„Neumünster wehrt sich” – da wächst (nicht) zusammen, was (nicht) zusammen gehört

Folgend dokumentieren wir einen Artikel von La Quimera: antifascist watch group S-H:

„Am 23. April will die neonazistische Organisation “Neumünster wehrt sich” wieder durch die Stadt an der Schwale marschieren. Die bisherigen Auftritte waren die ersten ernsthaften Versuche seit dem 1. Mai 2012 Aufmärsche in Schleswig-Holstein durchzuführen. Dementsprechend werden die Aktivitäten auch von anderen rechten Akteur_innen genau beobachtet, um das eigene Potential “auf der Straße” ebenso abschätzen zu können, wie jenes der politischen Gegner_innen. Diese Heterogenität spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur wider. Wie wir schon berichteten , übernehmen dort Neonazis verschiedener politischer Herkunft Verantwortung, was, wie dargestellt , auch schon den einen oder anderen Konflikt mit sich brachte. Nicht zuletzt deshalb dürfte der letzte geplante Auftritt am 28. Februar abgesagt worden sein. Dass die offizielle Begründung schlicht gelogen war, ist leicht daran ersichtlich, dass als Grund abwechselnd “organisatorische und technische Gründe”, eine “Erkrankung” oder eine “Sportverletzung am Knie” von Manfred Riemke genannt wurden. Zeichnet es schon ein desolates Bild, dass sich die Neonazis nicht einmal auf eine Ausrede einigen konnten, setzte Riemke dem erbärmlichen Schauspiel noch die Krone auf, als er am Tag der geplanten Kundgebung bei bester Gesundheit in Neumünster unterwegs war. Doch wie wir in diesem Artikel darstellen wollen, ist dies längst nicht das einzige Konfliktpotential. An der Organisation beteiligte Strukturen, haben sich in der Vergangenheit zum Teil massiv hintergangen und angeschwärzt. Diese Vorgänge wurden nie öffentlich thematisiert und selbst ein großer Teil der direkt betroffenen Neonazis kennt die genauen Zusammenhänge nicht. Das werden wir heute ändern.


Jörn Lemke (m.) und Nico Seifert (r.)

Wir schreiben das Jahr 2012. Der NPD-Landesverband muss mal wieder einen Landtagswahlkampf stemmen, in der Hoffnung, mit ausreichend Stimmen, zumindest an die staatliche Parteienfinanzierung zu gelangen. Doch eigentlich ist die Partei zu einem flächendeckenden Wahlkampf nicht in der Lage. Auf diese Ausgangslage sind wir schon in der Vergangenheit eingegangen . In dieser fragilen Situation meldet sich kurz vor der Wahl eine bis dahin unbekannte “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” (NSH) zu Wort. Der gleichnamige Blog versteht sich als Enthüllungsplattform über die NPD in Schleswig-Holstein. In einem langen Pamphlet wird u.a. dem Landesgeschäftsführer Wolfgang Schimmel “Rassenschande”, also ein Kind mit einer “nicht-deutschen” Frau, vorgeworfen, der Autismus des damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke öffentlich gemacht, werden die Landesvorstandsmitglieder Jörn Lemke und Roland Siegfried Fischer als V-Leute des Verfassungsschutz “enttarnt” und allerlei Interna, wie Treffpunkte der rechten Szene, ausgeplaudert. Für Beobachter_innen der Szene decken sich viele Informationen mit anderen Quellen, so dass dort sehr gut informierte Kreise am Werk gewesen sein müssen. Sogar die “Enttarnung” der beiden V-Leute, für deren Arbeit für den Inlandsgeheimdienst es nach wie vor keinen Beleg gibt, erscheint heute in einem anderen Licht. Denn Anfang Dezember 2012 trat Roland Fischer von allen Ämtern zurück und aus der Partei aus. Inzwischen ist durch das NPD-Verbotsverfahren bekannt, dass genau zu diesem Zeitpunkt, nach Angaben der Innenminister_innen, die letzten Quellen in den Führungsgremien der Partei abgeschaltet worden seien.

Doch wer steckte hinter dem Blog und dem Aufruf zum Boykott der NPD? Schnell wurden damals Spekulationen laut. Für möglich gehalten wurde eine “false flag”-Aktion gut informierter antifaschistischer Gruppen. Doch glaubhaft ist dies nicht. Bekanntermaßen entspricht es nicht dem politischen Stil von Antifaschist_innen, offensiv Neonazi-Propaganda zu verbreiten. Innerhalb der rechten Szene wurde schnell mit Namen jongliert, welche Kandidat_innen in den eigenen Reihen in Frage kämen. Insbesondere Dennis Brandt, der zu diesem Zeitpunkt erst kürzlich eine umfassende Aussage bei der Polizei gemacht hatte , und Kevin Stein, schon in handfeste Auseinandersetzungen in der Szene verwickelt , schienen in Frage zu kommen.


Sebastian Alexander Struve

Doch all diese Rechnungen wurden ohne zwei altbekannte Querulanten mit denkbar schlechtem Verhältnis zur NPD gemacht: Sebastian Alexander Struve (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Eutin”) und Nico Seifert (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Neumünster”). 2012 standen beide vor dem politischen Nichts. Ihre jeweiligen Gruppierungen waren zerfallen und den “Rückweg” zur NPD haben sich beide verbaut. Die Gründe im Fall von Sebastian Struve haben wir schon in unserem letzten Artikel zu diesem Thema dargelegt , weshalb wir hier vorwiegend die Vorgänge um Nico Seifert darstellen werden. Seifert war eine zentrale Figur der rechten Szene in Neumünster. Insbesondere mit seinem Freund Daniel Zöllner (“Aktionsgruppe Kiel”) stand er für einen sehr aktionistischen Neonazismus im Stil der “Autonomen Nationalisten”. Doch nachdem die “Aktionsgruppen” um das Jahr 2010 ihren Zenit überschritten hatten, nahm das Konfliktpotential um Seifert in Neumünster zu. Es hieß, Seifert schulde dem, damals ebenfalls im Niedergang begriffenen, “Club 88” Geld. Dieses Geld versuchten die im “Club” zunehmend dominanten “Bandidos” und ihre Unterstützer einzutreiben. Beteiligt war u.a. der heute bei “Neumünster wehrt sich” eingebundene Manuel Fiebinger. Dass die Schulden im Falle Seiferts besonders gern und nachdrücklich zurück gefordert wurden, mag auch daran liegen, dass er, über Daniel Zöllner, Kontakte zu den Erzfeinden der “Bandidos”, den “Hells Angels”, hat. Auch der Weg zur NPD war versperrt. Hier rächte sich, dass Seifert in der ganzen Szene damit geprahlt hat, den damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke verprügelt zu haben. Als die Lage zunehmend brenzlig wurde, verließ Seifert Neumünster in Richtung Witzwort (Nordfriesland).


Laut Struve Kundgebung mit Unterstützung vom Verfassungsschutz: Mike Östreich, Daniel Nordhorn und Roland Fischer (v.l.n.r.)

Nun befanden sich Struve und Seifert in einer ähnlichen Lage: Beide vereint ein Führungsanspruch innerhalb ihrer Szene, aber beiden fehlte in Schleswig-Holstein jeglicher Rückhalt, um diesen auch durchzusetzen. Als Konsequenz diskutierten die beiden neue Strukturen jenseits von Rockern und NPD aufzubauen. Seifert kontaktierte 2012 “Die Rechte” und 2013 den “III. Weg”, um Möglichkeiten einer Expansion nach Schleswig-Holstein zu diskutieren. Selbstredend mit sich selbst als “Führer” der neuen Bewegung. Diese Pläne scheiterten jedoch an der mangelnden Basis und der organisatorischen Unfähigkeit Seiferts. Struve, ganz der “Autonome Nationalist”, schwebte mehr eine kompromisslos nationalsozialistische Kameradschaft, fern jeder Partei, vor. Auch diesen Plänen war Seifert nicht abgeneigt, ging es ihm ja primär sowieso nur um eine Führungsrolle jenseits der Kreise, die ihn gerade verfolgten. In der Verfolgung dieses Ziels waren theoretische Grundkonzepte verhandelbares Beiwerk. Auf der Suche nach einem Ausweg intensivierten beide bundesweite Kontakte. Struve stand im Austausch mit Dortmunder “Autonomen Nationalisten” (die ihm auch bei seiner später beschriebenen Intrige halfen), Seifert nach Gütersloh zu Julian Fritsch (Nazi-Rapper “Makss Damage”). Dieser war zu diesem Zeitpunkt mit Belinda B. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”, inzwischen lebt B. in Gütersloh) in einer Beziehung. Zusammen mit Janina H. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”) waren Seifert und B. in dieser Zeit, auf Einladung von Fritsch, mehrfach in der westdeutschen Kameradschaftsszene unterwegs, u.a. bei Axel Reitz in Köln.


