Redebeitrag auf der Kundgebung gegen den Naziaufmarsch am 21.8.10 in Neumünster

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner!

Als gäbe es keine anderen drängenden Dinge zu erledigen, müssen wir uns heute mal wieder um die Verhinderung eines widerlichen Aufmarschs rassistischer, nationalistischer und antisemitischer Horden kümmern. Als stünde es nicht eigentlich an, in Zeiten krisenhafter Zuspitzungen des kapitalistischen Irrsinns auf gesellschaftlicher wie auf ökologischer Ebene, angesichts mordender Bundeswehrtruppen in Afghanistan und vor Somalia oder des totalen Ausbaus des autoritären bundesrepublikanischen Überwachungsstaats, eine schlagkräftige emanzipatorische Linke zu organisieren, die dem weltweiten Normalzustand von Krieg, Katastrophe, Ausbeutung und Unterdrückung vielleicht doch noch eine schon lange überfällige vernünftige Perspektive entgegen setzen kann.

Nein, wir müssen heute mal wieder wertvolle Zeit dafür opfern, klarzustellen, was jeder halbwegs nachdenkende Mensch nicht erst seit der Zerschlagung Nazideutschlands vor über 65 Jahren wissen sollte: Dass es unter keinen Umständen hinzunehmen ist, wenn verhinderte neonazistische Massenmörder ihre widerliche Ideologie der Ausgrenzung und Vernichtung, ihren irrationalen Kult von Rasse, Volk und Nation auf die Straße tragen wollen. Und wir sind es Leid, uns als Antifaschist/-innen dafür rechtfertigen zu müssen, dass wir das tun, was doch eigentlich von einer deutschen Gesellschaft, die sich anmaßt zu behaupten, den Mord ihrer Großeltern an 60 000 000 Menschen aufgearbeitet zu haben, als das Mindeste zu erwarten wäre: Sich den neuen Nazis in den Weg zu stellen und sie fortzujagen, wo immer sie es wagen, sich blicken zu lassen. Das gilt heute, wo sie niemandem Geringeren als einem der Haupttäter des NS-Terrorstaates, dem Kriegsverbrecher und Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess ihre Ehre erweisen wollen – da hilft auch die lächerliche Verpackung des schon oft verklärten Preußenkönigs Friedrich Zwo nix -, genauso, wie in jeder alltägliche Situation sonst. Eigentlich.

Denn natürlich wird es heute mit hoher Wahrscheinlichkeit so laufen, wie so oft: Eine Minderheit von Antifaschist/-innen wird den Kopf hinhalten und Prügel durch den Polizeiknüppel riskieren, während eine übergroße Mehrheit den geschichtsrevisionistischen und ns-verherrlichenden Nazi-Aufmarsch ignorieren oder sich maximal über die unnötigen Verkehrsbehinderungen beklagen wird. Nachträglich werden dann zahlreiche Stimmen zu hören sein, die – je nachdem wie der Tag verlaufen ist -, wahlweise erleichtert sind, dass die Polizei alles im Griff hatte und alles ruhig geblieben ist oder aber welche, die schockiert feststellen, dass angeblich mal wieder ein neues Maß an so bezeichneter extremistischer Gewalt Neumünster überzogen habe, gegen das sich der arme Bürger und die leidtragende Polizei endlich zu wehren habe. Die eigentlich einzig relevante Frage hierzu, nämlich ob und unter welchen Umständen der Naziaufmarsch stattfinden konnte, wird in den Hintergrund rücken und durch die Frage nach unpolitischer Ruhe und Ordnung verdrängt.
Dazu wollen wir an dieser Stelle nochmals klarstellen: Nein, es ist nicht unser Ziel, dass alles möglichst ruhig bleibt wenn Dutzende oder gar Hunderte Nazis durch die Stadt ziehen – unser Ziel ist es, diesen wie jeden anderen widerlichen Naziaufmarsch unmöglich zu machen! Und ja, wir sehen den Einsatz aller dafür nötigen Mittel als legitim an!

Und genauso wie uns die Ignoranz und Selbstgefälligkeit der Ruhe- und Ordnungs-Fanatiker/-innen ankotzt, ist uns natürlich klar, welches Denkmuster es ist, das in ihren Köpfen wirkt: Wenn allerorts, von etablierter Politik bis in jedes noch so provinzielle Käseblatt, versucht wird, sich mit etwas, das sich „Extremismustheorie“ schimpft und gerne ein wissenschaftlicher Ansatz wäre, versucht wird, jegliches politisch-soziale Konfliktpotential zu erklären, ist es wenig verwunderlich, wenn Antifaschist/-innen gleichsam wie Nazis nur noch als Störenfriede der vorgeblich heilen bürgerlichen Welt gelten und ihr völlig gegensätzlicher politische Hintergrund ausgelöscht wird. Das Märchen vom Extremismus – übrigens entwickelt vom Verfassungsschutz – will uns mit seiner Logik auf Stammtischniveau nämlich weismachen, dass alles, von dem sich die selbsternannten bürgerliche Mitte gerade so bedroht fühlt, das selbe sei und schmeißt fröhlich ein buntes Potpouri von noch so unterschiedlichen Ideen in einen Extremismustopf, ganz egal wie grundverschieden das jeweilige politische Programm und seine Begründung bei Nazis, islamischen Fundamentalist/-innen oder halt Linken bekanntermaßen aussieht. Was dabei rauskommt, sind – abgesehen von der Undenkbarmachung jeglicher gesellschaftlicher Gegenentwürfe zum Bestehenden – z.B. Verbote antifaschistischer Gegendemos wie vor einer Woche in Bad Nenndorf und damit nicht zuletzt die Rehabilitierung nationalsozialistischer Ideologie als ein normaler politischer Ansatz unter vielen.

Und hier schließt sich der Kreis: Auch wenn vielen von uns der ständige Zwang, sich mit irgendwelchen Nazis herumschlagen zu müssen auf die die Nerven gehen mag, bleibt dies doch eine unverzichtbare politische Notwendigkeit – gerade weil das kleingeistige Niveau des Nazi- Weltbildes unterm Strich leider doch deutlich mehr Anschlusspunkte an die Logik einer derzeitigen Mehrheitsgesellschaft bietet, die sich willig an intellektuellen Tiefstleistungen wie der herrschaftssichernden Extremismustheorie orientiert. Umso mehr gilt dies bekanntlich in Krisenzeiten, in denen die bürgerliche Ruhe und Ordnung ob der unvermeidlich aufklaffenden vielseitigen sozialen Widersprüche höchstens noch auf dem Papier existieren kann und der Ruf nach emanzipationsfeindlichen Scheinlösungen absehbar ist. Unser Auftrag bleibt es daher, den Nazis samt ihrer menschenverachtenden Ideologie ihre Handlungsräume größtmöglich einzuschränken und dafür zu sorgen, dass „Nie wieder!“ auch „Nie wieder!“ bleibt. Das sind wir nicht nur unserem Verstand, sondern vor allem auch den Millionen Menschen schuldig, die damals wie heute Opfer der faschistischen Barbarei wurden und werden.

Es bleibt dabei: Nazis bekämpfen ist wie Müll raustragen – nervig, aber irgendwer muss es ja tun.
Und jetzt: Alle gemeinsam den Naziaufmarsch verhindern!

