Etwa 200 Antifaschist:innen versammelten sich am frühen Donnerstagabend (22.02.2024) in der Ringstraße 54 zu einer Kundgebung unter dem Motto „Gegen die Zugpferde des Rechtsrucks vorgehen – Nazi-Heilpraktiker Henning Pless aus der Deckung holen!“. In dem dort ansässigen Gebäude betrieb der zuletzt als Teilnehmer der rassistischen Deportationskonferenz von Potsdam geoutete langjährige Netzwerker des völkischen Neonazismus Henning Pless in den vergangenen Jahren eine renommierte Heilpraxis.
„Antifaschistische Ortsbegehung bestätigt: Nazi-Heilpraktiker Pless hat Ringstraße verlassen“ weiterlesenAlle zusammen gegen den Faschismus – 6000 Kieler*innen ziehen zur Praxis von Nazi-Heilpraktiker Pless
Bis zu 6000 Teilnehmer*innen zählte die Demo „Rassistische Deportationsstrategen zur Rechenschaft ziehen: Nazi-Heilpraktiker Pless aus der Deckung holen!“ am Freitagabend (19.01.2024) in der Kieler Innenstadt, zu der antifaschistische Gruppen aufgerufen hatten. Die Demo zog von der Filiale der Burgerkette „Hans im Glück“ am Berliner Platz, über die AfD-Landeszentrale am Walkerdamm und den Sitz der CDU am Hauptbahnhof zur Praxis des Neonazis Henning Pless in der Ringstraße. Der im Berufsleben unscheinbar agierende Heilpraktiker war vor einer Woche vom Recherche Portal CORRECTIV als Teilnehmer der rassistischen Potsdamer Deportationskonferenz einflussreicher Faschist*innen geoutet worden und ist Antifaschist*innen u.a. als ehemaliger Vorsitzender der mittlerweile verbotenen „Heimattreuen Jugend“ bekannt. Dessen politische Hintergründe in die Öffentlichkeit zu tragen stellte einen zentralen Fokus der Demo dar. Zudem standen auch die weniger geheimen Remigrationspläne der Ampelregierung in Form von GEAS-Abkommen und „Rückführungsverbesserungsgesetz“ in der Kritik.
„Alle zusammen gegen den Faschismus – 6000 Kieler*innen ziehen zur Praxis von Nazi-Heilpraktiker Pless“ weiterlesenAn die Substanz presents: Rechte Infrastruktur in Neumünster – Mark Prochs Kneipen
Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia Linksunten:
Bei der Wahl des Oberbürgermeisters von Neumünster gaben nur 2,6% der Wähler_Innen dem NPD-Kandidaten Mark Michael Proch ihre Stimme, selbst in der extrem rechten Szene der Stadt an der Schwale ist Proch alles andere als unumstritten – zu den Wahlkampfveranstaltungen musste er sogar Kräfte aus Nordfriesland, Ostholstein und Hamburg mobilisieren, um nicht alleine dazustehen. Angesichts von Prochs gewaltverherrlichenden und menschenverachtenden Äußerungen sowie seiner sonstigen Ausfälle haben einige seiner Mitmenschen die Zusammenarbeit mit ihm eingestellt, so reagierte auch sein damaliger beruflicher Auftraggeber mit Kündigung der Verträge. Nichtsdestotrotz kann sich Proch neben seinem Freundeskreis auf eine Infrastruktur verlassen, die ihm den Rücken stärkt – und die wir als Ergänzung zur Kampagne „An die Substanz“ aufdecken wollen.
Folge 2: Prochs Kneipen
Die Nazi-Kneipe „Titanic“ von Horst Micheel und Pascal Micheel wurde schon des öfteren vorgestellt. Weniger bekannt sind der antifaschistischen Öffentlichkeit „Unsere kleine Kneipe“ sowie der „Party-Time-Club-NMS“, die jeweils (anders als die Titanic, die trotz einiger Meinungsverschiedenheiten strukturell eng mit dem NPD Kreisverband verstrickt ist und bleibt) keine explizit extrem rechten Gaststätten darstellen und daher auch kaum von Linken wahrgenommen werden, dadurch aber Nazis wie Mark Proch die Möglichkeit bieten, ungestört zu feiern, Kontakte zu knüpfen, Freundschaften zu pflegen… und ganz nebenbei politisch zu agitieren. Dass die NPD diese Strategie fest im Blick hat, zeigt, dass bereits vor einigen Jahren der Posten „Kontakt zu den Freien Kräften“ im Kreisverband Segeberg-Neumünster mit Horst Micheel, dem Wirt der Titanic, und Michael Denz, der teilweise im „Club 88“ hinter dem Tresen stand, besetzt waren.
„Unsere kleine Kneipe“
Zunächst fiel der private Partykeller der Verlobten Gunnar Rix und Monika Bruhn nur dadurch auf, dass es Überschneidungen zur Kundschaft der Titanic gab (so stand anfangs in der „kleinen Kneipe“ oft Thorsten Lensch hinter dem Tresen, der in der Broschüre „Braune Fallen“ als Mitadministrator der inzwischen gelöschten Facebook-Gruppe der Titanic angeführt wird).
Titanic-Wirt Horst Micheel, dem die Popularität der Konkurrenz wohl schon auf die Nerven ging, erinnerte in einem schon fast verzweifelten Tonfall auf der von Gunnar Rix betriebenen Facebook-Seite daran, dass auch in seiner Kneipe Bier verkauft werde. Gunnars Rix Freundesliste auf Facebook umfasst inzwischen Neumünsteraner Nazis wie die Micheels, Wolfgang Endler, Rene Martens, Timo Bauhuber, Björn Callsen, Florian Boysen und Birger Clausen. NPD-„Ratsherr“ Mark Michael Proch und Sonja Proch sind Stammgäste, Sonja stand aber auch schon hinter dem Tresen der Kneipe. Zu vermuten ist, dass Horst Micheel, der sich im Clinch mit dem Kreisvorstand der extrem rechten Partei befand und seine Lokalität nicht mehr für NPD-Veranstaltungen zur Verfügung stellte, auch deshalb wieder davon abgerückt ist, weil die „kleine Kneipe“ der Titanic den Rang abzulaufen drohte. Fakt ist zumindest, dass die NPD sich am 20. September zur „Landesversammlung“ in der Kneipe in der Wippendorfstraße traf. Mit dabei war auch der stellvertrende Parteivorsitzende Stefan Köster, der 2004 auf eine am Boden liegende Antifaschistin eingetreten hatte und daher wegen „wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung“ verurteilt wurde. Fakt ist aber auch, dass Gunnar Rix und Monika Bruhn nicht nur den Nazis mit ihrer „Kneipe“ eine Ausweichmöglichkeit bieten, sondern sich auch selbst am 14.11.2015 am gescheiterten Aufmarschversuch der rassistischen Gruppe „Neumünster wehrt sich“ beteiligten und gegen Flüchtlinge hetzten.
„Party-Time-Club-NMS“
Recht unauffällig kommt der von Alexandra Schroeter betriebene Clubraum „Party-Time“ daher, der in der Wrangelstraße 34 im gleichen Gebäudekomplex wie die Nazi-Kampfsportschule „Athletik-Klub-Ultra“ um Tim Bartling und die Brüder Frank und Stefan Rickmann untergebracht ist. „Wir sind eine lustige Truppe die sich einen Party/Clubraum zugelegt hat.Wir veranstalten verschiedene kleine Events und Feiern und freuen uns immer über nette,neue Gäste.“ heißt es in der Gruppenbeschreibung. Die Betreiberin, die außer der üblichen Mordaufrufe gegen Pädosexuelle kaum politische Inhalte postet, aber mit Gunnar Rix und Monika Bruhn befreundet ist, freut sich anscheinend auch dann über Gäste, wenn diese ein menschenverachtendes Weltbild und eine stramme Naziideologie mitbringen. Neben Mark Michael Proch, der neben der Hetze gegen refugees im Alkoholkonsum und Partyleben ein zweites Hobby gefunden zu haben scheint, ist hier vor allem Andre Juditzki zu nennen. Juditzki, der wie Proch, Rix und Bruhn an der Rassist_Innen-Demonstration am 14.11.2015 teilnahm, fiel vorher besonders durch seine menschenverachtenden, aber orthographisch wenig überzeugenden Kommentare im Internet auf: Am 04. Juli wünschte er anlässlich eines tödlichen Badeunfalls eines Flüchtlings, dieses Schicksal möge alle ereilen („Sie müssen alle auf see“), am 10. Juli postete ein Kamerad auf Juditzkis Facebook-Seite zu einem Artikel über die überfüllte Erstaufnahmeeinrichtung in Neumünster: „Wirft eine Handgranate rein und schon ein paar weniger“. Am 20. Juli betonte er, stolz darauf zu sein, als „NAZI“ bezeichnet zu werden, am 28. August hetzte er gegen „Abgeficktes ausländer pack“.