Belinda B. (r.) als Ordnerin bei einem Auftritt der “Aktionsgruppe Kiel” am 8. Mai 2010 vor dem Kieler Hauptbahnhof

Sogar die Finanzierung ihrer neuen Bemühungen haben Struve und Seifert intensiv diskutiert. Während sich Struve vorwiegend um Vernetzung innerhalb der Rechten bemühte, versuchte Seifert Finanzquellen zu finden. Zunächst beteiligte er sich am Versand “Support Wear” des Kieler Neonazis Matthias Kussin (früher Matthias Lehnecke). Als das Vorhaben im Streit endete, versuchte Seifert vergeblich eigene Versände verschiedener Ausrichtung ins Leben zu rufen. Die Pläne scheiterten samt und sonders an einfachsten organisatorischen Schritten, zu denen Seifert nicht in der Lage war. Doch ganz Geschäftsmann hatte Seifert natürlich mehrere Eisen im Feuer. Als weiteres Standbein schwebte ihm eine Karriere als Pornostar vor. Da sich aber absolut keine Darsteller_innen fanden, die bereit waren mit Seifert einen Porno zu drehen, erörterten Struve und Seifert die Chancen im Geschäft der Zuhälterei, auch bekannt als Menschenhandel. Naheliegenderweise hatten die beiden Neonazis keine inhaltlichen Skrupel, sexuelle Ausbeutung als weiteren Stein in ihr Mosaik der Menschenfeindlichkeit zu setzen. Allerdings schienen ihnen die Rocker in diesem Bereich zu dominant, Seifert hatte ja gerade erst schlechte Erfahrungen mit den “Bandidos” gemacht.
Doch all diese Bemühungen hatten nicht den gewünschten Effekt. Irgendwie müssten die bisherigen Strukturen in Schleswig-Holstein destabilisiert werden, damit die Szene auf die beiden selbsternannten Nachwuchs-“Führer” angewiesen wäre. Gleichzeitig müsste leidige Konkurrenz um den zukünftigen Thron schon einmal vorbeugend auf Distanz gehalten werden. So ersann Struve zusammen mit Seifert einen Plan: Auf einem nicht auf ihn zurückführbaren Blog bringt er Interna und Intrigen der NPD an das Licht der Öffentlichkeit. Bei den, hoffentlich folgenden, internen Spannungen im NPD-Landesverband könnten er und Seifert einspringen und sich von der NPD abkehrende Neonazis für ihre Zwecke einsammeln. Die “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” war geboren. Gleichzeitig bekam Struve Wind davon, dass Ray Vogel (inzwischen Führungsfigur “Identitas Gemeinschaft” ) in Eutin und Umgebung eine neue Gruppierung gründen wolle. Diese sollte, in Anlehnung an die “Spreelichter” aus Vogels Heimat Brandenburg, “Nordlichter” heißen. Diese Gruppierung könnte allerdings Struves genialen Plan zunichte machen und die versprengten “Kameraden” nach dem Zusammenbruch der NPD an sich binden. Also kontaktierte er Marcel Forstmeier (Führungsfigur “Spreelichter”), um “Nordlichter” gewissermaßen die Franchise-Genehmigung entziehen zu lassen. Ironischerweise existiert inzwischen auf Facebook ein Profil der “Nordlichter”, das Beobachter_innen Struves Umfeld zurechnen.
Der Ausgang der Intrige um die NSH war ebenso ernüchternd wie vorhersehbar: Das ganze Unterfangen entpuppte sich als große Luftnummer und beide Protagonisten verschwanden für Jahre von der Bildfläche. Zurück bleibt aus antifaschistischer Perspektive einzig der Blick in menschliche Abgründe, in der gescheiterte Existenzen sich gegenseitig in ihrer Menschenfeindlichkeit überbieten, um eines Tages vielleicht einmal der große “Führer” zu werden.

Spannend, aber nicht überraschend ist, dass Struve sich aktuell stark innerhalb von “Neumünster wehrt sich” engagiert. Da stehen also Menschen aus der NPD, die Struve mittels einer Intrige abschaffen wollte, Seite an Seite mit ihm und organisieren Kundgebungen. Denn der Umgang mit dem Verrat ist genauso verlogen, wie der Verrat selbst. Nachdem Struve abgetaucht war und selbst treue Weggefährten wie Tobias J. (inzwischen “Identitas Gemeinschaft”) nicht mehr zu ihm stehen, biedert er sich jetzt wieder bei der verfeindeten NPD an. Profitieren tut er wohl davon, dass die genauen Zusammenhänge der Intrige fast allen Beteiligten unklar sind. Zwar herrscht innerhalb des NPD-Landesverbands ein Unbehagen gegenüber Struve, was sich auch darin ausdrückt, dass vom Führungspersonal einzig Mark Proch maßgeblich an “Neumünster wehrt sich” beteiligt ist, aber für eine konkrete Distanzierung von ihrem ehemaligen Kandidaten Struve fehlten die handfesten Belege. Beobachter_innen dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Fest steht allerdings, dass es im Umfeld vom Struve nie ohne Machtkämpfe zugehen wird. Insbesondere da seine neue “rechte Hand” Malte Magnussen auf diesem Gebiet auch kein unbeschriebenes Blatt ist. So steht für “Neumünster wehrt sich” in den nächsten Monaten viel auf dem Spiel. Das dürfte auch Neonazis aufhorchen lassen, die sich bisher nicht an den Neumünsteraner Kundgebungen beteiligten, denn in der Schwale-Stadt steht stellvertretend die Kampagnenfähigkeit der ganzen radikalen Rechten Schleswig-Holsteins zur Disposition. Ein Scheitern der Aufmärsche würde das Ansehen der neonazistischen Strukturen im nördlichsten Bundesland nochmals beschädigen und somit das Mobilisierungspotential zukünftiger Aktionen schwächen. Dumm nur, dass die Führungskader in Neumünster Dilettanten und Intriganten das Feld überlassen haben.“

https://quimera.noblogs.org/2016/neumunster-wehrt-sich-da-wachst-nicht-zusammen-was-nicht-zusammen-gehort/

Angriff auf DGB-Kundgebung in Husum, 1.5.2011 – Eine Aufarbeitung

Wir dokumentieren einen Artikel von la quimera – antifascist watch-group sh:

 

Am 1. Mai 2011 griff eine Gruppe Neonazis eine zivilgesellschaftliche Kundgebung zum Tag der Arbeit in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Husum an. Dieser Angriff sorgte bundesweit für Schlagzeilen und bewies so vermeintlich die zur Disposition stehende Handlungsfähigkeit der Neonazi-Szene. Die antifaschistische Öffentlichkeit reagierte mit Empörung, die Behörden verfolgten die Täter_innen und die Neonazis feierten ihre Aktion. Nach fast zwei Jahren Aufarbeitung sind inzwischen viele Fakten bekannt und sollen hier zusammengefasst dargestellt werden. Neben der Aufklärung über den Übergriff soll dabei auch Raum sein, um anhand der Geschehnisse Schlüsse über die Wirkmechanismen der neonazistischen Strukturen in Schleswig-Holstein abzuleiten.
 

Ereignisse
Am 1. Mai 2011 zog eine Gruppe von ca. 40 Neonazis im Rahmen einer „Spontandemonstration“ durch Husum. Anstatt sich bundesweiten Szene-Veranstaltungen zum 1. Mai anzuschließen zog es ein Teil der lokalen neonazistischen Rechten vor, klandestin mobilisiert durch Husum zu ziehen. Hierzu verkündete das Fronttransparent das Motto „Revolution jetzt“, Flugblätter wurden geworfen. Noch vor dem offiziellen Beginn der gewerkschaftlichen Feierlichkeiten zum 1. Mai am Husumer Hafen erreichten die Neonazis die Szenerie und demolierten Stände und Autos, warfen Mobiliar ins Hafenbecken und schlugen auf Gewerkschaftler_innen und Parteimitglieder_innen ein, die gerade damit beschäftigt waren, ihre Stände aufzubauen. Anschließend flüchtete der rechte Mob und verließ zum größten Teil in einem Autokonvoi die Stadt, welchen die Polizei unweit von Husum stoppen konnte. Die Folgen des Angriffs waren, wie von den Organisator_innen der „Spontandemonstration“ geplant, beträchtlich.
Einige der Betroffenen der neonazistischen Gewalt mussten im Krankenhaus behandelt werden und es entstand nennenswerter Sachschaden in der Husumer Innenstadt. Folgerichtig sorgte der Angriff für große gesellschaftliche und mediale Reaktionen.
Beteiligte Strukturen und Personen
Die Zusammensetzung der Teilnehmer_innen des neonazistischen Aufmarsches spiegelt erneut ein Spezifikum der neonazistischen Rechten in Schleswig-Holstein wider. Während in anderen Regionen die Aufteilung der Neonazi-Szene in „Freie Kräfte“ und Parteistrukturen sinnvoll erscheint, ist in Schleswig-Holstein eine Unterscheidung zwischen dem radikalen Flügel des NPD-Landesverbands und den kameradschaftlichen Strukturen kaum zu treffen. So werden vermeintliche Aktionen der „Freien“, wie der „Trauermarsch“, der bis letztes Jahr jährlich in Lübeck stattfand, stets maßgeblich von NPD-Mitgliedern mitgetragen und umgekehrt wird die Parteipropaganda der NPD von den meisten parteiunabhängigen Strukturen unterstützt. Insbesondere die Funktionäre Roland Siegfried Fischer und Jörn Lemke sind nicht eindeutig einem der beiden Lager zuzuordnen1.
Diese Einheit der NPD und den „Freien Kräften“ bekommt erst in jüngster Vergangenheit Risse. So gab es Aufrufe zum Wahlboykott aus der Kameradschaftsszene vor der letzten Wahl, V-Person-Gerüchte um Jörn Lemke und den Parteiaustritt von Roland Fischer1+2. Auch die Ereignisse in Folge des Angriffs in Husum dürften die Kooperationsbereitschaft in der „Szene“ beschädigt haben, dazu unten mehr.
Angereist sind die Teilnehmer_innen der Aktion in Husum aus großen Teilen Schleswig-Holsteins und aus Hamburg, wobei insbesondere größere Reisegruppen aus dem Hamburger Umland, Kiel und Flensburg die lokalen Neonazis unterstützten. Als Organisatoren mit örtlichem Bezug werden vor allem Christopher Hansen (Husum) und Arne Kaehne (Oster-Ohrstedt) genannt. Letzterer ist ein bekannter NPD-Kandidat, der mit seiner Schwester Silke, die inzwischen aufgrund einer Heirat Hansen heisst, seit Jahren als ein wichtiger neonazistischer Drahtzieher im Norden Schleswig-Holsteins gilt. So sagte ein Neonazi aus Flensburg gegenüber den Ermittlungsbehörden aus, dass Arne Kaehne ihn und seine Gruppe zu der Demonstration geleitet habe und schon vor Beginn der Ereignisse den Angriff auf die DGB-Kundgebung als Marschrichtung vorgab. Aus Husum war außerdem der örtliche NPD-Kandidat Marc-Richard Tenten anwesend. Als Tonangeber der Gruppe aus Flensburg wurden Andreas Fischer und Michael Czupras (beide Flensburg-Weiche) in der Aussage benannt.
Aus Kiel und Umgebung waren drei Autos von Neonazis vertreten. Die personelle Zusammensetzung der Gruppe trägt die Handschrift des damaligen NPD-Kaders Roland Fischer, neben ihm und dem damaligen Landesvorsitzenden der NPD, Jens Lütke (Preetz), waren vor allem Mitglieder der „Freien Nationalisten Kiel“ (FN KI) und deren Umfeld an der Aktion beteiligt. Die FN KI sind eine lose Unterstützungsgruppe der örtlichen NPD-Strukturen, die maßgeblich von Roland Fischer ins Leben gerufen wurde. Neben den Autos von Fischer und Lütke wurde das des Neonazis Timo Räwel für die Fahrt von Kiel nach Husum genutzt.

