Etwa 600 Teilnehmer*innen beteiligten sich am 1. Mai 2021 an der antikapitalistischen Bündnisdemo unter dem Motto „Wer hat der gibt – wer nicht gibt, wird enteignet! Heraus zum 1. Mai: Für ein Ende aller Krisen – Kapitalismus abschaffen!“ zum internationalen Kampftag der Ausgebeuteten in das Kieler Problemviertel Düsternbrook. Die Demonstrant*innen hatten sich am Mittag auf dem Platz der Matrosen gesammelt und waren anschließend durch die Innenstadt gezogen. Am Bootshafen sowie auf Höhe des UKSH wurden Zwischenkundgebungen abgehalten, bevor das berüchtigte Kieler Villenviertel erreicht wurde. Während insbesondere am UKSH viel Aufmerksamkeit und positive Resonanz auf die Forderung nach Umverteilung von Vermögen und Eigentum als Antwort auf die verschärfte Wirschaftskrise in Folge der Corona-Pandemie vorherrschte, waren hier erwartungsgemäß zahlreiche abfällige bis feindselige Reaktionen aus den Protzbauten zu beobachten. Die Demo endete am Nachmittag auf der Reventlouwiese mit einer Abschlusskundgebung.
„Antikapitalistische 1. Mai Demo zieht nach Düsternbrook“ weiterlesen„Niemand hat das Recht zu gehorchen“ – Aufruf 6.11.2012 / Kundgebung gegen NS-Verherrlichung und Burschenschaften in Kiel-Düsternbrook
Zu einem sogenannten** „Zeitzeugengespräch“ lädt die Burschenschaft Teutonia zu Kiel am Sonntag, 6.11.2011 ein. Eingeladen ist Klaus Petersen. Petersen war ab 1936 Offizier der Kriegsmarine. Mit den U-Booten 9 und 24 nahm er im Schwarzen Meer aktiv am Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion teil.
Ziel des Krieges war die Vernichtung der Zivilbevölkerung, insbesondere die der osteuropäischen Jüdinnen und Juden. Das Begehen von Kriegsverbrechen war dabei keinesfalls der SS vorbehalten – sondern geschah auch durch die Wehrmacht selbst. Auch die Kriegsmarine im Schwarzen Meer war Bestandteil der Vernichtungsmaschinerie – letztendlich war der Vernichtungskrieg nur durch massenhaften Gehorsam und das Befolgen von Befehlen möglich.
Es ist schon schlimm genug, dass einem Menschen wie Petersen – der sich durch nicht_Sabotage und nicht_Desertation den Kriegstreibenden frei und willig zur Verfügung gestellt hat – ein öffentliches Podium geboten wird. Bei seinen Gastgebern, den schlagenden Teuten, deren Motto „Ehre, Freiheit, Vaterland“ lautet, ist davon auszugehen, dass es zu Geschichtsrevisionismus und anderen Scheußlichkeiten kommen wird.***
Das Bild des tapfer kämpfenden Wehrmachtssoldaten, der von den Massentötungen, den Konzentrationslagern und vielen anderen Kriegsverbrechen nichts gewusst haben will, soll unter dem Deckmantel historischer Aufarbeitung weiter verfestigt werden – nur so wird dem heroisch, ehrenhaften Männlichkeitsbild der Burschen entsprochen – und nur darüber definieren sie sich als Elite: weiß, männlich, deutsch, akademisch.
Nichts da! Denn: Niemand hat das Recht zu gehorchen – auch und vor allem nicht Burschen mit Käppchen, Schärpe und Säbel bei denen rechtsradikale Positionen keine Einzelmeinungen sind.
Kundgebung für eine Gesellschaft weit weg von „Ehre, Freiheit, Vaterland“ und Rassismus. Gegen Junge Burschen und Alte Herren. Männerbünde auflösen – die Restscheiße angehen.