Nota bene: Kein gutes Licht auf Manfred Riemkes organisatorische Fähigkeiten wirft die Tatsache, dass er trotz dieser breiten Infrastruktur, auf die sich Nazis in Neumünster verlassen können, nicht in der Lage war, eine Kneipe zu finden, in der sich sein inzwischen schon wieder aufgelöster „Bund für Deutschland“ treffen konnte.
Über die Kampagne „An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben“:
Verschiedene antifaschistische Gruppen rufen im Rahmen dieser Kampagne dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. Aktuelle Informationen zu der Kampagne gibt es regelmäßig auf dem Blog andiesubstanz.noblogs.org. Dort gibt es auch eine Übersicht über rechte Geschäftswelten in Kiel, Plön und Neumünster.
Kiel: Kundgebung gegen Neonazi-Pless und Repression
Ein paar Monate war es schon wieder her, seitdem sich Kieler AntifaschistInnen der Geschäfte des Heilpraktikers und Neonazis Henning Pless widmeten und der unscheinbaren Praxis in der Kieler Innenstadt einen Besuch abstatteten. Nach einer kleinen Kundgebungs-Offensive gegen Pless im Juni dieses Jahres verstärkte sich der Fokus antifaschistischer Gruppen in den vergangenen Wochen u.a. auf die Geschehnisse in Syrien und im Irak, auf die notwendige Solidarität mit dem Überlebenskampf der Menschen in Rojava/Kurdistan.
Nachdem zwei AktivistInnen, denen im Zuge einer antifaschistischen Aktion bei Henning Pless Hausfriedensbruch vorgeworfen wird, am 4.10.2014 schließlich im Anschluss an eine Demonstration in Solidarität mit der kurdischen Stadt Kobanê aus einer Pizzeria heraus von bewaffneten Polizist_innen gekidnappt und zur Entwendung von Fingerabdrücken und einer unfreiwilligen Fotosession auf die Wache des Staatsschutzes in der Hopfenstraße verschleppt wurden, war es mal wieder Zeit für einen Besuch beim Neonazi Pless.
So versammelten sich am 6.11.2014 etwa 40 AntifaschistInnen am späten Nachmittag vor dem Eingang des Hauses im Kleinen Kuhberg, in dem die Heilpraxis von Pless sitzt, und hielten eine Kundgebung ab, um über die Repression seitens der Polizei im Zusammenhang mit der antifaschistischen Kampagne „An die Substanz!“ zu berichten und, abermals, die PassantInnen und AnwohnerInnen über das Treiben von Henning Pless aufzuklären. Während der einstündigen Aktion wurden zwei Redebeiträge zu den Hintergründen des Auflaufs gehalten, Transparente gezeigt und Musik gespielt. Das Verteilen von Flugblättern wurde von der Polizei im Laufe der Veranstaltung untersagt, da sie die Existenz der darauf ausgewiesenen presserechtlich Verantwortlichen bestritten. Gegen den Anmelder der Kundgebung drohten sie deshalb eine Anzeige an. Dass diese juristisch nicht haltbar ist wurde bereits bei einem sehr ähnlichen Ordnungswidrigkeitsverfahren im Zusammenhang mit einer Tanzdemo u.a. gegen Pless vor knapp einem Jahr nachgewiesen. Die Anweisung an die Polizei, abermals gegen antifaschistische Interventionen gegen das Heilcentrum mit absurden Repressionsmaßnahmen vorzugehen, erfolgte durch einen Fotografen, den Henning Pless offenbar eigens zur Überwachung der Kundgebung am Rande abgestellt hatte. Pless selbst zeigte sich nicht, sein ausführendes Organ fiel jedoch durch penetrantes Abfotografieren von Kundgebungsteilnehmer_innen auf und verzog sich, nachdem er wiederholt der Veranstaltung verwiesen wurde, in die Heilpraxis. Von hier versuchte er seinen Auftrag fortzuführen. Die erneute Fahndung der Polizei nach Redner_innen der Kundgebung verlief diesmal erfolglos. Bezeichnenderweise war einer der Anlässe der Kundgebung, dass derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen einen vormaligen Kundgebungsredner wegen vermeintlicher Beleidigung läuft.
Die Geschehnisse im Umfeld der Aktion bestätigten abermals den Anlass der Kundgebung. Da Henning Pless offensichtlich nach wie vor versucht, sein Image krampfhaft von seinen nachweislichen Neonazi-Aktivitäten reinzuhalten und mit tatkräftiger Unterstützung der Kieler Polizei auf unterschiedlichen Ebenen gegen Kieler Antifas vorgeht, wird es sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass er antifaschistischen Hausbesuch bekommen hat.
In diesem Sinne: Nazi sein heißt Probleme kriegen!
Immer weiter gegen Nazi-Heilpraktiker Henning Pless – gemeinsam gegen staatliche Repression!
Der Druck steigt – Zwei Kundgebungen in zwei Tagen gegen den Neonazi Henning Pless
Wir dokumentieren einen Bericht der Kampagne „An die Substanz!“:
+++Insgesamt drei Kundgebungen in sieben Tagen vor dem “Heilcentrum Pless” am Europaplatz+++Neonazi-Funktionär Pless versucht Antifaschist_innen zu provozieren und mit Hilfe der Kieler Polizei zu kriminalisieren+++Passant_innen und Patient_innen von Pless sind schockiert über die braunen Umtriebe in der Kieler Innenstadt+++Antifaschist_innen kündigen zukünftigen Protest an+++
Nachdem schon am vergangenen Freitag Antifaschist_innen eine Kundgebung vor dem “Heilcentrum Pless” des rechten Betreibers Henning Pless abhielten, folgten jetzt gleich zwei Kundgebungen in zwei Tagen. Am Mittwoch tauchten mittags 10-15 Menschen vor Pless’ Praxis auf, hielten zwei Redebeiträge über die Hintergründe des Neonazi-Funktionärs und zur Repression der Kieler Polizei im Auftrag von Henning Pless im Nachgang einer vermeintlichen Überreichung einer satirischen Urkunde durch Antifaschist_innen im letzten Jahr. Die genaueren Gegebenheiten werden in der Pressemitteilung zur Kundgebung am letzten Freitag näher beschrieben. Neben den Redebeiträgen wurden abermals hunderte Flyer verteilt. Wie gehabt waren die Passant_innen in der Innenstadt meist sehr interessiert bis schockiert über die Neuigkeit, dass hinter der bürgerlichen Fassade von Henning Pless ein überzeugter Neonazi steckt. Auch haben Patient_innen des “Heilcentrums” nach dem Erfahren der rechten Verstrickungen von Pless angekündigt, zukünftig sich eine_n andere_n Heilpraktiker_in zu suchen.
Begleitet wurde die Kundgebung von Provokationen durch Henning Pless. Pless versuchte die anwesenden Aktivist_innen zu fotografieren und mit Anrufen bei der Polizei wegen vermeintlich begangenen kleinsten Auflagenverstössen zu schikanieren. Offenbar hatte der Neonazi erst zu spät von der Kundgebung erfahren, um wie zuletzt dem Protest durch verschlossene Türen zu entgehen zu versuchen.
Derart motiviert suchten am Donnerstag gegen frühen Abend 15-20 Antifaschist_innen den Europaplatz auf, um erneut deutlich zu machen, dass hinter der biederen Fassade ein Neonazi sein menschenverachtendes Unwesen treibt. Für den Abend hatte Pless zu einer Veranstaltung über pseudowissenschaftliche Gesundheits- und Schönheitsbehandlungen geladen. Hierfür hatte er mit einer ganzseitigen Anzeige in den Kieler Nachrichten geworben. Die Antifaschist_innen konnten mit ihrer Präsenz dafür sorgen, dass sichtbar nicht eine einzige Person den Weg in das “Heilcentrum Pless” fand. Nachdem sie über die Hintergründe von Pless aufgeklärt waren, wollten die wenigen Besucher_innen nichts mehr mit Henning Pless zu tun haben.