Abgesehen von subkulturell geprägten Neonazis aus den Vororten Kiels ist vor allem die Beteiligung von Stefanie Kohrn zu erwähnen. Die ehemalige NPD-Kandidatin und jetziges Mitglied der FN KI erlangte größere Bekanntheit, als sie 2011 das Mobilisierungsvideo für den „Trauermarsch“ in Lübeck mit Roland Fischer zusammen drehte2. Fischer selbst wurde in einer der Aussagen der Neonazis bei der Polizei belastet, in Husum mit einem Tisch auf politische Gegner_innen eingeschlagen zu haben.

 

Aus dem Hamburger Umland ist vor allem die Beteiligung des Anti-Antifa-Aktvisten Dennis Brandt zu erwähnen, der nach den Ereignissen von Husum ebenfalls eine umfassende Aussage bei dem polizeilichen Staatsschutz machte3.
Die Ereignisse selbst, deren zeitlicher Ablauf und die Aussagen der Neonazis bei der Polizei sprechen für einen geplanten Angriff, der konsequent in die Taktik die neonazistischen Strukturen in Schleswig-Holstein passt, dem antifaschistischen Widerstand durch interne Mobilisierungen zu entgehen. Auch zeigte sich zum wiederholten Male, dass auch in der vermeintlich biederen NPD fast durchgehend eine positive Einstellung gegenüber der militanten Durchsetzung der neonazistischen Zielsetzungen herrscht.
Die Mobilisierung selbst erfolgte durch interne Kommunikationsmittel und war so koordiniert, dass die Teilnehmer_innen mit unterschiedlicher Anreisedauer gleichzeitig in Husum eintrafen. Auch reisten nicht alle Neonazis direkt an, sondern es existierten Vorabtreffpunkte. So sollen z. B. Teile der Flensburger Neonazis zuerst nach Niebüll gefahren sein, um von dort mit „Kameraden“ der AG Niebüll gemeinsam anzureisen.
Terminiert war die Anreise so, dass die Demonstration spätestens gegen neun Uhr morgens starten konnte, damit ein Angriff auf politische Gegner_innen noch vor der offiziellen Eröffnung der gewerkschaftlichen Kundgebung um 10 Uhr erfolgen konnte.
Repression und weitere Folgen für die Neonazi-Szene
In der Folge des neonazistischen Übergriffs in Husum konnten die Ermittlungsbehörden 36 Personen als mutmaßliche Beteiligte identifizieren und durchsuchten deren Wohnungen. Es ergingen Strafbefehle gegen viele Neonazis, erst am 14.02.2013 mussten sich Marc-Richard Tenten und Stephan Karioth in Flensburg vor Gericht verantworten4.
Damit ist die juristische Aufarbeitung der Geschehnisse vermutlich abgeschlossen. Auch wenn sich die Folgen auf Geldstrafen beschränkten, hinterließ der Druck der Öffentlichkeit und der Ermittlungsbehörden deutliche Spuren. Drei Neonazis sollen nach den Ereignissen mit den Ermittlungsbehörden kooperiert haben: Der schon vorher abtrünnige ehemalige NPD-Kandidat Kevin Stein, der in der Kameradschaftsszene bekannte Dennis Brandt und ein Neonazi aus Flensburg. Deren Aussagen belasteten einige „Kameraden“ schwer und ließen Einblicke in die neonazistischen Organisationsformen in Schleswig-Holstein zu. Als vor der letzten Wahl Neonazis Teile der NPD-Spitze (insbesondere Roland Fischer und Jörn Lemke) als Verfassungsschutzmitarbeiter outeten, tauchten schnell Gerüchte in der Szene auf, wer der verborgene Denunziant sein könnte. Insbesondere die abtrünnigen Dennis Brandt und Kevin Stein werden in diesem Zusammenhang genannt und verdächtigt, Stimmung gegen die NPD gemacht zu haben.
Auch aktuell wird der Überfall von Husum, vor allem aber dessen Folgen immer wieder in neonazistischen Veröffentlichungen erwähnt. Meist ist in diesem Zusammenhang nicht mehr von einem aktionistischen Erfolg die Rede, sondern wird die Opferrolle im Angesicht der vermeintlich unberechtigten Folgen eingenommen.
Fazit
Direkt nach den Ereignissen von Husum schien die neonazistische Szene eines ihrer Dilemmas, nämlich zu wenig aktionistische Plattform für erlebnisorientierte und gewaltaffine junge Neonazis zu bieten, überwunden zu haben. Antifaschistische Zusammenhänge, Zivilgesellschaft und Ermittlungsbehörden wurden gleichermaßen überrascht und im „Kampf um die Strasse“ konnte ein Zeichen gesetzt werden. Dies sprach vor allem Neonazis an, die sich nicht dafür begeistern lassen, bei angemeldeten Veranstaltungen stundenlang hinter Polizeiketten zu verharren oder bei Infoständen sich buchstäblich die Beine in den Bauch zu stehen.
Konsequenterweise nahmen deshalb in Husum auch Neonazis teil, die nie zuvor bei angemeldeten Demonstrationen oder Infoständen aufgetaucht waren. Umgekehrt fehlte ein Teil des „biederen Spektrums“.
In der Folge waren die neonazistischen Strukturen Schleswig-Holsteins nicht in der Lage, mit den Folgen der Aktion adäquat umzugehen.
Kritische Medienberichte, Aktionen antifaschistischer Zusammenhänge und die Hausdurchsuchungen und Geldstrafen der staatlichen Stellen bewirkten Verunsicherung bis hin zu Aussagen gegen „Kameraden“ und gegenseitige Anfeindungen. Auch wenn im Moment viele andere Belastungsfaktoren insbesondere den NPD-Landesverband schwächen5, hat der Angriff von Husum und dessen Folgen im Nachhinein die neonazistische Szene destabilisiert.

 

http://quimera.noblogs.org

 

1 http://quimera.noblogs.org/2013/die-npd-in-schleswig-holstein-ein-zustan…

2 https://luebeck.systemausfall.org/?p=639

3 https://linksunten.indymedia.org/en/node/77633

4 http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/auftritt-in-rollkommando-ma…

5 http://quimera.noblogs.org/2013/die-npd-in-schleswig-holstein-ein-zustan…

 

 

„Den Weissen Wölfen Terror machen!“

AntifaschistInnen haben einen umfangreichen Reader über die Neonazi-Kameradschaft „Weisse Wölfe Terrorcrew“, welche im Hamburger Raum agiert, veröffentlicht. Dort weisen sie der WWT auch Kontakte nach Schleswig-Holstein nach.

Laut den GenossInnen hat der Neonazi Dennis Brandt (Autonome Nationale Sozialisten Stormarn / Aktionsbündnis Lübeck/Stormarn) nicht nur gute Kontakte zur „Terrorcrew“ nach Hamburg, sondern auch zum Staatzschutz. Nach dem Angriff von Neonazis auf eine Kundgebung des DGB am 1. Mai 2011 in Husum kam es zu landesweiten Hausdurchsuchungen, die die Neonazis offenbar den Aussagen eines „Kameraden“ zu verdanken haben:
„Durch eine umfangreiche polizeiliche Aussage beim Staatsschutz […] wurden in mehr als 13 Wohnungen in Schleswig-Holstein Hausdurchsuchungen durchgeführt. Betroffen von den Durchsuchungen ist neben anderen der derzeitige stellv. NPD-Landesverteter und NPD-Landespressesprecher Jörn Lemke, sowie weitere NPD-Funktionäre darunter der jährliche Anmelder des Neonazi-Aufmarsches in Lübeck, Roland Siegfried Fischer aus Kiel. Durch Brandts achtstündige Aussage bei dem Staatsschutz wurden gegen ihn und andere Mitglieder der »ANS Stormarn« schwere Vorwürfe erhoben. Brandt selber verschwand zunächst von der Bildfläche und wurde erst Anfang Juni 2012 bei einem NPD-Infotisch im niedersächsischen Stade angetroffen, zusammen mit Mitgliedern der JN-Strukturen Niedersachsens wie Florian Cordes und Kevin Arbeit.“

Runtergeladen werden kann die Broschüre bei Indymedia

Starker antifaschistischer Gegenwind für NPD-Wahlkampf

In den letzten Wochen häuften sich militante Antifa-Aktionen in Schleswig-Holstein, die sich allesamt gegen den NPD-Wahlkampf richteten.

So wurde in der Nacht vom 23. auf den 24. März der Club 88 in Neumünster mit grüner Farbe und der Parole „Farbe bekennen gegen Nazis“ markiert (Bekenner_innenschreiben auf Indymedia Linksunten).
Drei Nächte später wurden die Wohnungen und Fahrzeuge der NPD-Kandidaten Jens Lütke aus Martensrade und Daniel Nordhorn aus Laboe sowie des Kieler NPD-Ratsherr Hermann Gutsche aus Kiel-Holtenau Ziel engagierter Antifaschist_innen. Im Bekenner_innenschreiben von „autonomen Gruppen“ heißt es dazu:

„Ziel der Angriffe ist, ihre Aktionsmöglichkeiten im Landtagswahlkampf und darüber hinaus effektiv einzuschränken. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass wirkungsvoller Antifaschismus nur autonom vom Staat sein kann und eine an Legitimität, nicht an Legalität orientierte politische Praxis erforderlich macht, die auch militante Angriffe beinhalten kann. Wir beziehen uns auf den Aufruf „Farbe bekennen!“ (farbebekennen-sh.tumblr.com/) autonomer und antifaschistischer Gruppen und wären erfreut, wenn weitere Nazis giftgrüne Farbe oder andere Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekämen.“ 

Mitte April tauchten in den ersten Landkreisen NPD-Wahlplakate auf, die häufig nicht länger als 24 Stunden hingen.

In den letzten Tagen erwischte es den NPD-Funktionär Uwe Schäfer aus Plön und den NPD-Schatzmeister Uwe Schimmel aus Leezen (Kreis Segeberg). Neben einer farblichen Umgestaltung von Schäfers Hausfassade, soll wohl auch die Fahrtüchtigkeit seines Autos stark gelitten haben (Link). Auch bei Schimmel wurde laut Bekenner_innenschreiben der „Autonomen Dorfgespenster“ „etwas bunte Farbe in den braunen Alltag des Faschisten gebracht“ (Link).