Neumünster: Situation vor dem Naziaufmarsch

Neonazis der NPD und aus dem Spektrum der „autonomen Nationalisten“ haben für Samstag den 21. August 2010 einen „Gedenkmarsch“ anlässlich des Todestags Friedrich des Großen in Neumünster angekündigt. Antifaschistische Gruppen aus Schleswig-Holstein gehen von einem Vorwand der Neonazis aus, unter diesem Deckmantel dem Hitler-Stellvertreter und Kriegsverbrecher Rudolf Hess ehren zu wollen – die Mobilisierung gegen den Naziaufmarsch läuft auf Hochtouren. Ein kurzer Überblick über den aktuellen Stand.
Der Auftaktort der Neonazis wurde vom Kleinflecken auf den Parkplatz zwischen Schleusberg und Wasbeker Straße verlegt, laut Ordnungamt aus Sicherheitsgründen, weil auf dem Kleinflecken aufgrund einer Baustelle, an der „zu viele Wurfgeschosse “ herumlägen. Angemeldet wurde die Neonazi-Demonstration von zwei Lübeckern, deren Namen allerdings im Moment nicht bekannt sind. Die Neonazis erwarten 150 Teilnehmer_innen und bewerben nach wie vor den Bahnhof um 11 Uhr als Sammelpunkt. Die Kundgebung in der Nähe des Kleinflecken soll um 11.15 Uhr beginnen, so dass davon auszugehen ist, dass einige Nazigruppen mit dem Zug nach Neumünster reisen wollen. Darauf stellt sich offensichtlich auch das Ordnungsamt und die Polizei ein. In einem Artikel im Holsteinischen Courier vom 18.8. heißt es bezüglich der um 9 Uhr am Bahnhof startenden antifaschistischen Gegenkundgebung: „Auflage für die Gegendemonstranten ist daher, dass der Busbahnhof und die Zugänge zum Bahnhof frei bleiben müssen“.
Die Neonazis wollen vom Kleinflecken aus über die Bahnhofstr. – Linienstraße – Wippendorfstraße – Goebenstraße – Roonstraße – Log In – Wasbeker Straße – Hansaring – Schleusberg zurück zum Kleinflecken marschieren. Die Route führt am Anfang in der Nähe des Bahnhofs und der AJZ vorbei und liegt dann zu einem großen Teil in Faldera, einem Viertel mit vielen (zu Teilen leer stehenden) Wohnblöcken. Auch einige bekannte Neumünsteraner Neonazis wohnen in dieser Gegend. Die Polizei hat angekündigt, den Verkehr auf den Hauptstraßen einseitig an der Nazidemo vorbei zu leiten. 
Von den Offiziellen der Stadt Neumünster kommen bisher wenig Reaktionen ob des erneuten Aufmarsches von Neonazis in einer Stadt, die nicht nur durch den bundesweit bekannten Nazi-Treffpunkt „Club 88“ (http://www.club88-schliessen.tk/) traurige Berühmtheit erlangt hat. Und auch die Lokalpresse sorgt sich offensichtlich mal wieder eher um die Störung von Ruhe und Ordnung, wenn der Holsteinische Courier seinen Artikel mit „Neonazis gegen Linke: Stadt genehmigt Demo“ betitelt, anstatt zu benennen, dass Neumünster immer noch ein Naziproblem hat.
Mittlerweile ist auch klar was von antifaschistischer Seite passieren wird: Die VVN-BdA und das Neumünsteraner Bündnis gegen Rechts haben ab 9 Uhr eine Gegenkundgebung auf dem Konrad-Adenauer-Platz vor dem Bahnhof angemeldet, welche nach wie vor erlaubt ist, jedoch der oben genannten Auflage seitens der Polizei unterliegt. Das Bündnis gegen Rechts ruft dabei gleichzeitig zur direkten Blockade des Naziaufmarsches auf. Dies soll auch um 9 Uhr auf der Kreuzung in der Bahnhofsstraße beginnen.
Vor Ort wird es einen Ermittlungsausschuss (EA) geben. Zur Verbreitung von Informationen zur aktuellen Situation wird es ein Infotelefon und einen twitter-Ticker (http://twitter.com/nms_nazifrei) geben. Antifaschistische Gruppen aus Schleswig-Holstein und Hamburg rufen zur gemeinsamen Zuganreise nach Neumünster auf. Achtet auf aktuelle Ankündigungen, die Abfahrtszeiten können sich noch ändern.
Am Nachmittag, im Anschluss an die Aktionen gegen den Naziaufmarsch wird die AJZ in der Friedrichstraße geöffnet haben. Hier gibt es warmes Essen und am Abend findet hier ein Antifa-Soli-Konzert statt.
Bei allem gilt: Informiert euch kurzfristig über den aktuellen Stand. Je nachdem was sich herausstellt, können sich die Abfahrtszeiten und/oder die Treffpunkte in Neumünster noch ändern. Bleibt flexibel, checkt regelmäßig http://www.antifa-kiel.org & http://antifanms.blogsport.de
[Aktuelle Infos und Aufruf]

Naziaufmarsch in Neumünster stoppen!

Für den 21. August kündigen Neonazis aus Schleswig-Holstein einen „Ehrenmarsch“ anlässlich des Todestages des Preußenkönigs Friedrich des Großen in Neumünster an. Dies stellt offensichtlich nur einen Vorwand dar, dem Hitler-Stellvertreter und Kriegsverbrecher Rudolf Hess zu gedenken.
Den angekündigten Aufmarsch in Neumünster bewerben sowohl der Landesverband der NPD, als auch ein aus dem Kreis der neonazistischen „Aktionsgruppen“ betriebenes Internetprojekt.

Die Nazis wollen am Samstag den 21.8. um 11 Uhr am Kleinflecken in Neumünster aufmarschieren.
Aufruf und aktuelle Infos