Neben den Gesprächen mit potentiellen Besucher_innen der Veranstaltung von Pless wurden wieder Flyer verteilt, Redebeiträge gehalten und der Fußweg mit Kreide verschönert.
Eine unrühmliche Rolle kam wieder einmal der Kieler Polizei zu. Erst versuchten die Polizist_innen wegen angeblich nicht korrekten Kontaktdaten auf den Flyern zu nerven, nachdem kurzfristig die Daten geändert wurden, machten sich die Kieler Gesetzeshüter_innen auf die (erfolglose) Suche nach den Urheber_innen der Kreidemalereien. Zum Schluss fühlte sich Henning Pless noch durch das angeblich geäusserte Wort “Neonazi” beleidigt, was seine willigen Gehilf_innen der Staatsmacht auf den Plan rief. Die Personalien eines Redners wurden noch während der Kundgebung aufgenommen und der Redner mit einem Platzverweis und Androhung der Ingewahrsamnahme von der Kundgebung ausgeschlossen. Die Lächerlichkeit der Ereignisse, dass ein Neonazi-Führungskader von bundesweiter Bedeutung mit entsprechender Vita sich als “Neonazi” beleidigt sieht, spricht dafür, dass Pless mit Hilfe der Kieler Polizei versucht, den Protest durch Kriminalisierung einzelner Antifaschist_innen verebben zu lassen. Dazu ist ihm offensichtlich jeder Anlass recht. Dass die Polizei bei dieser Strategie nur zu gern mitspielt, zeigt die Aussage eines Kieler Beamten, der androhte zukünftig antifaschistische Kundgebungen gegen Henning Pless nicht mehr genehmigen zu lassen.
Doch gegen nationalistische Barbarei und Repression hilft nur Solidarität. In diesem Sinne werden wir in Solidarität mit den Betroffenen der Ermittlungen im Rahmen der offensichtlich fadenscheinigen aktuellen Verfahren und mit allen Menschen die weltweit von den geistigen Verwandten von Pless ausgegrenzt, misshandelt oder ermordet werden, am Ball bleiben bis das “Heilcentrum Pless” da ist wo es hin gehört: Auf den Müllhaufen der Geschichte!
Passend zum Thema veröffentlichte La Quimera jüngst einen Bericht zur akademischen Rechten und rechten Publizistik, in dem auch Henning Pless und seine braunen Verstrickungen erneut thematisiert werden.
Kundgebung vor der Praxis des Neonazis Henning Pless in Kiel am 13.06.2014
Wir dokumentieren eine Pressemitteilung der Kampagne „An die Substanz!“:
+++ Antifaschistische Kundgebung vor Neonazi-Praxis in Kieler Innenstadt +++ Betreiber Henning Pless schon seit Jahrzehnten Neonazi-Funktionär +++ Hunderte Flugblätter verteilt +++ Erschütterung von Passant_innen über Neonazi-Umtriebe mitten am Europaplatz +++ Polizei ermittelt im Auftrag von Henning Pless gegen Antifaschist_innen +++
Am 13.06.2014 führten Antifaschist_innen im Rahmen der Kampagne “An die Substanz!” eine Kundgebung am Kieler Europaplatz durch. Ziel des Protests war die heilpraktische Praxis des Neonazi-Funktionärs Henning Pless am Kleinen Kuhberg in Kiel. Die 25-30 Aktivist_innen klärten ab dem frühen Mittag mit hunderten Flugblättern Passant_innen der Kieler Einkaufsstraßen über die rechten Hintergründe des nach außen unscheinbar agierenden Henning Pless auf. Der neonazistische Werdegang Henning Pless` wird u.a. im Rahmen eines Hintergrundberichts zur “An die Substanz!”-Kampagne und vom antifaschistischen Recherche-Portal “La Quimera” ausführlich beleuchtet. Aktuell betätigt sich Pless vor allem in der geschichtsrevisionistischen Rechten, insbesondere betreibt er mit seinem Vertrauten Dietmar Munier (einem der größten Neonazi-Verleger im deutschsprachigen Raum) Projekte zur “Wiederansiedlung” von vermeintlichen “Deutschen” in Russland. Pless übernimmt von Munier viele zentrale Aufgaben, auch vor Ort in Russland, da Munier dort nicht mehr einreisen darf.
Die antifaschistische Aufklärungsarbeit scheint Pless zunehmend nervös zu machen. Nach Aussagen anwesender Polizist_innen hat er seine Praxis vorsorglich früher als üblich geschlossen um dem antifaschistischen Protest zu entgehen. Auch versucht er immer noch in Kooperation mit der Kieler Polizei Antifaschist_innen wegen der vermeintlichen Überreichung einer satirischen Urkunde im Rahmen einer antifaschistischen Fahrradtour zu kriminalisieren. Wie in einem Redebeitrag vor seiner Praxis erläutert, wurden zwei Menschen von den Behörden zu einer Erkennungsdienstlichen Behandlung vorgeladen, beide erschienen jedoch nicht und es wurde Widerspruch eingelegt. Diesem Widerspruch wurde stattgegeben, woraufhin die Kieler Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat. Nach dieser hat Pless, natürlich rein zufällig und ohne rechtlich fragwürdige Absprache mit der Staatsschutzabteilung der Kieler Polizei, nun auf eigene Faust einen vermeintlichen Antifaschisten aufgrund von Fotos im Internet als vermeintlichen Mitüberbringer der Urkunde identifiziert. Diese nachgereichte und offensichtlich konstruierte Aussage Pless` soll nun der Staatsanwaltschaft helfen, sich eine weitere gerichtliche Niederlage zu ersparen. Diese Vorgänge kommentiert Anna Schneider, Sprecherin der Kampagne “An die Substanz!”, wie folgt: “Was Menschen, die sich aktiv gegen Neonazis wehren, schon seit Jahrzehnten klar ist, wird auch in diesem Fall wieder offensichtlich. Selbst nach dem Auffliegen des NSU sind Staats- und Verfassungsschutz bereit im Zweifel eng mit Neonazis zu kooperieren. Die aktuelle Hysterie der Kieler Polizei aufgrund einer vermeintlich überreichten Urkunde an einen Neonazi-Funktionär, während Betroffene rassistischer Gewalt meist kein Gehör finden, beweist dieses wieder einmal eindrücklich”.
Die Passant_innen in der Kieler Innenstadt waren oftmals buchstäblich schockiert über die neonazistischen Umtriebe am Europaplatz. Auch wenn wir mit seinem verqueren Weltbild nichts gemein haben, scheint Henning Pless in einem wohl doch recht zu haben: Eine breite öffentliche Thematisierung seiner Rolle in der neonazistischen Szene innerhalb der Kieler Öffentlichkeit dürfte das Ende seiner Praxis bedeuten. Genau deshalb hat er sich bisher öffentlich zurück gehalten und genau deshalb werden wir wieder kommen und den Finger in die Wunde legen bis das “Heilcentrum Pless” endgültig geschlossen ist!
Abgerundet wurde die antifaschistische Kundgebung durch einen Redebeitrag zu den Hintergründen von Pless und dem klaren Versprechen schon bald wieder zu kommen. Auch die Provokationen einer Person aus der Praxis von Pless heraus wurden rechts liegen gelassen.
Antifa-Bustour geht an die Substanz
+++ Antifaschistische Bustour zu Objekten der rechten Geschäftswelt im Kreis Plön, Neumünster und Kiel +++ Neumünsteraner Polizei erteilt Antifaschist_innen ein faktisches Stadtverbot für Neumünster und verhindert Kundgebungen vor Neonazi-Treffpunkten “Club88″ und “Titanic” +++ Erfolgreiche Aktionen beim Verlag “Lesen und Schenken”, “Heilcentrum Pless” und “Eselpark Nessendorf” +++
Antifaschistische Ortsbegehung in Martensrade
Am Samstag, 5. Oktober 2013 fanden im Rahmen einer antifaschistischen Bustour der Kampagne “An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” verschiedene Kundgebungen gegen Objekte der rechten Geschäftswelt und Infrastruktur in Schleswig-Holstein statt. Zwei Aktionen in der langjährigen Neonazi-Hochburg Neumünster, die bei den bekannten rechten Treffpunkten “Titanic” und dem nunmehr seit 17 Jahren existenten “Club88″ stattfinden sollten, wurden von der Polizei verhindert, indem sie 50 Antifaschist_innen mit einem faktischen Stadtverbot belegte. Am frühen Nachmittag stoppte diese den Bus an der Stadtgrenze, hinderte ihn am Weiterfahren und untersagte nicht nur Kundgebungen an den betreffenden Orten, sondern auch die Anmeldung einer spontanen Kundgebung gegen die repressiven Maßnahmen am Großflecken in der Neumünsteraner Innenstadt. Eine von der Polizei ins Spiel gebrachte Ausweichkundgebung in einem Randbezirk lehnten die Teilnehmer_innen als inakzeptabel ab.
