Get organized! Antifa-Wochenende in der Alten Meierei

Am diesem Wochenende findet wieder das jährliche Antifa-Wochenende in der Alten Meierei statt. Zweieinhalb Tage Veranstaltungen, Workshops, Kennenlernen, organsieren und feiern gegen Nationalismus, Faschismus und Kapitalismus!

Das Programm gibt’s hier: antifawe.noblogs.org

Bereits am heute findet das Antifa-Café mit Info- und Mobilisierungsveranstaltung gegen die Einheitsfeierlichkeiten 2019 in der Meierei statt!

Kommt vorbei, volles Programm!

„Wearing badges is not enough in days like these!“ – Flugblatt 14.12.2012 / 5-Jahres-Party Alte Meierei Kiel

Liebe Freund_innen, Genoss_innen, Konzertbesucher_innen,

in diesen Tagen im Winter 2012/2013 feiern und reflektieren wir das fünfjährige Bestehen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und freuen uns heute zusammen mit Euch und den Genoss_innen von Feine Sahne Fischfilet aus Rostock, ContraReal aus Hamburg und den Detectors aus Kiel in der Alten Meierei ein großes Fest zu feiern!

„„Wearing badges is not enough in days like these!“ – Flugblatt 14.12.2012 / 5-Jahres-Party Alte Meierei Kiel“ weiterlesen

Wer schoss 2010 auf die Alte Meierei?

Kronzeuge im Kieler „Hells Angels“-Verfahren behauptet, NSU hätte Waffen in Kiel gekauft und die Schüsse auf die Alte Meierei in Auftrag gegeben.

Mehrere Medien, u.a der Norddeutsche Rundfunk, berichten, dass der Kronzeuge im Kieler „Hells Angels“-Verfahren, Steffen R., behauptet hat, die Neonazis des NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) hätten mehrere Waffen in Kiel gekauft und die Schüsse auf die Alte Meierei in der Nacht zum 20. Januar 2010 in Auftrag gegeben. Diese sollen demnach von zwei damaligen Aktiven der neonazistischen „Aktionsgruppe Kiel“, Daniel Z. und Michel S. auf Geheiß von Uwe Mundlos und Beate Zschäpe abgegeben worden sein.
Die Kieler Staatsanwaltschaft und die Bundesanwaltschaft halten diese Aussage für unglaubwürdig, da R. bereits mehrere Falschaussagen gemacht habe. Trotzdem gilt er als Hauptbelastungszeuge im aktuellen Verfahren gegen die Kieler „Hells Angels“. Kieler AntifaschistInnen halten diese Geschichte zwar nicht gänzlich für ausgeschlossen, dennoch für äußerst unwahrscheinlich. Sowohl das Ziel des Anschlags, als auch eine aktionistische Kooperation mit offen auftretenden lokalen Neonazistrukturen entsprechen nicht der bisher bekannt gewordenen Praxis des NSU. Fakt ist aber, dass bis heute nicht aufgeklärt wurde, wer damals die zwei Schüsse auf die beleuchteten Fenster der Alten Meierei abgegeben hat.
Eine mögliche Urheberschaft der Schüsse in der Neonazi-Szene war von den Betroffenen und antifaschistischen Initiativen allerdings immer in Betracht gezogen worden. Im Aufruf zur antifaschistischen Meierei-Demo vom Frühjahr 2010 hieß es: „Die Schüsse auf die Alte Meierei sind […] nicht vom heiteren Himmel gefallen. Dass Neonazis immer wieder durch den Gebrauch von Schusswaffen und Morden an ihren GegnerInnen und Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, auffallen, ist weder in der BRD noch anderswo etwas Neues. Es ist nicht überraschend, dass auch die lokale Neonaziszene Zugang zu Schusswaffen hat: Nachweisliche Verwicklungen von schleswig-holsteinischen Neonazis, die teils in Verbindung zur Kieler Naziszene stehen, in den Waffenhandel sind bekannt. Und nicht zuletzt zielt die nationalsozialistische Ideologie programmatisch auf die rassistisch und antisemitisch motivierte Vernichtung und der gewaltsamen Unterdrückung von Menschen ab„. Nach den Schüssen demonstrierten am 13. März 2010 etwa 1300 AntifaschistInnen in Solidarität mit der Alten Meierei und allen Betroffenen faschistischer Gewalt in Kiel.
>> Video des NDR, 9.10.12: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/schleswig-holstein_1800/media/shmag18093.html
Presse:
>> Kontakte zu NSU-Terroristen. War Rocker-Zeuge ein V-Mann? (kn-online.de, 5.10.12)
>> Kronzeuge gegen Hells Angels. Die unglaubliche Geschichte (spiegel.de, 8.10.12)
>> Ermittlungen zu NSU und Hells Angels. Phantastischer Zeuge (süddeutsche.de, 8.10.12)
>> Ex-Rocker vor Gericht. Spitzel, Lügner, Kronzeuge (shz.de, 9.10.12)
http://www.antifa-kiel.org/http://www.neu.antifa-kiel.org/wp-content/uploads/import/ynwa/Bilder/demo-front-1-s.jpg

Erfolgreiche antifaschistische Meierei-Demo in Kiel

Am 13. März 2010 beteiligten sich insgesamt weit über 1300 AntifaschistInnen an der Demonstration „Youll never walk alone! Solidarität mit der Alten Meierei und allen Betroffenen faschistischer Gewalt! Nazistrukturen in Kiel und andernorts zerschlagen – linke Gegenkultur stärken!“ in Kiel anlässlich der Schüsse auf die Alte Meierei im Januar. Wir bedanken uns bei allen GenossInnen und FreundInnen, die die Demo heute und im Vorfeld unterstützt haben und den 13.3.2010 zu einem erfolgreichen Tag für die antifaschistische Bewegung in Kiel gemacht haben.
Kein Schritt zurück: Mit linken Zentren antifaschistisch in die Zukunft!
demo front

Berichte

>> Pressemitteilung des Vorbereitungskreis 13.3.
>> Bericht auf Indymedia: 1400 Leute auf Soli-Antifa-Demo
>> Bericht auf Kielkontrovers: Mein Eindruck von Demo gegen rechte Gewalt am 13.3.
>> Bericht auf Dremufuestias: 1300 AntifaschistInnen sind doch mal was
>> Pressespiegel
Bilder
>> altemeierei.de
>> 1 | 2 | 3
Redebeiträge
>> Vorbereitungskreis 13.3.
>> Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel
>> marlene hates germany
>> rebelti@s musicales
>> Buchladen Zapata
>> Autonome Antifa-Koordination Kiel
>> Basta! Linke Jugend
Infos
>>
Aufruf

>> Weitere Aufrufe zur Demo

>> Solidaritäts-Erklärungen
>> Mobilisierungsmaterial

>> Pressemitteilungen
>> Interview mit AntifaInfo (FSK Hamburg) zur Demo (ZShare)

Redebeitrag des Vorbereitungskreis 13.3. auf der antifaschistischen Meierei-Demo am 13.3.10 in Kiel

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten – liebe Kielerinnen und Kieler! Wir haben uns hier zusammengefunden, um heute gemeinsam unter der Motto „YOU’LL NEVER WALK ALONE! Solidarität mit der Alten Meierei und allen Betroffenen faschistischer Gewalt! Nazistrukturen in Kiel und andernorts zerschlagen – linke Gegenkultur stärken!“ zu demonstrieren. Der Anlass, der uns auf die Straße treibt, sind zwei scharfe Schüsse, die in der Nacht zum 20. Januar dieses Jahres auf ein beleuchtetes Fenster des linken Wohn- und Kulturprojektes Alte Meierei abgefeuert wurden. Nur dem Glück ist es zu verdanken, dass die Person die sich zeitgleich im Raum aufhielt, nicht zu Schaden gekommen ist. Wir gehen davon aus, dass die TäterInnen der Naziszene entstammen: Nicht zuletzt deshalb, weil die Alte Meierei als Symbol antifaschistischer und linker Praxis in Kiel seit ihrer Existenz immer wieder Angriffen durch ihre GegnerInnen ausgesetzt war, die sich gegen das emanzipatorische Selbstverständnis der Meierei richteten. Nicht nur denen durch Auflagen und Verbote seitens städtischer Behörden und der Lokalpolitik, sondern eben auch gezielten, direkten Angriffen durch FaschistInnen. Ihre Geschichte reicht bis in die frühen 1990er zurück und von Gewaltmobs vorm Haus, über Attacken gegen Meierei-BesucherInnen auf dem Nachhauseweg bis hin zu einem missglückten Brandanschlag. Die Schüsse diesen Januar sehen wir in dieser Reihe und damit als weitere Stufe der Eskalation von Angriffen auf die Alte Meierei. Der Hintergrund der Schüsse auf die Meierei ist aber noch weitergehender. So sind diese nicht urplötzlich gefallen, sondern geschehen in einer Reihe von faschistischen Angriffen auch auf andere linke oder alternative Projekte und Menschen in Kiel, die in dieser Häufung seit mittlerweile zwei Jahren andauern. Das jüngste Beispiel solcher nächtlichen Naziangriffe in Kiel sind die vor wenigen Wochen wiederholt eingeschlagenen Scheiben beim Buchladen Zapata.

