen Skrupel, sexuelle Ausbeutung als weiteren Stein in ihr Mosaik der Menschenfeindlichkeit zu setzen. Allerdings schienen ihnen die Rocker in diesem Bereich zu dominant, Seifert hatte ja gerade erst schlechte Erfahrungen mit den “Bandidos” gemacht.
Doch all diese Bemühungen hatten nicht den gewünschten Effekt. Irgendwie müssten die bisherigen Strukturen in Schleswig-Holstein destabilisiert werden, damit die Szene auf die beiden selbsternannten Nachwuchs-“Führer” angewiesen wäre. Gleichzeitig müsste leidige Konkurrenz um den zukünftigen Thron schon einmal vorbeugend auf Distanz gehalten werden. So ersann Struve zusammen mit Seifert einen Plan: Auf einem nicht auf ihn zurückführbaren Blog bringt er Interna und Intrigen der NPD an das Licht der Öffentlichkeit. Bei den, hoffentlich folgenden, internen Spannungen im NPD-Landesverband könnten er und Seifert einspringen und sich von der NPD abkehrende Neonazis für ihre Zwecke einsammeln. Die “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” war geboren. Gleichzeitig bekam Struve Wind davon, dass Ray Vogel (inzwischen Führungsfigur “Identitas Gemeinschaft” ) in Eutin und Umgebung eine neue Gruppierung gründen wolle. Diese sollte, in Anlehnung an die “Spreelichter” aus Vogels Heimat Brandenburg, “Nordlichter” heißen. Diese Gruppierung könnte allerdings Struves genialen Plan zunichte machen und die versprengten “Kameraden” nach dem Zusammenbruch der NPD an sich binden. Also kontaktierte er Marcel Forstmeier (Führungsfigur “Spreelichter”), um “Nordlichter” gewissermaßen die Franchise-Genehmigung entziehen zu lassen. Ironischerweise existiert inzwischen auf Facebook ein Profil der “Nordlichter”, das Beobachter_innen Struves Umfeld zurechnen.
Der Ausgang der Intrige um die NSH war ebenso ernüchternd wie vorhersehbar: Das ganze Unterfangen entpuppte sich als große Luftnummer und beide Protagonisten verschwanden für Jahre von der Bildfläche. Zurück bleibt aus antifaschistischer Perspektive einzig der Blick in menschliche Abgründe, in der gescheiterte Existenzen sich gegenseitig in ihrer Menschenfeindlichkeit überbieten, um eines Tages vielleicht einmal der große “Führer” zu werden.

Spannend, aber nicht überraschend ist, dass Struve sich aktuell stark innerhalb von “Neumünster wehrt sich” engagiert. Da stehen also Menschen aus der NPD, die Struve mittels einer Intrige abschaffen wollte, Seite an Seite mit ihm und organisieren Kundgebungen. Denn der Umgang mit dem Verrat ist genauso verlogen, wie der Verrat selbst. Nachdem Struve abgetaucht war und selbst treue Weggefährten wie Tobias J. (inzwischen “Identitas Gemeinschaft”) nicht mehr zu ihm stehen, biedert er sich jetzt wieder bei der verfeindeten NPD an. Profitieren tut er wohl davon, dass die genauen Zusammenhänge der Intrige fast allen Beteiligten unklar sind. Zwar herrscht innerhalb des NPD-Landesverbands ein Unbehagen gegenüber Struve, was sich auch darin ausdrückt, dass vom Führungspersonal einzig Mark Proch maßgeblich an “Neumünster wehrt sich” beteiligt ist, aber für eine konkrete Distanzierung von ihrem ehemaligen Kandidaten Struve fehlten die handfesten Belege. Beobachter_innen dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Fest steht allerdings, dass es im Umfeld vom Struve nie ohne Machtkämpfe zugehen wird. Insbesondere da seine neue “rechte Hand” Malte Magnussen auf diesem Gebiet auch kein unbeschriebenes Blatt ist. So steht für “Neumünster wehrt sich” in den nächsten Monaten viel auf dem Spiel. Das dürfte auch Neonazis aufhorchen lassen, die sich bisher nicht an den Neumünsteraner Kundgebungen beteiligten, denn in der Schwale-Stadt steht stellvertretend die Kampagnenfähigkeit der ganzen radikalen Rechten Schleswig-Holsteins zur Disposition. Ein Scheitern der Aufmärsche würde das Ansehen der neonazistischen Strukturen im nördlichsten Bundesland nochmals beschädigen und somit das Mobilisierungspotential zukünftiger Aktionen schwächen. Dumm nur, dass die Führungskader in Neumünster Dilettanten und Intriganten das Feld überlassen haben.“