Gelb-Rot-Braun – Schleswig-Holsteiner Nazis unterwandern Bandidos MC

Wir dokumentieren einen schon etwas älteren aber immer noch aktuellen Artikel aus dem Antifa Infoblatt Nr. 85 zur Verstrickung von Neonazis in den so genannten „Rockerkrieg“ in Schleswig-Holstein.
Ehemaliger Landesvorsitzender der NPD Schleswig-Holstein, Peter Borchert, jetzt bei den Bandidos Neumünster.
Immer wieder haben wir über die Umtriebe des Kieler Neonazis Peter Borchert berichtet. Peter Borchert, inzwischen 36 Jahre alt, hat bereits beinahe 10 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht. Bekannt geworden als Teil derjenigen militanten Neonazis, die in Schleswig-Holstein erfolgreich die Macht im Landesverband der NPD an sich rissen, und dies erst nach massiver Intervention der Bundespartei verloren, hatte er zuletzt eine Kameradschaft Autonomer Nationalisten in Kiel aufgebaut. Diese „Aktionsgruppe Kiel“ war zwischenzeitlich so selbstbewusst, dass sie sich vor einem Jahr auf eine offene Konfrontation mit den Hells Angels Kiel einließen. Als im August 2008 vor dem Amtsgericht Kiel ein Prozess gegen zwei aus der rechten Szene Kiels stammenden Brüder, denen vorgeworfen wurde, während einer Diskothekenschlägerei ein Hells Angels Mitglied niedergestochen zu haben, geführt werden sollte, mobilisierte Borchert zur Unterstützung seine „Aktionsgruppe“. Bei der zwangsläufigen Konfrontation mit dem nahezu vollständigen Chapter der Kieler Hells Angels vor dem Amtsgericht, soll Borchert nach Augenzeugenberichten, zwei der Gegner niedergestochen haben. Mittlerweile wurden sowohl Borchert, als auch die beiden Brüder wegen dieser Taten freigesprochen. Insbesondere der Freispruch Borcherts war auf der Basis der Zeugenaussagen vor Gericht kaum nachzuvollziehen.
Borchert und ein Teil seiner Kameraden kennen die verfeindeten Hells Angels-Mitglieder teilweise seit früher Jugend. Gemeinsam war man in rechten Jugendgangs auf dem Kieler Ostufer groß geworden. Borchert scheint mit seinen autonomen Nationalisten im Interessenbereich der Hells Angels gewildert zu haben und versuchte nun, seine Interessen mit Nachdruck zu verteidigen. Darüber hinaus dürfte Borchert den Hells Angels immer noch verübeln, dass sie dem ehemaligen Neonazi Klemens Otto (Combat 18 Pinneberg) eine Ausstiegsalternative in einem neumünsteraner Tätowierstudio geboten haben. Nazis aus Borcherts Umgebung hatten mehrfach im Internet vermutet, dass Otto belastende Aussagen zum Nachteil Borcherts gemacht hatte.
Der Umstand, dass Borchert bei der Konfrontation vor dem Kieler Amtsgericht ohne Scheu seine Kameraden verheizt hat, wurde später kaum diskutiert. Der an der Schlägerei beteiligte NPD-Funktionär Christian Rausch wurde bei der Schlägerei so stark verletzt, dass er aufgrund eines Knochenbruchs vermutlich bleibende Schäden erleidet. Er gab an, von Personen, die der „Aktionsgruppe Kiel“ zugerechnet werden müssen bedroht worden zu sein, er solle nicht gegen Borchert aussagen.
Trotz des Freispruches führte die Auseinandersetzung mit den Hells Angels für die Beteiligten zu erheblichen Problemen im Alltag. Borcherts Pläne, mit seinen Kameraden im Türsteherbereich aktiv zu werden, ließen sich vor dem Hintergrund des schwelenden Konfliktes nicht realisieren. Einer der beiden an der ersten Auseinandersetzung beteiligten Brüder wurde zwischenzeitlich angeschossen, ein eindeutiges Signal für die Zukunft.
In dieser Situation kam es den Beteiligten gerade recht, dass der Rockerclub Bandidos just in diesem Moment eine Ausweitung nach Schleswig-Holstein plante. Der Bandidos MC ist einer der weltweit agierenden Rocker-Clubs und führt seit Jahren einen harten Kampf gegen die konkurrierenden Hells Angels. Bei diesen Auseinandersetzungen kommt es immer wieder auch zu Schwerverletzten und Toten. Die unter den Vereinsfarben rot-weiß agierenden Hells Angels kontrollieren bislang Hamburg und Schleswig-Holstein. Die unter den Farben gelb-rot auftretende „Bandidos Family“, bestehend aus den eigentlichen Bandidos und ihren zahlreichen Untergruppen, rekrutieren oftmals ehemalige Hells Angels-Mitglieder oder frustrierte Anwärter, die nach jahrelangem Warten auf die Vollmitgliedschaft eine Alternative suchen. Als im Mai 2009 Chapter der Bandidos Untergruppe „Chicanos“ in Kiel, Rendsburg und Neumünster eröffnet wurden, bot sich daher für Borchert und Kameraden eine Chance, sich mit starker Rückendeckung neu zu organisieren. Borchert knüpfte daher schnell Kontakte zum neumünsteraner Chapter. Die Chapter Kiel und Rendsburg streckten allerdings unmittelbar nach ihrer Gründung die Fahnen und gaben ihre Kutten bei den Hells Angels ab. Anders das neumünsteraner Chapter, das seit November diesen Jahres den offiziellen Status eines „probationary Chapters“ der Bandidos hat. In diesem Chapter fand nun nicht nur Borchert, sondern offensichtlich auch andere Nazikader eine neue Heimat. Nach Polizeiinformationen sind neben Borchert und dem einen der beiden eingangs erwähnten Brüder Ralf D., der ehemalige Club 88-Mitbetreiber Tim Bartling und der aus Oldenburg/Holstein stammende Alexander Hardt Mitglieder der Bandidos Neumünster.
Bartling, der als Freefight Kämpfer immer wieder behauptet, er sei nicht mehr in der Nazi-Szene aktiv, hält sich zur Zeit mit öffentlichen Auftritten zurück. Dagegen traten Borchert und Hardt in den vergangenen Monaten mehrfach mit Kutte in Neumünster und bei anderen Bandidos-Chapters auf.
Alexander Hardt war bereits im Jahr 2006 aufgefallen. Vor dem Amtsgericht Oldenburg/Holstein wurde er in einem Prozess freigesprochen. Hardt ließ sich damals von dem Hamburger Nazi-Anwalt Rieger vertreten. Im Prozess bestätigte Rieger, dass Hardt schon während der Demonstrationen gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ schwedische Nazis betreut hatte.
Im Herbst dieses Jahres sollte Hardt in Herzberg bei Göttingen wegen Herstellung und Verbreitung der 2003 erschienenen und mittlerweile indizierten CD „Geheime Reichssache“ der Rechtsrockband „Kommando Freisler“ beteiligt gewesen sein. 
Hardt wird vorgeworfen, das Booklet der CD hergestellt zu haben. Die CD wurde über den dem Blood and Honour-Netzwerk zuzurechnenden Vertrieb „Celtic Moon“ vertrieben. 

Wo die illegale CD produziert wurde, ist bisher unklar. „Wir vermuten in Norddeutschland, möglicherweise Schleswig-Holstein“, sagt Oberstaatsanwalt Heimgärtner.
Zwei Bandmitglieder wurden in dem Prozess am 2. November vom Amtsgericht Herzberg aufgrund eines Geständnisses zu Geldstrafen in Höhe von 3.600 und 3.000 Euro verurteilt. Gegen Hardt konnte der Prozess nicht durchgeführt werden, da sein Verteidiger RA Rieger kurz zuvor verstarb. Eine Verurteilung ist hier wahrscheinlich. Bislang ist unklar, ob Hardt im Rahmen seiner Skandinavien-Kontakte in größerem Maße als bisher bekannt in die internationale Blood and Honour-Struktur eingebunden war.
Neuerdings macht Hardt allerdings eher profane Geschäfte. Mit Geschäftssitz im neumünsteraner Nazi-Treff Club 88 betreibt er unter der Internet-Seite „Polenschlüssel.de“ den Verkauf von Einbruchswerkzeug.
Alles in allem wird deutlich, dass mindestens drei der neuen Mitglieder des Bandidos Chapters Neumünster jedenfalls ehemals sehr aktive Nazi-Aktivisten sind, die bis heute in die schleswig-holsteinischen Nazistrukturen eingebunden sind. Es ist fraglich, ob sie ihre Naziaktivitäten nunmehr einstellen oder als Bandidos-Mitglieder weiter betreiben. Beobachter der Szene stellen allerdings fest, dass die Anbindung an die Naziszene anhält. So berichten neumünsteraner Antifaschisten von Treffen der Bandidos-Mitglieder im Club 88. Auch Peter Borchert soll weiterhin engen Kontakt zu seiner „Aktionsgruppe Kiel“ halten, auch wenn er aus Angst vor den Hells Angels ein offenes Auftreten in Kiel vermeidet.
Die Bandidos, die schon in der Vergangenheit dadurch aufgefallen sind, dass Nazibands in ihren Clubheimen auftreten konnten, haben mit der Verleihung des Probatory Status an das Chapter Neumünster ein klares Zeichen gesetzt, dass sie Nazis in ihrem Club, in dem auch viele Migranten aktiv sind, akzeptieren. Jedenfalls in Neumünster bestehen gute Chancen dass der Bandidos MC nicht als – wie bei Rockern üblich – 1%er Club, sondern als 88%er den Club-Farben rot-gelb einen deutlich braunen Klecks verpassen.

Prozess gegen Nico Seifert in Neumünster endet mit Verurteilung

Ein Vorfall, der sich vor mittlerweile knapp 2 Jahre zugetragen hat, beschäftigte am Donnerstag, den 18.2., das Amtsgericht in Neumünster. Vor Gericht stand der aus Neumünster-Einfeld kommende Neonazi Nico Seifert (22), dem vorgeworfen wurde, am 12.6.2008 in Kiel zusammen mit einer Gruppe Neonazis eine kleine Gruppe antifaschistischer DemonstrantInnen angegriffen zu haben.

Am 12.6.2008 fand die konstituierende Ratssitzung im Kieler Rathaus statt, in das nach der Kommunalwahl am 24. Mai 08 erstmals auch die NPD in Person ihres Spitzenkandidaten Hermann Gutsche eingezogen war. Dies nahm die NPD zum Anlass eine Kundgebung auf dem Rathausplatz anzumelden. Zu dieser Kundgebung erschienen lediglich 7 Nazis, darunter auch der bundesweit bekannte Neonazi Thomas Wulff. Der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel sowie die Autonome Antifa-Koordination Kiel riefen zu Gegenaktivitäten auf, denen etwa 200 AntifaschistInnen folgten.

