500 Demonstrant*innen gegen Antisemitismus in Heikendorf

Etwa 500 Teilnehmer*innen unterschiedlicher politischer Hintergründe demonstrierten am Sonntagnachmittag (05.09.2021) nach den antisemitischen Vorfällen in Heikendorf ihre Solidarität mit der betroffenen Jüdin. Die Heikendorferin wurde von ihrem Vermieter verklagt, weil sie an ihrer Tür einen Davidstern als Festdekoration angebracht hatte, schlussendlich gekündigt und aus der Nachbarschaft angefeindet. Als sie im Dorf nach Unterstützung suchte, wurde sie vielfach im Stich gelassen. Schon vor einem Jahr wurden verschiedene rechte Umtriebe in der Gemeinde bekannt, die zu antifaschistischen Protesten führten.

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[RD] Mahnwachentreffen in Schleswig-Holstein – Ein Reisebericht

[Von linksunten.indymedia.org] 1. November 2014: Da denkt mensch, der Halloween-Grusel sei vorbei, doch die wahre Horror-Show sollte erst noch beginnen! Gut gelaunt, bei schönem Herbstwetter und mit jeder Menge veganem Essen beladen, machten wir uns gegen Mittag von Kiel aus mit dem Bus auf den Weg nach Rendsburg. Dort wollten sich Montags-Mahnwachen aus Schleswig-Holstein und Hamburg zur Abwechslung mal an einem Samstag treffen.

Wir waren gespannt darauf, zu welchen Ausfällen ein Treffen der norddeutschen Mahnwachen, angereichert mit reaktionären Selbstdarstellern wie Wojna und Frank Poschau, führen würde. Neben den üblichen irrationalen gedanklichen Auswüchsen wie Chemtrails und Flourid-Phobie gab es Bekanntes zum Thema „Zinskritik“ und natürlich auch das leidige Gejammer über die vermeintlich fehlende Souveränität der BRD.

Da auch diesmal wieder zu befürchten war, dass unter dem Lable „Frieden“ jede Menge Anschlussmöglichkeiten zu rechten und menschenfeindlichen Ideen geboten würden, wollten wir dies nicht unkommentiert und undokumentiert lassen und hielten eine antifaschistische Begleitung für angebracht.

Das überregionale Mahnwachentreffen lockte 40-60 Friedensbewegte ins beschauliche Rendsburg. Als Gegenreaktion standen ihnen 15-20 Antifaschist*Innen, bewaffnet mit Transparenten, gegenüber und auch der deutsche Polizeiapparat stand brav bei Fuß, um die Mahnwache vor herbeiphantasierten Attacken zu schützen. Woher die Angst vor Übergriffen entstammt, ist nicht ganz nachvollziehbar: Schließlich gingen alle bisherigen Schubsereien immer von den vorgeblichen Pazifist*Innen aus. Dabei sollte die Vergangenheit gezeigt haben, dass von antifaschistischer Seite außer Zwischenrufen, Transpi halten und ab und an mal einem Flugblättchen nichts zu befürchten ist.

Zu Letzterem konnte es an diesem Tag in Rendsburg jedoch nicht kommen. Die Furcht vor gedruckter Kritik war scheinbar so groß, dass das Verteilen sofort durch Drohungen und Handgreiflichkeiten von Seiten der Mahnwachenden verhindert wurde. Der betroffene Genosse wurde mittels Polizei der Veranstaltung verwiesen, der Schubser durfte jedoch bleiben und wurde mit Kuchen beruhigt.

Kuschelantisemitismus mit anfassen

Das duisburger Rap-Duo, heute nur in Ein-Mann-Besatzung in Form des Front- Antisemiten Wojna vertreten, war eines der angekündigten „Highlights“ der Veranstaltung. Wojna hat sich gut an sein neues Publikum angepasst und machte von vorn herein klar, wohin uns die heutige Reise führen sollte: Von „fetten Amis“, die „mit Burger in der Hand am Joystick sitzen und Drohnen steuern“, geht er nahtlos weiter in den Nahen Osten, nur um dort beleidigt festzustellen, Israel habe aus dem zweiten Weltkrieg nicht gelernt, dass es sich nicht verteidigen darf.

Bei seiner Tingelei von Mahnwache zu Mahnwache, erzählt er in seinem Schunkelsprechgesang mit einstudiertem ZDF Fernsehgarten-Gestus unreflektiert über den Nahostkonflikt und instrumentalisiert an anderer Stelle mal eben die 3000 Toten der Anschläge vom 11. September, um den Umsatz der CD-Verkäufe in die Höhe zu treiben. Erbärmlich! Nur um sicher zu gehen: Wir halten Wojna durchaus für einen Überzeugungstäter, der teilweise tatsächlich glaubt, was er von sich gibt. Das macht es aber keinen Deut besser.