Kundgebung vor dem “Heilcentrum Pless”
Stattdessen wurde spontan eine Kundgebung in der Kieler Innenstadt durchgeführt, wo der langjährig aktive Neonazi Henning Pless das “Heilcentrum Pless” betreibt. Dieses wurde insbesondere in den vergangenen Wochen wiederholt Ziel von antifaschistischen Protesten, die auf die Verstrickungen seines Betreibers in die Vordenkerschaft der völkischen Rechten und gebietsrevisionistische Initiativen hinwiesen. Die etwa viertelstündige Kundgebung verlief störungsfrei.
Kundgebung vor dem “Eselpark Nessendorf”
Zuvor hatten am Vormittag bereits Aktionen im Kreis Plön stattgefunden. In Nessendorf versperrten die Aktivist_innen für etwa 30 Minuten die Zufahrt zum dortigen “Eselpark” mit einer Schranke und bezogen sich auf die seit Jahren bekannte Unterstützung der NPD durch seinen Gründer Eckart August. Noch während der Kundgebung erschien der Sohn Eckart Augusts, Friedrich August, und hielt eine Ansprache an die Aktivist_innen in welcher er erklärte nun schon seit einigen Jahren der Betreiber des Eselparks zu sein, und entgegen der Historie seines Vaters selbst zu keinem Zeitpunkt Verbindungen mit rechter Politik gehabt zu haben. Eckart August, habe nach der Aussage seines Sohnes keine geschäftliche Beziehung mehr zu dem Park. Die genannten Veränderungen in der Geschäftsstruktur sowie den politischen Ansichten der Betreiber des „Eselparks Nessendorf“ sind einer Öffentlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugänglich und somit schwer überprüfbar. So wurde Friedrich August aufgefordert eine Distanzierung von den rechten Aktivitäten seines Vaters und dem dahinter stehenden Weltbild und Organisationen, auch öffentlich nachvollziehbar zu machen. Es bleibt abzuwarten wie sich Friedrich August nun verhält, ob er bereit ist die rechte Geschichte seines Vaters aufzuarbeiten und selbst Distanz zu diesen Strukturen versichern kann.
Kundgebung im Ortskern von Martensrade
Im Anschluss an diese, erste Station der antifaschistischen Bustour fand ein etwa halbstündiger Aufenthalt in der Ortschaft Martensrade statt, wo der Neonazi Dietmar Munier wohnhaft ist und mit “Lesen und Schenken” einen der bundesweit einflussreichsten rechten Verlage betreibt. Hier wurden eine Kundgebung durchgeführt und Flugblätter im Dorf verteilt. Nachdem bei einer anschließenden antifaschistischen Ortsbegehung auf dem Firmengelände zunächst niemand angetroffen werden konnte, zeigte sich der bei Munier beschäftigte stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke am Straßenrand, als die Aktivist_innen sich bereits wieder im Aufbruch befanden und veranschaulichte damit den braunen Anstrich des Anwesens nochmals unverkennbar. Die Reaktionen der Anwohner_innen in Martensrade auf die Intervention war durchweg positiv und schien auf Interesse zu stoßen. Es scheint als würde ein Vorgehen gegen Muniers braunen Verlag durchaus begrüßt werden.
Die Tour ist für die Kampagne trotz der nicht-stattgefundenen Kundgebungen in Neumünster – welche es natürlich nachzuholen gilt – ein Erfolg gewesen, da wir dort, wo wir nicht in unserem Anliegen behindert wurden, Druck auf neonazistische Gewerbetreibende aufzubauen, erkenntnisreiche Eindrücke von der Situation vor Ort gewinnen und gleichsam auf die Gegenwart rechter Infrastruktur in der Region hinweisen bzw. diese in Erinnerung rufen konnten. Insbesondere in Nessendorf kann viel in Bewegung geraten, wenn unser Drängen auf eine ehrliche Auseinandersetzung mit den rechten Verbindungen des „Eselparks“ als unerlässlich angenommen wird anstatt weiterhin auf den vermeintlich schützenden Mantel des Schweigens zu vertrauen. Daran werden wir auch zukünftig anknüpfen!
Die Kampagne “An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” startete bereits im August. Verschiedene antifaschistische Initiativen rufen in diesem Zusammenhang dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. Neben gemeinsamen öffentlichen Aktionen können sich alle Antifaschist_innen, die sich als Teil der Kampagne begreifen wollen, mit ihren eigenen Inhalten und Aktionsformen einbringen.
Presse: Holsteiner Courier | Kieler Nachrichten
Kampagneninfos: andiesubstaz.noblogs.net
Kundgebung vor dem “Eselpark Nessendorf”
Kundgebung im Ortskern von Martensrade
Die Gebäude von Dietmar Muniers Verlagsgruppe
Antifaschistische Grundstücksbegutachtung
Kundgebung vor dem “Heilcentrum Pless”
Weitere faschistische Organisierungen in S-H aufgedeckt
Die schlechten Nachrichten für die Neonazi-Szene in Schleswig-Holstein reissen nicht ab: Antifaschistische Recherche-Gruppen veröffentlichten in den letzten Wochen mehrere Hintergrundartikel zum Zustand der hiesigen rechten Strukturen und verweisen auf direkte Verbindungen zwischen Neonazis und Rockergruppen.
Nachdem bereits im letzten Wahlkampf im Rahmen der Kampagne „DIY“ und auf Indymedia Linksunten viele Neonazis im Internet geoutet wurden, legt momentan die Kampagne „An die Substanz!“ weitere Strukuren der umtriebigen rechten Geschäftswelt aus Schleswig-Holstein offen. Durch Veröffentlichungen und Aktionen will die Kampagne „Nazis in die Pleite treiben“ und so Rückzugsraum und Finanzen der Szene angreifen.
In den letzten Tagen brachten zudem Veröffentlichungen der Recherche-Gruppen La Quimera und Enough is Enough weitere Nazi-Strukturen ins Licht der Öffentlichkeit. La Quimera veröffentlichte einen Artikel unter dem Titel „Rechtsrock in Schleswig-Holstein: “Blood and Honour” bei der Dorffeuerwehr“ in dem über Personen und (bundesweite) Verbindungen von Neonazis aus dem Ostholsteiner Raum in die Rechtsrock-Szene berichtet wird.
Die Enough is Enough berichtet derweil über die nach wie vor bestehenden Verbindungen zwischen Bandidos und Nazi-Szene sowie über das Phänomen der so genannten „Bruderschaften“, in denen sich Neonazis auch in Schleswig-Holstein, namentlich in der „Brigade 8“, nach dem Vorbild von Rockergruppen organisieren.
Die somit mal wieder öffentlich gewordenen Verbindungen von militanten Rechtsrockstrukturen, Rockerclubs und rechten Geschäftswelten belegen, dass sich abseits der momentan schwachen öffentlich-politischen Strukturen wie NPD und Freien Kameradschaften/Aktionsgruppen eine vitale Szene von aktiven Neonazis und UnterstützerInnen in Schleswig-Holstein etablieren konnte, die bisher auch seitens antifaschistischer Initiativen zu wenig beachtet wurde.
Rechte Erlebniswelt und Infrastruktur in Kiel und im Kreis Plön
Die Neonazi-Szene Kiels und Umgebung hat in den letzten Jahren einen starken Wandel durchlaufen. Während vor wenigen Jahren noch Strukturen um die militante “Aktionsgruppe Kiel” (AG Kiel) um die Vorherrschaft auf der Straße kämpften und an dem selbst gesetzten gesellschaftlichen Kristallisationspunkt letztlich auch nach kurzem Kampf scheiterten, geben sich die verbliebenen neonazistischen Organisationen äußerlich angepasster und unauffälliger. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine nachhaltige Schwächung, denn zum einen belegen Wahlergebnisse, dass der gesellschaftliche Nährboden für neonazistische Politik unverändert vorhanden ist und zum anderen wird aus der Region Infrastruktur für zum Teil internationale rechte Kreise gestellt. Demnach steht der weitgehende Zusammenbruch der militanten Straßenbewegung und der desolate Zustand der örtlichen NPD zwar für einen Erfolg stetiger antifaschistischer Arbeit, bedeutet allerdings auch teilweise den bloßen Rückzug in kleinere Zirkel, denn ohne die Aufmerksamkeit durch große öffentliche Auftritte und spektakuläre Übergriffe lassen sich lukrative braune Geschäfte machen und jenseits antifaschistischer oder behördlicher Aufmerksamkeit die Eckpfeiler zukünftiger Politik setzen.