Alle aufgezählten Angriffe bezogen sich auf die Kampagne „Farbe Bekennen“ die Ende März von antifaschistischen und autonomen Gruppen ausgerufen wurde. Ziel dieser Kampagne ist laut Aufruf die Handlungsspielräume von Nazis einzuschränken und den NPD-Wahlkampf aktiv zu sabotieren (http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/aufruf-zur-intervention-gegen-npd-wahlkampf.224.html).

Aktuell wurde auch noch der NPD-Funktionär Roland Siegfried Fischer an seinem neuen Wohnort in Kiel-Dietrichsdorf geoutet. Auf hunderten verteilten Flugblättern wurde seine Nachbarschaft darüber in Kenntnis gesetzt, welchem politischen Engagement Fischer hinter seiner nachbarschaftlich-spießbürgerlichen Fassade nachgeht. Im Outing-Flyer heißt es dazu:


„Roland Fischer ist sowohl wichtiger Organisator des NPD-Landesverbands, in dessen Vorstand er auch Beisitzer ist, als auch Anhänger der militanten sog. „Freien Kräfte“, in Schleswig-Holstein vorwiegend „Aktionsgruppen“, deren Habitus sich wahlweise an dem Stil der „Autonomen Nationalisten“ oder auch an dem klassischen Kameradschaftsspektrum orientiert.“

Auch Fischers Rolle bei öffentlichen Auftritten wird in dem Flugblatt näher erläutert:

„Prominentestes Beispiel für Fischers Tätigkeit als öffentlich auftretender Organisator ist seine Rolle beim geschichtsrevisionistischen jährlichen „Trauermarsch“ in Lübeck. Bei diesem Event von überregionaler Bedeutung ist Fischer seit 2010 Anmelder und Mitorganisator neben Neonazi-Größen von bundesweiter Bedeutung wie Thomas Wulff. […] „Neben diesem jährlichen Großevent tritt Roland Fischer auch als Redner und Organisator bei diversen kleineren Kundgebungen und Wahlkampfauftritten der NPD in Schleswig-Holstein auf.“ (Outing-Flyer auf Indymedia)

Alles in allem sehr ungemütliche Wochen für die Schleswig-holsteinische Naziszene. Trotz des aktuell desaströsen Zustands der NPD und ihre Anhängsel, ist es nicht auszuschließen, dass diese versuchen könnten auf die antifaschistischen Interventionen zu reagieren. Es ist daher ratsam in der kommenden Zeit mit erhöhter Aufmerksamkeit auf uns und unsere Projekte zu achten und den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren.

Zur Situation des NPD-Kreisverband Lübeck-Ostholstein

Wir dokumentieren einen Artikel von linksunten.indymedia.org


Die folgenden Anmerkungen zu der Situation des NPD-Kreisverbandes Lübeck-Ostholstein sollen der Information der antifaschistischen Öffentlichkeit dienen und erlauben eine Einschätzung zu Hintergründen der mangelnden Mobilisierungsfähigkeit der Neonazis anlässlich des „Trauermarsches“ 2012 in Lübeck.

 

In den vergangenen Jahren wurde von dem NPD-Kreisverband Lübeck-Ostholstein suggeriert, dass Jörn Lemke fest im Sattel des Kreisverbandes säße. Er ist Chef des NPD-Kreisverbandes Lübeck-Ostholstein und Pressesprecher des NPD-Landesverbandes Schleswig-Holstein. Es ist immer noch so, dass Lemke für den Kreisverband und auch für den Landesverband in Schleswig-Holstein als einer der wenigen Aktiven eine wichtige Position einnimmt und als Ansprechpartner und Initiator für Veranstaltungen in Lübeck und Umgebung dient. Der Rückhalt in der eigenen Szene scheint jedoch schon seit Jahren zu schwinden.

 

Eine der wichtigsten öffentlichen Veranstaltungen der Neonaziszene in Schleswig-Holstein und somit auch für den NPD-Kreisverband HL-OH ist der „Traueraufmarsch“ in Lübeck. Dieser fand dieses Jahr, am 31.März, bereits das siebte Mal in Folge statt.

 

Jörn Lemke diente von 2006 bis 2008 als Anmelder und Versammlungsleiter für den „Traueraufmarsch“ in Lübeck und als Redner in den Jahren 2006, 2008 und 2009. Seitdem spielt der NPD-Kreisverband HL-OH und auch Lemke keine wesentliche Rolle mehr für die Organisation und Umsetzung dieser Veranstaltung. Die Verantwortung sowie die Mobilisierung wird mitunter vom NPD-Kreisverband Kiel-Plön übernommen. Seitdem steht namentlich Roland Siegfried Fischer für den „Traueraufmarsch“ in Lübeck ein, welcher von Führungsfiguren der Norddeutschen Szene wie Thomas Wulff unterstützt wird.

 

Lemke wurde seither höchstens als Ordner, Laufbursche oder Packesel zum Tragen der Skelettkostüme oder des Megafons am Rande dieser Veranstaltung eingesetzt.

In den vergangenen Jahren schaffte es der NPD-Kreisverband in Lübeck nur vereinzelt, sich an Veranstaltungen wie Mahnwachen, Infoständen oder Kundgebungen, welche in Vorfeld zum „Traueraufmarsch“ stattfinden, zu beteiligen. Am 26.02.2011 meldete Lemke auf Druck seiner „Kameraden“ eine Mahnwache in Travemünde[ 1 ] an, welche zuvor der „Organisationsleiter“ des NPD-Kreisverbands Marcus Tietz anzumelden versucht hatte, aufgrund fehlender Kenntnisse von Formalia. Zwei Wochen zuvor, am 12.02.2011, meldete Tietz einen Infotisch in Bad Schwartau im Kreis Ostholstein[ 2 ] an. Auch bei diesen Veranstaltungen schaffte es der Kreisverband, sich nur dürftig zu beteiligen. Lemke selbst blieb allen Veranstaltungen fern. Der Infostand in Bad Schwartau musste wegen Befindlichkeiten von Seiten Marcus Tietz frühzeitig beendet werden, wodurch es die zum größten Teil aus Kiel angereisten Neonazis nicht schafften, die angemeldete Folgeveranstaltung in der benachbarten Ortschaft Ratekau wahrzunehmen.

 

In diesem Jahr fangen keine Veranstaltungen im Vorfeld des „Traueraufmarsches“ statt. Keine Mahnwache (wie auch schon 2010), keine Infostände, keine Flyerverteilaktionen. Lemke schaffte es lediglich, mit Aufklebern und einem mehr schlecht als recht zusammengeschusterten Mobilisierungsvideo für den „Traueraufmarsch“ zu werben. Ein Jahr zuvor konnte Mensch noch Roland Fischer in Kooperation mit Stefanie Kohrn (FN Kiel) auf einem Mobilisierungsvideo für den Aufmarsch sehen.

 

Was hat der NPD-Kreisverband Lübeck-Ostholstein zu bieten?

 

Fangen wir an bei Jörn Gronemann.

Gronemann, der sich selbst eher dem Kameradschaftsspektum zugehörig fühlt, versuchte in den vergangenen Jahren als Handlanger Lemkes für den NPD-Kreisverband HL-OH Aufgaben zu übernehmen. Projekte wie der „Nationale Satire-Blog „Maulwurfen.info[ 3 ]“, auf dem er über linke und gesellschaftliche Themen herzog und versuchte, diese mit rassistischem, antisemitischen und nationalem Sarkasmus zu besetzen, stießen selbst in NPD-Kreisen auf Kritik.

 

Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte er jedoch am 21.08.2010, als er als Anmelder und Versammlungsleiter auf einer Demonstration in Neumünster [ 4 ] mit 0,4 Promille alkoholisiert erschien. Diese wurde aufgrund dessen von Seiten der Polizei abgesagt. Die Demonstration war unter dem Motto „Friedrich der Große, steig hernieder“ angemeldet worden, bezog sich aber augenscheinlich auf den Todestag Rudolf Heß`. Die angereisten Neonazis aus Schleswig-Holstein mussten missmutig ihre Heimreise antreten. Dem Kreisverband war es nicht entgangen, dass Gronemann öfter mal tiefer ins Glas schaut. Seine Misserfolge aufgrund antifaschistischer Initiativen in der Vergangenheit, wie die Gründung eines rechten VFB-Fanclubs sowie einer Mädchen Fußballmannschaft „Die wilden Mädels“ und das Bekanntwerden seiner Anmeldung bei einem Dating-Portal „Russian Flirt“, bei der er gezielt angab, nach „weißen Frauen“ im Alter von 14 bis 30 Jahren zu suchen, ließ den NPD-Kreisverband handeln. Die Kontakte zu Gronemann wurden abgebrochen, sein Blog aus dem Netz genommen und Gronemann tauchte für ein Jahr unter. Anfang diesen Jahres fasste er neuen Mut und veröffentlichte eine Neuauflage seines Nationalen Satire-Blogs „Maulwurfen.info“. Unreflektiert und dumm versuchte Gronemann dort anzuknüpfen, wo er aufgehört hatte und stürzte sich in die Arbeit. Er organisierte am 01.02.2012 Aktionen zum Gedenken an Rudolf Brügmann, einem in der Neonaziszene gefeierten Märtyerer der SA-Marine*. Seine derzeitigen Aktivitäten stießen beim NPD-Kreisverband HL-OH auf Kritik. In aller Öffentlichkeit denunzierten sich auf Facebook Lemke und Gronemann gegenseitig. Gronemann schrieb unter anderem über Lemke:

„Wer mir ein geringes Niveau unterstellt, weiß nie wo ich sein könnte. Ich tauche schneller auf, als so mancher denken kann.“

und

„Wieso? Ich spreche alles offen aus. Ich weiß, welche Personen hinter meinen Rücken über mich reden, mich dennoch ausnutzen wollen. […]“

Seit der Auseinandersetzung gab Gronemann mehrfach bekannt, aus Schleswig-Holstein wegziehen zu wollen. In seinem Blog wurden seither keine neuen Artikel publiziert.

 

Ein nicht ganz so abtrünniges Kind des NPD-Kreisverbandes ist Marcus Tietz.