https://quimera.noblogs.org/2016/neumunster-wehrt-sich-da-wachst-nicht-zusammen-was-nicht-zusammen-gehort/

AFD-Kreisvorstand am Arbeitsplatz geoutet

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia Linksunten:

„Outing am Arbeitsplatz: Gert Hoffmeister, AfD-Kreisvorstand Kiel

Die AfD steht für offenen Rassismus. Sie entwürdigt und entmenschlicht Flüchtende, die in Deutschland Schutz suchen. Parteisprecherin Frauke Petry und AfD-Vizin Beatrix von Storch forderten im Frühjahr 2016 sogar den Waffeneinsatz gegen Geflüchtete an den EU-Außengrenzen. Die AfD benutzt Schlagwörter wie »Überfremdung«, »Asylmissbrauch«, »Parallelgesellschaft« oder »Asylchaos«, um bei der Bevölkerung Ängste zu erzeugen, sie würden ihre erarbeiteten Existenzen verlieren oder das deutsche Sozialsystem würde »geplündert« und infolgedessen zusammenbrechen.

Über diese rassistischen Aspekte hinaus steht die AfD als Partei der „Besserverdienenden“ für die radikale Abschaffung von Sozialleistungen und will das staatliche Eingreifen in die Wirtschaft immer stärker beschneiden. Arbeitszwang für Erwerbslose ist ebenso ein Vorschlag zur Verstärkung einer Zwei-Klassengesellschaft, wie die gezielte Elitenförderung von Kindern aus reichen Familien. Auf die Spitze treibt die AfD es mit der Forderung der Abschaffung des Mindestlohns und der Senkung des Spitzensteuersatzes. Im Ernstfall heißt es dann: Wie du überlebst, wenn du dem Arbeitsmarkt zum Opfer fällst, bleibt deine Sache.

Das traditionelle Familienbild mit der Familie als „Keimzelle der Nation“ steht in der Familienpolitik bei der AfD im Mittelpunkt. Bedroht sieht sie dieses durch arbeitende Mütter, Zuwanderung und »Frühsexualisierung«, »Gender Mainstreaming« und gleichgeschlechtliche Ehe, weshalb z.B. das Thema Homosexualität komplett aus dem Schulunterricht verbannt werden soll. Die AfD fordert eine Volksabstimmung zum Verbot von Abtreibungen und spricht damit Frauen jedes Recht auf Selbstbestimmung ab.

Dass sich die AfD mit dem Rechtsruck 2015 stark für alle rechtsradikalen Kräfte geöffnet hat, ist wohl am besten am Beispiel PEGIDA zu sehen. Reihe um Reihe laufen dort und auf ähnlichen Demos klassische Stiefelnazis, Autonome Nationalisten und Parteimitglieder der NPD und AfD. Mit den reaktionären Schlagworten versucht die AfD auf Stimmenfang zu gehen – und hat damit leider auch teilweise ziemlich großen Erfolg. Im Hinblick auf die kommenden Landtagswahl nächstes Jahr in Schleswig-Holstein haben wir uns den Landesparteiverband der AfD ein bisschen genauer angesehen, damit es nicht soweit kommt wie in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Fangen wir anlässlich des Landesparteitages der AfD Schleswig-Holstein, der am vergangenen Samstag, den 16.4.2016 in Henstedt-Ulzburg statt fand, beim Kreisverband der Landeshauptstadt Kiel an.