Aus diesem Grund hat die Kampagne “An die Substanz! – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” das Ziel eben genau jene Strukturen offen zu legen und mit der nötigen antifaschistischen Aufmerksamkeit zu bedenken. Nachfolgend ein Überblick über einige braune Geschäfts- und Erlebniswelten in Kiel und Plön. Getreu dem Motto der Kampagne sind alle Antifaschist_innen aufgerufen weitere Informationen beizusteuern und auch über die gemeinsamen Aktionen hinaus mit eigenen Inhalten und Aktionsformen aktiv zu werden.
Die völkische Neonazi-Szene und ihre Geschäftspraktiken
Insbesondere um die kleine Gemeinde Martensrade im Kreis Plön hat sich ein Zirkel gut vernetzter und vermeintlich intellektueller Neonazis gebildet. Dreh- und Angelpunkt ist das Versand- und Verlagshaus von Dietmar Munier und Gerlind Mörig, deren Aktivitäten unter der “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” zusammengefasst werden.
Munier ist schon seit Jahrzehnten ein Drahtzieher neonazistischer Aktivitäten und dementsprechend ist seine Vita durchzogen von Kontakten zu vielfältigen rechten Strukturen und Personen, weshalb hier nur beispielhaft einige genannt werden. Früher betrieb Munier eine Buchhandlung am Dreiecksplatz in Kiel, zeitweilig zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Thies Christophersen, einem ehemaligen SS-Angehörigen, der in einer Versuchsanstalt für Pflanzenschutz der SS nahe dem KZ Auschwitz eingesetzt war. Über Christophersen bestand auch der Kontakt zu dem Rechtsterroristen Manfred Roeder und dem Holocaustleugner Ernst Zündel, zuletzt 2012 Gast auf Muniers Kastanienhof anlässlich einer Sonnenwendfeier. Neben seinen publizistischen Aktivitäten engagiert sich Munier seit langem in völkisch-neonazistischen Erziehungsmethoden und Gebietsrevisionismus. So ist er in Russland mit einem Einreiseverbot belegt, denn er verfolgt mit verschiedenen Initiativen und Vereinen die “Wiederansiedlung” von vermeintlichen “Deutschen” in Russland. Der wichtigste dieser Vereine wird unten noch thematisiert. Vor allem durch seine Aktivitäten im ehemaligen Ostpreußen hat sich Munier über die “Vertriebenen”-Szene ein weites Kontaktnetz auch über seinen angestammten Neonazismus hinaus geschaffen. So gilt er trotz bester Kontakte zu militanten Neonazis als vertrauenswürdiger Funktionär und Wohltäter quer durch neurechte und konservative Kreise, bis hin zu Teilen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Die “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” ist nach dem Niedergang des NPD-Hausverlags “Deutsche Stimme” der mutmaßlich einflussreichste deutschsprachige Verlag mit explizit neonazistischer Ausrichtung. In dem unübersichtlichen Verlagsgeflecht werden diverse faschistische Schriften und Devotionalien produziert und vertrieben. Augenfällig ist insbesondere die Strategie hinter den bekanntesten Formaten “Zuerst!”, “Deutsche Militärzeitschrift” (DMZ) und “Der Schlesier”. Alle eint eine eindeutig positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus und die Beteiligung neonazistischer Autor_innen. Gleichzeitig werden die Inhalte, im Unterschied zu vielen anderen Neonazi-Schriften, professionell aufbereitet und wird in Layout und Inhalt auf explizite subkulturelle Szene-Codes der klassischen Neonazis verzichtet. Auch kommen Autor_innen der Neuen Rechten zu Wort. So werden die erwähnten Schriften auch über ohnehin schon politisierte eigene Kreise hinaus als “Fachzeitschriften” wahrgenommen, schließlich gelten die Analysen militärischer Strategien in der DMZ bei Militärangehörigen als zutreffend, die “Vertriebenen” betrachten den “Schlesier” als ihr Sprachrohr und rechtskonservative Kreise beziehen sich schon einmal auf “Zuerst!”. Dementsprechend hoch sind die Auflagen, “Zuerst!” hatte eine Erstauflage von 86 000 Exemplaren, “Der Schlesier” soll eine wöchentliche Auflage von 12 000 Stück haben. An diesem für Neonazis ungewohnt lukrativen Geschäft verdienen auch andere kräftig mit. So ist sich der bekannte Bauer-Verlag nicht zu schade, den Vertrieb für “Zuerst!” zu übernehmen. Zu dem Martensrader Publikationshaus gehören verschiedene Verlage und Vertriebe, wobei die “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” eine übergeordnete Rolle spielt, so läuft die Infrastruktur (Fuhrpark, Webseiten) unter dem Dach von “Lesen und Schenken”. Weitere Namen aus dem Geflecht sind “Arndt-Verlag”, “Nation [&] Europa”, “Orion-Heimreiter-Verlag” oder “Fortuna-Buchservice”. Als Mitarbeiter_innen und Redakteur_innen sind schon viele aus dem Personenkreis der Neuen Rechten oder dem organisierten Neonazismus in Martensrade tätig gewesen. Redaktionelle Hauptfigur ist Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der wichtigsten Publikation “Zuerst!”. Ochsenreiter ist omnipräsent auch in anderen Publikationen aus Muniers Verlagen und tritt als Referent auf. Strategisch positionieren Ochsenreiter und Munier “Zuerst!” zwischen der Bedienung der angestammten Klientel, so nimmt “Zuerst!” an Fachmessen für rechte Publizistik teil, wie 2012 am “Zwischentag” der Zeitschrift “Sezession”, und einem weltpolitischen Anstrich. Ochsenreiter reist regelmäßig in den nahen Osten und versucht sich dort als vermeintlich seriöser Korrespondent, wobei das Resultat meist doch nur einschlägige Erlebnisberichte für Neonazis und Militaristen sind. So ließ sich Ochsenreiter 2008 auf einem von der Hisbollah abgeschossenen Panzer der Israelischen Armee ablichten und aktuell füllt er die Martensrader Formate mit seinen Berichten aus Syrien. Jüngst für Aufsehen sorgte “Zuerst!”, als es zur Urlaubssaison die zehn schönsten “Deutschen” Reiseziele benannte, von denen ein guter Teil nicht in den heutigen Grenzen Deutschlands liegt. Auf seinem früheren Posten als Chefredakteur von der “Deutschen Militärzeitschrift” wurde Ochsenreiter von Guido Kraus beerbt.
Antifaschist_innen fällt das Martensrader Verlagshaus auch immer wieder im Zusammenhang mit der örtlichen Neonazi-Szene auf. Insbesondere die NPD hat über ihren bei Munier angestelltenstellvertretenden Landesvorsitzenden Jens Lütke gute Kontakte zu dem Verlagshaus. So können Firmenwagen für Aktionen der Neonazi-Szene genutzt werden, kann Lütke auch immer wieder Parteiarbeit während seiner Arbeitszeit verrichten, bekommt für Aktionen frei und fungiert das Martensrader Verlagshaus als interne Kontaktadresse der NPD. Über den finanziellen Zusammenhang zwischen Munier und der NPD ist noch nicht alles bekannt, direkte Förderung über Spenden liegt im Bereich des Möglichen und das Ausmaß der stattfindenen indirekten Förderung (Fuhrpark, Räumlichkeiten, Arbeitszeit, sonstige Infrastruktur) dürfte auch noch nicht in Gänze bekannt sein.
Das Anwesen in Martensrade umfasst Wohngebäude, Ställe, Verlagsgebäude und Druckerei. Unter dem Schutz eines Wachturms entstand eine braune Parallelwelt, deren Strukturen trotz des großen Bekanntheitsgrades weitgehend intransparent sind. Neonazis können sich in dem kleinen Ort abgeschieden von der kritischen Öffentlichkeit vernetzen und ideologische wie wirtschaftliche Grundlagen für verschiedene Bereiche rechter Politik legen.