Volksdichter spricht aus, was das Volk sich nicht mehr zu sagen traut?

Schlimmer gehts immer: Übertroffen wurde der Auftritt des Trainee-Truthers noch von der Ansprache des selbsternannten Volksdichters Frank Poschau aus Padenstedt bei Neumünster. Poschau leidet an den Folgen des zweiten Weltkriegs. Aber nicht die nie stattgefundene Entnazifizierung oder die mangelnde kritische Aufarbeitung der Verbrechen des NS-Regimes sind für ihn das Problem, sondern dass er nicht entspannt seinem Bedürfnis nach Nationalismus nachgehen „darf“.

Wenig poetisch echauffiert er sich daher über zu viele Holocaust Mahnmale, die seiner Ansicht nach „seine Heimat“ verschandeln würden, und ihn dazu „zwingen“, sich an die Verbrechen der Deutschen zu erinnern. So verwundert es auch wenig, dass er sich nicht für die ideologischen Kontinuitäten im Post-Faschismus der BRD oder den wieder erstarkenden Antisemitismus interessiert. Er bequemt sich lieber in die Position, „die Juden“ würden noch heute aus den Folgen des Holocausts Profit ziehen.

Auch wenn Poschau es selbst so wahrgenommen haben mag, wir haben ihn nie als Holocaust-Leugner betitelt, aber man muss auch nicht die systematische Tötung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden leugnen, um ein Antisemit zu sein.

Vor Ort räumte die Rendsburger Orga im Anschluss an die Veranstaltung zwar ein, dass er bei brisanten Themen durch seine „unüberlegte Ausdrucksweise“ oftmals daneben haut, seinen Auftritt rechtfertigten sie dennoch. Da man von einem „ungebildeten ostdeutschen Heimkind“ nicht mehr Reflektiertheit erwarten könne: „Sonst dürften ja nur noch Akademiker das Mikrofon in die Hand nehmen“. Ein ekliges Argument, das mehr über die Orga als über Poschau aussagt.

Außerdem versicherte man uns, wenn eine*r der Redner*Innen etwas sagen würde, das unter §130 fallen würde, dann würde auch eingeschritten werden. Bei diesen Friedensfreund*Innen fängt rechtes Gedankengut also frühesten bei Volksverhetzung an.

Nicht nur das Mikrofon war offen…

Nach den beiden Top-Acts durfte noch die Gedankenpolizei hinters Podium treten. Über Kunst lässt sich streiten… immerhin blieb der Kleinkünstler im Gegensatz zu seinen Mitstreiter*Innen beinahe handzahm und wetterte nur diffus gegen „die da oben“. Auf einen eher meditativen Vortrag zum Thema Zinsen, folgten Atemübungen mit einer engagierten Dame, die jedoch nur am Mikrofon so lieb tat. Gleichzeitig wetterte sie auf ihrem Flyer nämlich gegen „Genderwahn“ und die „ideologische Vergewaltigung unserer Kinder“ und machte nebenbei eifrig Werbung für den rechts-esoterischen Kopp-Verlag.

Um der allgemeinen Verplantheit zu entrinnen, wurde der moderne Mythos vom Prinzip des 100. Affen mal wieder aus dem Schrank gekramt. Ein gewagter Versuch ihr Trauerspiel in kollektiven Fortschritt umzudichten. Bei diesem Mythos handelt es sich um ein angebliches Beispiel für das emergente Phänomen der kollektiven Intelligenz, welches sich jedoch lediglich aus falsch wiedergegebenen wissenschaftlichen Beobachtungen zum Lern- und Gruppenverhalten von Tieren zusammensetzt.

An dieser Aufzählung wird vermutlich schon deutlich, wie breit gefächert die Themenpalette der Redebeiträge mal wieder war – von putzig-irrationalen Friedensphantastareien bis hin zu vollkommen unerträglicher Geschichtsumdeutung war alles dabei.

Eure Toleranz kotzt uns an

Es bleibt aber nur auf den ersten Blick heterogen. Auffällig ist, dass trotz aller Zusicherungen und der Vermeidung bestimmter Wörter und Ausdrucksweisen (Rothschild, die Juden, usw.) noch immer selbst der reaktionärste Scheiß toleriert wird… Antisemitismus fängt aber eben nicht erst beim Leugnen des Holocausts an, Rassismus nicht beim Abfackeln von Unterkünften für Geflüchtete und Nationalismus nicht erst beim offenen skandieren von „Deutschland über alles“.