 

Neben der durchgehend fortgesetzten Kundgebung des Runden Tisch bewegten sich parallel verschiedene Gruppen von AntifaschistInnen rund ums Rathaus. Hierbei kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung mit den selbsternannten „autonomen Nationalisten“ aus Kiel und Neumünster: 11 Nazis, unter ihnen Peter Borchert und Thomas Krüger aus Kiel, griffen in der Waisenhofstraße hinter dem Rathaus eine kleinere Gruppe AntifaschistInnen an, wobei ein Mensch so verletzt wurde, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Immerhin soll ein Teil der Nazis bei ihrem Fluchtversuch dank eines antifaschistischen Gegenangriffs einige Meter weiter auch nicht gänzlich unbescholten davon gekommen sein. Die in Sichtweite anwesende Polizei schien damit überfordert, AntifaschistInnen und Nazis auseinander zuhalten und reagierte dementsprechend konzeptlos, konnte aber Seifert und einen anderen Neonazi beim Eintreten auf einen am Boden liegenden Gegendemonstranten festnehmen. Erst nach einiger Zeit gelang es ihr die insgesamt 11 Nazis festzusetzen. Während die festgenommenen Nazis abtransportiert wurden, hat die Polizei etwa 30 AntifaschistInnen, die sich mittlerweile aus Solidarität mit dem verletzten Genossen eingefunden hatten, eingekesselt und etwas später in Gewahrsam genommen. Auf der Wache wurden dann AntifaschistInnen von der Polizei absichtlich immer wieder zu den Nazis in die Zelle gebracht, was in einem Fall auch dazu führte, dass ein Punk über längere Zeit in der Zelle zusammen mit Peter Borchert und den festgenommenen Nazis saß und von diesen eingeschüchtert werden konnte.

 

Zwei der an diesem Tag festgenommenen Nazis sind wegen Körperverletzung an dem verletzten Gegendemonstranten angeklagt worden. In dem ersten nun stattgefundenen Prozess wurde Nico Seifert zu 60 Arbeitsstunden und einer Geldstrafe von 400 Euro nach Jugenstrafrecht verurteilt. Da er bei dem Angriff noch unter 21 war, wurde der Prozess vor dem Jugendgericht Neumünster verhandelt. Verteidiger von Seifert war der bekannte Szeneanwalt und NPD-Mitglied Christian Bangert.

 

Da es eigentlich ein öffentlicher Prozess sein sollte, wollten einige FreundInnen und UnterstützerInnen den Geschädigten vor Gericht unterstützen, was ihnen aber verwehrt wurde, da die Richterin offensichtlich relativ spontan beschlossen hatte, die Öffentlichkeit vom Prozess auszuschließen. Die Polizei war in der Stadt massiv präsent und begleitete die angereisten UnterstützerInnen den ganzen Tag in Sichtweite. Der Prozess selber dauerte dann jedoch nur eine gute Stunde und endete in der besagten Verurteilung Nico Seiferts, der in Begleitung des Neumünsteraner Neonazis Manuel Fiebinger erschien.

Der nächste Prozess in diesem Fall gegen einen Kieler Neonazi wird vorraussichtlich im Sommer 2010 in Kiel stattfinden.

 

Indymedia Artikel vom 12.6.08

Versuch vom Club 88 in Neumünster Geburtstagsfeier nachzuholen endet in Polizeiaktion

Am Samstagabend haben sich nach Angaben von Neumünsteraner AntifaschistInnen und der lokalen Presse etwa 100 Neonazis am bundesweit bekannten Club 88 versammelt. Offensichtlich wollten sie die bis dato jährlich stattfindene  Feier anlässlich des langjährigen Bestehens des Nazitreffpunktes begehen.
Die Polizei erliess wie schon in den vergangenen Jahren Auflagen für die Feier, was dazu führte, dass etliche Neonazis schon nach wenigen Stunden Neumünster wieder verliessen. Einige Neonazis begaben sich daraufhin zur Nazi-Kneipe Titanic in der Innenstadt um dort weiter zu feiern. Auch hier zeigte die Polizei starke Präsenz.
Bericht der Antifa Neumünster:

 

„Nun auch von uns eine kurze Zusammenfassung der Naziereignisse in Neumünster vom Samstag dem 24.10.09

Wie vorher schon durch den Holsteinischen-Courier bekannt gegeben handelte es sich tatsächlich um einen nachgeholten Club 88 Geburtstag. Dieser fiel mit ca. 120 überwiegend aus Norddeutschlands kommenden Nazis eher „klein“ aus. Allerdings wurde auch dieses Jahr die Titanic als zweite Anlaufstelle der Nazis genutzt.
Beim Club:
Beim Club 88 war ein massives Polizeiaufgebot. Der Hinterhof des Clubs wurde ausgeleuchtet und spätestens ab ca. 22:00Uhr wurden neuankommende Nazis von der Polizei abgewiesen und es wurde kein reinkommen mehr erlaubt. Laut des Holsteinischen-Courier ließ die Polizei nach erreichen der, aus Brandschutzgründen auf 70 Gästen beschränkten Teilnehmerzahl, niemand mehr in den Club 88 und erteilte davor „weiterfeiernden“ Nazis Platzverweise. Über den Abend verteilt hielten sich ca. 50-70 Nazis im Club auf, bei denen aber keine wirkliche Partystimmung aufkam und die überwiegend „dumm aus der Wäsche guckten“.

Bei den Nazis handelte es sich um das übliche Säuferpublikum bis hin zum AN Spektrum, allerdings schien ab ca. 23 Uhr die Lust am Club zu feiern endgültig vergangen zu sein. Kurz nach Mitternacht war der Club bereits geschlossen.

Titanic:
Wem am Club das „feiern unter Nazis“ verboten wurde, fand sich in der Titanic wieder.

Somit trafen gegen 20:30 Uhr fast zeitgleich 30- 40 Nazis auf dem Postparkplatz, nähe Titanic ein. Ca. 20- 30 waren schon vor Ort um ihresgleichen in Empfang zu nehmen.

Macht 50- 70 Nazis die sich neben dem Club auch noch in der Titanic aufhielten.

Hier war die Polizeipräsenz fast gar nicht vorhanden. Sporadisch fuhr mal ein Streifenwagen vorbei, die allerdings konnten die Nazis ganz und gar nicht davon abhalten Migranten aus dem Viertel zu bedrängen und ausländerfeindliche Parolen zu brüllen.

Ab ca. 23 Uhr war aber überraschender Weise das feiern in der Titanic vorbei und das Publikum beschränkte sich wieder auf „normales Abendpublikum“ welches meist aus nazifreundlichen Kampftrinkern bestand. Ab 1 Uhr war dann auch die Titanic geschlossen.

Einige wenige, die sich trotz des starken Polizeiaufkommens beim Club und der schlechten Stimmung in der Titanic dennoch den Abend nicht versauen lassen wollten, suchten in Neumünster andere Lokalitäten auf. Dabei soll es später in der Nacht noch zu Drohungen und Übergriffen gegen PassantInnen gekommen sein, die aber für einige Nazis im Polizeigewahrsam bzw. zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus endete.

Fazit: Auch wenn von antifaschistischer Seite an diesem Wochenende aufgrund der kürze der Zeit keine Gegenaktivitäten mehr stattfanden, gehören die Zeiten in denen hunderte Nazis ungestört bis in die Morgenstunden den Club88-Geburtstag feiern, der Vergangenheit an. Das ein weiteres mal die Titanic als Ausweichort für die Clubfeiern genutzt wurde, wenn auch in diesem Jahr offenbar ungeplant als „Notlösung“ stellt aber ein weiteres Problem da, und eine zunehmende Gefährdung für AnwohnerInnen in der Friedrichstraße.

Ob und was nun noch von Seiten der Nazis als Antwort auf die städtischen Auflagen, die massive Polizeipräsenz zur Umsetzung dieser Auflagen und verstärkte antifaschistische Proteste in letzter Zeit zu erwarten ist, ist unklar.