Die Neonazi-Szene betrachtet die “Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” zwiegespalten. Angerechnet wird Munier, dass er sich trotz der großen Bekanntheit nie distanziert hat von den klassischen neonazistischen Spektren um NPD und Kameradschaften. Im Gegenteil stellt Munier Neonazis immer wieder Treffpunkte, Fahrzeuge, Arbeitsplätze und vermutlich Geld zur Verfügung. Auch genießen die Führungspersonen der Kreise um Munier ein hohes Ansehen, schließlich haben diese erreicht wovon die schlecht organisierten und zerstrittenen Milieus der Kameradschaften oft nur träumen können: Gut vernetzte und über Jahrzehnte etablierte Strukturen, die auch eine praktische politische Relevanz jenseits des “Kampfes um die Strasse” haben. Andererseits wird der “weichgespülte” inhaltliche Kurs der Martensrader Publikationen kritisiert. Teile der Neonazis fordern außerdem eine Aufklärung der Rolle Tino Brandts, V-Person des “Verfassungsschutzes” und mutmaßliche Schlüsselperson im “NSU”-Komplex. Dieser hatte vor seinem Outing als V-Person bei dem “Zuerst!”-Vorläufer “Nation [&] Europa” gearbeitet. Gerade weil Munier damals offiziell noch nicht an der Publikation beteiligt war, verwundert sein mangelnder Aufklärungswillen einige Neonazis. Stimmen in der Szene mutmaßen, dass der “Verfassungsschutz” weitreichenderen Einfluss auf rechte Publizistik hatte als allgemein bekannt und auch der “NSU”, über den Multifunktionär Tino Brandt, in diesem Netzwerk eine Rolle spielen könnte.
Als einer der engsten Vertrauten Muniers bei der Umsetzung seiner politischen Ziele gilt Henning Pless. Die neonazistischen Aktivitäten von Pless wurden vomantifaschistischen Recherche-Portal La Quimera ausführlich beschrieben. An dieser Stelle deshalb nur einige grundlegende Informationen, für eine Vertiefung sei der oben genannte Artikel empfohlen. Pless ist Vorsitzender des “Schulvereins zur Förderung der Russlanddeutschen in Ostpreussen e.V”, einem von Munier gegründeten Verein der versucht über eine Schule und diverse Kulturveranstaltungen “Deutsche” Traditionen in dem Dorf Jasnaja Poljana (ehemals Trakehnen) zu reaktivieren. Früher war Pless 1. Bundesführer der “Heimattreuen Deutschen Jugend”, einem völkischen Jugendverband, der aufgrund seiner offensichtlichen Anlehnung an die “Hitler-Jugend” verboten wurde. Damals schon galt Dietmar Munier als treibende Kraft im Hintergrund. So übernimmt Henning Pless immer wieder Aufgaben neonazistischer Politik als Vertrauensperson von Munier. Aktuell organisiert er dessen “Lesertreffen”, die sich zu einem der wichtigsten Zusammenkünfte der verschiedenen rechten Strömungen im deutschsprachigen Raum entwickelt haben. Dort treffen neben Neonazis auch Militaristen, Neue Rechte und “Vertriebenen”-Verbände zusammen um jenseits großer öffentlicher Aufmerksamkeit Strategien rechter Politik zu diskutieren. Diese Vernetzungstreffen der Deutschen Rechten werden offiziell von Pless´ “Schulverein” ausgerichtet. Referent_innen berichten zu einschlägigen Themen, so referierte 2012 “Zuerst!”-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter im neonazistischen Duktus über “Medien-Manipulationen”, Alfred Mechtersheimer sprach über “Deutschland als Friedensmacht” und Dmitrij Chmelnizki gab seine Thesen zu “Stalins Angriffskrieg” zum Besten. Für einen Überblick über das Treffen 2013 sei wiederum ein Blick in den La Quimera-Artikel empfohlen.
Privat und beruflich lebt Pless ein, im Vergleich zu anderen langjährigen neonazistischen Funktionären, unauffälliges Leben. Er nimmt nicht an Demonstrationen und Übergriffen der Szene teil, betreibt mit dem “Heilcentrum Pless” eine vermeintlich seriöse Heilpraxis mitten in der Kieler Innenstadt und pflegt sein Image als Wohltäter für die Sache der “Vertriebenen”. So richteten der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis und das ehemalige Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ortwin Lowack Grußworte an den “Schulverein” anläßlich der Jahreshauptversammlung 2012, die im Rahmen des “Lesertreffens” in Weißenstein (Bayern) stattfand. Persönlich an Pless lobte Ortwin Lowack dessen “Idealismus, positive Lebenseinstellung und vorbildhafte Arbeit” die “den jungen Menschen in Ostpreußen eine neue (oder alte?) kulturelle und geistige Perspektive und Tiefe” vermitteln könne. Dieses Statement verdeutlicht einmal mehr die Gefährlichkeit von Henning Pless und Dietmar Munier, denn trotz ihrer explizit neonazistischen Ausrichtung haben sie durch den Verzicht auf militanten Szene-Habitus Fürsprecher bis in den Bundestag gewinnen können.
Weitere rechte Publizistik
Etwas weniger bekannt aber nicht minder beachtenswert ist der Kieler “Regin-Verlag” um Dietmar Sokoll. Der Verlag des ehemaligen Burschenschaftlers Sokoll (“Alte Hallesche Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf”, einer Verbindung des Rechtsaußen-Dachverbands “Deutsche Burschenschaft”) verlegt und vertreibt diverse rechte Literatur. So verlegte der “Regin-Verlag” Werke in Andenken an rechte VordenkerInnen wie Oswald Spengler oder Savitri Devi. Auch aktuelle AutorInnen sind der Neuen Rechten oder dem Neonazi-Spektrum zuzuordnen. Schlagzeilen machte der Verlag 2013, als er ein Werk über “Inselfaschismus” des Autors Eric Fröhlich ankündigte. Das Werk wird im Spätsommer erwartet. Fröhlich war eine Führungsfigur der “Nationalen Sozialisten Chemnitz” und stand der “Weißen Bruderschaft Erzgebirge” nahe. So nahm er mit wichtigen UnterstützerInnen der “NSU”-TerroristInnen an Szene-Veranstaltungen wie paramilitärischen Märschen teil. Außerdem soll er zu Ralf Wohlleben, mutmaßlicher Hauptunterstützer der neonazistischen Terrorzelle, Kontakt gehalten haben, weshalb sich auch die Bundesanwaltschaft im Rahmen des “NSU”-Verfahrens für ihn interessiert.
Der “Regin-Verlag” wurde im April 2013 vom NDR in einem Beitrag thematisiert.
Geschäfte der militanten Szene
Das aktuell bekannteste von Neonazis betriebene Geschäft Kiels ist “PLS-Werkzeuge” (“PLS” = “Polenschlüssel”) am Vinetaplatz. Unter dem rassistischen Namen werden von Personen aus der Mischszene zwischen militanten Neonazi- und “Bandido”-Strukturen Einbruchswerkzeug und Bewaffnung vertrieben. Die Hintergründe des Geschäfts wurden im Januar von La Quimera beschrieben, weshalb wir darauf aufbauend hier nur einige aktuelle Entwicklungen beleuchten werden. Das Geschäft hat im Moment Montag bis Freitag ab 10.00 Uhr bis nachmittags geöffnet. Der Hauptakteur Alexander Hardt hat, nachdem die Geschäftsführung im Nachgang der Veröffentlichung der neonazistischen Hintergründe schon einmal wechselte, aktuell wieder den Posten des Geschäftsführers übernommen. Er selbst ist seit einem Umbau vor einigen Wochen seltener im Geschäft anzutreffen, stattdessen haben Kieler Neonazis um Timo Räwel und Tobias Schulz die Verantwortung vor Ort übernommen. Bei dem Umbau half auch Timo Räwels Bruder Andy Räwel. Die Neonazis geben sich zunehmend aggressiv, zeigen oft mit mehreren Personen Präsenzvor dem Laden und bedrohen Menschen. Die Aufteilung der Verantwortung zwischen verschiedenen Neonazis spricht zum einen für eine wirtschaftliche Etablierung, zum anderen für eine Absicherung des Geschäfts in Anbetracht der drohenden Inhaftierung von Hardt. Weiterhin unklar ist die Rolle Peter Borcherts, zigfach vorbestrafter neonazistischer Gewalttäter und ehemaliger NPD-Landesvorsitzender, der vermutlich in einigen Monaten aus der Haft entlassen wird. Bei der Eröffnung firmierte Borchert mit auf dem Klingelschild am Geschäft. Eine Möglichkeit besteht darin, dass “PLS-Werkzeuge” als braunes Resozialisierungsprojekt für Borchert vorgesehen ist und sich Borchert aus der Haft kommend und der mit Haft bedrohte Hardt buchstäblich die Klinke in die Hand geben. Borchert verbindet eine längere Geschichte mit dem Kieler Stadtteil Gaarden, in welchem der Vinetaplatz liegt. Bei früheren Versuchen sich in Gaarden zu etablieren musste er stets nach teils heftigen Auseinandersetzungen mit Antifaschist_innen den Stadtteil wieder verlassen. Eine mögliche aktive Rolle Borcherts bei “PLS” würde also für eine Eskalation der Lage sprechen.