Wir sind heute auf der Straße, um den Betroffenen faschistischer Gewalt unsere Solidarität auszudrücken und einmal mehr deutlich zu machen, dass das Ziel der Nazis, damit antifaschistische, linke oder sonstige ihrem Weltbild widerstrebenden Strukturen zu schwächen, vergebens und alles andere als erreicht worden ist. Im Gegenteil: Wir sind heute auch hier, um anzukündigen, dass die antifaschistische Bewegung in Kiel auch in Zukunft allen AntisemitInnen, RassistInnen und NationalistInnen ihr Leben erschweren wird und dass ihre öffentlichen Auftritte und Propaganda wie in den vergangenen Jahren auch, von uns weiterhin nicht geduldet werden.

Und wir lassen uns natürlich auch von Schüssen nicht einschüchtern, sondern werden jetzt erst recht eine lebhafte, vielfältige, widerständige linke Gegenkultur leben, in der Meierei und wo immer es uns passt.

Unsere heutige Demo richtet sich aber nicht nur gegen die FaschistInnen, sondern hat gleichfalls das weitergehende Ziel, diejenigen Teile der städtischen Öffentlichkeit anzugreifen, die den Nazis ihr Handeln erleichtern. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die lokale Monopolpresse der Kieler Nachrichten. Ihre, in guter deutscher Obrigkeitsgläubigkeit insbesondere an der Linie der Kieler Polizei orientierte Berichterstattung, verschweigt nicht nur eine Vielzahl der Naziaktivitäten in dieser Stadt, sondern verharmlost oder entpolitisiert diese in unerträglicher Weise. Nicht fehlen darf bei dieser Strategie, Naziaktivitäten und das glücklicherweise damit verbundene Konfliktpotential unter den Tisch zu kehren, deren elendige Gleichsetzung mit antifaschistischer Gegenwehr und linker Politik als sogenannten Extremismus. Dies ist freilich keine lokale Besonderheit, sondern politischer Mainstream im Sinne der für einen ernsthaften Erkenntnisgewinn völlig unbrauchbaren Extremismustheorie, die gerade aktuell weiter auf dem ideologischen Vormarsch ist. Diese „antiextremistische“ Logik, die hinter der mehrheitlichen KN-Berichterstattung des Totschweigens, Verharmlosens und Denunzierens steht, will politische Zusammenhänge von Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und Nazis nicht erkennen und hat keinen Begriff von deren Notwendigkeit. Sie offenbart ihre fatalen Folgen dann, wenn auf die Alte Meierei scharf geschossen wird, aber die Stadt von keinem Aufschrei der Solidarität erfasst wird, die über vergleichsweise kleine Kreise hinaus geht.

Auch aus diesem Grund gehen wir heute einmal mehr auf die Straße: Wenn mächtige Teile der städtischen Öffentlichkeit in ihrer „antiextremistischen“ Verblendung keine Notwendigkeit darin sehen, die Bedrohung durch bewaffnete Nazis und ihre Angriffe zu thematisieren, müssen wir alle, für die dies eine politische Selbstverständlichkeit ist, auf die weiterhin aktuelle Notwendigkeit des antifaschistischen Kampfes beharren.
Wenn auf die Alte Meierei geschossen wird, werden wir die Kultur für die sie steht stärken, werden linke Zentren und von der Norm abweichende Lebensformen vor Angriffen, von wem auch immer sie kommen, schützen und ihre Infrastruktur nutzen und ausbauen. Wir werden weiter eine offensive antifaschistische Gegenkultur leben – in der Alten Meierei und überall sonst. Wir werden uns Nazis entgegenstellen und weiter ihre ideologischen Grundlagen angreifen. Wir lassen uns nicht von KN, Polizei und der Ideologie der handlungsunwilligen ExtremistInnen der Mitte denunzieren und werden linke Politik verteidigen. Wir werden an all dem, dem die Schüsse auf die Alte Meierei galten, festhalten und sehen uns genau deshalb in seiner Wichtigkeit bestärkt! Solidarität mit allen Betroffenen faschistischer Gewalt!

Nazistrukturen zerschlagen – Gegenkultur stärken!

Mit linken Zentren antifaschistisch in die Zukunft!

Lucha y fiesta ? que se vayan todos! Redebeitrag der Konzertgruppe rebelti@s musicales auf der antifaschistischen Meierei-Demo am 13.3.10 in Kiel

Hallo,
Wir sind nicht froh, dass wir immer wieder gegen faschistische Gewalt und
anti-antifaschistische Medien und Politik demonstrieren müssen. Trotzdem sind wir
aber auch sehr froh, dass wir heute so relativ locker demonstrieren können, dass wir
keine weiteren Verletzten oder sogar Toten zu beklagen haben.
Die Schüsse auf die Meierei zeigen uns einmal mehr: wir leben gefährlich, wenn wir
uns nicht dem freiheitlich-demokratisch verordneten Zwang unterwerfen, uns in den
Fernsehsessel zu setzen und ansonsten den Mund zu halten. Das Projekt Alte Meierei
ruft mit jedem Millimeter seines Daseins dazu auf, aufzustehen, den Mund aufzumachen
und sich selbst darum zu kümmern, dass schweigende Fernsehsessel irgendwann auf dem
Sperrmüllhaufen der Geschichte landen.
Aus diesem Grund war die Meierei schon immer Anziehungspunkt für dunkle Gestalten
wie Nazis, Ordnungshüter und Politiker, die allesamt bei Begriffen wie ‚Freiheit‘
und ‚Solidarität‘ oder einfach nur ’selber denken und selber machen‘, ganz schnell
rot anlaufen, Schaum vor dem Mund bilden und auf ihre jeweils eigene Art um sich
schlagen.

Die Meierei, wie auch der Zapata-Buchladen, die Hansastr.48, das Wohnprojekt am
Timmerberg, die Arbeitsloseninitiative, all diese Projekte eint, dass sie versuchen,
Alternativen zum gleichgeschalteten Fernsehsesseldasein aufzuzeigen, sie sind alle
Projekte gegen die herrschende Kultur von Vereinzelung und Oberflächlichkeit, gegen
die Ignoranz gegenüber allem, was nebenan passiert. All diese Projekte werden
angegriffen, weil sie öffentlich für ein solidarisches Miteinander und für ein
selbstbestimmtes Leben eintreten.

Die Neurotic Arseholes sangen einmal vor vielen Jahren: ?Wir wollen leben, ein
ganzes Leben lang – heute und jetzt und nicht irgendwann, damit der Tod uns auch
wirklich tot antreffen kann.? Nur, wie soll man leben, wenn überall um uns herum nur
Krieg und Gewalt, Rassismus, Sexismus und Unterdrückung aller Art toben, wenn immer
weniger Menschen auf der Welt die Chance haben, überhaupt nur daran zu denken, was
‚leben‘ eigentlich sein könnte? Wie soll mensch da noch leben können?

Wir versuchen es trotzdem! Wenn wir uns die Freude am Leben nicht verderben lassen,
sind wir auch in der Lage, zu spüren, was im Land und auf der Welt wirklich alles
faul ist. Wir als rebeltias, eine der Veranstaltungsgruppen in der Alten Meierei,
wollen mit unseren Aktivitäten dazu beitragen, dass wir alle das Leben und das
Feiern nicht verlernen, und gleichzeitig wollen wir ein Stückchen Raum für
Kommunikation und Austausch bieten.