Gert Hoffmeister ist seit dem 15. September 2015 Beisitzer des Kreisvorstandes. Vorher trat er für die Partei nicht öffentlich auf und hält sich auch bis jetzt sehr bedeckt.

Nach fast 6 Jahren als Student beendete Hoffmeister das Studium des Mechanical Engineering mit dem Schwerpunkt „Marine Technology“ als Diplomingenieur im Juli 1992 an der TU Hamburg-Harburg. Er fand daraufhin für drei Jahre Anstellung bei Blohm + Voss und war dann bis einschließlich September 1996 als Projektingenieur bei den Harzwasserwerken des Landes Niedersachsen im Dienst. Im Oktober des gleichen Jahres wechselte Hoffmeister dann zu seinem derzeitigen Arbeitgeber Caterpillar. Dort wechselten seine Tätigkeiten immer mal wieder innerhalb des Betriebes und ab April 2014 bis heute ist er am Caterpillar-Standort in Kiel-Friedrichsort, Falkensteiner Straße 2, „Nuclear Segment Manager“.

Dass der Arbeitgeber von Gert Hoffmeister über die rechten Umtriebe und das ätzendes Weltbild seines Mitarbeiters informiert wurde, sehen wir als notwendigen Schritt, um Rassist_innen wie Hoffmeister jeden Raum zu nehmen, in dem sie ihre menschenfeindlichen Ideen verbreiten können und schlimmstenfalls noch Anhänger_innen finden.

Nationalismus ist keine Alternative!

Schleswig-Holstein: Nazi-Infrastruktur aus der Deckung geholt

Wir dokumentieren einen Artikel von linksunten.indymedia.org

„In Schleswig-Holstein wurden vier rechte Geschäfte mittels Flyern in ihrer Nachbarschaft thematisiert. Schwerpunkt war Neonazi-Infrastruktur, der bis jetzt wenig oder gar keine öffentliche Aufmerksamkeit galt.

Getroffen hat es den „Norddeutschen Billardservice“ des Neonazis Lars Bergeest in Cismar, den Personal Trainer und Neonazi Tim Bartling in Neumünster, den „Support Wear“-Versand von Matthias Kussin in Kiel und den „Sturm18“-Versand von Marco und Yvonne Eckert in Grube.


Die Aktionen verstehen sich als solidarische Beiträge zur Kampagne An die Substanz. Weitere Informationen über die rechten Geschäfte sind den angehängten Flyern zu entnehmen.“


Weitere Infos: andiesubstanz.noblogs.org

Dütt und Datt aus SH

Unsere Antifa-Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein haben in den letzten Wochen verschiedene Aktivitäten der hiesigen Neonazis aufgedeckt und an die Öffentlichkeit gebracht.

So wurde bereits Anfang Februar bekannt, dass der Neumünsteraner Neonazi und Bandidos-Mitglied Alexander Hardt, der u.a. den Laden „PLS-Werkzeuge“ am Kieler Vinetaplatz betreibt, wegen verschiedener Vergehen zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Hintergründe zu den Aktivitäten von Hardt und Links zu verschiedenen Presseberichten zum Prozess finden sich bei den Recherche-Phantomen von La Chimera.

Mit ihrem zweiten Streich berichteten La Quimera, mit Bezug auf einen Blick nach Rechts-Artikel, dass die Martensrader Verlagsgruppe von Dietmar Munier das Veteranenmagazin der Waffen-SS, “Der Freiwillige”, übernommen hat. Das knapp 60 Jahre lang erscheinende revisionistische, militärgeschichtliche Heft, welches das einstige Mitteilungsblatt der ehemaligen Soldaten der Waffen-SS ist, wird Muniers Hausblatt „DMZ Zeitgeschichte“ untergeordnet, welcher dadurch sein Verlagskomplex weiter ausbauen konnte.