Sonntag, 6.11., 15 Uhr
Moltkestraße 31
* Hannah Arendt
** so genannt weil der Ausdruck “Zeuge” die aktive Täterschaft unterschlägt
*** So erwähnen sie in der eigenen Ahnentafel ihrer Internetpräsenz nicht ohne Stolz Erich Topp (1914 – 2005) als „dritterfolgreichsten U-Boot-Kommandanten“ des 2. Weltkrieges, der auch nach dem Krieg als Admiral der Bundesmarine tätig war, als jemanden der „das Kieler, Schleswig-Holsteinische, deutsche und sogar das Weltbild ein Stück mehr mit geprägt“ hat
Rainer Langhans bei der Teutonia
Am 28.06.2012 fand auf dem Haus der rechtsnationalen Burschenschaft „Teutonia“ in Kiel ein Vortrag von dem rechten Esoteriker Rainer Langhans statt. Diesen Anlaß nutzten verschiedene antifaschistische Initiativen um Aufklärungsarbeit über die Teutonia und studentische Verbindungen im Allgemeinen zu leisten. Zu diesem Zweck wurden in dem Stadtteil Düsternbrook, wo sich das Haus der „Teuten“ befindet, an der Uni und an diversen anderen Orten in Kiel mehrere tausend Flyer verteilt. Den Text von diesem möchten wir hier dokumentieren.
Vom Dschungelcamp ins Teutenhaus?
Rainer Langhans, rechter Esoteriker und bekennender Hitler-Fan, besucht am 28.6. die pflichtschlagende Burschenschaft Teutonia zu Kiel, um dort über sein Leben „von der Kommune 1 bis heute“ zu referieren.
Auch wenn es auf den ersten Blick überraschen mag, dass eine rechtsnationale Burschenschaft wie Teutonia einen Alt-68er wie Rainer Langhans einlädt, ergeben sich bei genauerer Betrachtung vielschichtige Überschneidungen in Denk- und Wertemustern. Langhans hat seinen Platz in der Unterhaltungsindustrie gefunden, indem er sich in einschlägigen Sendungen des Privatfernsehens lächerlich macht und die Rolle des vertrottelten Quoten-Hippies übernimmt. Das so inszenierte Bild steht im krassen Gegensatz zu den regelmäßig zum Besten gegebenen sozialchauvinistischen Ansichten. Sein Weltbild äußert er in der Kontinuität des deutschen Faschismus. In seinem bekanntesten Interview äußerte er 1999 seine Bewunderung für Adolf Hitler, den er als „verhinderten Spirituellen“ und „großen Lehrer“ bezeichnete und forderte, „wir müssen die besseren Faschisten sein, denn der Faschist ist […] jemand, […] der wirklich was Gutes wollte.“ Noch heute bekennt er sich zu diesen Aussagen. Momentan tourt Langhans durch diverse Burschenschaften, wo er neben wirr anmutenden spirituellen Thesen fleißig über die „Unterschicht“ und „Türken“ lästert und Verständnis für den Holocaustleugner Horst Mahler äußert. Und wer interessiert sich außer RTL und rechtsnationalen Burschenschaften für die Theorien von Rainer? Vor allem einschlägige Neonazi-Magazine, denen er gerade in den letzten Jahren regelmäßig Interviews gegeben hat und die mit seinem Foto auf der Titelseite werben.
Die Burschenschaft Teutonia ist bekannt für Fehltritte bei der Wahl ihrer Referenten. Erst im November letzten Jahres sollte ein so genanntes „Zeitzeugengespräch“ mit einem Veteranen der Wehrmacht stattfinden. Bei einer Verbindung wie der Teutonia, die lange Zeit damit warb, dass einer ihrer „Alten Herren“ innerhalb rechtsmilitärischer Kreise als “dritterfolgreichster U-Boot-Kommandant des 2. Weltkriegs“ gefeiert wird, dient solch ein Vortrag leider weniger der kritischen Aufarbeitung der deutschen Geschichte, sondern bietet Handlangern des Nazi-Regimes eine Bühne für Geschichtsverherrlichung. Da die Teutonia nach außen stets ein sauberes Image zu pflegen versucht, wurde der Vortrag nach antifaschistischen Protesten kurzfristig abgesagt.
Doch nicht nur bei solchen Anlässen offenbart sich das zweifelhafte Weltbild der „Teuten“. Als pflichtschlagender Männerbund stehen diese für den strikten Ausschluss von Frauen. Frauen dürfen weder auf dem Teutenhaus wohnen noch Mitgliederinnen des Lebensbundes „Teutonia“ werden. Bei den meisten öffentlichen Veranstaltungen sind nur Männer zugelassen, so zum Beispiel auch bei dem Vortrag von Rainer Langhans. Die wenigen Anlässe, zu denen auch Frauen erwünscht sind, beschränken sich auf Anlässe der gesellschaftlichen Repräsentation (Bälle, Empfänge) oder Feiern. Frauen werden auf den Wert eines Statussymbols oder Sexualobjekts reduziert. Dazu passend reproduziert gerade die Teutonia mit ihrer klassischen Affinität zur (Kriegs-)Marine das Bild eines heroischen Mannes, der seine „Ehre“ und sein „Vaterland“ („Teutonia“= „Deutsches Reich“) mit der Waffe verteidigen kann, wahlweise in skurrilen Fechtritualen innerhalb der Burschenschaft oder im Militärdienst. Auch ein Hang zu völkisch-germanischen Bräuchen wird regelmäßig gepflegt, wo sich wiederum die Schnittmenge zu rechten Esoterikern wie Rainer Langhans bilden lässt.