Tietz steht als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.) für die NPD-Forderung: „Nein – zum Bau der Fehlmarn-Belt-Querung“ ein, mit der der NPD-Kreisverband versucht öffentlich kontrovers diskutierte lokale Themen zu besetzen. Es fällt schwer zu glauben, dass der sehr einfach gestrickte Tietz das geistige Potenzial besitzt, für die Inhalte der veröffentlichten Texte gegen den Bau der Fehlmarn-Belt-Querung verantwortlich zu sein. Er steht Lemke als weiterer Handlanger zur Verfügung, schafft es aber nicht, den Erwartungen gerecht zu werden, die an ihn gestellt werden. Dies zeigt sich an den inkonstante Aussagen zur Gründung eines „JN-Stützpunktes“ in Ostholstein, der bis heute nicht existent ist und auch in der nächsten Zeit aufgrund der personellen Unfähigkeit des NPD-Kreisverbandes nicht umsetzbar scheint.

 

Der vermeintliche Hoffnungsträger des Kreisverbandes scheint Ronny Schaal gewesen zu sein, welcher jedoch aufgrund Antifaschistischer Initiativen nach knapp einem Jahr in Lübeck seine Koffer packte und zusammen mit seiner Verlobten, Marina Molt, aufs Land nach Himbergen in Niedersachsen zog.

 

Kurz nachdem Schaal vor einem Jahr von seinem Heimatort Lübz in Mecklenburg-Vorpommern nach Lübeck zog, übernahm er Aufgaben für den NPD-Kreisverband in Lübeck. So stand er namentlich als V.i.S.d.P. für den „Traueraufmarsch“ 2011 und 2012 ein. Zusammen mit seiner aus Lübeck stammenden Verlobten Marina Molt unterstützte er den Aufbau des sogenannten „Nationalen Wiederstand Lübeck“, welche als Nachwuchsorganisation des NPD-Kreisverbandes anzusehen ist. Die Aktionen des „Nationalen Wiederstand Lübeck“ sind eng verbunden mit denen des NPD-Kreisverbandes. Der Höhepunkt seiner sehr kurzen politischen Karriere war die Kandidatur als Bürgermeister am 06.11.2011 in Lübeck. Allerdings gelang es ihm nicht, die 250 Unterstützerunterschriften zu erbetteln, weswegen auch dieser Versuch kläglich scheiterte. Unbeeindruckt von dieser Niederlage versuchte er sich als Direktkandidat zur Landtagswahl am 06.05.2012 für den Wahlkreis Lübeck-Ost aufzustellen, auch hierfür konnte er nicht die erforderlichen Unterstützungsunterschriften nachweisen. Das „Ich will Bürgermeister der Hansestadt Lübeck werden – Opfer“ Ronny Schaal scheint für seine Vorhaben im Kreisverband nicht den Support bekommen zu haben den er gebraucht hätte, um seine Vorhaben umzusetzen. Die mangelnde interne Unterstützung durch den Kreisverbandes wird auch daran erkennbar, dass Nachwuchskader wie Schaal verheizt werden. Am 16.07.2011 [ 5 ] veranstaltete der NPD-Kreisverbandes Segeberg-Neumünster einen Infostand zum Thema: „HaK endlich schließen“. Der Anmelder Daniel Nordhorn, Chef des NPD-Kreisverbandes Segeberg-Neumünster, ließ Schaal, welcher als einziger des NPD-Kreisverbandes HL-OH anwesend war, in zweiter Reihe stehen. Für ihn als Bürgermeisterkandidat der Hansestadt Lübeck gab es nicht mehr zu tun, als sich der Demütigung durch antifaschistische Gegenproteste zu stellen.

 

Lemkes Rückhalt im Kreisverband schwindet

 

Zieht man ein Resümee zu den oben aufgeführten aktiven, wahrzunehmenden Versagern des NPD-Kreisverbandes HL-OH, wundert es einen nicht, dass Lemke im Landeswahlkampf sich genötigt fühlt, für Aktionen wie das Verteilen von NPD-Flugblättern auf Facebook öffentlich zu werben.

 

Seinen Aufruf „Morgen Vormittag Flugblattverteilung. Wer Zeit hat und aus Lübeck kommt, einfach melden!“ folgte nur eine Aktivistin der selbsternannten „Bruderschaft – Die Schwarze Elite Lübeck“. Dabei handelt es sich um Sandra-Manuela Schröder, welche die Lebensgefährtin von Jan Petersen ist, der sich selbst als Chef der „Bruderschaft – Die Schwarze Elite Lübeck“ bezeichnet. Schröder verlor vor einigen Monaten durch antifaschistische Initiativen ihren Arbeitsplatz in der Kneipe „Zur Drehbrücke“ in Lübeck. Die „Bruderschaft – Die Schwarze Elite Lübeck“ besteht aus Neonazis, welche durch Selbstüberschätzung und Saufgelage ohne politische Theorie und Inhalt gezeichnet sind. Die Saufnazis sind alles, was Lemke noch im Stande ist auf die Straße zu holen. Auch beim Neonaziaufmarsch in Lübeck schaffte es Lemke nicht, die Mitglieder des örtlichen Kreisverbandes sowie den „Nationalen Wiederstand Lübeck“ für den „Traueraufmarsch“ zu mobilisieren. Die positive Entwicklung aus Sicht der antifaschistischen Bewegung scheint sich bis zum heutigen Tag fortzusetzen.

 

NPD-Kreisverband HL-OH vs. Verfassungsschutz

 

Der Bruch zwischen NPD- Zusammenschlüssen und den Freien Kräften scheint sich weiter fortzusetzen. Der „Nationale Wiederstand Lübeck“, welcher im vergangenen Jahr noch rege mit dem Kreisverband zusammenarbeitete, scheint sich von der Partei zu entfernen. Vor einem Jahr fuhr man noch gemeinsam zu Demonstrationen, veranstaltete Infotische wie zum Beispiel am 23.07. auf Fehmarn zum Thema „Nein – zum Bau der Fehlmarn-Belt-Querung“ oder publizierte NPD-Texte des örtlichen Kreisverbandes. Am 07.04 gab der „Nationale Widerstand“ bekannt, sich neu in einem „Aktionsbündnis Lübeck/Stormarn“ zusammengefunden zu haben. Seither ist ihre Internetseite offline, die Inhalte aus der vergangenen Zeit nicht mehr einsehbar. Schaut Mensch sich die Seite des „Aktionsbündnis Lübeck/Stormarn“ an stellt man fest, dass dort zum Wahlboykott aufgerufen wird. Man ist also nicht mehr auf einer Line mit der NPD.

 

Zeitgleich nach Auflösung des „Nationalen Wiederstandes Lübeck“ und der „Autonomen Nationalen Sozialisten Stormarn“ gründete sich ein noch anonymer Zusammenschluss, welcher sich als „National Sozialistische Störungsgruppe Holstein“ ausgibt. Der Zusammenschluss gibt an, aus „jungen Aktivisten“ zu bestehen, welche sich zur Aufgabe gemacht haben, „Personen unschädlich zu machen“, die versuchen, der Nationalsozialistischen Bewegung zu schaden. In Ihrem Blog schreiben sie unter anderem:

„Die NPD ist Teil des demokratischen Systems. Sie ist ein Teil der Lügenkette, welche wir bekämpfen! Sie (die NPD) möchte mit ihren Parolen die Bürger beruhigen, in Form von „Es gibt ja noch Alternativen … Wenn ich die CDU nicht mehr wählen kann.“ Das ist ihre Aufgabe im demokratischen Deutschland. Wenn die NPD an die „Macht“ kommt wird sich nichts ändern.“

Es kommt aber noch besser, in einem Kommentar auf „Altermedia Deutschland“ wurde am 01.04.2012 der NPD S-H und deren Kreisverbände vorgeworden, einen Verfassungsschutzmitarbeiter Anteil von mehr als 65% zu haben.

 

Weiter heißt es:

(ZITAT ANFANG; Rechtschreibfehler im Original) [ 6 ]

„Und jetzt geht es auch gleich nach Lübeck. Zu den hauptberuflichen „Geheimagenten“ Jörn L..
Und wir gehen gleich wieder aufs Ganze.

 

++ Wir fordern Deinen Rücktritt in jeder politischen Weise! Egal wo und wie! +++

 

Grund:
Grobe Verstöße gegen die nat.soz. Weltanschauung und die Betätigung als V-Mann.

Jörn wir wissen, dass Du nunmehr 10 Jahre, als V-Mann aktiv bist. In dieser Zeit hast Du mehre junge Idealisten verbrannt. Du hast dafür gesorgt, dass Menschen wegen Dir in den Schulden stecken, oder verfolgt worden bzw. werden. Du hast dafür gesorgt, dass nationale Politik keinen fruchtbaren Boden findet.
Und Du hast immer Gerüchte und Lügen verbreitet. Und dazu hast Du noch gegen Leute, die etwas erreichen, wollten (bzw. wollen) Hetze betrieben oder tust es noch.

Wir wissen das. Und wir sind die Rache.