Ende Februar bzw. Anfang März sind zwei Texte über die Neumünsteraner Neonaziszene auf Indymedia Linksunten erschienen. Der Artikel von „No Nazis NMS“ behandelt das Umfeld des NPD-Ratsherrn Mark Proch, der offensichtlich zusammen mit mehreren anderen Neonazis bei einem Logistikunternehmen im Hamburger Speckgürtel arbeitet. Demnach sind dort neben Proch, eine Vielzahl von NPD-Kandidaten aus Neumünster angestellt, die sich in sozialen Netzwerken am Arbeitsplatz und in Arbeitskleidung präsentieren. Dabei finden sich der Firmenname und das Logo auf öffentlich einsehbaren Profilen direkt neben menschenverachtenden, teilweise strafbaren Nazi-Emblemen und rassistischen Parolen. Eine Art der „Werbung“ und Mitarbeiter auf die das Unternehmen wohl gut verzichten könnte und dies in Hoffnung wohl auch tut…

Der zweite Text aus Neumünster beleuchtet eine rassistische Propaganda-Aktion des NPD-Kreisverbands Segeberg-Neumünster um Daniel Nordhorn und Mark Proch.

Aber auch abseits der Neonaziszene gab es für Antifaschist_innen und Antirassist_innen genug Grund zur Aufregung. Für das absolute Lowlight sorgte dabei die Rendsburger Polizei, die in der Nacht vom 17.02. auf den 18.02. einen Routineeinsatz in einer Rendsburger Flüchtlingsunterkunft eskalierte. Die Beamt_innen waren wegen eines vermeintlichen Bewohner_innenstreits vor Ort, ein mitgeführter, nicht angeleinter Polizeihund ohne Maulkorb fiel einen Bewohner der Flüchtlingsunterkunft an und verletzte diesen schwer. Das Opfer musste darauf hin mehrere Tage im Krankenhaus verbringen, die zuständigen Beamt_innen, welche die Verantwortung für die schweren Verletzungen tragen, besaßen tatsächlich die Dreistigkeit eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu stellen. Sowohl der Flüchtlingsrat SH als auch Netzwerk Asyl Rendsburg nahmen Stellung zu dem Vorfall, zudem berichtete das Freie Sender Kombinat Hamburg.

Es gibt also genug zu tun: Keine Ruhe für Neonazis am Arbeitsplatz! Rassistischer Propaganda entgegentreten! Refugees Supporten!



Antifaschistischer Jahresrückblick 2013

Antifas aus Schleswig-Holstein haben auf linksunten.indymedia.org einen antifaschistischen Jahresrückblick veröffentlicht:

Am Ende des Jahres 2013 kann aus antifaschistischer Perspektive resümiert werden: Es wird eng für die schleswig-holsteinische Naziszene. Ihre Aktionsspielräume werden kontinuierlich geringer, was neben der polizeilichen Repression vor allem am antifaschistischen Gegendwind liegt.

Die NPD-Strukturen, allen voran der aktivste Kreisverband Segeberg-Neumünster, waren Ziel der Kampagne „DIY – In die antifaschistische Offensive gehen“. Nachdem dessen „Top 11“ der Öffentlichkeit vorgestellt und darüber hinaus einige Autos und Hausfassaden kreativ umgestaltet worden waren, zogen sich etwa die Aktivposten Arne Voss oder Mike Denz zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück, andere Nazis, die bis dato wichtige Funktionen innehatten (wie etwa Katharina Schubert, die als Kassenwartin auftrat), verließen sogar die Partei.
Während im Vorjahr dutzende Infotische von Nordhorn und Co. unbehelligt geblieben waren, schirmten 2013 Antifaschist_Innen oftmals die Kundgebungen der Partei ab und sorgten dafür, dass ihre Hetzreden kaum zu hören waren und extrem rechte Flyer in den Müll wanderten. Das gilt für die NPD, die in Neumünster im Februar auf dem Kantplatz und im Mai auf dem Kleinflecken genau so scheiterte wie im August in Kiel, aber auch die islamfeindliche German Defence League, die im März in Hamburg erfolglos blieb. Aber nicht nur öffentliche, auch szeneinterne Veranstaltungen fielen ins Wasser: In Pinneberg störten Antifaschist_Innen im März den NPD-Stammtisch, vor allem durch eine Demonstration im April griff die Presse die extrem rechten Treffen im „Rondo“ auf und erhöhte den Druck auf Stawitz und seine Kamerad_Innen. Als in Neumünster im November der geheime Vorabtreffpunkt des „Heldengedenkens“ aufgeflogen war, erschienen mit fotografierenden Antifas denkbar ungebetene Gäste. Aber auch in anderen Kreisverbänden läuft es nicht rund: In Lübeck gab es das erste Mal seit sieben Jahren keinen „Trauermarsch“, dieser wurde wegen zuletzt sinkender Teilnehmer_Innenzahlen einfach abgesagt.