Die Musik, Kultur und Geschichten, die Bands aus den verschiedenen Vierteln der Welt
zu uns bringen, zeigen uns, dass die Kämpfe um Freiheit, um eben dieses
selbstbestimmte Leben Alltag sind für viele viele Menschen rund um den Globus. Und
wir sehen auch, dass diese Kämpfe auf den verschiedenen Flecken der Welt so
unterschiedlich sind wie die Anzahl der Menschen, die sie führen. Ob Frankreich,
Kurdistan, oder Mexico, USA, Baskenland, oder Türkei, Katalonien, Palästina oder
Israel, Kopenhagen, Koblenz oder Kiel – es gibt keinen einen Weg zur Revolution,
aber es gibt einen gemeinsamen Weg, den wir mit vielen verschiedenen Menschen
zusammen gehen können.

Zusammen ist eine andere Welt möglich und bitter nötig. Zusammen können wir die
Verhältnisse zum Tanzen bringen, wenn wir die schweigende Mehrheit verlassen, unsere
Augen und Ohren öffnen, und laut sagen, was ist.

Lucha y fiesta ? que se vayan todos!

Feiern und kämpfen ? auf dass sie alle verschwinden!* *

Allerdings können wir mit den meisten Menschen diesen internationalen Austausch gar
nicht haben; viele Bands können wir in der Meierei nicht veranstalten. Und das
nicht nur, weil sie nicht die Mittel haben, hierher zu reisen. Es ist nach wie vor
so, dass vielen vielen Menschen auf der Erde das Recht verwehrt wird, sich frei zu
bewegen.

Die großen kapitalistischen Blöcke, allen voran die EU und die USA, sind schon lange
zu Festungen des Reichtums geworden, an deren Außengrenzen jedes Jahr Hunderte von
Menschen grausam zu Tode kommen. Menschen, die sich nichts weiter erhoffen, als ein
würdiges Leben zu finden. Um das hier noch einmal ganz deutlich zu sagen: Die
Abschottungspolitik der EU bedeutet Massenmord! Nirgendwo zeigt die EU ihre
rassistische menschenverachtende Fratze so deutlich wie an seinen Außengrenzen.

Dass auch innerhalb der EU Flüchtlinge nicht sicher vor Staatsterror und Rassismus
sind, beweist auf erneute und sehr tragische Weise der Suizid von David aus
Georgien, der nach Deutschland geflüchtet war und vom Hamburger Senat in den
Abschiebeknast gesteckt wurde, anstatt ihm in seiner schwierigen Situation zu
helfen. Die öffentlichen Diskussionen um das Alter von David belegen dabei auf
widerliche Weise die gesellschaftliche Akzeptanz dieser mörderischen und
menschenverachtenden deutschen Asylpolitik.

Wenn wir sagen, wir wollen leben, dann meinen wir damit alle Menschen! Alle Menschen
haben das Recht zu leben, wie, wann und wo sie wollen. Deshalb rufen wir heute und
bis ans Ende der Tage dazu auf: Alle Grenzzäune einreißen, shut down fortress
Europe! Shut down every fortress! Alle Festungen einreißen! Hoch die internationale
Solidarität!

Auch die Alte Meierei hat nach den Schüssen viel internationale Solidarität
erfahren. Zum Beispiel sorgten Bands wie KOP und Obrint Pas dafür, dass Infos über
die Schüsse und ein Aufruf zur Solidarität auf zahlreichen Websites im spanischen
Staat veröffentlicht wurden. Eine Mail der baskischen Band Sagarroi, die wunderbar
die Zärtlichkeit internationaler Solidarität zusammenfasst, wollen wir euch nicht
vorenthalten.
?Eine dicke solidarische Umarmung für die Alte Meierei aus dem Baskenland. Unsere
Unterstützung gilt allen Menschen, die für die Freiheit und den Antifaschismus
arbeiten, für alle Menschen, die organisieren, teilnehmen, denken, sprechen,
arbeiten, singen, tanzen, arbeiten, zeichnen, lachen, arbeiten, weinen….um eine
Gegenkultur zu schaffen, eine leuchtende und heisse linke Alternative, gegen
diejenigen, die die ewige Dunkelheit der kalten Nächte des Winters predigen.?

Rein metereologisch betrachtet gehen die kalten Nächte des Winters langsam dem Ende
entgegen, diejenigen jedoch, die die ewige Dunkelheit predigen, verschwinden leider
nicht in den Gullis der Geschichte ? so wie zumindest temporär die Hundescheiße auf
Gaardens Straßen mit dem tauenden Schnee… Dass gerade der Naziterror in Kiel in
der letzten Zeit Ausmaße angenommen hat, die immer wieder Menschen an den Rand des
Todes bringen, zeigt uns allen, dass man jeder Erscheinungsform des Faschismus
absolut nicht einen einzigen Millimeter Platz geben darf. Nicht erst wenn Menschen
sterben, ist dieser Punkt erreicht!
Wir begrüßen deshalb ausdrücklich alle antifaschistischen Aktionen, die in den
vergangenen Monaten Nazis aus der Anonymität geholt und den braunen Schlägern ihre
Grenzen aufgezeigt haben!
Wir begrüßen, dass heute soviele Menschen gegen diesen ganzen Scheiß auf der Straße
sind.
Wir begrüßen, dass Nazis auch mit ihrem ständigen Nacht- und Nebelterror in Kiel
keinen Fuß an Deck kriegen!
Und wir begrüßen, dass trotz der ganzen Heuchelei, Lügen und Schweigen von Kieler
Nachrichten, Politik und Polizei – dass trotzdem Kiel weiterhin eine
antifaschistische Hochburg bleiben wird!

Redebeitrag der Kieler Gruppe marlene hates germany auf der antifaschistischen Meierei-Demo am 13.3.10 in Kiel

Links gleich Rechts und Außen gegen Mitte. Nationalsozialismus gleich Antifaschismus.

Nicht erst seit den ideologischen Debatten, im Zuge der schwarz-gelben Regierungsbildung, um Förderungsprogramme gegen „Rechtsextremismus“ und Gewalt geistert der so genannte Extremismus-Begriff durch die deutsche Diskussionslandschaft.

Schon längst hat sich die „Extremismus-Forschung“ als eigenständiger, interdisziplinärer Bereich der Sozialwissenschaften etabliert, die eine vulgarisierte, post-kommunistische Form der Totalitarismus-Theorien des Kalten Krieges darstellt und auf Grund ihrer intellektuellen Einfachheit gerne von der deutschen Politik rezipiert wird. Während die Totalitarismus-Theorie sich mit bestehenden diktatorischen Regimen auseinandersetzte, konstruiert die Extremismus-Formel eine demokratische Mitte der Gesellschaft, die durch Extremist_innen unterschiedlichster Couleur gleichermaßen bedroht sei. Berührungspunkte finden sich vor allem dort, wo die Totalitarismus-Theorie sich mit den jeweiligen totalitären Bewegungen beschäftigt. Hier existiert für keine_n jener vermeintlichen Empiriker_innen eine Überschneidung des jeweiligen Totalitarismus/Extremismus mit einer bürgerlichen Ideologie der Mitte. Völkischer Nationalismus, Antisemitismus und autoritärer Ordnungswahn wurden und werden zu Randphänomenen erklärt; das Ressentiment, das in Auschwitz endete, als fester Bestandteil der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft verneint.

Es wurde unlängst von kritischen Sozialwissenschaftler_innen konstatiert, dass die Totalitarismus-/Extremismus-Theorie nicht mehr als reine Ideologie sei, auch wenn sie sich selbst als Wissenschaft ausgibt. Doch lässt sich mit ihr zum einen eine als positiv interpretierbare deutsche Identität konstruieren und zum anderen jenen, die die Emanzipation forcieren und in ihrer alltäglichen politischen Praxis die postnazistische Gesellschaft kritisieren, eine generelle Unglaubwürdigkeit ausstellen. Gerade letzteres dient den Behörden und der lokalen Politik immer auch dazu antifaschistische Politik zu behindern und zu diffamieren.