 

  1. Du kennst sicherlich noch Jürgen G., den wir auch kennen. Das sogar persönlich.
    Auch dort hast Du es geschafft einen Menschen zu verbrennen. Du hast dafür gesorgt, dass sich Jürgen G. von uns abwendet. Du hast Unwahrheiten erzählt und seine Arbeit zunichtegemacht.
    Jürgen G. war ein fähiger Mann, der Ideen hatte und auch das Können. Ideen, welche Du aus beruflichen Gründen (Innenministerium) nicht unterstützen konntest.
  2. Dir ist Selbstdarstellung und Dein Ego wichtiger, als politische Entwicklung und Fortschritt.
  3. Auf Dich kamen nie staatliche Repressionen zu. Dir ist nie etwas passiert. Deine Kinder gehen wohl behütet auf eine Schule und Dein Leben ist gut und ausgefüllt.
  4. Du hast immer Kapital, obwohl Du Harz IV beziehst. Du hast einen Pkw, genügend Geld um Deine Projekte zu finanzieren und ganz nebenbei finanzierst Du, die monatlichen Mitgliederbeiträge, von NPD-Mitgliedern aus dem KV-Lübeck.
  5. Warum gab es gegen Dich nie wirkliche Strafanzeigen, nie Verfahren. Warum stiftest Du zu Straftaten an, aber bist dann nie dabei. Warum hast Du es am 28.6.2003 nicht zu Hausbesetzung geschafft. Warum haben die Ordnungsorgane der BRD schon im Vorwege von der Besetzung gewusst.
  6. Die einzigen Menschen die Du in den NPD-KV-Lübeck, sowie den „freien“ Widerstand aufnimmst, sind entweder Alkoholiker, Vollidioten oder absolute Asoziale.
  7. Warum versuchst Du, den Kontakt von jungen Aktivisten, in andere Bundesländer zu verhindern. Also die Vernetzung zu verhindern.
  8. Warum erziehst Du Deine Kinder nicht im nat.soz. Sinne, warum sollen Deine Kinder individuell bestimmen, welchen Lebensweg sie gehen wollen. Ist unser Ziel der Individualismus? Warum waren Deine Kinder, trotz nähe zu Mecklenburg, nie in der HDJ? (So hat der völkische Staat in seiner Erziehungsarbeit neben der körperlichen gerade auf die charakterliche Ausbildung höchsten Wert zu legen. II:2/462)
  9. Warum stellst Du Dich gezielt gegen mediale, wie auch technische Innovation. Findest Du Deine mediale Arbeit gut. Siehe mein-sh oder das Mobilisierungsvideo zu Deinem „Trauermarsch“. Warum muss bei Dir immer alles so aussehen, als wäre es von Laien oder totalen Spinnern gemacht. Warum ist alles, was Du machst, eine Katastrophe?
  10. Warum sind Deine Berichte immer voller nützlicher Information für den Staat? Z.B. woher die Teilnehmer kommen, wie viele, aus welcher Gruppe, vielleicht sogar noch Fotos etc.? Oder, siehe nur Deinen „Trauermarsch“. Du gibst die Autostellplätze der Teilnehmer, via SMS, an die Antifa weiter. Du sorgst dafür, dass es keinen Lautsprecherwagen gibt. Und ungebildete Asoziale sollen als Werbefigur, für den Trauermarsch nach außen stehen. Ronny S. ist als Werbeträger nicht geeignet, das weißt auch Du Jörn! Jörn Du wirst am >>Kampftag gegen die Reaktion<<, am 30. Juni 2012, auf dem Blog weiter behandelt. Nur sehen wir uns dazu verpflichtet, Dich schon im Vorwege unschädlich zumachen. Damit Du keinen weiteren Schaden anrichten kannst. Wir kennen Dein Leben Jörn, wir kennen Deine Geheimnisse und Gelüste. Vielleicht haben wir sogar Zugriff auf Deinem PC, zu Deiner Wohnung, oder sogar zu Deinem Pkw. Vergiss nicht: Wir sind wie der Schatten in der Nacht!“ (ZITAT-ENDE)

 

Was wie Wasser auf unsere Mühlen wirkt, ist dennoch mit Vorsicht zu genießen. Es hat den Anschein, dass es einen klaren Bruch zwischen der NPD und „Freien Kräften“ in Schleswig-Holstein gegeben hat. Wir wissen, dass der Feind unseres Feindes nicht unser Freund werden kann. Die Streitigkeiten innerhalb der Neonaziszene darf nicht bedeuten, dass sich die antifaschistische Bewegung in Lübeck und Umgebung auf den derzeitigen Umständen ausruht. Wir werden genau beobachten, wie sich die Neonaziszene entwickelt und weiterhin ungehindert alle Neonazistrukturen und deren Wurzeln entschlossen bekämpfen.

 

https://luebeck.systemausfall.org/


[1] http://de.indymedia.org/2011/03/302331.shtml

 

[2] http://de.indymedia.org/2011/02/301456.shtml

 

[3] http://logr.org/maulwurf/

Seine Domainadresse (http://maulwurfen.info/) ist auf dem Namen Rudolff Brügmann regestriert.

 

[4] http://de.indymedia.org/2010/08/288168.shtml

 

[5] http://de.indymedia.org/2011/07/311956.shtml

 

[6] http://logr.org/natsozstoerungsgruppeholstein/kommentare/

Neonazistisches Treiben im Kieler Norden

Seit einigen Monaten entwickelt sich der Kieler Norden zu einem Brennpunkt neonazistischer Aktivitäten in Kiel. Nachdem im Jahr 2009 vor allem die Wik, bedingt durch die Ansässigkeit einiger aktiver Nazis aus dem Umfeld der „Aktionsgruppe Kiel“ und deren offenen Bestrebungen, junge Menschen für ihre faschistischen Ansichten zu gewinnen, ein örtlicher Schwerpunkt von Nazipropaganda und -übergriffen war, hat sich diese Entwicklung jetzt weiter nördlich des Kanals verlagert.    
In den Stadtteilen Friedrichsort, Pries und Holtenau tritt seit einiger Zeit eine Gruppe junger Neonazis verstärkt in der Öffentlichkeit auf. Diese orientieren sich am Stil der selbsternannten „autonomen Nationalisten“ und fallen vor allem durch massives verbreiten von faschistischen Aufklebern, Plakaten und Sprühereien auf – jedoch auch durch Übergriffe und Bedrohungen von Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen oder sich gegen die Neonazis wehren. Der jüngste rassistische Angriff ereignete sich in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, als in Friedrichsort ein Bäckereiladen verwüstet und mit Hakenkreuzen beschmiert wurde. Dabei ist ein hoher Sachschaden entstanden und die Betreiberin berichtete zudem auch von anderen Übergriffen auf sie und andere ausländische Geschäftsleute.
 
Nachdem im letzten Jahr immer wieder einzelne unbekannte junge Neonazis bei Aktionen der Kieler NPD und der „Aktionsgruppe Kiel“ dabei waren, stellte sich heraus, dass einige dieser Nachwuchsnazis aus eben jenen Stadtteilen nördlich des Kanals kommen und hier mittlerweile offensichtlich auch Leute aus ihrem privaten Umfeld für ihre verdrehte Weltsicht gewinnen konnten. So scheint es, als wäre mit der Zeit in Friedrichsort eine ganze Clique von etwa 10-15 Jugendlichen zu den Neonazis übergelaufen, von denen wiederum einige in räumlicher Nähe zusammen in der so genannten „Roten Siedlung“ wohnen. Hier wird auch gerne zusammen mit anderen Kieler Neonazis gefeiert, sei es in den Wohnungen der Nazis oder am Friedrichsorter Skagerrakufer, wo es immer wieder zu Belästigungen durch das Grölen von Naziparolen und -liedern kommt.
Einige dieser jungen Nazis sind gerade einmal 15 oder 16 Jahre alt, doch das hält sie nicht davon ab, zusammen mit den Älteren auf Aktionen zu gehen (wie z.B. die Kundgebung der „AG Kiel“ am 8.5.10 am Kieler Hauptbahnhof) oder sich gelegentlich Auseinandersetzungen mit der Polizei in Friedrichsort zu liefern. Ein (mittlerweile gelöschtes) YouTube-Video, in dem schwarz gekleidete und teils vermummte Kieler Neonazis mit Fackeln und Transparenten martialisch posieren, wurde von Pascal N., einem jungen Nazi aus Friedrichsort ins Internet gestellt.
Einige andere dieser angehenden Neonazis wohnen in Holtenau, auch hier sind seit mehreren Monaten verstärkt faschistische Sprühereien und Aufkleber zu sehen.
 
Begünstigt wurde diese Entwicklung durch den scheinbar gezielten Zuzug von aktiven Nazis in diese Stadtteile, wie z.B. Patrick R. (Friedrichsort). Es zeigt sich, dass die aktive Nachwuchsrekrutierung der Neonazis über den subkulturellen und actiongeladenen Habitus der „autonomen Nationalisten“ zumindest teilweise, wenn auch begrenzt, Früchte trägt. Die jungen Nazis aus dem Kieler Norden haben mittlerweile enge Verbindungen zur restlichen Kieler Szene und tauchen immer wieder zusammen mit anderen bekannten Nazis auf, verteilen Flugblätter in der Innenstadt und fahren auf überregionale Nazidemonstrationen (z.B. 5.6.10 Hildesheim, 17.7.10 Hamburg). Sie werden so durch Aktionen und die Konfrontation mit dem politischen Gegner an die Szene gebunden.
Das Bestreben über den Weg einer vermeintlichen Subkultur neue Anhänger_innen zu gewinnen, kann auch an einem weiteren Projekt aus dem Kreis der Nachwuchsnazis beobachtet werden. Mitte Juni 2010 verkündete die „AG Kiel“ auf ihrem Internetblog die Produktion eines Albums namens „Hip-Hop für Deutschland“. Der „Frontmann“ „S.I.N“ hat dafür auf dem Blog als Kostprobe schon einmal einen Text mit dem Titel „Anti-Antifa“ veröffentlicht. Der Text trieft vor Gewaltfantasien und Drohungen und endet mit den Zeilen: „das letzte was ihr hört Frei Sozial National / AntiAntifa zum sterben ein guter Tag“ (sic!). Hinter dem Pseudonym „S.I.N“ steckt Lennard S. aus Friedrichsort, der sich offenbar erst seit kurzem in Nazi-Rap versucht, vorher allerdings schon unter dem Namen „Seven SinZ“ unpolitische Hip-Hop-Stücke im Internet veröffentlichte. Auch er nahm an der Kundgebung der „AG Kiel“ am 8. Mai in der Innenstadt teil.
Die Entwicklung in Friedrichsort und Holtenau wird von der Polizei zwar beobachtet, doch wie zu erwarten beschränkt sich ihr Engagement auch hier lediglich auf das Bemühen um Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. So werden die Nachwuchsnazis zwar ab und zu mit der Polizei konfrontiert, doch dies geschieht nur, wenn der rechte Mob mal wieder zu laut gefeiert hat. Und dabei kam es laut Anwohner_innen auch schon zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen den jungen Nazis und der Polizei.
Es zeigt sich einmal mehr, dass Anti-Nazi-Arbeit sich nicht auf die Verfolgung einzelner Akteure aus der Nazi-Szene beschränken sollte, sondern dass Antifaschismus vor Ort viele Ebenen umfassen muss. Dazu gehört die Aufklärung über rechte Personen und Aktivitäten, das Entfernen von faschistischer Propaganda aus dem Straßenbild, aus Schule und Jugendtreff sowie auch die direkte Gegenwehr für den Fall, dass Neonazis offen auf der Straße auftreten. Einen Anfang machte Friedrichsorter „Runde Tisch gegen rechte Ecken“ Anfang Juli mit einer Straßenputzaktion, bei der mehrere hundert rechte Aufkleber in Friedrichsort entfernt wurden.
Am 22. Januar 2011 planen antifaschistische Gruppen aus Kiel ein Umsonst-Konzert im Jugendzentrum Friedrichsort/Pries mit dem Ziel, den Nazis in Friedrichsort eine lebendige und offene antifaschistische Gegenkultur in Form von Hip-Hop- und Rock-Bands, Informationen und Aufklärung entgegen zu setzen!