Unauffälliger aber nicht weniger explizit neonazistisch ist der Versandhandel “Support Wear” von Matthias Kussin. Die dahinter stehende Firma “MK-Service” (“MK” = Matthias Kussin) betreibt unter den Namen “Asathor-Auktion”, “Support-Wear”, “Aryan Blood Records” und “Amalek-Textilien” Produktion und Versand von Artikeln für die militante Neonazi-Szene. Die Aufmachung der Produkte und Webseiten ist eindeutig nationalsozialistisch und beworben wird das Geschäft auf einschlägigen Portalen wie “Altermedia”. Um die Bindung an die Kameradschaftsszene unter Beweis zu stellen, wurde beispielsweise zu dem neonazistischen “Tag der Deutschen Zukunft” ein Sonderverkauf mit Solidaritätsbeitrag veranstaltet. Ansässig ist der Versandhandel an der Privatadresse von Kussin im Göteborgring in Kiel-Mettenhof.
Hinter dem Namen Matthias Kussin verbirgt sich Matthias Lehnecke, früherer NPD-Kandidat und neonazistischer Gewalttäter aus Kiel. Lehnecke betrieb früher den “Ruf des Nordens”-Versandhandel, dessen Emailadresse immer noch als Kontaktadresse von “MK-Service” genutzt wird. Verheiratet ist Matthias mit Melanie Kussin, langjährige Aktivistin des Kieler Kameradschaftsspektrums und mit guten Kontakten zu “Club88″-AktivistInnen um Christiane Dolscheid, Frank Rieckmann oder Michael Denz, deren Nachnamen er annahm.
Neonazistische Urlaubswelten
Ein besonderes Beispiel für gesellschaftliche Verankerung auf der einen und neonazistische Politik auf der anderen Seite ist Eckart August. Öffentlich gibt sich August als familienfreundlicher Betreiber des “Eselpark Nessendorf” im Kreis Plön. Das Konzept ist aufgegangen: Der Eselpark wird omnipräsent im ganzen Bundesland als Ausflugsziel beworben und auch Ausflugstipps von großen Medien und Tourismusindustrie weisen oft auf den Betrieb der Familie August hin.
Antifaschist_innen stellt sich jedoch ein ganz anderes Bild der Szenerie dar. Eckart August ist bekannt für sein langjähriges Engagement in der NPD und soll auch finanziell der klammen Neonazi-Partei schon das eine oder andere Mal ausgeholfen haben. Jüngst in die Schlagzeilen geriet August, als bekannt wurde, dass der “NSU” im Urlaub auf seinem Eselpark zu Gast war. Dies ist kein Beweis dafür, dass August wusste es mit der untergetauchten neonazistischen Terror-Zelle zu tun zu haben, allerdings gibt es viele Hinweise, dass die Gruppe um Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sich ihre GastgeberInnen sehr sorgfältig aussuchte. So häuften sich Anschläge in Regionen wo Kontaktpersonen der drei Terroristen lebten und auch Anschlagspläne für Schleswig-Holstein wurden bekannt. Die TerroristInnen machten gern Urlaub im nahen Fehmarn und besuchten anscheinend auch Szene-Veranstaltungen in Schleswig-Holstein. Da entsprechend des Vorgehens in anderen Regionen auch für die Aktivitäten im Norden Deutschlands mutmaßlich örtliche Unterstützung vorhanden war, bleiben an August als eine der wenigen belegten Kontaktpersonen einige Fragen offen, die dieser wohl nie beantworten wird.
It’s up to you!
Dies war kurzer Einblick in neonazistische Geschäftswelten in Kiel und Umgebung. Auch wenn sicherlich die prominentesten Beispiele aufgeführt wurden, entziehen sich viele kleine und große Rückzugsräume der Neonazis oft der kritischen Öffentlichkeit. Um den Namen der Kampagne “An die Substanz!” auch Programm werden zu lassen, rufen wir alle Antifaschist_innen auf, zu helfen neonazistische Infrastruktur aufzudecken und gegen bekannte rechte Geschäfte aktiv zu werden. Teilt uns eure Informationen mit und organisiert euch!
Versalzen wir die braune Brühe! Nazi-Läden zu Autonomen Zentren, Nazis zu Pleitegeiern und rassistische Schundblätter ins Klo!
Kiel: Antifa-Fahrradtour geht an die Substanz
Vor Matthias Kussins Wohnhaus in Kiel-Mettenhof
Die Auftaktaktion der Tour fand beim renommierten “Heilcentrum Pless” am Kleinen Kuhberg statt. Betreiber der politisch unscheinbaren und etablierten Heilpraxis ist der seit Jahrzehnten aktive Protagonist des bundesweiten völkischen Neonazismus Henning Pless, der in den 1990ern z.B. Vorsitzender der mittlerweile verbotenen “Heimattreuen Deutschen Jungend” war und sich bis heute in Kreisen der Vordenkerschaft und Publizistik der völkischen Rechten im Umfeld des Martensrader Großverlegers Dietmar Munier sowie im Bereich des Gebietsrevisionismus engagiert.
Nachdem kritische Medien und antifaschistische Initiativen die neonazistischen Hintergründe Henning Pless’ bereits mehrfach thematisiert hatten, wurde dieser nun erstmalig Ziel antifaschistischer Proteste in und im Umfeld seiner Praxis. Gegen 16.30 Uhr betrat eine Delegation des “Vereins zur Schließung neonazistischer Infrastruktur in SH” die Praxis, um Henning Pless für besondere Leistungen im Laufe seiner langjährigen Karriere im braunen Netzwerk zu ehren und ihm eine entsprechende Urkunde zu überreichen. Nachdem seine Vorzimmerdame auf das Gesuch, den Praxisbetreiber persönlich anzutreffen, zunächst auf einen Termin pochte, sich die Delegation ob des gewünschten Überraschungseffektes aber nicht einfach abwiegeln lassen wollte, erschien Pless selbst tatsächlich im öffentlichen Bereich der Praxis. Obwohl dieser eine kurze Zeit um Professionalität bemüht schien, verweigerte er sich dann zur Enttäuschung der Delegierten doch der Urkundenübergabe, hielt seine Sekretärin zum Polizeiruf an und verschwand hektisch in einem Hinterzimmer. Die Urkunde wurde trotzdem nebst zahlreicher Flugblätter in der Praxis zurückgelassen. Zwei anwesende Kundinnen, denen die politischen Hintergründe Pless’ bis dahin offenbar nicht bekannt waren, zeigten sich interessiert an der neuen Erkenntnis.
Zeitgleich zum Besuch in der Praxis hielten etwa 25 Aktivist_innen vor der Praxis eine Kundgebung ab und verteilten Flugblätter, die auch die Nachbarschaft des “Heilcentrum Pless” über die Hintergründe der zeitlich parallel erfolgten unrühmlichen Ehrung informierte. Erst an deren Ende erschien die alarmierte Polizei, die sich in Anbetracht ihrer Unterbesetzung zu diesem Zeitpunkt jedoch noch zurückhielt. Sie begnügte sich damit, einen größeren Pulk Radfahrer_innen zu verfolgen, der sich nach planmäßiger Beendigung der Aktion gemeinsam vom Ort des Geschehens entfernte.