Dort wo die deutschen Verbrechen an den europäischen Juden und Jüdinnen in eine Reihe gestellt werden mit anderen Verbrechen diktatorischer Regime – und seien diese noch so verabscheuendswert -, verlieren sie ihre Singularität und gehen unter in einem allgemeinen „Jahrhundert des Terrors”. Die Kontinuität zum Nationalsozialismus verliert so ihr Tabu, da mit dem Verweis auf angeblich gleiche Situationen andernorts Vergleichbarkeiten hergestellten werden und sogar darauf verwiesen werden kann, dass man ja selbst die “Schrecken des Krieges” besser als andere aufgearbeitet habe. So verwundert es nicht, dass gerade die Apologeten der Extremismus-Formel, Eckhard Jesse und Uwe Backes, mit ihrem Vorstoß einer Historisierung des Nationalsozialismus die Loslösung der Geschichte der Bundesrepublik von demselben anstreben und zumindest für ihr wissenschaftliches Klientel den oft geforderten Schlussstrich unter der deutschen Geschichte schon längst gezogen haben.

Gleichzeitig findet in Folge jenes Diskurses eine Verschiebung des politischen Fokus der bundesrepublikanischen Förderprogramme, weg vom „Kampf gegen Rechts“ hin zu einem allgemeinen “anti-extremistischen” Eintreten gegen „Gewalt und Demokratiefeindlichkeit“ und damit eine generellen Gleichsetzung von linksradikaler Politik mit neonazistischen Umtrieben, statt. Beide so genannten Randgruppen werden als politische Gegenpole zur bestehenden freiheitlich-demokratischen Grundordnung angesehen. Es ist den selbsternannten “Anti-Extremist_innen” egal, wodurch oder mit welchen Mitteln das schlechte Bestehende ersetzt bzw. überwunden werden soll. Die kapitalistische Ordnung wird so zur einzig denkbaren Freiheit erklärt und die Alltagswiderlichkeiten des falschen Ganzen zum Randgruppenphänomen. Dies würde bedeuten, dass die gegen die vorherrschenden Ungleichheitsideologien, die eben auch zentrale Inhalte der NS-Ideologie sind, gerichtete Kritik, die eine praktische Emanzipation zum Ziel hat, sinnfrei wäre, da der Gegenstand derselben nur von einem “politischen Spektrum” getragen wird und nicht gesellschaftlich verwurzelt ist, wie uns die Extremismus-Theorie glauben machen will.

Eine Gleichsetzung durch “Anti-Extremist_innen” delegitimiert praktische antifaschistische Arbeit und linke Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft gleichermaßen. Diejenigen, die bei Naziaufmärschen, Stadtteilarbeiten und Kulturprojekten sich gegen nationalsozialistische Bestrebungen einsetzen werden mit den willigen Vollstrecker_innen nazistischer Ideologie auf eine Stufe gestellt. Dass ein Zusammenwerfen politischer Strömungen nicht etwa bedeutet, dass eine intellektuelle Auseinandersetzung mit offen nationalsozialistischen Einstellungen eintritt beweist das Beispiel einer Bundesministerin Kristina Schröder, die in ihren Bundestagsreden gerne mal aus dem Nazi-Blatt Junge Freiheit zitiert. Hier muss uns als Repräsentant_innen einer besseren Gesellschaft in der falschen klar sein, dass jene “anti-extremistischen” Spinnereien linksradikale Positionen noch stärker als es ohnehin der Fall ist marginalisieren. Rechte Vordenker_innen gelingt es hingegen ihre Verknüpfung mit der bürgerlichen Mitte zu nutzen, da einerseits auch für die Extremismus-Formel der Übergang von konservativer und offen neonazistischer Weltanschauung fließend ist und andererseits sich die Theoretiker_innen jener Formel selbst des öfteren durch antisemitische und geschichtsrelativierende Äußerungen hervortun.

Auf der Ebene der praktischen Politik in der deutschen Provinz muss die Extremismus-Formel jedoch auch immer zum Schönlügen von Naziproblemen und zur Kriminalisierung antifaschistischer Praxis herhalten. Während sich die Extremismus-Formel meistens gegen linke Aktivist_innen richtet, haben wir es in Kiel mit einem besonderen Spezifikum des “anti-extremistischen” Ringelreigens zutun: Der Entpolitisierung und des Verschweigens. Statt das Problem einer gewaltbereiten Naziszene zu thematisieren und seine Leser_innen aufzuklären entpolitisiert das örtliche Lokalblättchen, die KN, das Thema vollends: Da werden Naziangriffe zu Auseinandersetzungen rivalisierender Jugendgangs, antisemitische Nazi-Flyer zu interessantem Material zum Nahostkonflikt und Schüsse auf die Alte Meierei werden mit der gleichen Aufmerksamkeit bearbeitet wie die letzte Messerstecherei in einer beliebigen Disko. Die Notwendigkeit einer antifaschistischen Arbeit wird weder erkannt, noch honoriert.
Dieses Klima der Ignoranz gegenüber neonazistischer Gewalt ist ebenso erschreckend wie gefährlich und zeigt nur zu deutlich, wie dringend es ist einen ernsthaften Bruch mit dem Extremismus-Begriff zu suchen und der bürgerlichen Gesellschaft ihr Märchen von der demokratischen Mitte zu nehmen. Denn nicht alles, was von ihr kommt ist harmlos und so werden wir auch weiterhin unsere Kritik an ihr haben.

Keine Märchen für Deutschland!
Den Unsinn der Extremismus-Theorie kollektiv verweigern!

Redebeitrag über Neonazi-Strukturen in Schleswig-Holstein auf der antifaschistischen Meierei Demo am 13.3.10 in Kiel

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen.

Wenn wir heute anlässlich der enrneuten, schwerwiegenden Nazi-Übergriffe auf linke Projekte in Kiel auf der Straße sind, lohnt es sich auch einmal mehr, einen Blick auf die Entwicklungen der Neonaziszene in Schleswig-Holstein zu werfen, denn aktiver Antifaschismus ist nur möglich, wenn wir ihre Strukturen und Akteure kennen – um Aufzuklären und zu Handeln.

Die heutigen Nazistrukturen sind ein Ausdruck eines allgemeinen Wandels innerhalb der schleswig-holsteinischen Naziszene. Die Strukturen des aus Ende der 1990ern hervorgegangenen Spektrums der „freien Kameradschaften“, welche Anfang des Jahrtausends die Führung in der schleswig-holsteinischen NPD übernehmen konnten, waren mit dem Versuch „Combat18“-Gruppen aufzubauen selbst für die deutschen Repressionsorgane zu weit gegangen. Wichtige Nazi-Aktivisten diese Spektrums – wie z.B. Peter Borchert – sahen sich mit Gefängnisaufenthalten konfrontiert, waren in in dessen Folge unter einander zerstritten und außerdem zumindest in der NPD politisch entmachtet worden.
Um 2005 war die schleswig-holsteinische Neonazisszene dominiert und geführt von einem sich eher spießbürgerlich gebenden NPD-Landesverband, der die Reste der offen gewalttätigen Kameradschaftsszene in sich integrieren und weitestgehend ruhig halten konnte. Darüber hinaus war nicht viel los. Öffentliche Auftritte von Nazis waren, das können wir zumindest für Kiel sagen, dementsprechend geprägt vom isolierten, regungslosen „Hinter-Bullenketten-Stehen“, umzingelt von wütenden AntifaschistInnen. In Anbetracht dessen wurden Versuche von Aufmärsche, Kundgebungen und Demos ob der wenig motivierenden Situation immer seltener. Mit Ausnahme des Wahlkampfauftaktes in Steinburg 2005 fand Nazigewalt selten am Rande von offiziellen Nazi-Veranstaltungen statt, sondern hauptsächlich in Verbindung mit Alkohol und abseits politischer Aktionen.

Vor etwa 2 Jahren änderte sich diese Tendenz in Schleswig-Holstein wieder: Die bundesweite Nazi-Trenderscheinung „Autonome Nationalisten“ erreichte auch den Norden und verbreitete sich in Kiel – wo dieser Prozess durch die Haftentlassung Peter Borcherts erheblich beschleunigt wurde – und nahezu im gesamten Bundesland. Selbsternannte „Aktionsgruppen“ sprossen wie Pilze aus dem Boden, mal als Internet-Phantom, oft aber auch begleitet von einem hohen, extrem gewaltfixierten Aktionismus. Bisherige Höhepunkte dessen waren z.B. die Angriffsserien auf linke bzw. alternative Läden in Kiel in den vergangenen 2 Jahren, der Brandanschlag auf das alternative Kulturzentrum T-Stube in Rendsburg letzten Sommer oder auch die verschieden Angriffen auf Antifas in Neumünster. Eine vollständige Aufzählung der Naziaktionen der letzten Jahre in Schleswig-Holstein würde hier den Rahmen sprengen.