Nazi-Veranstaltung im Eckmann-Speicher

(Update 26.4.) Am Abend des 23. April 2010 fand im „Eckmann-Speicher“ am Kieler Hauptbahnhof eine Neonazi-Veranstaltung zum so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ statt, an der zwischen 30 und 50 Neonazis aus Schleswig-Holstein und darüber hinaus teilnahmen. Der „Tag der deutschen Zukunft“ ist eine relativ neue Kampagne von Neonazis aus Norddeutschland, in deren Rahmen letztes Jahr erstmals in Pinneberg aufmarschiert wurde. Dieses Jahr soll der dazugehörige Naziaufmarsch in Hildesheim stattfinden.

Bereits am späten Nachmittag registrierten Kieler Antifaschist_innen Gruppen von Neonazis, die sich in der Innenstadt bewegten und zeitweise Flyer verteilten. Um kurz vor 18 Uhr sammelten sich ca. 20 Neonazis, die optisch allen gängigen Nazispektren und verschiedenen Altersklassen zuzuordnen waren, auf dem Exerzierplatz. Dieser Treffpunkt fungierte als Schleusungspunkt, von dem aus diese zum „Eckmann-Speicher“ weitergeleitet wurden, einem kleinen mietbaren Veranstaltungsort direkt an der Kieler Hörn in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof. Zwischenzeitig mussten die Nazis den Exerzierplatz mit quietschenden Reifen räumen, nachdem dort einige Antifaschist_innen erschienen waren.

Bis 20 Uhr sammelten sich zwischen 30 und 40 Neonazis im und an der Wasserseite vorm „Eckmann-Speicher“. Diese reisten aus ganz Schleswig-Holstein und darüber hinaus an. Neben bekannten Kielern wie dem „AG Kiel“-Nazi Daniel Gericke, waren Neonazis aus Nordfriesland, Lüneburg, Kreis Plön, Kreis Rendsburg-Eckernförde und Neumünster vor Ort.

Die Veranstaltung war eine Infoveranstaltung zum Naziaufmarsch am 05.06.2010 in Hildesheim. Dort wollen Nazis unter dem rassistischen Motto „Tag der deutschen Zukunft, unser Signal gegen Überfremdung“ aufmarschieren. Letztes Jahr fand dieser Naziaufmarsch in Pinneberg statt. Nach außen hin war das Szenario für Unwissende auf den ersten Blick schwer als Nazi-Veranstaltung zu erkennen, zumal das Gebäude ob seiner weiträumigen Umzäunung und kleinen Fenster relativ schwer einsehbar ist und sich nur selten größere Gruppen von Nazis vor dem Gebäude aufhielten. Ab 0.30 Uhr begann sich die Veranstaltung aufzulösen, gegen ca. 2 Uhr verließen die letzten Nazis und ihre Autos den Ort des Geschehens. Weitere Nazi-Aktivitäten im Umfeld der Veranstaltung sind derzeit nicht bekannt.
Als Redner auf der Veranstaltung traten NPD-Ratsherr Gutsche, „AG Kiel“-Kader Daniel Zöllner und der NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke auf. Hauptredner war der bekannte niedersächsiche Nazi Dieter Riefling. Riefling ist ehemaliger Kader der verbotenen Organisation FAP und tritt bundesweit als Redner bei rechten Aufmärschen und Kundgebungen auf.

Unerfreulicherweise konnte die Nazi-Veranstaltung weitestgehend störungsfrei stattfinden, auch wenn durchgehend einige kleinere Gruppen Antifaschist_innen die Veranstaltung im Auge hatten. Größere Aktionen blieben jedoch aus. Den ganzen Abend über war eine recht große Dichte an Polizeistreifen und Zivis im Innenstadtbereich zu beobachten, es kam auch zu Personalienkontrollen. Zudem waren auch polizeiliche Kampfeinheiten einsatzbereit vor Ort.

Wieder einmal hat sich gezeigt, dass NPD und so genannte „autonome Nationalisten“ eng zusammenarbeiten. Dass ein paar Dutzend Neonazis mitten in Kiel eine weitestgehend störungsfreie Veranstaltung durchführen konnten, ist selbstredend nicht hinnehmbar, auch wenn die Nazis im Internet alleine diese Tatsache schon als „vollen Erfolg“ bezeichnen. Um einer Wiederholung eines solchen Ereignisses vorzubeugen, werden wieder entsprechend verstärkte antifaschistische Maßnahmen von Nöten sein.

Datei:DieterRiefling.jpg

 

Dieter Riefling

Prozess gegen Nico Seifert in Neumünster endet mit Verurteilung

Ein Vorfall, der sich vor mittlerweile knapp 2 Jahre zugetragen hat, beschäftigte am Donnerstag, den 18.2., das Amtsgericht in Neumünster. Vor Gericht stand der aus Neumünster-Einfeld kommende Neonazi Nico Seifert (22), dem vorgeworfen wurde, am 12.6.2008 in Kiel zusammen mit einer Gruppe Neonazis eine kleine Gruppe antifaschistischer DemonstrantInnen angegriffen zu haben.

Am 12.6.2008 fand die konstituierende Ratssitzung im Kieler Rathaus statt, in das nach der Kommunalwahl am 24. Mai 08 erstmals auch die NPD in Person ihres Spitzenkandidaten Hermann Gutsche eingezogen war. Dies nahm die NPD zum Anlass eine Kundgebung auf dem Rathausplatz anzumelden. Zu dieser Kundgebung erschienen lediglich 7 Nazis, darunter auch der bundesweit bekannte Neonazi Thomas Wulff. Der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel sowie die Autonome Antifa-Koordination Kiel riefen zu Gegenaktivitäten auf, denen etwa 200 AntifaschistInnen folgten.

 

Neben der durchgehend fortgesetzten Kundgebung des Runden Tisch bewegten sich parallel verschiedene Gruppen von AntifaschistInnen rund ums Rathaus. Hierbei kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung mit den selbsternannten „autonomen Nationalisten“ aus Kiel und Neumünster: 11 Nazis, unter ihnen Peter Borchert und Thomas Krüger aus Kiel, griffen in der Waisenhofstraße hinter dem Rathaus eine kleinere Gruppe AntifaschistInnen an, wobei ein Mensch so verletzt wurde, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Immerhin soll ein Teil der Nazis bei ihrem Fluchtversuch dank eines antifaschistischen Gegenangriffs einige Meter weiter auch nicht gänzlich unbescholten davon gekommen sein. Die in Sichtweite anwesende Polizei schien damit überfordert, AntifaschistInnen und Nazis auseinander zuhalten und reagierte dementsprechend konzeptlos, konnte aber Seifert und einen anderen Neonazi beim Eintreten auf einen am Boden liegenden Gegendemonstranten festnehmen. Erst nach einiger Zeit gelang es ihr die insgesamt 11 Nazis festzusetzen. Während die festgenommenen Nazis abtransportiert wurden, hat die Polizei etwa 30 AntifaschistInnen, die sich mittlerweile aus Solidarität mit dem verletzten Genossen eingefunden hatten, eingekesselt und etwas später in Gewahrsam genommen. Auf der Wache wurden dann AntifaschistInnen von der Polizei absichtlich immer wieder zu den Nazis in die Zelle gebracht, was in einem Fall auch dazu führte, dass ein Punk über längere Zeit in der Zelle zusammen mit Peter Borchert und den festgenommenen Nazis saß und von diesen eingeschüchtert werden konnte.

 

Zwei der an diesem Tag festgenommenen Nazis sind wegen Körperverletzung an dem verletzten Gegendemonstranten angeklagt worden. In dem ersten nun stattgefundenen Prozess wurde Nico Seifert zu 60 Arbeitsstunden und einer Geldstrafe von 400 Euro nach Jugenstrafrecht verurteilt. Da er bei dem Angriff noch unter 21 war, wurde der Prozess vor dem Jugendgericht Neumünster verhandelt. Verteidiger von Seifert war der bekannte Szeneanwalt und NPD-Mitglied Christian Bangert.

 

Da es eigentlich ein öffentlicher Prozess sein sollte, wollten einige FreundInnen und UnterstützerInnen den Geschädigten vor Gericht unterstützen, was ihnen aber verwehrt wurde, da die Richterin offensichtlich relativ spontan beschlossen hatte, die Öffentlichkeit vom Prozess auszuschließen. Die Polizei war in der Stadt massiv präsent und begleitete die angereisten UnterstützerInnen den ganzen Tag in Sichtweite. Der Prozess selber dauerte dann jedoch nur eine gute Stunde und endete in der besagten Verurteilung Nico Seiferts, der in Begleitung des Neumünsteraner Neonazis Manuel Fiebinger erschien.

Der nächste Prozess in diesem Fall gegen einen Kieler Neonazi wird vorraussichtlich im Sommer 2010 in Kiel stattfinden.