Passend zu dem burschenschaftlichen Gebaren und den fragwürdigen Veranstaltungen engagieren sich verschiedene Mitglieder der Teutonia auch regelmäßig im rechtspopulistischen Milieu. So rekrutierte sich der Nachwuchs der kulturrassistischen Kleinstpartei „Die Freiheit“ bei ihrer Gründung in Schleswig-Holstein im Frühsommer 2011 fast gänzlich aus der Teutonia. „Die Freiheit“ ist in Schleswig-Holstein als parlamentarischer Flügel des offen rassistischen Hetzportals „Pi-News“ zu sehen. Auf Kundgebungen und im Internet verbreiten so auch Mitglieder der Teutonia unter dem Deckmantel einer „Islamkritik“ klassische Ressentiments gegenüber vermeintlichen „Nicht-Deutschen“.
Deutlich wird also, dass die Teutonia mit Rainer Langhans, trotz seines selbstgegebenen Bildes des spirituellen Antimilitaristen, einen Referenten gefunden hat, der mit deren Weltbild in diversen Punkten übereinstimmt. Bei allen Unterschieden zwischen dem militaristischen, kulturrassistischen Anstrich der Teutonia und der braunen Esoterik von Rainer Langhans treffen sich die Theorien vor allem bei der elitären Abgrenzung zu sozial benachteiligteren Gesellschaftsschichten und der Verherrlichung oder Relativierung des deutschen Faschismus.
Solidarisch gilt es das Weltbild, für das die Teutonia steht, zu bekämpfen, egal ob es sich in dem Ausschluss von Frauen, in völkisch-germanischer Brauchtumspflege, militaristischem Gehabe oder rassistischer Hetze zeigt.
Faschismus ist niemals friedlich – Rainer Langhans und anderen braunen Esoteriker_innen und vermeintlichen Antimilitarist_innen entschlossen eine Abfuhr erteilen!
„Gegen die Herrschaft der falschen Freiheit, gegen die falsche Freiheit der Burschenschaften.“ Redebeitrag 6.11.2011 / Kundgebung Kiel-Düsternbrook
Antimuslimischen Rassismus und sozialchauvinistischen Scheißdreck versenken!
In den letzten Monaten sind in der Kieler Innenstadt einige Male die Rassisten von Pax Europa, PI-News und der rechten Partei „Die Freiheit“ aufgetaucht, um rassistische Hetze unter die Leute zu bringen. Formal und organisatorisch gibt es Unterschiede zwischen dem Internetportal PI-News, der als Verein eingetragenen, selbsternannten Bürgerrechtsvereinigung Pax Europa, die eher eine hetzende Vereinigung rechter Bürger_innen ist und der als Partei organisierten „Die Freiheit“.
Bei ihren Auftritten in Kiel sind deren AktivistInnen allerdings meistens mit dem Propagandamaterial aller drei Organisationen ausgestattet.
NS-Märchenstunde der Teutonia verhindert!
Engagierte Antifaschist_innen sorgten dafür, dass Wehrmachtsveteran Klaus Petersen lieber dort blieb wo er hingehört. Nachdem in den letzten Tagen die Mobilisierung und einige erste Unmutsbekundungen (z.B. ein Farbanschlag auf das Haus der „Teuten“) die Veranstalter (Männerbund, daher ohne „_innen“) des NS-verherrlichenden Vortrags merklich verunsichert hatten, zeigten heute ca. 50 Antifaschist_innen Präsenz direkt vor dem Haus der „Teutonia“ in der Moltkestraße in Kiel. Daraufhin fiel der Vortrag dann endgültig aus.