Schwerpunkte dieser modernisierten Kameradschaftstrukturen mit Namen „Autonome Nationalisten“ haben sich seitdem vor allem in Kiel, im Kreis Steinburg, in Dithmarschen, aber auch in Neumünster oder in Rendsburg herausgebildet. Und diese sind untereinander vernetzt: Man fährt gemeinsam zu Nazidemonstrationen auch in andere Bundesländer, unterstützt sich gegenseitig bei eigenen Aktionen und betreibt ein gemeinsames Internetportal. Es sind z.B. auch mehrere Busse voller Nazis aus Schleswig-Holstein am 13. Februar 2010 zum erfreulicherweise verhinderten verhinderten Aufmarsch nach Dresden gefahren.

Auch im einzigen offen bestehenden Nazitreffpunkt in Schleswig-Holstein, dem Club 88 in Neumünster, hat die Wiederbelebung so genannter „freier“ Nazistrukturen Spuren hinterlassen: Aus dem erklärten Interesse dieser neuen Nazigeneration heraus, die Existenz eines ihrer bundesweit wenigen, ausdrücklich nationalsozialistischen Treffpunkte zu sichern und zu nutzen, scheint der Club 88 in den letzten 2 Jahren eine kleine Renaissance erlebt zu haben. Nicht nur dadurch, dass erstmalig wieder größere Veranstaltungen abseits der obligatorischen Geburtstagsfeiern stattfanden, sondern auch dass der Club88 wieder öfter als offene Infrastruktur für politische Tätigkeiten genutzt wurde.

In der Gesamtsituation gibt es allerdings im Unterschied zu früheren Jahren trotz der Erneuerung des offen neonazistischen und gewaltfixierten Spektrums keinen wahrnehmbaren Flügelkampf in der rechten Szene Schleswig-Holsteins. Im Gegenteil: Immer wieder wurde deutlich, dass „Aktionsgruppen“ und NPD, deren Mitglieder sich ohnehin überschneiden, eng miteinander kooperieren: Der insgesamt vergleichsweise spärliche Land- und Bundestagswahlkampf der NPD 2008 wäre ohne die Mithilfe der erlebnisorientierten Aktionsgruppen wohl noch dürftiger ausgefallen. Aktionsgruppen und NPDlerInnen hängten zusammen Plakate auf, verklebten Aufkleber und NPD-Vorzeigespießer Ingo Stawitz tuckerte einträchtig mit einer der Führungspersonen der „Aktionsgruppe Kiel“, Daniel Zöllner, in einem alten Wohnmobil durch Teile Schleswig-Holsteins und beschallte die Umwelt mit schlechten Reden.

Aber auch die „Aktionsgruppen“ durften wie schon bei den letztjährigen Kommunalwahlen wieder ihre eigene aktionistische Note mit in den Wahlkampf einbringen: In Kiel, vor allem im Stadtteil Wik, versuchten bewaffnete Neonazis die NPD-Nazipropaganda vor PlakatpflückerInnen zu beschützen, und im letzten September kam es zu einem brutalen Angriff auf eine Gruppe alternativer Jugendlicher in zeitlicher und räumlicher Nähe zu einer Anti-NPD-Wahlkampfparty in der Alten Meierei.

Dass es nun schon wieder zu zwei Angriffen auf linke Projekte in Kiel kam, nämlich auf den Buchladen Zapata und die Alte Meierei, von denen einer auch mit Schusswaffen durchgeführt wurde, ist Ausdruck einer qualitativen Verschärfung dieser allgemeinen Tendenz innerhalb der Naziszene. Diesen und allen anderen Betroffenen von Nazigewalt sprechen wir an dieser Stelle unsere ausdrückliche Solidarität aus!

Der derzeitige Zustand der schleswig-holsteinischen Nazisszene lässt sich also zusammenfassend als politisch nach wie vor an der NPD orientiert beschreiben, wobei die Partei auf die Unterstützung der oft jungen und motivierten „Aktionsgruppen“ angewiesen ist, sich aber auch auf diese verlassen kann. Im Gegenzug scheinen die zeitweisen Gewaltexzesse der Aktionsgruppen vom gemäßigteren Parteiflügel der NPD akzeptiert zu werden.

Eine kleine Erneuerung hat es mittlerweile auch wieder bei einer anderen rechten Partei gegeben: Die DVU, welche lange Zeit in Schleswig-Holstein und fast im ganzen Bundesgebiet nur auf dem Papier existierte, versucht seit kurzem mit neuen Leuten wie dem Ex-NPDler Kevin Stein in Nordfriesland und dem bundesweit bekannten Neonazi-Kader Christian Worch wieder aus der Versenkung hervorzutreten. Sie kündigt öffentliche Auftritte und Propagandaaktionen an. Erstes wahrnehmbares Zeichen hinter diesen Ankündigungen war eine Kundgebung in Husum vor einer Woche, der nun noch mehr folgen sollen. So will die DVU am 17. April in Plön eine Kundgebung abhalten, zu der wir natürlich eine entsprechende Antwort finden werden.

Wie auch immer: Die insgesamt erstarkte offen neonazistische Szene in Schleswig-Holstein, die das Fundament der gewalttätigen Aktionen gegen linke und alternative Einrichtungen und Menschen ist, macht eine offensive alltägliche antifaschistische Praxis und das Anliegen der heutigen Demonstration umso erforderlicher. Beim Kampf gegen die Nazis verlassen wir uns jedoch weder auf unregelmäßige Versuche die Nazi-Organisationen zu verbieten, noch stellen wir irgendwelche Forderungen an die Polizei oder andere staatliche Organe, weil wir wissen, dass in der Logik des Staates auch wir als linke AntifaschistInnen durch den Verfassungsschutz und seine Extremismustheorie zu Feinden erklärt werden.

Wir vertrauen auf das solidarische Zusammenstehen aller emanzipatorischen Menschen gegen die Nazis und wir nehmen die Sache selber in Hand:

Nazi-Aktionsgruppen, NPD, DVU und alle anderen rassistischen, nationalistischen und antisemitischen Banden zerschlagen!
Übernehmt Verantwortung: Organisiert die autonome Antifa!

YOU’LL NEVER WALK ALONE!

Solidarität mit der Alten Meierei und allen Betroffenen faschistischer Gewalt!

Nazistrukturen in Kiel und andernorts zerschlagen – linke Gegenkultur stärken!

Demonstration | 13.3.2010 | 14 Uhr | Bahnhofsvorplatz | Kiel

In der Nacht zum 20. Januar 2010 wurde das linke Kultur- und Wohnprojekt Alte Meierei in Kiel mit scharfer Munition beschossen. Mindestens zwei Schüsse wurden auf ein beleuchtetes Fenster des Wohnbereichs abgefeuert. Die Projektile durchschlugen das Fenster und trafen die Decke des Zimmers. Eine Person, die sich zeitgleich in dem Raum aufhielt blieb glücklicherweise unverletzt.

Was es bedeutet, wenn auf die Alte Meierei geschossen wird; welche Entwicklung von Angriffen auf linke und alternative Projekte in Kiel den Schüssen voraus ging; welche Faktoren in der Stadt und im politischen Mainstream diese Entwicklung begünstigt haben; warum wir trotz unbekannt gebliebener TäterInnen kaum Zweifel daran haben, dass die Urheberschaft in der Neonaziszene zu suchen ist und warum wir dazu aufrufen, sich offensiv solidarisch mit den NutzerInnen und BewohnerInnen der Alten Meierei sowie allen Betroffenen von faschistischer Gewalt zu erklären, wollen wir an dieser Stelle zum Thema machen.

Die Alte Meierei: Lokales Hassobjekt emanzipationsfeindlicher Unsympathen

Dass die Alte Meierei Ziel von Angriffen wird, ist nichts neues. Die Alte Meierei, aus den Kämpfen der HausbesetzerInnenbewegung der 1980er hervorgegangen, steht seit mittlerweile 26 Jahren für den Versuch, Gegenkonzepte zur herrschenden Gesellschaftsordnung zu entwickeln: Dies tut sie, indem sie institutionalisierten Hierarchien das Prinzip der Autonomie und der Selbstverwaltung entgegensetzt und den Anspruch hat, alltägliche Unterdrückung und Ausgrenzung mit einem Klima der Solidarität unter den NutzerInnen einzudämmen. Darüber hinaus ist die Meierei Infrastruktur sowie ein Ausgangsort außerparlamentarischer linker Politik in Kiel. In ihren Räumlichkeiten treffen und vernetzen sich politische AktivistInnen, hier haben unkonventionelle Subkulturen ein zu Hause und es finden Veranstaltungen statt, die die großen und kleinen Unerträglichkeiten bürgerlich-kapitalistischer Verhältnisse zum Thema machen.