In der Vergangenheit war es jedoch bereits mehrfach so, dass die Nazis, sobald sie eine Gefährdung ihrer Lokalität, sei es durch antifaschistische Proteste und/oder staatliche Massnahmen sahen, relativ schnell mit einer „Protestdemonstration“ reagierten.“

Bereits am 26.9.09 demonstrierten in Neumünster etwa 600 AntifaschistInnen gegen den seit 13 Jahren bestehenden Nazi-Trefpunkt Club 88. An jenem und den darauf folgenden Wochenenden fand jedoch keine Geburtstagsfeier im Club 88 statt, diese sollte wohl offenbar am 25.10.09 nachgeholt werden.
Artikel im Holsteinischen Courier: http://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/artikeldetails/article/111/party-im-neonazi-treff-war-schnell-vorbei.html
Checkt: http://antifanms.blogsport.de/

Redebeitrag über Nazistrukturen in Schleswig-Holstein auf der Demonstration gegen den Club 88 am 26.9.09 in Neumünster

Wenn wir heute anlässlich der nun leider schon 13 Jahre andauernden Geschichte des nicht unbedeutenden Nazitreffs „Club 88“ für dessen lang überfällige Schließung auf der Straße sind, lohnt es sich auch, einen Blick auf die Entwicklungen seines unmittelbaren BesucherInnenklientels zu werfen: Der Neonaziszene Schleswig-Holsteins. Denn hier kann mensch seit etwa zwei Jahren Veränderungen wahrnehmen, die sich zumindest ansatzweise auch in deren Nutzung des „Club 88“ niederschlagen.

Nachdem die ersten und auch erfolgreichsten Jahre des „Club88“ vor allem geprägt waren durch Nähe zur neonazistischen Musik- und Skinheadszene und Verbindungen z.B. zum „Blood+Honour“-Netzwerk, wurde es Mitte dieses Jahrzehnts vergleichsweise ruhig um die schwarze Box in Gadeland. Die BesucherInnenzahlen gingen zurück, Teile des einstigen festen Umfelds des „Club88“ war gealtert und inaktiv geworden oder mittlerweile in anderen unpolitischen, sogenannten „kriminellen Millieus“ aktiv. Es schien an Nachwuchs zu fehlen, die jungen Saufnazis vergnügten sich lieber in der „Titanic“ in der neumünsteraner Innenstadt.

Dies war u.a. ein Ausdruck eines allgemeinen Wandels in der schleswig-holsteinischen Naziszene. Die Strukturen des noch aus Ende der 1990ern hervorgegangenen Spektrums der „freien Kameradschaften“, das sogar Anfang des Jahrtausends unter Führung von Nazikader Peter Borchert die Führung in der schleswig-holsteinischen NPD übernehmen konnte, war mit dem Versuch „Combat18“-Strukturen aufzubauen und nach Tankstellenüberfällen selbst für die deutschen Repressionsorgane zu weit gegangen. Wichtige Nazi-Aktivisten diese Spektrums – wie z.B. Peter Borchert – sahen sich mit Gefängnisaufenthalten konfrontiert, waren in in dessen Folge unter einander zerstritten und außerdem zumindest in der NPD politisch entmachtet worden.
Um 2005 war die schleswig-holsteinische Neonazisszene dominiert und geführt von einem sich eher spießbürgerlich gebenden NPD-Landesverband, der die Reste der offen gewalttätigen Kameradschaftsszene in sich integrieren und weitestgehend ruhig halten konnte. Darüber hinaus war nicht viel los. Öffentliche Auftritte von Nazis waren – das können wir zumindest für die Landeshauptstadt Kiel sagen – dementsprechend geprägt vom isolierten, regungslosen „Hinter-Bullenketten-Stehen“, umzingelt von wütenden AntifaschistInnen. In Anbetracht dessen wurden Versuche von Aufmärsche, Kundgebungen und Demos ob der wenig motivierenden Situation immer seltener. Mit Ausnahme des Wahlkampfauftaktes in Steinburg 2005 fand Nazigewalt selten am Rande von offiziellen Nazi-Veranstaltungen statt, sondern hauptsächlich in Verbindung mit Alkohol und abseits politischer Aktionen.

Vor etwa 2 Jahren änderte sich diese Tendenz in Schleswig-Holstein wieder: Die bundesweite Nazi-Trenderscheinung „Autonome Nationalisten“ erreichte auch den Norden und verbreitete sich von Kiel aus – wo dieser Prozess durch die Haftentlassung Peter Borcherts erheblich beschleunigt wurde – im nahezu gesamten Bundesland. Selbsternannte „Aktionsgruppen“ sprossen wie Pilze aus dem Boden, mal als Internet-Phantom, oft aber auch begleitet von einem hohen, extrem gewaltfixierten Aktionismus. Bisherige Höhepunkte dessen waren z.B. zwei Angriffsserien auf linke bzw. alternative Läden in Kiel in den vergangenen 1 ½ Jahren, der Brandanschlag auf das alternative Kulturzentrum T-Stube in Rendsburg diesen Sommer oder auch die verschieden Angriffen auf Antifas in Neumünster in den letzten Monaten.
Schwerpunkte dieser modernisierten Kameradschaftstrukturen mit neuen Namen, manchmal anderen Klamotten und höherer Aktionsflexibilität haben sich seitdem vor allem in Kiel, im Kreis Steinburg, in Dithmarschen, aber auch hier in Neumünster oder in Rendsburg herausgebildet. Diese sind untereinander vernetzt: Man fährt gemeinsam zu Nazidemonstrationen auch in andere Bundesländer, unterstützt sich gegenseitig bei eigenen Aktionen und betreibt ein gemeinsames Internetportal.

Im Unterschied zu früheren Jahren gibt es trotz der Erneuerung des offen neonazistischen und gewaltfixierten Spektrums allerdings keinen offen wahrnehmbaren Flügelkampf in der rechten Szene Schleswig-Holsteins. Im Gegenteil: Gerade erst in den letzten Wochen wurde wiederholt deutlich, dass „Aktionsgruppen“ und NPD, deren Mitglieder sich ohnehin überschneiden, wie es z.B. nicht nur im Fall von Peter von der Born ist, eng miteinander kooperieren: Der insgesamt vergleichsweise spärliche Land- und Bundestagswahlkampf wäre ohne die Mithilfe der erlebnisorientierten Aktionsgruppen wohl noch dürftiger ausgefallen. Aktionsgruppen und NPDlerInnen hängten zusammen Plakate auf, verklebten Aufkleber und NPD-Vorzeigespießer Ingo Stawitz fuhr sogar einträchtig mit einer der Führungspersonen der „Aktionsgruppe Kiel“, Daniel Zöllner, in einem alten Wohnmobil durch Teile Schleswig-Holsteins und beschallte die Umwelt mit schlechten Reden.

Aber auch die „Aktionsgruppen“ durften wie schon bei den letztjährigen Kommunalwahlen wieder ihre eigene aktionistische Note mit in den diesjährigen Wahlkampf einbringen: In Kiel, vor allem im Stadtteil Wik, versuchten bewaffnete Neonazis in diesem Jahr verstärkt NPD-Nazipropaganda vor PlakatpflückerInnen zu beschützen, am vergangenen Wochenende kam es sogar zu einem brutalen Angriff auf eine Gruppe alternativer Jugendlicher in zeitlicher und räumlicher Nähe zu einer Anti-NPD-Wahlkampfparty in der Alten Meierei. Und auch anderorts gab es am selben Wochenende Beispiele für den Wahlkampfalltag der NPD: So wurde z.B. Lübeck das Büro der Partei DIE LINKE von Nazis massiv bedrängt.
Dass es nun zu Beginn der Woche in Schwarzenbeck zu einem explizit rassistischen, glücklicherweise fehlgeschlagenen Brandanschlag auf ein Lokal eines migrantischen Betreibers kam, ist unerträglicher Ausdruck einer qualitativen Verschärfung dieser allgemeinen Tendenz innerhalb der Naziszene. Diesen und allen anderen Betroffenen von Nazigewalt sprechen wir an dieser Stelle unsere ausdrückliche Solidarität aus!

Der derzeitige Zustand der schleswig-holsteinischen Nazisszene lässt sich also zusammenfassend als politisch nach wie vor an der NPD orientiert beschreiben, wobei die sich meist bürgerlich gebende faschistische Wahlpartei auf die Unterstützung der oft jungen und motivierten „Aktionsgruppen“ angewiesen ist, sich aber auch auf diese verlassen kann. Im Gegenzug scheinen die zeitweisen Gewaltexzesse der Aktionsgruppen vom gemäßigteren Parteiflügel akzeptiert zu werden.