 

Indymedia Artikel vom 12.6.08

Aufruhr um Naziouting im Internet

Am Mittwoch, den 28.10.09, kam es an den Beruflichen Schulen am Königsweg in Kiel zu einem Outing des Neonazi-Aktivisten Svante K., der im Zusammenhang mit Aktionen der NPD und der „Autonomen Nationalisten“ in Schleswig-Holstein auffällig wurde. AntifaschistInnen verteilten Flugblätter an die SchülerInnen, auf denen auch ein Foto abgedruckt ist, welches Svante K. am Rande einer Neonazi-Kundgebung in Lübeck zusammen mit den bekannten Kieler Neonazis Peter Borchert und Daniel Zöllner zeigt. Den Text veröffentlichten die Antifas zusätzlich am selben Tag auf dem Internetportal Indymedia, wodurch die Aktion bekannt wurde. Hier entbrannte seit dem eine hitzige Diskussion – nicht über den Neonazi, sondern über das Outing…


Der Indymedia Artikel: http://de.indymedia.org/2009/10/264371.shtml

 

In der Kommentarleiste des Artikels wurden mehrere Kommentare gepostet, die sich z.B. unter den Namen „königswegschüler“ oder „ich stehe voll hinter s.k.“ mit dem Neonazi solidarisieren. So schreibt der „königswegschüler“: „wen soll das interessieren. das er nazi ist ist nicht bewiesen durch solche fotos. ihr beschuldigt ihn zu unrecht.“ [sic]. Ein weiterer „mitschüler“ schreibt, dass „politisches denken sowieso privatsache“ sei, und in einem anderen Kommentar heißt es: „Auf dem Hetzblatt ist nicht ein Beweis dafür, dass Svante ein Nazi ist, was ich mir auch bei aller Liebe nicht vorstellen kann. Er ist ein wirklich sehr witziger und netter Zeitgenosse, der bestimmt sehr gut mit Kindern umgehen kann. Das Foto, was ihn angeblich zeigt, ist bereits von Anfang 2008 und man sieht dort nichts, was auf einen angeblichen Nazi hindeutet“. Der Eintrag endet mit: „SOLIDARITÄT MIT SVANTE K[…]“.

Um noch mal den vermeintlichen „mitschüler“ zu Wort kommen zu lassen: „ich bin nur ein mitschüler. ich habe übrigens auch im hauptgebäude einen stapel dieser hetzzettel verschwinden lassen. ich stehe voll und ganz solidarisch hinter svante. mir ist es herzlich egal, ob er sich in der rechten szene engagiert hat oder sich dort engagiert. sein politisches denken ist seine privatangelegenheit. die geht niemanden etwas an.“ [sic] Natürlich ist es möglich, dass nur eine Person unter verschiedenen Pseudonymen schreibt, doch die offene Verteidigung des Neonazis und die Leugnung bzw. Verharmlosung seiner Aktivitäten wird dort doch schon sehr eifrig betrieben. Wir können nur hoffen, dass dies nicht der realen Umgehensweise seiner Klasse mit seinem menschenverachtenden Weltbild entspricht.

Doch es wurden unter dem selben Artikel auch Kommentare veröffentlicht, die weitere Details von Svante K.s Naziaktivitäten enthüllen. So konnte anhand seiner E-Mail-Adresse nachgewiesen werden, dass er der Betreiber der Internetseite www.logr.org/ankiel ist (bzw. war…), welche vor der Umbenennung in „Nordflamme“ die Adresse der neonazistischen „Aktionsgruppe Kiel“ war. Die Inhalte von www.logr.org/ankiel bzw. „Nordflamme“ wurden kurze Zeit nach der Veröffentlichung von Svante K.s E-Mail-Adresse gelöscht, ebenso wie sein Eintrag im Forum „soulblog“ und auf der rechten Internetseite „Altermedia“. Auch eine private Internetseite, die er mit dem Satz „Auf diesen Seiten werden Sie alles über die Kieler Nationalisten und ihre Aktionen erfahren“ einleitet und für die er ebenfalls die gleiche E-Mail-Adresse benutzte, wurde nun gelöscht. Hier sollte offensichtlich versucht werden, digitale Spuren zu verwischen. Bei Indymedia gibt es die entsprechenden Screenshots noch zur Dokumentation.

Des weiteren wurden unter dem Artikel mehrere Fotos veröffentlicht, welche Svante K. eindeutig als Mitglied der rechten Szene outen. Neben dem bereits erwähnten Foto, auf welchem er zusammen mit Peter Borchert, Daniel Zöllner und anderen Mitgliedern der rechten Szene aus Kiel und Neumünster hinter einer erbeuteten Antifa-Fahne zu sehen ist, gibt es ein Privatfoto von ihm und dem bekannten Kieler Neonazi Thorsten T.. Zusätzlich gibt es zwei Fotos, welche Svante K. auf einer Neonazikundgebung 2008 in Lübeck zeigen.

 

svante und seine freunde

Trotz der stichhaltigen Beweise wird seit Bekanntwerden des Outings vor gut einer Woche im Internet massiv versucht, Svante K. als Opfer einer „Hetzkampagne“ darzustellen, mit der versucht werde, eine „giftige stimmung“ [sic] gegen ihn an seiner Schule zu verbreiten. In den Kommentaren wird das Outing des aktiven Neonazis dann auch gerne mal mit der erzwungenen Kennzeichnung von Jüdinnen und Juden durch gelbe Sterne im Dritten Reich verglichen. Wir wollen uns mit diesem Artikel nicht den Schuh für das Outing von Svante K. anziehen, doch wir halten die Aktion für gerechtfertigt, da hier Informationen über einen bekennenden Kieler Neonazi der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Svante K. gehört zur lokalen Naziszene um die „Aktionsgruppe Kiel“ und NPD, er trifft sich mit bekannten Neonazis und er nimmt an Kundgebungen und Aufmärschen der rechten Szene teil.

Um es mit Worten zu sagen, die wir schon einmal benutzt haben: Spätestens als Konsequenz vor allem aus der deutschen Geschichte, bedeutet Antifaschismus neben der Aufklärung über die Ursprünge, Erscheinungsformen und Gefahr faschistischer Ideologie auch immer direkte und frühzeitige Gegenwehr gegen erklärte AnhängerInnen dieser Ideologie. Erst recht, wenn von ihnen öffentliche und politische Aktivität und damit eine unmittelbare Gefahr für alle sich im Widerspruch zu ihnen befindlichen Menschen ausgeht. Es liegt also im Selbstverständnis von AntifaschistInnen begründet, dass sie Neonazis und anderen FaschistInnen durch unterschiedliche Formen der Intervention regelmäßig ihr politisches Leben erschweren. Neben der ohnehin schon dem Faschismus innewohnenden Aggressivität gegen alle Menschen, die nach ihrem nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Weltbild weniger wert sein sollen als andere oder solche, die sich in politischer Opposition zu ihnen befinden, rufen vor allem in ihrem Anliegen erfolgreiche antifaschistische Aktionen immer wieder Reaktionen von Seiten der Neonazis und FaschistInnen hervor.


Nazi sein heißt Probleme kriegen!

Naziouting an den „Beruflichen Schulen am Königsweg“ in Kiel

Heute Morgen fand vor den „Beruflichen Schulen am Königsweg“ in Kiel ein Naziouting statt. Seit Anfang dieses Schuljahres besucht hier der bekannte Kieler Neonazi Svante Kürschner die Klasse der Sozialpädagogischen AssistentInnen. Folgender Text wurde verteilt:
(Quelle: http://de.indymedia.org/2009/10/264371.shtml)
Nazis aus der Anonymität holen: Svante Kürschner outen!
Wie Ihr vielleicht schon gehört habt, befindet sich seit diesem Schuljahr in der BFPU2 (Unterstufe der „Sozialpädagogischen AssistentInnen“) mit Svante Kürschner ein Neonazi an den „Beruflichen Schulen am Königsweg“. In seiner Klasse nimmt er den Posten des stellvertretenden Klassensprechers ein.
Svante Kürschner bewegt sich seit Jahren in der organisierten rechten Szene. Dort bewegt er sich zum einen in der NPD, steht aber auch in Verbindung mit der Jugendorganisation der DVU „Junge Rechte“. Hier wurde er am 5. Juli 2009 auf deren Gründungstreffen zum stellvertretenden Vorsitzenden aufgestellt. Zum anderen ist Svante Kürschner in der Szene der „Freien Kameradschaften“ bzw. “Autonomen Nationalisten“ aktiv, welche nicht mehr im Style der althergebrachten Stiefelnazis daherkommen, sondern sich bewusst neutral und modern geben. Dies erleichtert ihnen das politische Handeln fernab von klassischen Nazi-Klischees, da sie auf dem ersten Blick oft nicht mehr als Nazis wahrgenommen werden können. Dies äußert sich auch im Aufgreifen von aktuellen politischen Themen wie z.B. Hartz4, Kindesmissbrauch oder ihre vermeintliche Gesellschaftskritik.
Trotz alledem hat sich nichts an ihren Aktionsformen geändert: So wird auch und vor allem hier ein so genannter „Kampf um die Straße“ propagiert, wobei Gewalttätigkeit ihr politisches Mittel bleibt. Diese Gewalttätigkeit äußert sich insbesondere in Übergriffen und Einschüchterungsversuchen gegenüber allen Menschen, die nicht in ihr neonazistisches Weltbild passen, z.B. Migrant/innen, Homosexuelle oder Nazigegner/innen.
Svante Kürschner würde mit dem Abschluss der Ausbildung zum „Sozialpädagogischen Assistenten“ trotz seines menschenverachtenden Weltbildes die Lizenz bekommen, jederzeit im sozialen Bereich mit Kindern arbeiten können, die nicht selten einen Migrationshintergrund oder eine geistige und/oder körperliche Beeinträchtigung haben. Dies ist für uns eine unerträgliche Vorstellung, würden diese immerhin einer Person ausgesetzt, dessen Menschenbild sie als minderwertig herabwürdigt. Dieselbe Ideologie ist letztlich verantwortlich gewesen für die vielen Millionen Todesopfer Nazideutschlands.
Es liegt an Euch, ob ihm dies ermöglicht wird! Lasst nicht zu, dass Svante Kürschner sein menschenverachtendes Weltbild im Schutz seiner Anonymität im Unterricht und auf dem Pausenhof verbreitet. Entlarvt seine rassistische, antisemitische und nationalistische Kackscheiße und lasst sie nicht unkommentiert stehen. Nehmt ihn als das wahr, was er ist: Als einen Neonazi!
Es ist kein geeigneter Umgang mit Nazis, sie unter dem Vorwand des vermeintlichen „Integrieren-Wollens“ vor der Isolation in der Klasse bzw. der Schule zu schützen. Jede/r ist für ihr/sein Verhalten selbst verantwortlich und es gibt keine Entschuldigung für ein nazistisches Menschenbild, wie Svante Kürschner es vertritt.
Unterstützt Euch gegenseitig und lasst Mitschüler/innen, die gegen den Neonazi Svante Kürschner vorgehen, nicht alleine!
Kein Raum für Nazis. Nicht an der Schule. Nirgendwo!