Mit diesem Selbstverständnis findet die Meierei nicht nur viele FreundInnen in der Landeshauptstadt und kann sich auf ein relativ großes Umfeld von NutzerInnen und UnterstützerInnen stützen, sondern ist auch immer wieder Versuchen ausgesetzt, ihre lebendige und von der Norm abweichende Kultur zu zerstören. Diese kamen einerseits von ordnungsfanatischen städtischen Behörden und reaktionären Regierungen im Rathaus der Stadt Kiel. Ihr Höhepunkt war ein unter dem Vorwand von Brandschutzforderungen durch die damalige schwarz-grüne Koalition verhängtes, fast einjähriges Veranstaltungsverbot in den Jahren 2005/06, welches erst durch eine groß angelegte Solidaritätskampagne abgewehrt werden konnte. Andererseits ist die Alte Meierei seit ihrer Existenz auch immer wieder mit ganz direkten, offen gewalttätigen Angriffen konfrontiert, die auf das Konto von Neonazis gehen. Diese verachten nicht zuletzt deshalb die Meierei, weil sie wissen, dass sie wichtiger Teil und Symbol der antifaschistischen Bewegung Kiels ist, welche seit Jahren dafür sorgt, dass die Versuche der Nazis in der Stadt Fuß zu fassen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sind.

Seien es sich vor der Alten Meierei zusammen rottende Nazihorden Anfang der 1990er, seien es eingeschlagene Scheiben 2005, seien es der glücklicherweise nicht gezündete Brandsatz, Combat18 -Parolen und Aufmarschversuche gegen die Wiedereröffnung 2006 oder der Überfall auf vermeintliche BesucherInnen einer Antifa-Party im vergangenen Jahr: Den Schüssen vom 20.1. gingen eine Vielzahl Versuche von Neonazis voraus, die BewohnerInnen und NutzerInnen der Alten Meierei einzuschüchtern, zu bedrohen und zu gefährden, mit dem Ziel, deren offen nach außen getragenes antifaschistisches und linkes Selbstverständnis zu bekämpfen.

Wir sehen die Schüsse in diesem Zusammenhang in Anbetracht der Inkaufnahme der unmittelbaren Tötung von Menschen als eine andere, weitere Stufe der Eskalation von Angriffen auf die Alte Meierei.

Die Schüsse im Kontext der jüngsten Entwicklung Kieler Nazistrukturen
Die Angriffe auf die Alte Meierei stehen stellvertretend für eine Realität, mit der letztlich alle Projekte, die sich offen zu linker Politik, einer antifaschistischen Grundhaltung oder einem alternativen Lebensstil bekennen, konfrontiert sind.
Diese Realität wurde gerade auch in der Entwicklung der Kieler Neonaziszene, vor allem in den letzten zwei Jahren, immer wieder sichtbar. Im Fahrwasser des bundesweiten Trends der „Autonomen Nationalisten“ entstand hier aus langjährigen Nazikadern und jüngeren Nachwuchsnazis die sogenannte „Aktionsgruppe Kiel“, welche die kurzzeitige Dominanz einer sich eher spießbürgerlich gebenden NPD bei den Kieler Neonazis aufbrach.

Die „AG Kiel“ knüpft seit ihrer Gründung Anfang 2008 mit ihrem Habitus, ihrem offenen Bekenntnis zum historischen Nationalsozialismus und personellen Kontinuitäten an die Ausrichtung der hiesigen Naziszene um die Jahrtausendwende an. Sie machte seither vor allem durch Angriffe auf linke und alternative Projekte und Personen auf sich aufmerksam, eine Vielzahl eingeschlagener Scheiben und mehrere körperliche Angriffe auf vermeintliche oder tatsächliche NazigegnerInnen gehen auf ihr Konto. Aber auch Propagandaaktionen und Wahlunterstützung für die NPD, zu der durchgehend gute Kontakte und personelle Überschneidungen bestehen, gehören zum Programm der „AG Kiel“. (vgl. hierzu: www.antifa-kiel.org/index.php/chronologie.html) Doch nicht nur in Kiel sondern auch in anderen Teilen Schleswig-Holsteins kam es zu ähnlichen Entwicklungen, welche sich z.B. durch eine Vielzahl von Naziattacken in Neumünster oder durch den Brandanschlag auf das linke Zentrum T-Stube in Rendsburg im Juni ’09 zeigten.

Die Schüsse auf die Alte Meierei sind im Kontext dieser Abfolge von Naziaktivitäten zu sehen – sie sind nicht vom heiteren Himmel gefallen. Dass Neonazis immer wieder durch den Gebrauch von Schusswaffen und Morden an ihren GegnerInnen und Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, auffallen, ist weder in der BRD noch anderswo etwas Neues. Es ist nicht überraschend, dass auch die lokale Neonaziszene Zugang zu Schusswaffen hat: Nachweisliche Verwicklungen von schleswig-holsteinischen Neonazis, die teils in Verbindung zur Kieler Naziszene stehen, in den Waffenhandel sind bekannt. Und nicht zuletzt zielt die nationalsozialistische Ideologie programmatisch auf die rassistisch und antisemitisch motivierte Vernichtung und der gewaltsamen Unterdrückung von Menschen ab.

Was neu ist an den Schüssen auf die Alte Meierei, ist die Tatsache, dass diese im Kiel des 21. Jahrhunderts nicht mehr nur theoretische Möglichkeit, sondern Tatsache geworden sind. Es ist von daher wichtig zu überprüfen, welche Faktoren eine solche Entwicklung begünstigt haben und wie man ihr entgegen wirken kann.

KN und Kieler Polizei: Kleinreden, Totschweigen, Denunzieren

Verfolgt man die Kieler Neonaziaktivitäten der letzten Jahre regelmäßig, fällt auf, dass ihr Umfang in keinem Verhältnis zur Berichterstattung der lokalen Medien steht, deren weitgehendes Monopol in der Landeshauptstadt die Kieler Nachrichten innehaben. Hier ist von Naziübergriffen, wenn überhaupt und wider besseren Wissens nur in Randnotizen zu lesen – von Naziaktionen, die nichts mit spektakulären gewalttätigen Übergriffen oder Auseinandersetzungen zu tun haben, ganz zu Schweigen. Ausnahmen sind Fälle, in denen diese nach aufwendigen antifaschistischen Öffentlichkeitskampagnen nicht länger unter den Teppich gekehrt werden können oder wenn nach KN-Gesichtspunkten vermeintlich Unbeteiligte Opfer von Nazis wurden.

Wenn AntifaschistInnen versuchen, das Verteilen rassistischer Flugblätter zu stören, lassen in den KN „Extremisten […] die Fäuste fliegen“ (KN, 2.2.09). Wenn Neonazis öffentlich antisemitische Hetze verbreiten, ist im KN-Sprech in kaum zu überbietender Verharmlosung von einer „der rechten Szene nahestehenden Organisation“, von „Nationalen Sozialisten in deiner Stadt“, die „einen kritischen Umgang mit dem Nahostkonflikt“ fordern die Rede (KN, 10.3.09). Verhindern viele AntifaschistInnen, dass Neonazis ausgerechnet am 8. Mai in der Innenstadt mit einem geschichtsrevisionistischen Propagandatisch die durch die Alliierten herbeigeführte Befreiung Europas von dem Terror des deutschen Faschismus betrauern können, schreiben die KN von einem „Infostand der Rechten“, „auf dem etliche Informationsblätter lagen“ weil „vor 64 Jahren […] am 8. Mai der Zweite Weltkrieg [endete]“, auf den „Mitglieder des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus versuchten, mit Lautsprecherdurchsagen […] aufmerksam zu machen“ (!) (KN-online, 8.5.09). Wird wie am 18. April 2009 ein Mensch aufgrund seines Erscheinungsbildes von Nazis ins Koma geprügelt, ist dies den KN zwar einige Schlagzeilen wert, allerdings ohne dies in aller Deutlichkeit als faschistische Gewalt zu benennen, sondern geschehen „während gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen extremen Linken und Rechten“ (KN-online, 18.4.09).