Gerade wegen dieser Rückschläge setzte die Partei große Hoffnungen auf die Kommunalwahlen im April und die Bundestagswahlen im September 2013. Der NPD fehlten allerdings angesichts der sinkenden Motivation ihrer Mitglieder die Ressourcen, um ihre Wahllisten mit eigenen Leuten zu besetzen. Während im Kreis Herzogtum Lauenburg der bisherige NPD-Funktionsträger Kay Oelke sogar aus der Partei austrat und mit einer eigenen Liste antrat, konnte in Kiel und in Neumünster, wo Leute von „Bollstein Kiel“ bzw. Personen aus dem familiären und beruflichen Umfeld von Spitzenkandidat Mark Michael Proch aufgestellt wurden, zumindest Schadensbegrenzung betrieben werden. Vor allem der Einzug von Proch in die Neumünsteraner Ratsversammlung, der größtenteils auf die sinkende Wahlbeteiligung und den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde zurückzuführen ist, wurde als Erfolg gefeiert, für seine Arbeit erntete Proch bisher aber nur Hohn und Spott. Seine Anfrage zum Thema „Fördergelder für Linksextremisten“, für die Landespressesprecher Jörn Lemke extra eine Seite in der Parteizeitung „Schleswig-Holstein-Stimme“ reserviert hatte, wurde im Rat gar nicht erst verhandelt. Um herauszufinden, wer dem „Runden Tisch“ der Stadt an der Schwale angehört, hätte er zudem gar keine Anfrage stellen, sondern einfach nur einen Blick auf dessen Homepage werfen müssen.

In vielen Regionen hat sich die extrem rechte Szene wegen der Schwäche und Zerstrittenheit der NPD von der Partei abgewandt, viele Nazis sind stattdessen ins Rocker-Milieu abgewandert. Oft finanzieren aber dubiose Geschäftsleute auch neonazistische Aktivitäten mit ihren Profiten, weshalb es sich die Kampagne „An die Substanz“ zum Ziel gesetzt hat, diese Strukturen offen zu legen. In Kiel führten verschiedene Aktionen dazu, dass sowohl der NDR als auch die Kieler Nachrichten über die rechten Verstrickungen des Heilcentrum Pless und von „PLS-Werkzeuge“ berichteten – wie hoch der öffentliche Druck z.B. auf Pless inzwischen ist, zeigt die Tatsache, dass der Nazi-Heilpratiker schon die Polizei dazu anstiftet, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. In Neumünster sind insbesondere die Titanic-Betreiber_Innen Horst und Pascal Micheel genervt von der negativen Öffentlichkeit: Nachdem Horsts NPD-Aktivitäten im Rahmen der DIY-Kampagne aufgegriffen und Pascals Umtriebe von Nazi-Watch-SH vorgestellt wurden, brachte „An die Substanz“ zudem ein umfangreiches Porträt der Kneipe heraus. Die Micheels, die einerseits Stress mit den Parteikameraden haben, leiden nun auch noch unter Konzertabsagen usw. Mehr als unglaubwürdige Lippenbekentnisse, mit denen sie sich einmal mehr als „unpolitisch“ ausgeben wollen, haben sie bisher aber nicht zu Stande gebracht.