Diese „Bewegung“ gibt vor, für „den Frieden“ zu sein, doch darum geht in den Redebeiträgen höchstens mal im Einleitungssatz. Das dominierendste Thema ist die Hetze gegen Amerika, dicht gefolgt von der Forderung nach „mehr deutscher Souveränität“. Garniert wird all das mit jeder Menge behelfsmäßig als „Kritik“ getarntem Hass auf Israel und ein bisschen Aufregen über „Gendermainstreaming“. Abgeschlagen bleibt ein wenig Platz für all die, die halt mal irgendwas ins Mikrofon sagen möchten. So bleibt die Illusion von Vielfalt erhalten und die reaktionären Auswüchse stehen gleichberechtigt neben allerlei Irrationalem und ein paar Wünschen nach Frieden und Liebe.

Es lässt sich aber leicht absehen in welche Richtung das Ganze geht: Heim ins Reich. Dass an dem Deckmantel der Meinungsvielfalt nicht gekratzt werden soll, zeigt die panische und teils gewalttätige Reaktion auf jede Art von Kritik – und sei es nur das Öffentlichmachen von Screenshots und Zitaten, die nur genau das zeigen, was die Leute selbst von sich geben haben.

Um so wichtiger ist es, diese Zusammenkünfte weiterhin zu beobachten, kritisch zu hinterfragen, über sie aufzuklären und an gegebener Stelle zu intervenieren. Wir werden uns weder durch militantes Abfilmen, noch das Stalking von Genoss*innen oder weitere Gewaltandrohungen abhalten lassen.

Wir bleiben dran! Bis nächsten Montag [lt]3

Gegen euren Frieden!

PS: Meinungsfreiheit ist keine Einbahnstraße. Wer Bullshit redet, muss mit einer Reaktion rechnen! Warten wir nicht auf den 100. Affen und fangen jetzt damit an, uns (rechten) Verschwörungstheoretiker*Innen, Antisemit*Innen, Rassist*Innen, Reichsbürger*Innen und ähnlichem entgegen zu stellen!

Die Farben des Friedens: Schwarz-Weiß-Rot

Wir dokumentieren einen Artikel der enough is enough! zu den reaktionär durchsetzten montäglichen „Friedensmahnwachen“ am Kieler Hauptbahnhof und rufen zur Teilnahme an der antifaschistischen Gegenkundgebung am kommenden Montag, 26.5.2014 ab 18.30 Uhr auf dem Platz der Matrosen auf.


Die Kieler „Mahnwache für den Weltfrieden“ setzt, ganz nach dem Vorbild der Berliner Mahnwache, auf Querfront-Strategien. Reichsbürger sind ebenso willkommen wie Antisemiten und NPD-Anhänger.

Laut wurde es am 19.5. 2014 auf dem Platz der Kieler Matrosen am Hauptbahnhof. Mitorganisator der sogenannten „Kieler Mahnwache für den Weltfrieden“ Sebastian K. rechnete ab mit den Anschuldigungen gegen seine Gruppe. Antisemitismus wurde ihnen vorgeworfen, der Kieler Politiker Gösta Beutin (DIE LINKE) hatte recherchiert, was einige der Teilnehmer im Internet so von sich gaben. Unter anderem wurden dort Juden zum „angeblichen Opfervolk“, das einen „Rassenkampf gegen die Germanische Rasse“ führen würde.
Man habe Beutin angezeigt wegen seiner Zitate, so K.

K., der einen Kieler Friseur-Salon führt, stellte einige aus dem Kreis der Organisator_innen vor um anzuführen, dass niemand hier rechts sein könne. Seine ausländischen und zum Teil schwulen Angestellten müssten ja mehr als genug Beweis dafür sein, ebenso die malayische Herkunft eines Mitorganisators.


Mitorganisator der „Kieler Mahnwache für den Weltfrieden“ Sebastian K.

Das alles hält K., der bei Facebook unter dem Pseudonym „Frau Hoffmann“ auftritt, nicht davon ab, Beiträge auf der Gruppen-Seite zu liken und unkritisiert stehen zu lassen, die von bekennenden Reichsbürgern kommen.
So postete Thomas Kr., dessen Profilbild Deutschland in den Grenzen von 1917 und in den Farben Schwarz-Weiß-Rot zeigt, diverse Statements über die Wiedereinführung des Deutschen Reiches, da seiner Meinung nach die Bundesrepublik Deutschland kein legitimer Staat sei. Argumentiert wurde nach bester Reichsbürger-Tradition, es gäbe nur ein Grundgesetz und keine Verfassung, Deutschland sei nach wie vor ein besetzter, nicht souveräner Staat und deswegen nicht anzuerkennen.

In die gleiche Kerbe schlägt Markus T., der zugleich auch noch Werbung für diverse Reichsbürger- und Truther-Seiten im Internet macht. Auch bei ihm ist schon auf den ersten Blick anhand des Facebook-Profils seine politische Ausrichtung zu erkennen.