Die Argumentationen der KN folgen stets dem gleichen Muster: „Extremisten“ tragen ihre Privatfehde aus oder wahlweise werden sogar „der Rechten nahe stehende kritische FlugblattverteilerInnen“ von „linken Störern“ bedroht, während die Polizei die Lage immer schnell im Griff hat und die Leidtragenden entweder „Unbeteiligte“ oder auch nur der Straßenverkehr sind (KN, 8.4.09). Dutzende kaputte Fensterscheiben in linken Projekten passen nicht in dieses Schema und so erlaubt es die KN-Logik, dass auch Kinderläden wie der in der betroffenen Hansastraße 48, schnell mal Teil eines „unpolitischen Bandenkrieges“ werden.

Werden die KN mit ihrer Berichterstattung konfrontiert, welche Naziaktivitäten konsequent totschweigt oder verharmlost, verweist sie in guter deutscher Obrigkeitshörigkeit auf Anweisungen der Polizei, die Geschehnisse bewusst zu vertuschen, um diese „unpolitischen Bandenkriege“ auf Kiels Straßen nicht weiter anzuheizen. Diese Strategie der gezielten Entpolitisierung und Verharmlosung von Naziaktivitäten ist in Kiel nichts neues und wird von der lokalen Polizeiführung seit Jahren gefahren – und wird auch dort nachfragenden PressevertreterInnen nahe gelegt. Während Medien von außerhalb sich oft wenigstens ein Mindestmaß an kritischem journalistischem Selbstverständnis bewahrt haben und die Propagandamärchen der Polizei hinterfragen und eigenständige Recherchen vornehmen, will man in Kiel, wenn es um Neonazis geht, seinen guten Draht zur Polizei nicht riskieren, ruht sich aus im unbedingten Glaube an staatliche Autoritäten und ist vor allem ideologisch auf einer Linie. Dass die wenigen KN-Artikel zum Thema dann gern mal den exakten Wortlaut der dazu gehörigen Polizeimeldungen übernehmen, wundert da wenig. Dass den KN selbst scharfe Schüsse auf die Alte Meierei nur einige Sätze wert sind, genau so wenig.

„Lechts, rinks – alles dasselbe!“ – Extremismusbegriff und bürgerliche Ideologie

Die zutiefst unseriöse Berichterstattung der KN bei den Themen Neonazismus und Antifaschismus sowie Angriffen auf linke Projekte ist allerdings kein Zufall oder gar eine Kieler Besonderheit. Hinter ihr steht eine Ideologie, die politischer Mainstream ist und sich vom Bundestag bis zum Stammtisch in die Mehrheitshirne eingebrannt hat: Die sogenannte Extremismustheorie. Hierbei handelt sich es um eine vom „wissenschaftlichen“ Flügel des Verfassungsschutzes voran getriebene intellektuelle Tiefstleistung, die die Gesellschaft in eine so genannte politische Mitte und „extremistische“ Ränder aufteilt und alles, was sich gegen die bestehende Gesellschaftsordnung richtet oder dafür gehalten wird, gleichsetzt und bekämpfen will. Dabei sollte es selbst aus einer rein wissenschaftlichen Perspektive schon stark verwundern, dass ein Geheimdienst überhaupt so etwas wie politikwissenschaftliche Forschung betreibt und damit Einfluss auf die öffentliche Meinung nimmt. Der Extremismusbegriff ist in der Tat allein vom Verfassungsschutz und einigen seiner offiziellen und inoffiziellen Mitarbeiter in die Debatte eingeführt worden. Zusammen mit einigen anderen PolitikwissenschaftlerInnen begründeten sie eine neue Sparte der Politikwissenschaft – die Extremismusforschung.

Dieser ist es egal, warum oder zu welchen Gunsten das Bestehende abgelehnt wird: Ob an die Stelle der bürgerlich-kapitalistischen Grundordnung ein faschistisches Mördersystem, ein reaktionärer Gottesstaat oder eine Gesellschaft frei von Ausbeutung und Unterdrückung gesetzt werden soll, ist der Extremismustheorie einerlei. Sie hält das Bestehende für das einzig nicht-“extremistische“ und kann sich trotz weltweitem Kriegszustand, Armut, Hunger, Krisen, Umweltzerstörung und allgemeiner gesellschaftlicher Verwahrlosung nicht vorzustellen, dass es etwas besseres geben könnte. Mit solch einer Logik ist die Extremismustheorie zwar alles andere als rational und zu keiner wertvollen Erkenntnis zu gebrauchen, aber eignet sich hervorragend zur Betonierung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse und zur Abwehr jeglicher Kritik. Das Bestehende wird zum ideologischen Dogma und alles andere zum äußeren Feind: Ob jemand dabei für die Versklavung und Vernichtung von Menschen oder für deren Gleichheit und Freiheit einsteht – der Extremismusbegriff verschleiert politische und gesellschaftliche Zielsetzungen, erklärt nichts und nutzt ausschließlich dem Fortbestand des herrschenden bürgerlich-kapitalistischen Systems. Darüber hinaus dient die Gleichmacherei von „Links“ und „Rechts“ dazu, den ideologischen und historisch belegten Zusammenhang zwischen bürgerlicher Gesellschaft und faschistischer Herrschaft und Bewegung unsichtbar zu machen und sie war und ist in der postfaschistischen BRD ein beliebtes Mittel zur Abwehr und Verschweigung deutscher Schuld an der Shoa und dem nationalsozialistischen Vernichtungskrieg.

Dass die Extremismustheorie vor allem in Deutschland offene Türen einrennt, wo die Feindschaft gegenüber allem Linken von Bismarcks Sozialistengesetzen über den deutschnationalen und nationalsozialistischen Antikommunismus und die konservative Interpretation der Totalitarismustheorie bis heute eine lange Tradition hat, ist nicht verwunderlich. Der bürgerliche Wunsch nach Ruhe und Ordnung statt nach Austragung gesellschaftlicher Konflikte und der Reflexion gesellschaftlicher Verhältnisse ist fest in der nationalen Identität verankert.

Gerade aktuell wird versucht, die Extremismustheorie nicht nur als Ideologie weiter zu verfestigen, sondern auch verstärkt praktisch in die Tat umzusetzen: In der derzeitigen Diskussion der Bundesregierung Anti-Rechts-Programme in Anti-“Extremismus“-Programme umzuwandeln; in Politik und bürgerlichen Medien, wenn im Zusammenhang mit brennenden Autos in Berlin gegen „linke Hassbrenner“ und „rotlackierte Faschisten“ gehetzt wird; wenn über die Zunahme von Gewalt gegen PolizistInnen geschwafelt wird oder wenn antifaschistische Großmobilisierungen (wie gegen den Nazigroßaufmarsch in Dresden) kriminalisiert werden – all dies geschieht unter Bezugnahme auf die Extremismuskeule.

Dieser armseligen Logik folgt natürlich auch eine KN-Berichterstattung, die Nazis mit AntifaschistInnen gleich setzt und ausgerechnet die Polizei für die einzig glaubhafte Instanz hält. Diese „antiextremistische“ Logik, welche politische Zusammenhänge von Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und Nazis nicht erkennen will und keinen Begriff von deren Notwendigkeit hat, offenbart ihre fatalen Folgen dann, wenn auf die Alte Meierei scharf geschossen wird, aber die Stadt von keinem Aufschrei der Solidarität erfasst wird, die über vergleichsweise kleine Kreise hinaus geht.

Unsere Antwort: Solidarität, Gegeninformation, antifaschistische Praxis und Gegenkultur

Wir werden dieses institutionalisierte Schweigen über die wiederkehrenden Angriffe auf linke und alternative Projekte in Kiel auch weiterhin nicht hinnehmen. Wenn der Großteil der städtischen Öffentlichkeit in ihrer „antiextremistischen“ Verblendung keine Notwendigkeit darin sieht, die Bedrohung durch bewaffnete Nazis und die Angriffe zu thematisieren, müssen einmal mehr alle Menschen, für die dies eine politische Selbstverständlichkeit ist, dafür sorgen, dass die aktuelle Notwendigkeit dieses Kampfes in den Köpfen der hier Lebenden ankommt.