Die Hintergründe
Die Burschenschaft „Teutonia“ lud heute zu einem Empfang zur Feier ihres 194jährigen Bestehens und wollte diesen Anlass gern mit einem „Zeitzeugenbericht“ noch um eine Prise Geschichtsrevisionismus anreichern. Dazu wurde Klaus Petersen eingeladen, welcher sich als Kommandant diverser U-Boote (U9, U14, U24) aktiv und federführend am Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands insbesondere im Schwarzmeer beteiligte. Das tat Petersen so „erfolgreich“, dass er mehrfach während des Krieges befördert wurde. Diverse Versenkungen alliierter Schiffe (und damit Ermordungen) gehen persönlich auf sein Konto.
Nun ist es allein schon fragwürdig, geschichtliche Aufarbeitung der Verbrechen der deutschen Faschist_innen durch in lockerer Runde erzählende Wehrmachtsveteranen zu betreiben, bei der „Teutonia“ in Kiel ist zudem zu vermuten, dass eine solche Aufarbeitung wenn überhaupt nur in sehr geringem Maße gewünscht ist. Das verklärende Bild des treu und heroisch für sein Land kämpfenden deutschen Soldaten soll nicht beschädigt werden. So wird von den „Teuten“ stets mit Stolz auf Erich Töpp verwiesen, der sowohl Mitglied der „Teutonia“ war als auch in rechten Kreisen als „dritterfolgreichster“ U-Boot-Kommandant der Wehrmacht gefeiert wird. Als Beleg für dessen angeblich erfolgreiche Aufarbeitung seiner Täterrolle im 2. Weltkrieg wird dessen Karriere in der Bundesmarine angeführt – so weit, so entlarvend. Um sich im Vorfeld der heutigen Veranstaltung und der Proteste gegen diese etwas unangreifbarer zu machen, wurde kurzerhand die Website der „Teuten“ geändert. Wo bis gestern noch stolz von den erfolgreichen Taten Töpps während der NS-Zeit berichtet wurde, fehlt jetzt jeder Verweis auf dessen Vergangenheit. Da Töpp nach erfolgreichem Ableben 2005 nicht mehr als Referent herhalten konnte, sollte nun Klaus Petersen für seinen alten Wehrmachtskameraden einspringen.
Konsequenterweise haben die „Teuten“ nicht nur Probleme mit der Bewältigung ihrer Vergangenheit, auch in der Gegenwart zeigen die Mitglieder sowohl intern in der Burschenschaft als auch durch ihre Aktivitäten in rassistischen Organisationen einen fragwürdigen Charakter. Intern wird sich gern militaristisch-männlichen Ritualen zur Verteidigung einer selbstgegebenen „Ehre“ (die „Teutonia“ ist pflichtschlagend) oder germanischer Brauchtumspflege hingegeben, außerhalb der Verbindung wird bei den Rassist_innen von „Pi-News“, „Pax Europa“ oder „Die Freiheit“ nach Belegen für den angeblichen Untergang des deutschen „Volkes“ durch „Überfremdung“ gesucht (ein paar Anhaltspunkte liefert dieser Artikel).
Ereignisse des Tages und im Vorfeld
Um der Widerlichkeit eines öffentlichen Auftritts von einem Wehrmachtsveteranen entgegenzutreten, fand sich ein Organisationskreis von antifaschistischen Gruppen und Einzelpersonen zusammen. Eine für die Kürze der Zeit erfolgreiche Mobilisierung erreichte über die Universität auch die „Teutonia“ und ihr Umfeld. Fleißig wurde gemutmaßt, was die „Linken“ denn so vorhätten. Kurzerhand wurden die Anwohner_innen im bürgerlichen Stadtteil Düsternbrook durch ein Rundschreiben vor eventuellen Lärmbelästigungen und gewaltbereiten Chaoten gewarnt, das eigene Demokratieverständnis wurde in bezeichnender Weise gleich mitgeliefert. Bezug wird auf eine angeblich gute deutsch-nationale Bewegung Anfang des 19. Jahrhunderts genommen. Nie war der der Begriff „ewig-gestrig“ wohl angebrachter. Dass diese Bewegung den praktischen wie ideologischen Nährboden für die späteren Ereignisse und somit auch der Shoah bereit stellte, wird nicht erwähnt. Die eigenen „Bundesbrüder“ wurden angewiesen, frühzeitig und unauffällig vor der antifaschistischen Kundgebung anzureisen. Da die Veranstaltungen erst wesentlich später anfingen, bestanden die ersten Stunden des Empfangs der „Teutonia“ dann erst einmal aus „Antifas gucken“, geschützt durch Glasscheiben und eine BFE-Einheit vor dem Haus. Sicher ist sicher. Vorsichtshalber wurde dann auch der Referent abbestellt, eine sichere Anreise konnten die „Teuten“ angesichts des antifaschistischen Protestes wohl nicht garantieren.