Um den Bogen zurück zum Anlass unserer heutigen Demonstration zu schlagen: Auch im Club88 hat die Wiederbelebung vorgeblich „freier“ Nazistrukturen Spuren hinterlassen: Aus dem erklärten Interesse dieser neuen Nazigeneration heraus, die Existenz eines ihrer bundesweit wenigen, ausdrücklich nationalsozialistischen Treffpunkte zu sichern und zu nutzen, scheint der „Club88“ in den letzten 1 ½ Jahren eine kleine Renaissance innerhalb der Naziszene zu erleben. Nicht nur, dass erstmalig wieder größere Veranstaltungen abseits der obligatorischen Geburtstagsfeiern stattfanden, der „Club88“ wurde am 1. Mai dieses Jahres von norddeutschen Nazis, die zur zentralen Nazidemo nach Hannover wollten, als Treffpunkt und Ausgangspunkt der späteren Spontandemo in Itzehoe seit langem wieder als offene Infrastruktur für politische Tätigkeiten genutzt. Wie’s damit weiter geht und wie sich’s mit der zweiten aktuellen Komponente des Club-Lebens verträgt, der Verwicklung des „Club88“ durch ehemalige Naziführungskader in unpolitische Rockerkriege, bleibt zu beobachten.

Wie auch immer: Die insgesamt erstarkte offen neonazistische Szene in Schleswig-Holstein, die immer das Fundament des Club88 gewesen ist, macht eine offensive alltägliche antifaschistische Praxis und das Anliegen der heutigen Demonstration umso erforderlicher:

13 Jahre sind 13 Jahre zu viel – Club88 endlich dichtmachen!

Nazi-Aktionsgruppen, NPD und alle anderen rassistischen, nationalistischen und/oder antisemitischen Scheißbanden zerschlagen!

Übernehmt Verantwortung: Organisiert die autonome Antifa!

Nazianschläge auf Neumünsteraner Antifaschisten – Demonstration gegen Nazigewalt in Neumünster-Einfeld am 13.6.!

Seit Anfang diesen Jahres wurden in Neumünster mehrere Menschen Ziele von neonazistischen Gewalttaten und Anschlägen. Mehrmals gab es Anschläge auf Wohnhäuser, Fahrzeuge und Menschen. So brannte u.a. ein Auto vor einem alternativen Wohnprojekt aus, es wurde Brandstiftung festgestellt. Nachdem am 16. Mai eine kleine Gruppe TierechtlerInnen von 10 Nazis beim Flugblattverteilen überfallen wurden, erreichte die Gewalt am letzten Wochenende eine neuen Höhepunkt.

In der Nacht vom 6. auf den 7. Juni wurde eine Fensterscheibe eines Mehrfamilienhauses, in dem ein Bündnismitglied und AJZ-Vorstandsmitglied wohnt, mit einem Pflasterstein eingeschmissen. Opfer wurde auch eine benachbarte Familie, ein Hausbewohner verletzte sich an den Scherben und musste ambulant im Krankenhaus behandelt werden.
Am 7. Juni wurde der Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts in seinem Auto von dem Neumünsteraner Neonazi Nico S. und einer weiteren Person ausgebremst. Schließlich wurde mit Hilfe eines Teleskopschlagstocks noch während der Fahrt eine Scheibe am Fahrzeug des Bündnismitgliedes zerschlagen. Der in Neumünster-Einfeld wohnende Nico S. gehört zum aktivn Kern der „Aktionsgruppe Neumünster“ und zum Umfeld der „Ag Kiel“.
Die Antifaschistische Aktion Neumünster und das Bündnis gegen Rechts Neumünster rufen für Samstag, 13.6.09 zu einer Demonstration unter dem Motto „Schluss mit der Nazigewalt!“ in Neumünster-Einfeld auf. Treffpunkt ist um 11.30 Uhr am Bahnhof Neumünster-Einfeld,
Hier gibt es den ausführlichen Aufruf als PDF zum downloaden.
Weitere Infos gibt es in den nächsten Tagen hier und unter
http://antifanms.blogsport.de und
http://www.verein-tolzi.de

Antifa-Demo und Naziübergriff in Neumünster

Erfolgreiche antifaschistische Demonstration mit 300 TeilnehmerInnen –
Militante Nazis an der Titanic – Naziüberfall auf TierrechtlerInnen
Spontandemonstration als Reaktion auf den Überfall

Am 16.5.09 fand in Neumünster eine Demonstration unter dem Motto „Nazis aus der Deckung holen!“ statt. Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia:
Freitag:
Am Abend fand die dritte Veranstaltung der Veranstaltungsreihe des Bündnis gegen Rechts statt. Die VVN/BdA hatte Jörg Welzer zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen, die um 19.00Uhr im DGB-Haus stattfand. Jörg Welzer hatte sich als Jugendlicher 15 Monate in eine Neonazigruppe „eingeschlichen“, und die Informationen an antifaschistische Gruppen weitergegeben. Jörg Welzer berichtete vor gut 50 ZuschauerInnen von seinen langjährigen Erfahrungen mit antifaschistischer Arbeit. Ein besonderes Augenmerk legten die Fragen der ZuschauerInnen auf die unmittelbare Zeit nach seiner „Enttarnung“ in der Naziszene.
Insgesamt eine sehr interessante und gelungene Veranstaltung.
Samstag:
Zum Auftakt der Demonstration versammelten sich rund 300 AntifaschistInnen am Bahnhof. Nach zwei Redebeiträgen begann der Demonstrationszug, der auf einer langen Strecke durch die Innenstadt jeweils in die Nähe der Wohnorte von Titanic- Pächter Wolfgang Tiemann und -Wirt Horst Micheel vorbeizog, wo jeweils in kurzen Reden die AnwohnerInnen über beide Personen informiert wurden.
Einzelne Provokationen von Nazis am Rande der Veranstaltung konnten schnell durch DemonstrationsteilnehmerInnen unterbunden werden.
Mit zwei weiteren Redebeiträgen am Rathaus endete die Demonstration störungsfrei. Zum Abschluss wurde noch darauf hingewiesen, dass sich vor der Titanic rund 20 gewaltbereite Neonazis aus dem Spektrum der „Autonomen Nationalisten“ befanden, und daher ein Heimweg in größeren Gruppen empfohlen.
20-25 Neonazis aus Neumünster und umliegenden Städten hatten sich bereits gegen 10Uhr am Club 88 versammelt und fuhren von dort aus in Kleingruppen in die Innenstadt und teilweise zur Titanic. Vor der Titanic trat die Gruppe teilweise vermummter Nazis sehr aggressiv auf, so gab es einen versuchten Angriff auf zwei Journalisten, aber auch teilweise mutiges Auftreten von AnwohnerInnen gegen die Nazipräsenz in ihrer Straße.
Erst nachdem sich nach Ende der Demonstration rund 50 Antifaschistinnen in die Friedrichstraße begaben, verstärkte die Polizei ihre bisher nur lockere Präsenz in der Friedrichstraße und kesselte die Nazis vor der Titanic ein. Dadurch wurde die offene Präsenz von Neonazis vor der Titanic beendet.
Gegen 17.30Uhr zerstreuten sich die Gruppen von AntifaschistInnen zunehmend, so dass auch die Polizei ihren Kessel lockerte und schließlich abzog. Auch einige Nazis begaben sich zu ihren Autos und fuhren nach Hause bzw. zum Club 88.
Gegen 18.30Uhr kam es vor den Holstenhallen zu einem Überfall von zwölf vermummten Nazis auf eine kleine Gruppe von TierrechtlerInnen, die dort vor dem Zirkus Flugblätter verteilten. Dabei wurden zwei Personen verletzt, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die Polizei leitete eine Fahndung nach den flüchtenden Tätern ein.
nms_demo
Sonntag:
Mittags wurde eine Spontandemonstration mit gut 30 AntifaschistInnen in der Neumünsteraner Innenstadt durchgeführt. Die Demonstration lief laut und entschlossen zum Großflecken, wo aufgrund des Geranienmarktes zahlreiche BürgerInnen anwesend waren. So fand sich dort auch ein großes Publikum für den Redebeitrag, der den Naziüberfall vom Vortag thematisierte. Die Reaktionen reichten von den üblichen „Geht doch arbeiten!“- Pöbeleien bis hin zu deutlich geäußerter Zustimmung und Beifallklatschen.
Die Polizei kam es erst nach rund der Hälfte des Weges dazu und versuchte nur halbherzig, die Demo aufzuhalten. Sie sicherte mit dem Großteil ihrer Einsatzkräfte die Titanic ab, so dass die Demonstration in Ruhe zu Ende geführt wurde, ohne dass eine Anmeldung notwendig wurde.
Fazit:
Gelungene öffentliche Reaktion auf den Naziüberfall, der im Polizeibericht mal wieder keine Beachtung fand. In nur wenigen Stunden konnten gut 30 AntifaschistInnen zu einer kleinen, aber entschlossenen Spontandemo mobilisiert werden.
Die Demonstration am Samstag hätte gerne mit etwas mehr Leuten, größerer Lautstärke und mehr Parolen besetzt sein können. Die Ziele konnten dennoch erreicht werden, daher ist die Demo als Schritt in die richtige Richtung zu sehen. An dieser Stelle sei noch mal auf den Indymedia-Artikel „Nazimythos Neumünster“ verwiesen, in dem aufgezeigt wurde, das die Nazis zunehmend die Titanic als gefährdet ansehen. Ihre versuchte „Solidaritätshascherei“ in Neumünsteraner Kneipen fand ganz offensichtlich keine Resonanz, stattdessen musste die Titanic von 20 gewaltbereiten Nazis aus S-H beschützt werden. Dennoch muss es eine Aufgabe von AntifaschistInnen sein, die erschreckende Akzeptanz und Präsenz der Titanic in Neumünster aufzubrechen.
Viel zu tun bleibt in jedem Fall, eventuell schon am kommenden Samstag, an dem die Titanic sowohl ein Fußballturnier als auch abends ein „Livekonzert“ in der Titanic plant.
Kein Fußbreit den Faschisten
Nazis offensiv entgegentreten!
Titanic und Club 88 schließen – mit allen Mitteln
Hier gibts den Redebeitrag der Autonomen Antifa-Koordination, der auf der Demo gehalten wurde.