Wenn man den Organisator_innen hier vielleicht noch Unwissen und Naivität zu Gute halten könnte, so gibt es seit einigen Tagen auch ein weiteres Mitglied der Facebook-Gruppe: „Heinz Ketschapp“ nennt sich der Mann, der schon einige Statements und Videos in die Gruppe postete, die allesamt von Sebastian K. geliked und zum Teil auch wohlwollend kommentiert wurden.

Nur auf das Profil von „Heinz Ketschapp“ ist er wohl noch nicht gegangen, denn auf diesem zeigt sich schnell die politische Ausrichtung: befreundet ist „Ketschapp“ mit Jens Pühse, Mitglied des Bundesvorstands der NPD, mit Jürgen Gansel, Abgeordnetem der NPD im sächsischem Landtag, und mit Udo Voigt, dem ehemaligen Bundesvorsitzenden der NPD.

Überraschend kommt dies alles nicht, schliesslich ruft die Gruppe eindeutig mit dem Hinweis auf, dass jeder willkommen sei – so lange man sich für den Frieden einsetzen wolle. Nur verlieren alle Distanzierungen ihren Wert, wenn man zwar auf den Mahnwachen wutschnaubend jegliche Verbindungen zu Neonazis und Antisemiten leugnet, jedoch nur zwei Klicks im Internet zeigen, dass es diese Verbindungen nicht nur gibt, sondern diese Kontakte auch noch völlig unkritisch hingenommen werden.


„Scheiss Linke“ ruft dieser Teilnehmer der Mahnwache den Gegendemonstranten entgegen.

Dies zeigt, dass die Proteste von Antifaschist_innen gegen die wöchentliche Mahnwache nicht nur richtig und wichtig sind, sondern auch in Zukunft stattfinden sollten.

www.enoughisenough.eu

Anschlag auf Pinneberger Synagoge am Jahrestag der Reichspogromnacht

In der Nacht vom 9. zum 10. November 2013 – am 75. Jahrestag der antisemischen Novemberpogrome in Nazi-Deutschland – wurden an der Synagoge in Pinneberg im Eingangsbereich Fensterscheiben eingeschlagen. „Das ist kein antisemititscher Übergriff, wie wir ihn leider immer wieder erdulden müssen, das ist zum 75. Jahrestag der Reichs-Pogromnacht ein gezielter Anschlag, der uns sagen soll, wir sind noch da, wir können es immer noch – euch Juden vernichten.“ (Wolfgang Seibert, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg)

In den Reichspogromnächten vor 75 Jahren kam es zu einer bis dahin ungekannten nationalsozialistischen Gewaltorgie gegen jüdische Einrichtungen, Wohnungen, Geschäfte, Friedhöfe sowie Leib und Leben von Juden und Jüdinnen, die eine neue Etappe auf dem Weg zur völkisch-rassistischen Vernichtungsindustrie von Auschwitz einleitete. Wenn in Deutschland noch heute AntisemitInnen mit offensichtlichem Bezug hierauf in Aktion treten und Anschläge auf Orte jüdischen Lebens begehen, ist es die historische Pflicht aller Antifaschist_innen, sich solidarisch an die Seite der Betroffenen zu stellen und den TäterInnen deutlich zu signalisieren: Ihr werdet nicht durchkommen!

Am Freitag, 15.11.2013 wird es in Pinneberg (18 Uhr Bahnhof) in diesem Sinne eine Demonstration unter dem Motto „Solidarität mit der jüdischen Gemeinde und allen anderen Betroffenen rechter Gewalt“ geben. Die Jüdische Gemeinde Pinneberg wurde auch schon in der Vergangenheit wiederholt Ziel antisemitischer Bedrohungen und Angriffe.


Berichte:

Antifa Pinneberg | FSK | Hamburger Abendblatt | Erklärung DIE LINKE Pinneberg

Jüdisches Denkmal in Kiel beschmiert

Am 5.Juni machten sich einige Antifaschist_innen auf den Weg ein Denkmal am Schrevenpark zu reinigen, das vor einigen Tagen vermutlich von Nazis mit roter Farbe beschmiert wurde. Das Denkmal erinnert an die Synagoge am Schrevenpark, welche durch die Nazis in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. No­vember 1938 zerstört wurde. Nur das 1989 errichtete Denkmal erinnert noch an sie.

Am Denkmal angekommen stellten die Antifaschist_innen jedoch mit Freude fest, dass das Denkmal schon gereinigt wurde. Es wurde noch ein Schriftzug („JUDAS“) der mit Kreide gemalt wurde entdeckt und entfernt. Wichtig ist es auch in Zukunft Denkmäler und Gedenkstätten im Auge zu behalten um Schändungen vorzubeugen oder zu entfernen.

 

denkmal