Der aus antifaschistischer Sicht sehr erfolgreiche Tag wurde in Form einer Kundgebung begangen. Verschiedene Redebeiträge zu den Verstrickungen der „Teutonia“ nach rechts, Sexismus in Burschenschaften, deutsche Opfermythen und Wehrmacht (insbesondere Reichsmarine) wurden gehalten und mit lauter Musik dem grauem Wetter getrotzt und so manches dumpfe Hirn hinter der Mauer gleich mit weichgekocht. Mit Parolen wie „Lieber ein Geschwür am After als ein deutscher Burschenschaftler“ wurde den Korporierten deutlich gemacht, was von ihnen zu halten ist. Auch Anwohner_innen und Passant_innen wurden informiert, was für Menschen dort eigentlich in der Villa nebenan wohnen.
Zu erwähnen ist noch, dass insbesondere einige Mitglieder_innen der Jugendorganisation der „Freiheit“ versuchten, in unmittelbarer Nähe der Kundgebung Antifaschist_innen zu provozieren. Diesen wurde eine klare Ansage erteilt, woraufhin sie sich in sichere Entfernung zurückzogen.
Nun heisst es aus antifaschistischer Sicht die Umtriebe im rechtsoffenen, rassistischen Milieu Kiels weiterhin im Auge zu behalten und überall dort, wo Rassismus, Geschichtsrevisionismus, Sexismus oder Ausgrenzung propagiert wird, entschlossen einzuschreiten.
(Bericht von de.indymedia.org).
Kieler Burschenschaft lädt Wehrmachtsveteran ein
Artikel von de.indymedia.org.
Geschichtsrevisionistische / NS-verherrlichende Veranstaltung in Kieler Burschenschaft
Burschenschaftliche Verhältnisse in Kiel
In Kiel besteht traditionell eine differenzierte Korposzene. Diese erstreckt sich von vermeintlich harmlosen Segler- und christlichen Verbindungen bis hin zum rechten Rand, dazu gehören zwei Burschenschaften des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“, welcher jüngst in den Medien war aufgrund von Äußerungen und dem Wunsch einiger Mitglieder nach einem „Arier-Paragraphen“.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Die Verbindungen unterscheiden sich (auch) durch ihr Verhältnis zum Fechten. In einigen Kieler Verbindungen wird dieses Männlichkeitsritual nicht vollzogen, andere bezeichnen sich als „fakultativ schlagend“ und einige betrachten das Fechten als Pflicht, um die burschenschaftliche „Ehre“ zu erlangen.
Gemeinsam ist den meisten Kieler Korpos ein positives Verhältnis zum „Vaterland“, das sich wahlweise in Patriotismus, Nationalismus oder auch offenen oder schlecht kaschierten Sympathien für den deutschen Faschismus zeigt.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist der offene Sexismus, manifestiert im generellen Ausschluss von Frauen. Die Frau wird dem burschenschaftlichen Weltbild folgend als be_schützenswertes Geschlecht bezeichnet. Im korporierten Alltag kommen Frauen nur als Beiwerk bei gesellschaftlichen Anlässen wie Bällen o. ä. vor – bei „ernsten“ Veranstaltungen innerhalb der Verbindung oder des Dachverbandes sind diese unerwünscht.
Eine Ausnahme bildet die einzige Kieler Frauenverbindung, die allerdings einer Vielzahl von reinen Männerbünden gegenüber steht.
Kommandant Petersen zu Gast bei den Teuten
Die Kieler Burschenschaft Teutonia lädt nun einen ehemaligen U-Boot-Kommandanten ein. Petersen hatte während des zweiten Weltkrieges das Kommando über die sich im Kampfeinsatz befindlichen Boote U-9 und U-24, „sein“ drittes Boot, das U14 wurde zu Ausbildungszwecken benutzt.
Petersen nahm aktiv am deutschen Vernichtungskrieg insbesondere gegen Osteuropa teil. Als Angehöriger der Wehrmacht hat sich Petersen als Täter des deutschen Faschismus schuldig gemacht. Dieses hat er so „erfolgreich“ betrieben, dass er während des Krieges mehrfach befördert wurde. So gehen mehrere Versenkungen von sowjetischen Schiffen direkt auf sein Konto.
