„Identitäre“ und Neonazis stören antimilitaristische Wahlkampf-Aktion in Laboe

Am gestrigen Donnerstag, 13. April 2017 störten am späten Nachmittag etwa je ein Dutzend Anhänger der „Identitären Bewegung“, Neonazis und rechte Schaulustige eine antimilitaristische und feministische Wahlkampfaktion der LINKEN vorm kriegsverherrlichenden U-Boot-Museum in Laboe. Die Faschisten, von denen viele sogar aus anderen Bundesländern angereist waren, lungerten am Straßenrand herum und begleiteten die ansonsten wie geplant durchgeführte halbstündige Kundgebung von etwa 20 Teilnehmenden mit Zwischenrufen. Zu Angriffen kam es jedoch nicht. Die Polizei war mit 15 Beamt_innen inklusive Hundestaffel vor Ort.

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Die Ankündigung einer Lübecker LINKEN-Kandidatin, das Laboer U-Boot pink streichen zu wollen, hatte schon im Vorfeld medial, bei den Behörden und bei Reaktionären aller Couleur für Furore gesorgt. Farbe gab es schlussendlich allerdings nur vor dem Kriegsschiff. Die spontane Mobilisierung von bis zu 30 organisierten Faschisten ist eine für den Kieler Raum in den letzten Jahren ungekannte Größenordnung. Das Vorhaben, den Normalbetrieb im Wallfahrtsort für NS-NolstalgikerInnen, MilitaristInnen und Deutschnationale außer Kraft zu setzen, hatte jedoch schon 2010 für ein vorerst letztes Aufbäumen in der militanten Neonazi-Szene gesorgt, als diese das Ehrenmal für deutsche Kriegsverbrecher vor linken Antimilitarist_innen schützen wollten.

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Allemal sollten die gestrigen Ereignisse jedoch allen Antifaschist_innen zu denken geben, auch die eigene spontane Handlungsfähigkeit mal wieder auf den Prüfstein zu legen, handelte es sich doch gestern nicht nur um die erste öffentliche Versammlung von Neo-FaschistInnen im Kieler Raum seit 2013, sondern auch um den ersten Auftritt der selbsternannten „Identitären“ in der Region überhaupt. Diese waren mit einem eigenen Transparent vor Ort und hatten ihre Präsenz sogar ordnungsgemäß angemeldet. Diese Entwicklung sollten Antifaschist_innen nicht nur scharf beobachten, sondern jede weitere Entfaltung schon im Frühstadium unterbinden.

Presse: www.kn-online.de

Anfrage zu Nazistrukturen in S-H im Landtag

Auf ihre große Anfrage an die Landesregierung bezüglich der Kenntnis von Nazistrukturen in Schleswig-Holstein hat die LINKE jetzt Antwort erhalten. Der 36-seitige Text ist zwar um einiges detaillierter als der jährliche Verfassungsschutzbericht, viel neues ist aber auch hier nicht zu erfahren.   
Interessant sind die Ausführungen der Landesregierung in der Vorbemerkung. Die LINKE verwendet in ihrer Anfrage die Bezeichnung „Neofaschismus“ bzw. den auch in einigen antifaschistischen Publikationen verwendeten Begriff „extreme Rechte“, welcher dazu gebraucht wird einen „rechten Rand“ im politischen Spektrum zu beschreiben ohne den ideologisch aufgeladenen Terminus vom „politischen Extremismus“ zu bedienen. Im einleitenden Text der Landesregierung wird ganz im Sinne der so genannten „Extremismustheorie“ festgestellt, dass „Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, […] im Verfassungsschutzverbund und bei den Gerichten in die Kategorien Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus und Islamismus eingeteilt [werden]. Der in der Großen Anfrage verwendete Begriff Neofaschismus findet in diesem Rahmen keine Verwendung, weil er in der politischen Auseinandersetzung unterschiedlich interpretiert wird und für die Beschreibung des Rechtsextremismus folglich nicht geeignet ist.“
Im folgenden Abschnitt wird, als vorrauseilende Begründung für die nicht-beantwortung einiger spezieller Fragen zu den örtlichen Nazistrukturen, erläutert, dass „die Informationen des Verfassungsschutzes kein beliebiges Instrument staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sind (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 -1BvR 1072/01-). Die Qualifizierung einer Organisation oder eines Mediums als „rechtsextremistisch“ ist oftmals mit belastenden negativen Sanktionen durch Dritte verbunden, wie z.B. der Boykott einer Zeitung oder einer Veranstaltung durch die Öffentlichkeit. Dies bedeutet, dass vom Verfassungsschutz öffentlich als verfassungsfeindlich bezeichnete Organisationen zumindest mittelbar in ihren Rechten insbesondere aus Art. 5 GG, Art. 8 GG, Art. 9 GG und Art. 12 GG betroffen sein können. Daher ist auch die Nennung der Namen von Vereinen und Organisationen an diesen Grundrechten auszurichten und auf das erforderliche Maß zu beschränken.“ Praktisch bedeutet dies dann, dass z.b. auf die Frage „In welchen Städten Schleswig-Holsteins existieren neofaschistische bzw. extremen Rechten zugehörige Parteien, Organisationen, Gruppierungen und/oder Zusammenschlüsse? Bitte sortiert nach Mitgliederstärke auflisten“ die Antwort „Eine abschließende Aufzählung ist -wie in der Vorbemerkung dargestellt- nicht möglich“ kommt, gefolgt von einer nur sehr groben, auch für Außenstehende leicht recherchierbare Auflistung von Regionen, in denen Neonazis aktiv sind.
Ähnliche Antworten gibt die Landesregierung auf eine Vielzahl von Fragen, so dass der Erkenntnissgewinn abseits von einigen Statistiken, z.B. wie viele Frauen in der Naziszene aktiv sind, eher gering ist. Der LINKE-Landtagsabgeordnete Björn Thoroe kommt daher zu dem Schluss, dass „der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein lieber Politik im Sinne der Landesregierung macht, als Informationen über den rechten Rand zu sammeln und weiterzugeben“.
Die große Anfrage samt Antworten kann als PDF-Datei auf der Homepage von Björn Thoroe runtergeladen werden.
Artikel in der taz dazu: http://taz.de/Rechte-Gewalt/!77994/