Wenn die „extremistische Mitte“ den Betroffenen von Nazigewalt selbst mit einem ignoranten Achselzucken die Schuld für faschistische Übergriffe in die Schuhe schieben will, weil sie die Nazis ja nicht durch ihre antifaschistische Arbeit hätten provozieren müssen, weil sie ja niemand zwingt, mit ihrer dunklen Hautfarbe hier zu leben oder weil ihre Lebensform ja auch nicht ganz normal ist, werden wir uns solidarisch mit ihnen erklären, denn gemeint sind alle, die nicht in das beschränkte Nazi-Weltbild passen. Wir werden weiter Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus in all seinen Formen kritisieren und angreifen. Dies ist nicht nur eine Notwendigkeit, die sich aus der mörderischen deutschen Geschichte als Mindestkonsequenz ergibt, sondern es ist eine Selbstverständlichkeit, die uns als Menschen, die auch weiterhin die radikale Verwirklichung von Freiheit, Gleichberechtigung und Solidarität unter allen Menschen zum Ziel haben, antreibt. Wir werden Nazis auf der Straße und wo immer sie auch sonst ihre Ideologie der Versklavung und des Massenmordes verbreiten wollen, mit nötiger Härte entgegentreten, ihre Strukturen offen legen und ihr menschenfeindliches Wirken verhindern – solange, bis diese endgültig auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet sind. Wir lassen und nicht von KN, Polizei und der Ideologie der handlungsunwilligen „ExtremistInnen der Mitte“ denunzieren und werden linke Politik verteidigen.

Wenn auf die Alte Meierei geschossen wird, werden wir die Kultur für die sie steht stärken, werden linke Zentren und alternative Lebensformen vor Angriffen, von wem auch immer sie kommen, schützen und ihre Infrastruktur nutzen und ausbauen. Wir werden weiter eine offensive antifaschistische Gegenkultur leben – in der Alten Meierei und überall sonst. Wir werden an all dem, dem die Schüsse auf die Alte Meierei galten, festhalten und sehen uns genau deshalb in seiner Wichtigkeit bestärkt!

Wir sind nicht allein und machen weiter:

Mit linken Zentren antifaschistisch in die Zukunft!

Kommt zur Demonstration:

Samstag, 13.3.2010

14 Uhr | Bahnhofsvorplatz | Kiel

Am Abend gibt es Essen, den Meierei-Film „Pfeffer in der Suppe“ und musikalisches Programm in der Alten Meierei

Den Aufruf unterzeichnen (Stand 11.3.10):

Autonome Antifa-Koordination Kiel | NutzerInnenplenum der Alten Meierei | Rote Hilfe Ortsgruppe Kiel | rebeltí@s musicales | Destructioncrew | black mosquito | Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen | Buchladen ZAPATA | Antifaschistisches Bündnis Dithmarschen | Café Irie Soundsytem | Free Mumia!-Plenum Kiel | Basta! – Linke Jugend Lübeck | Infoarchiv Norderstedt | Rotten Sprotten Entertainment | Entdinglichung | InstitutA – anarchist social center Jakarta (Indonesia) | FAU Kiel | Senffabrik Flensburg | Conspiracy Concerts Flensburg | Antifaschistische Aktion Neumünster | Ratsfraktion DIE LINKE Kiel | Wilwarin Festival | Archiv der sozialen Bewegungen Bremen | Hönkeldruck | Dremufuestias.de – Real Music for SH | Obrint Pas (Valencia) | Antifeixistes.org (Pais Valencia) | KOP (Barcelona) | Kieler Initiative für Tierbefreiung | Soziales Zentrum Norderstedt | BULG Hamburg | AK Kritischer Studierender Kiel | marlenehatesgermany | BewohnerInnen der Alten Meierei | Archivgruppe Kiel | Libertärer Laden Gaarden | Li(e)ber Anders | T-Stube Rendsburg | Herman Schwartz – Gigolo Records, Kiel | Antifaschistische Aktion Eckernförde [AAE] | Punkrock St. Pauli | Katzensprung | Antifaschistische Jugend Kiel (ajk) | Smiley Faces (USP) | Kollektiv der Buchhandlung im Schanzenviertel (Hamburg) | ATTAC Kiel | Antifa Café Kiel | SDAJ Kiel | (a²) – Hamburg | Rote Flora Hamburg | gruppe bricolage | Infocafe Anna & Arthur Lüneburg | Medienkollektiv Antifainfo NMS | Kneipenkollektiv Subrosa | Antifaschistische Aktion Rendsburg (aard) | Desechos (Madrid) | Antifaschistische Initiative Elmshorn (AIE) | PG Globalisierung beim ver.di Bezirk Kiel/Plön | SENG Hamburg | Initiative Rock gegen Rechts (since 1978) | Sare Antifaxista (Euskal Herria) | Hansastrasse 48 e.V. | Linke HSG Kiel | Kneipenkollektiv Hansa48 | Hafermarkt Flensburg | Antifaschistische Initiative Kreis Pinneberg | Studierendenzusammenschluss zur Förderung kritischen Denkens an der FH-Kiel | Club-Mestizo / Hafenklang, Hamburg | Fraktion DIE LINKE im schleswig-holsteinischen Landtag | DIE LINKE Schleswig-Holstein | Linksjugend (’solid) Kiel | Autonome Neuköllner Antifa (ANA) | junge antifaschistische Initiative Lüneburg (j.a.I.L.) | Overdrevet (København) | Bumzen-Kollektiv (København) | Projekt Antifa (København) | Antifascistisk Aktion (København) | Kritikmaximierung Hamburg | Jugendantifa Eutin | DIE LINKE. Rendsburg-Eckernförde | DIE LINKE. Kiel | FAU Flensburg | Rote Kogge Hansa Rostock | Arbeitskreis Antifaschismus Buchholz (akab) | AZ Mülheim | sous la plage (Hamburg) | Schwarze Katze (Libertäres Zentrum) Hamburg | Kulturverein KDW NMS

Zur Demonstration rufen auf:

Jusos RD-Eck | Ratsfraktion Direkte Demokratie | Jusos Kiel

Außerdem mobilisieren verschiedene Kieler Hochschulgruppen sowie der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel mit jeweils eigenen Aufrufen zur Demo.

www.antifa-kiel.org | www.altemeierei.de

„Youll never walk alone!“ – Antifaschistische Demonstration am 13. März in Kiel

Solidarität mit der Alten Meierei und allen Betroffenen faschistischer Gewalt!

Nazistrukturen in Kiel und andernorts zerschlagen – linke Gegenkultur stärken!

Aufgrund der Schüsse auf die Alte Meierei und dem damit verbundenen mangelnden Umgang in Stadt und Öffentlichkeit werden wir zusammen mit verschiedenen anderen Gruppen am 13.3.2010 eine Demonstration in Kiel veranstalten. Unsere Sicht der Dinge haben wir in einem ausführlichen Aufruf zu Papier gebracht.

Die Vorbereitungen sind so gut wie abgeschlossen und die Resonanz auf unsere Demonstration ist schon jetzt größer als wir erwartet haben. Wir freuen uns über die vielen Rückmeldungen, die über alle Grenzen hinweg zeigen, dass antifaschistische Solidarität weder an ideologischen Diferenzen noch an willkürlich gezogenen Linien gemessen werden sollte.

Am Mittwoch ist in der Jungen Welt ein Artikel über die Demo und die Situation in Kiel erschienen. In der regionalen Presse ist bisher, wie erwartet, noch nichts über die Demonstration berichtet worden, weshalb wir hier nochmal einen Auszug aus unserer aktuellen Pressemitteilung zitieren:

 

„Wie gefährlich es ist, wenn die hiesige Presseberichterstattung die Neonaziaktivitäten und -angriffe verschweigt und verharmlost sowie die in vielerlei Hinsicht haltlose Gleichsetzung der menschenverachtender Ziele der Neonazis mit linker bzw. antifaschistischer Politik betreibt, offenbart sich in einem städtischen Klima, in dem es den Neonazis trotz ihrer weitestgehenden Marginalisierung möglich ist, fortlaufend Menschen und Einrichtungen anzugreifen. Es ist lang
überfällig, dieses Problem zum Thema in der Stadt zu machen. Am kommenden Samstag werden sich deshalb zahlreiche Menschen mit den Betroffenen faschistischer Gewalt solidarisieren, damit aktiv antifaschistische Strukturen stärken und die angemessene Gegenöffentlichkeit schaffen.“