Auch wenn eine direkte Verstrickung von Petersen in den Holocaust nicht bekannt ist, so hat er, wie alle anderen Angehörigen der Wehrmacht, sich an der Shoah mitschuldig gemacht, indem er Teil des taktischen Konzeptes der deutschen Ostfront war, an welcher der industrielle Massenmord vorzugsweise vollstreckt wurde.
Keine Bühne für Täter_innen!
Jeder Gehorsam gegenüber den Nazis ist Unrecht und macht eine_n zur/zum Mittäter_in. Egal welche Taktik Petersen am Sonntag wählen wird, ob er sich als Nazi-Opfer, als Von-nichts-gewusst-Nazi oder auch als tapferer Soldat in stürmischen Zeiten darstellt: Er ist und bleibt aktiver Teil des deutschen Vernichtungswahns und als solchem gehört ihm keine Bühne geboten! Eine historische Aufarbeitung der Ereignisse der deutschen Geschichte kann nicht durch aus dem Nähkästchen plaudernde Wehrmachtsveteranen geschehen!
Die Teutonia in Kiel
Bleibt die Frage: warum laden die Teuten den Veteranen ein? Wer ist diese Verbindung? Die Teutonia ist seit ihrem Austritt aus der Deutschen Burschenschaft Mitglied des Süddeutschen Kartells. Das Süddeutsche Kartell ist ein enger Zusammenschluss aus wenigen Burschenschaften. Angegliedert an die Kieler Teutonia ist eine Pennälerschaft, also eine Schülerverbindung.
Der burschenschaftliche Alltag wird durch gemeinsame Besuche befreundeter Burschenschaften, germanischer Brauchtumspflege und dem dumpfen Fröhnen skurriler Männlichkeitsrituale geprägt. Fechten ist ist für Mitglieder der Burschenschaft Pflicht, nur so kann die „Ehre“ einer Vollmitgliedschaft nach dem Lebensbundprinzip erlangt werden.
Politisch ist die Teutonia dem nationalistischen Umfeld zuzuordnen. Bezeichnend allein der Name – Teutonia: „Deutsches Reich“. Das passend gewählte Motto lautet: „Ehre, Freiheit, Vaterland“. Deutschland als Nation nimmt eine zentrale Stellung im burschenschaftlichen Leben und Wertesystem ein.
Interne Veranstaltungen zur germanischen Brauchtumspflege zeigen einen positiven Bezug zu dem Konstrukt der deutschen Nation als historische Schicksalsgemeinschaft, welche sich über eine gemeinsame Abstammung und einen geographischen Raum definiert.
Die Verbindung und der Rechtspopulismus
Diese Verehrung des Deutschen unterscheidet eindeutig zwischen Menschen die „deutsch“ und „nicht-deutsch“ sind. Die daraus folgende eigene Hegemonialstellung und konsequente Ausgrenzung vermeintlich „Fremder“ wird in letzter Zeit von einigen Mitgliedern der Teutonia aktiv betrieben.
So engagieren sie sich in rassistischen Organisationen wie der „Bürgerbewegung Pax Europa“, „Pi-News“ oder „Die Freiheit“. Diese propagieren unter dem Deckmantel von liberalen Bürgerrechtswerten plumpen Rassismus a la Sarrazin, angereichert um eine Prise christlichen Fundamentalismus und ein von Verschwörungstheorien geprägtes Weltbild.
Fleißig werden in Schleswig-Holstein Hinweise für eine vermeintliche muslimische Weltverschwörung gesucht, mit so absurden Auswüchsen, dass Frauenbadezeiten in Schwimmbädern als vom islamophilen Filz instrumentalisierte Zugeständnisse an die Scharia gesehen werden.
Auch wenn oberflächlich ein positives Verhältnis zu den USA und Israel dargestellt wird und sich der Rassismus mit einer (im emanzipatorischen Kontext zweifelsfrei notwendigen) Islamkritik kaschiert wird, bleibt es doch die plumpe rassistische Theorie die genügend Vorbilder im deutschen Faschismus hat.
Die vermeintliche solidarische Haltung gegenüber Israel und damit gegenüber dem Schutzraum für Jüdinnen und Juden erscheint dabei eher als hilfloser öffentlicher Distanzierungsversuch von den Nazis, wenn parallel dieselben Personen Wehrmachtsveteranen einladen und sich (völkisch-) germanischer Brauchtumspflege hingeben.
Kommt alle am Sonntag, dem 06.11., um 15.00 zur Kundgebung vor der Moltkestraße 31, um den deutschen Täter_innen zu zeigen, was von ihnen zu halten ist!