Zur aktuellen Situation dokumentieren einen Artikel der Antifa Neumünster von Indymedia:

Ein Rückblick, Ausblick und die aktuelle Lage der Naziszene und Antifaaktivitäten in Neumünster.

Mit einem viel beachteten und gut besuchten Antifafestival (www.club88-schliessen.tk) am 27.9.07, welches zeitgleich zum elften Club88-Geburtstag stattfand, begannen antifaschistische Aktivitäten in Neumünster wieder mit neuer Kraft.
Damals war das erklärte Ziel des Festivals – neben sichtbaren Protest gegen den Club 88 – die Stärkung lokaler Antifastrukturen in Neumünster. Rückblickend kann dies zumindest teilweise als gelungen betrachtet werden.
So ist in Neumünster durchaus eine Steigerung antifaschistischer Aktivitäten zu beobachten.
Eine kurze Rückschau:
-Im März 08 warfen unbekannte zweimal die Fensterscheiben der Titanic ein und beschädigten Teile der Inneneinrichtung. Laut Presseberichten entstand ein Sachschaden von 10.000€.
-Im September 2008 fand sowohl ein antifaschistisches Sommerfest auf dem Postparkplatz , als auch zwei Wochen später eine große antifaschistische Demonstration gegen den 12.Geburtstag des Club 88 statt. Dieser fand leider aber erst eine Woche später statt und so wurde ein Großteil der Festlichkeiten“ in die Titanic verlagert.
-Zahlreiche im Stadtbild sichtbare antifaschistische Graffitis und Antifa-Aufkleber, Sachbeschädigungen an Nazieigentum und so manch unangenehmes Erlebnis für den einen oder anderen Nazi auf Neumünsters Straßen vervollständigen die Erfolge und konnten so vielleicht dazu beitragen den „Mythos Neumünster“, wonach Mensch sofort beim betreten dieser Stadt von zehn Nazis überfallen wird, etwas aufzubrechen.
-Zur Zeit läuft eine Veranstaltungsreihe zum Thema Rechtsextremismus vom Bündnis gegen Rechts noch bis zum 4.7.09, wo zum Abschluss auf dem Postparkplatz erneut ein Sommerfest stattfinden soll. Zwei Veranstaltungen haben bereits stattgefunden, eine Informationsveranstaltung mit Andreas Speit mit 80 BesucherInnen und ein „Laut gegen Rechts“ Festival mit rund 300 BesucherInnen in der AJZ.
Anlass für die Veranstaltungsreihe waren und sind die anhaltenden Naziaktivitäten und darüber hinaus die Nazitreffpunkte Club 88 und vor allem die Titanic. Die nächste Veranstaltung wird eine Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Undercover gegen Nazis“ (www.verein-tolzi.de) mit Jörg Welzer sein, der sich als Jugendlicher in eine Gruppe der Jungen Nationaldemokraten „einschleuste“ und die Informationen an Antifa-Gruppen weitergab.
Für den 16. Mai bereiten antifaschistische Gruppen eine Demonstration unter dem Motto „Nazis aus der Deckung holen“ vor.
Aufgrund der angespannten Situation in Neumünster (siehe unten) und der Vorfälle in jüngerer Vergangenheit, vor allem in Kiel, ist eine Anreise in Gruppen empfehlenswert. Die Teilnahme wird aber ausdrücklich gewünscht,da gerade aufgrund der aktuellen Lage eine gut besuchte, erfolgreiche Demo als wichtig für die weitere Entwicklung in Neumünster angesehen wird.
Doch die Lage bleibt ernst: Bei aller positiven Entwicklungen bleibt Neumünster dennoch Neumünster. Das heißt unter anderem, dass Rechercheergebnisse die Zahl derer, die sich offen zur Naziszene bekennen bzw. in ihr aktiv sind auf mindestens 50 Personen beziffert. Hinzu kommt eine unklare Zahl an Mitläufern, Sympathisanten und Personen, denen der Umstand, dass der Typ auf der Party oder im VFR-Fanblock nun mal ein Nazis ist, nichts ausmacht. Die Toleranz ist bei vielen Bürgern einfach zu groß.
Als Beispiel, wie integriert Nazis in Neumünster sind, zeigt der Umstand, dass die Dartmannschaften der Titanic in der Dart-Stadtliga vollständig anerkannt sind, und offenbar kein/e Spieler/In der Dartmannschaften aus anderen Kneipen ein Problem damit hat, in der Titanic bzw. mit den Nazis zusammen Dart zu spielen. Betreiber und Stammgäste der Titanic sind des weiteren gerne gesehene Gäste in diversen Kneipen dieser Stadt. Angeblich versuchen die Titanic-Betreiber gerade im Umfeld der Neumünsteraner Innenstadtkneipen Solidarität für ihre gefährdete Gaststätte bei den Gästen zu erwirken und fordern zu Störungen der Demonstration am 16.5 auf.
Dann auch noch ein Bürgermeister, der vehement bestreitet dass Neumünster ein Naziproblem hat, und eine Presse die nur dann über Nazis berichtet, wenn ein Bruchteil ihrer Gewalt mal auf sie zurückgefallen ist und linke Zusammenhänge so wieder in der Öffentlichkeit diskreditiert werden können
Die andere Seite der Naziaktivitäten ist eine zunehmend organisierte Gewalt. So gab es seit Anfang diesen Jahres fünf Sachbeschädigungen an Fahrzeugen politisch tätiger Menschen in Neumünster, einen Brandanschlag auf ein Fahrzeug vor einem linken Wohnprojekt und am vergangenen Wochenende eingeworfene Fensterscheiben an der AJZ.
Eine Schließung des Nazitreffs Club 88 ist durch antifaschistische Interventionen, realistisch betrachtet, alsbald nicht zu erwarten.
Deutlich anders ist die Situation bei der Titanic. Hier bieten sich andere Interventionsmöglichkeiten, als beim Club 88 und auch eine juristische Auseinandersetzung ist noch nicht abgeschlossen.
Doch auch die Titanic hat bislang alle Angriffe überstanden, ihre Verankerung in die örtliche Naziszene wird fester, wie das Beispiel des teilweise in der Titanic gefeierten Club 88-Geburtstages zeigt. Die wahre Flut von Anzeigen, mit denen die Nazis zur Zeit versuchen, gegen antifaschistische Publikationen vorzugehen zeigt aber, dass sie ihre Gaststätte als gefährdet ansehen.
Für den 23. Mai plant die Titanic ein Fußballturnier. Treffpunkt soll hierfür um 8.00Uhr an der Titanic sein. Das Turnier selbst soll um 10Uhr am „Stadtrand von Neumünster“ beginnen.
Zusätzlich gibt es Abends ein Livekonzert in der Titanic. Die subversive Mobilisierung zum Fußballturnier und der Umstand, dass dort nicht angegeben ist wer beim Livekonzert auftritt, lassen nichts gutes ahnen.
In diesem Sinne:
Titanic und Club 88 schließen!
Nazis aus der Deckung holen und wegtreten für ein nazifreie Welt !