Dass es dabei nicht bleiben sollte, zeichnete sich bereits ab, als die Einsatzfahrzeuge, die die mutmaßlichen vorherigen Kundgebungsteilnehmer_innen nicht ohne Mühen versuchten im Blick zu behalten, sich vermehrten und sogar eine Zivilstreife durch den Schrevenpark rollte, während die Radfahrer_innen ihren Weg unbeeindruckt fortsetzten. Die kurzzeitige Ruhepause vor dem staatlichen Überwachungsdrang, die sich einstellte, als die Reisegruppe den autoberuhigten Eichhof durchquerte, kam abrupt zu einem Ende, als eine weitere herbeieilende Besatzung Bereitschaftspolizist_innen in letzter Minute mit einem nicht ungefährlichen Einparkmanöver, das kaum der Straßenverkehrordnung entsprochen haben dürfte, den Friedhofsausgang Kronshagen kurzerhand zuparkte und einen Teil der Fahradfahrer_innen am passieren hinderte. Anschließend wurden etwa ein Dutzend Radfahrer_innen auf dem Friedhofsgelände hektisch eingekesselt, ihre Personalien überprüft und fotografiert. Dies wurde nachträglich mit einem vermeintlichen Hausfriedensbruch in der “Heilpraxis Pless” begründet. Auch hier ist überaus fragwürdig, wie der offensichtlich völlig konfuse Einsatz mit der Friedhofsordnung, genauso wie mit dem kirchlichen Hausrecht zu vereinbaren ist. Gleichsam unverschämte wie absurde Drohungen von Polizist_innen gegenüber einer Betroffenen, die in Begleitung ihres Kindes unterwegs war, dieser das Sorgerecht nehmen zu wollen, taten ihr übriges, um den Einsatz selbst unter Berücksichtigung diverser negativer Erfahrungswerte mit der Kieler Polizei als völlig maßlos bewerten zu müssen. Nach Abwicklung der Überprüfungen drohte die Polizei mit Ingewahrsamnamen, falls “ähliche Vorfälle sich wiederholen würden”, verzichtete aber auf eine weitere Verfolgung der Radfahrer_innen.
Nichtsdestotrotz kam es gegen 18 Uhr zu einer weiteren antifaschistischen Aktion gegen einen Kieler neonazistischen Gewerbetreibenden. Vor einem Mehrfamilienhaus im Göteborgring im Stadtteil Mettenhof wurde vor der Privatwohnung des langjährigen Neonazis Matthias Kussin, vormals Lehnecke, eine Kundgebung abgehalten. In einem Redebeitrag und auf verteilten Flugblättern wiesen etwa 20 Antifaschist_innen darauf hin, dass dieser von gleicher Adresse aus, u.a. mit dem Mailorder “Support-Wear”, die Neonazi-Szene mit einschlägigen Klamotten, Tonträgern und sonstigen Accessoires versorgt. Hier war die Resonanz sowohl der Passant_innen, als auch im daneben liegenden Imbiss und von Nachbar_innen auf den angrenzenden Balkons durchweg positiv, was sich durch Applaus und in Gesprächen äußerte. Das braune Business in der Nachbarschaft schien auch hier bisher weitestgehend unbekannt gewesen zu sein. Der Besuch bei Kussins “Support-Wear” konnte ungestört und planmäßig beendet werden und die Beteiligten verließen geschlossen per Rad die Gegend.
Als dritte und letzte Station wurde etwa eine Stunde später der Laden von “PLS-Werkzeuge” am Vinetaplatz in Gaarden angefahren, das bisher wohl prominenteste und am ausgiebigsten thematisierte Kieler Beispiel für Geschäfte mit Verwicklungen in die rechte Szene. Das Geschäft vor allem für Bewaffnung und Einbruchswerkzeuge existiert in dieser Form seit Dezember 2012 und wird betrieben von Alexander Hardt aus Neumünster, der im Laufe des letzten Jahrzehnts durch seine Aktivitäten im militanten Kameradschaftsspektrum zunächst in Ostholstein und seit einigen Jahren in Neumünster als Neonazi bekannt geworden ist. Zuletzt gehörte er zum Umfeld des dortigen Szenetreffpunkts “Club88″ und tritt seit längerem zudem als Mitglied der Rockergang “Bandidos” auf. Zu seinen Mitarbeitern zählen desweiteren die Kieler Neonazis Timo Räwel und Tobias Schulz, die bereits im Zusammenhang mit den zunehmend inaktiven “Freien Nationalisten Kiel” aufgefallen sind. Der Laden stand in diesem Jahr bereits wiederholt im Fokus von antifaschistischer Öffentlichkeitsarbeit, Straßenprotesten und anderen Aktionen, die das Ziel der Schließung des Ladens im durch Migration geprägten Stadtteil verfolgten.
Nachdem wiederum etwa 20 Aktivist_innen mit Fahrrädern auf dem Vinetaplatz Halt gemacht hatten, wurden vor dem geschlossenen Laden ein Transparent entrollt, ein Redebeitrag verlesen und Flugblätter in der belebten Umgebung verteilt. Währenddessen wurden zudem zahlreiche antifaschistische Aufkleber an der Ladenfassade angebracht. Im Laufe der Kundgebung kam es wiederholt zu Unmutsbekundungen in Richtung der Antifaschist_innen, die zunächst noch als Ausdruck eines allgemeinen Ordnungsfetischismus ob der Stickeraktion eingeordnet werden konnten, sich jedoch in der anschließenden Dynamik schnell mit Sympathiebekundungen für die Ladenbetreiber vermischten. Diese Situation verdeutlichte recht unschön, was gleichzeitig in dem Redebeitrag thematisiert wurde. Nämlich, dass es Hardt und seinem Umfeld bei Teilen seiner Nachbarschaft durchaus gelungen ist, sich durch Zurückhaltung und teils Leugnung ihres nachweisbaren rechten Backgrounds als freundliche und vertrauenswürdige Geschäftsleute zu etablieren. Dass dies freilich nicht überall der Fall ist, zeigten andere Reaktionen, die gestern jedoch leider nicht zu den lautstärksten gehörten.
Nachdem sich die Aktivist_innen nach Beendigung der Aktion wieder entfernt hatten, rollten umgehend vier Wagenbesatzungen Polizist_innen an, die einzelne vermeintliche Antifaschist_innen über den Vinetaplatz jagten, wobei sie teils von Aktiv-Bürger_innen unterstützt wurden, und anschließend wahllose Personenkontrollen durchführten. Auch zwei offenbar alarmierte und sichtlich wütende, zum Laden gehörige, Neonazis, darunter Schulz, trafen einige Zeit später vor Ort ein und begannen mit der Beseitigung der antifaschistischen Zurücklassungen an ihrer Fassade.
Insgesamt kann die antifaschistische Fahrradtour als Auftaktaktion der “An die Substanz!”-Kampagne als gelungen bewertet werden. Insbesondere die Präsenz bei den bisher aktionistisch unbehelligt gebliebenen neonazistischen Gewerbetreibenden Pless und Kussin dürfte seine Wirkung nicht verfehlt haben. Ihnen wird die Erledigung ihres Geschäftsbetrieb nun wohl ungleich weniger entspannt von der Hand gehen als zuvor, wo sie aus der Anonymität agieren konnten und nicht mit unerwünschtem Besuch rechnen mussten. Die Erfahrungen am Vinetaplatz haben dagegen das bestätigt, was Antifaschist_innen seit jeher befürchtet und in der letzten Zeit verstärkt beobachten konnten: Dass sich “PLS-Werkzeuge” mitten in Gaarden eben nicht nur Feinde gemacht hat, was die Betreiber vor allem ihrer opportunistische Strategie im Umgang mit ihren Verwicklungen in die Neonazi-Szene zu verdanken haben. Einer weiteren Festsetzung von Hardt und seinem Anhang in Gaarden muss daher umso dringlicher entgegen gewirkt werden, wobei die konkrete Vorgehensweise der Gemengelage entsprechend wohlüberlegt sein sollte. Die Kampagne “An die Substanz!” bietet einen Rahmen, in dem antifaschistische Arbeit nicht nur gegen “PLS”, sondern gegen alle anderen zahlreichen Objekte neonazistischer Infra- und Geschäftsstruktur in Schleswig-Holstein, auch in den kommenden Wochen ausdrücklich auch eigeninitiativ stattfinden kann. Dazu sind alle Antifaschist_innen herzlich und mit Nachdruck eingeladen.
Kundgebung vor dem “Heilcentrum Pless”
…die ersten Polizist_innen erscheinen, sichtlich überfordert
Kundgebung in Mettenhof
Kundgebung in Mettenhof
Aktion vor “PLS-Werkzeuge” am Vinetaplatz in Kiel