Die Nazis machten ihrer Frustration auch 2013 wieder durch Hetze und Gewalt Luft. Im Wahlkampf setzten sie neben Europafeindlichkeit vor allem auf blanken Rassismus, die Anschläge auf die Geschäftsstelle der Grünen in Pinneberg (05.07.13), auf die Jüdische Gemeinde in der gleichen Stadt (09.11.2013) und auf den jüdischen Friedhof in Neustadt i.H. (02.05.13) belegen genau wie der Angriff auf Antifa-Fotograf_Innen beim „Heldengedenken“ in Neumünster (17.11.2013), dass ihre gewaltverherrlichenden und menschenfeindlichen Ideen nicht nur Theorie sind. Linke Strukturen werden aber ebenso von staatlicher Seite angegriffen, die polizeiliche Repression richtete in diesem Jahr neben antirassistischen Demonstrationen vor allem gegen vermutete Recherche-Aktivist_Innen. Erschien im April in der taz noch ein Artikel, in dem vom Image-Wechsel der Recherche-Arbeit, die im Zuge der NSU-Aufklärung an öffentlichem Ansehen gewonnen hätte, die Rede war, hetzte der Verfassungsschutz in seinem diesjährigen Bericht gerade gegen diese Strukturen. Trotz der Einschüchterungs- und Kriminalisierungsversuche gab es 2013 auf indymedia linksunten eine Reihe von Outings sowie einen antifaschistischen Adventskalender, die die extrem rechten Akteur_Innen aus der Anonymität rissen, zudem erschien die „antifascist watch-group“ La Quimera auf der Bildfläche, die gut recherchierte Hintergrundartikel veröffentlichte.

Insgesamt haben die verschiedenen Kampagnen und vielfältigen Aktionen zur Schwächung extrem rechter Strukturen beigetragen, aber in Hinblick auf die antifaschistische Vernetzung gilt: „Da geht noch mehr…“, insbesondere was die Verwobenheit der unterschiedlichen Unterdrückungsmechanismen wie Rassismus und Sexismus angeht, die nicht aus den Augen verloren werden darf. Eines noch: Angesichts der aktuellen Repression macht es mehr denn je Sinn, sich in der Roten Hilfe oder im Anarchist Black Cross zu organisieren.

Auf ein erfolgreiches Jahr 2014!

Antifaschistischer Adventskalender an den Start gegangen

Bei Indymedia Linksunten ist ein SH-weiter, antifaschistischer Adventskalender an den Start gegangen. Im Ankündigungstext dazu heißt es:

“Der Monat Dezember steht für viele Menschen für Besinnlichkeit, Zusammenkunft, Liebe und Geborgenheit. Auch einige Nazis glauben, sich im letzten Monat des Jahres in Ruhe mit ihren „Liebsten“ zurücklehnen zu können – sie werden aber feststellen müssen, dass die Probleme, die sie mit ihrer menschenverachtenden Ideologie heraufbeschwören, nicht in den Winterschlaf gehen. Wir möchten im Gegenteil die Gelegenheit ergreifen, den Nazis in Schleswig-Holstein ihr „Juulfest“ zu vermiesen. Das Jahr 2013 war geprägt von antifaschistischen Initiativen unter den Mottos „DIY- In die Offensive gehen“ und „An die Substanz„, woran wir nun anknüpfen wollen.

Wir werden vom 01. bis zum 24. Dezember pro Tag einen Neonazi aus der Anonymität holen, extrem rechte Strukturen beleuchten und mit vielfältigen Aktionen dafür Sorge tragen, dass das Jahr 2013 für die Nazis mit der Adventszeit so beschissen aufhört wie es angefangen hat.

In diesen Sinne:
Ein fröhliches, antifaschistisches HO HO HO!”