Ältere Veröffentlichungen zum Thema :
Anschläge:
http://de.indymedia.org/2008/03/210777.shtml
12 Club Geburtstag:
http://de.indymedia.org/2008/10/228763.shtml
Ausführlicher Artikel über den Club 88:
http://de.indymedia.org/2008/09/227807.shtml

Redebeitrag auf der Antifa-Demo „Nazis aus der Deckung holen!“ am 16.5.09 in Neumünster

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

wir sind heute hier in Neumünster zusammen auf der Straße unter dem Motto „Nazis aus der Deckung holen“, um über die Strukturen der hiesigen Neonaziszene aufzuklären und diese offen zu legen. Dazu gehören ihre Treffpunkte Club 88 und die Kneipe Titanic, sowie deren BetreiberInnen. Gleichzeitig sind wir dabei auch in praktischer Solidarität mit den Neumünsteraner AntifaschistInnen auf der Straße, die es hier mit einer der größten und organisiertesten Naziszenen in Schleswig-Holstein zu tun haben.

Neben Neumünster gibt es jedoch noch weitere regionale Schwerpunkte in Schleswig-Holstein, in denen Neonazis in den letzten Monaten und Jahren vermehrt aktiv sind. Dazu gehören z.B. Dithmarschen mit einer relativ großen und landesweit vernetzten Naziszene, der Raum Lübeck mit mehreren organisierten Gruppen und dem bis jetzt einzigen regelmäßigen Naziaufmarsch in Schleswig-Holstein, die nördlichen Kreise Flensburg und Nordfriesland mit regelmäßigen Naziaktionen und eben seit mittlerweile ca. 1 ½ Jahren auch wieder Kiel mit einer recht aktiven Gruppe „autonomer Nationalisten“.

Diese ist über ein relativ neues neonazistisches Netzwerk, welches eine gemeinsame Internetseite betreibt, mit anderen Nazi-Gruppen aus Schleswig-Holstein vernetzt. Auch wenn dieses Netzwerk sich selber wichtiger und größer macht als es in Wirklichkeit ist, gibt es den Nazis zumindest teilweise die Möglichkeit sich unter ihrem neuen Image „Autonome Nationalisten“ zu organisieren und gemeinsame Aktionen zu machen.

Die beiden zu diesem Netzwerk zu zählenden Gruppen aus Neumünster und Kiel sind darüber hinaus auch personell eng miteinander verknüpft, z.B. über den Neumünsteraner Nazi Nico Seifert, der neben seinen guten Kontakten in Neumünster gleichzeitig zum Kern der so genannten „Aktionsgruppe Kiel“ gehört.

Ungefähr seit dem die Mitglieder dieser Gruppe im Januar diesen Jahres von AntifaschistInnen an ihren Wohnorten und Arbeitsplätzen geoutet wurden sind Neonazis der „AG Kiel“ und der NPD auch wieder vermehrt auf der Straße aktiv, nachdem es seit der Verhaftung Peter Borcherts im August 2008 etwas ruhiger um sie geworden war. Teilweise täglich verteilten Nazis Flugblätter mit nationalistischen und rassistischen Inhalten in der Kieler Innenstadt sowie in einigen anderen Stadtteilen. Es tauchen vermehrt Aufkleber und Plakate sowie Sprühereien mit faschistischen Inhalten auf. Sie griffen auch wieder mehrere linke bzw. alternative Projekte an. Bereits vor einem Jahr kam es zu einer Reihe ähnlicher Vorfälle, als Neonazis im Zuge des Wahlkampfes der NPD mehrfach Anschläge auf vermeintlich linke Projekte begingen. Letztes wie dieses Jahr bekannte sich die „Aktionsgruppe Kiel“ zu diesen Anschlägen auf ihrer Internetseite.

Die Nazis versuchen auch immer wieder größere öffentliche Aktionen in Kiel zu machen. Am 7. April konnten etwa 25 Neonazis der „AG Kiel“ und der NPD durch die Kieler Innenstadt demonstrieren, dabei wurden sie von der Polizei vor spontanen antifaschistischen Protesten geschützt. In der Nacht zuvor wurde in Kiel ein junger Mann in seiner Wohnung von drei Neonazis überfallen. Knapp zwei Wochen später wollten etwa 40 Neonazis ursprünglich nach Gaarden marschieren, doch aufgrund der Anwesenheit von etwa 200 AntifaschistInnen wurde ihnen dies von der Polizei verboten. Später tauchten sie bei einer „Reclaim the Streets“ Party und dem Infostand des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus am Asmus-Bremer-Platz auf. Hier kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Nazis und AntifaschistInnen, welche für die Nazis in einem unkoordinierten Rückzug endete. Am 1. Mai waren Kieler Nazis zusammen mit etwa 100 anderen Nazis aus Schleswig-Holstein und Hamburg unterwegs, die in Itzehoe eine Spontandemonstration machten. Zuletzt versuchte ein kleiner Haufen Nazis am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom deutschen Nationalsozialismus, einen Infostand in der Kieler Innenstadt durchzuführen, welcher von AntifaschistInnen jedoch von der Öffentlichkeit isoliert wurde. Aufgrund der Proteste mussten die Nazis ihren Stand nach etwa einer Stunde wieder abbauen und ihre peinliche Vorstellung beenden.

Die Stimmung in Kiel ist zwar weiter angespannt, doch in den letzten Wochen konnten die Nazis keine ernstzunehmenden Erfolge mehr verbuchen. Ob dies ihre Aktionsfähigkeit und Begeisterung geschwächt hat bleibt abzuwarten, in ihren mit Pathos und Lügen voll gestopften Texten kündigen sie weitere Aktionen an.

Seit ihrem Wiedererstarken haben AntifaschistInnen in Kiel die Nazis mit vielfältigen Mitteln bekämpft. Es gab in den letzten Monaten mehrere öffentliche Aktionen wie Kundgebungen, Plakate, Flugblätter und auch direkte Aktionen. Die Aufklärung über organisatorische Strukturen und die Identität von Neonazis gehört zur grundlegenden Arbeit von aktiven AntifaschistInnen. Die Kenntnis von Identitäten und Strukturen von Neonazis ermöglicht es, sie in der Öffentlichkeit als das zu entlarven was sie sind: Anhänger einer menschenfeindlichen Ideologie, die auf Gewalt, Ausgrenzung und Unterdrückung basiert und die in letzter Konsequenz tödlich ist für alle Menschen die nicht in dieses Weltbild passen. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn eben nicht nur auf einer abstrakten Ebene über „die Nazis“ geredet wird, sondern wenn diese auch speziell als Individuen mit Namen und Adressen hingestellt und damit angreifbar gemacht werden. Denn es sind individuelle Personen, die diese Ideologie praktisch in die Tat umsetzen. Wir werden es nicht hinnehmen, dass Neonazis in welcher Form auch immer, ungestört handeln können. Heute nicht und auch nicht in der Zukunft.

Die nächste Gelegenheit den Nazis ordentlich in die Suppe zu spucken wird sich am 6. Juni in Pinneberg ergeben. Wir rufen nochmal alle AntifaschistInnen auf, diesen rassistischen Aufmarschversuch der Nazis zu verhindern.

In diesem Sinne:

Nazis aus der Deckung holen!

Keinen Millimeter den Faschisten!