Redebeitrag gegen Extremismusdoktrin /// Antifa-Kundgebung Friedrichsort /// 18.06.2011

Wer links und rechts nicht unterscheiden kann…
Vom Antikommunismus der Nazis zur Extremismusideologie Kristina Schröders.

In jüngerer Zeit kriegt mensch es von allen Seiten um die Ohren gehauen: Radikale Linke müssten genauso bekämpft werden, wie auch Nazis. Mit abstrusen Behauptungen und einem verdrehten Gesellschaftsverständnis, wie dem Hufeisenmodell, werden fortschrittliche, lebensbejahende Ziele der politischen Linken mit der Menschenverachtung der Nazis gleichgesetzt. So absurd wie das ist, viele Menschen behaupten genau diesen Unsinn. Eine glühende Verfechterin ist neben den konservativen Politikwissenschaftlern Eckhard Jesse und Uwe Backes auch die aktuelle Familienministerin Kristina Schröder. Der Griff in die historische und politische Mottenkiste der Feindschaft gegen linke Bewegungen hat in Deutschland eine lange, leidvolle und gefährliche Tradition:

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Aufruf: Antifaschistische Kundgebung gegen schlechte Scherze in Kiel-Friedrichsort

Samstag | 18.6.11 | 12 Uhr
Friedrichsorter Str./Bushaltestelle Brauner Berg

Etwas unglaubliches scheint in Friedrichsort passiert zu sein, denn hier hat sich die lokale Neonazi-Szene angeblich in Luft aufgelöst. Der stellvertretende Leiter der Polizeistation in Friedrichsort hat auf einer Sitzung des Ortsbeirates am 9. März deshalb „Entwarnung“ gegeben, die Kieler Nachrichten greifen die Geschichte in gewohnter Manier auf.

Dass das verharmlosen von Neonazi-Aktivitäten in Kiel traurige Tradition ist, haben wir in den letzten Jahren schon das eine oder andere Mal feststellen müssen, z.B. im Zusammenhang mit der antifaschistischen Meierei-Demo im März 2010. Mit einem am 11. März 2011 veröffentlichten Artikel über die „Kriminalitätsstatistik für Friedrichsort“ setzen KN und Kieler Polizei diese Linie unverändert fort.

Nachdem in dem Artikel festgestellt wird, dass „Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund“ den Stadtteil Friedrichsort „im vergangenen Jahr erschüttert […]“ haben und es „<<jede Menge>> rechtsextrem motivierter Taten – wie das Bekleben und Besprühen von Gebäuden“ gab, behauptet der stellvertretende Leiter der Polizeistation in Friedrichsort Rohwer nun, dass diese Taten „alle auf das Konto eines Mannes“ gingen, „der inzwischen nach Eutin zurückgezogen sei, wo die Taten jetzt weitergingen“. Weiter heißt es, dass seitdem „in Friedrichsort von rechter Seite nichts mehr passiert“ ist. (Alle Zitate aus dem KN Artikel vom 11.3.2011)

Mehr als nur ein schlechter Scherz!

Während die Feststellung, dass Friedrichsort im letzten Jahr ein lokaler Brennpunkt von Neonaziaktivitäten war und es dieses Jahr bisher vergleichsweise ruhig ist soweit stimmt, ist die Behauptung, dass alle Taten von nur einer Person begangen wurden und es seit dem dort „ruhig“ ist eine reine Farce! Wir wissen von Einschüchterungsversuchen und Angriffen Friedrichsorter Neonazis gegenüber Jugendlichen, welche durch ihr Aussehen oder Äußerungen zum Ziel wurden, und das leider auch wieder im Jahr 2011. Des weiteren wurden Ende März in Friedrichsort Plakate für den Neonazi-Aufmarsch am 26.3.11 in Lübeck verklebt. Wahrscheinlich von einer einzigen Person, die dafür extra alleine von Eutin nach Kiel-Friedrichsort gefahren ist…

Die „Entwarnung“ der Polizei und die Aussage des Artikels, dass sich das Naziproblem in Friedrichsort erledigt hat, ist eine dreiste Verharmlosung der Situation und entspricht nicht der Wahrheit. Sie passt allerdings in ein bekanntes Schema, neonazistische Aktivitäten als Taten von Einzelpersonen oder als Jugendproblem darzustellen. Die Existenz einer organisierten Struktur wird geleugnet in der Sorge um das Image des eigenen Ortes. Der Umstand, dass sich die Neonazis in Friedrichsort im Moment zurückhalten, heißt noch lange nicht, dass es sie nicht mehr gibt.

Wir wollen mit der Kundgebung die Verharmlosung von Neonazi-Aktivitäten durch Polizei und Kieler Nachrichten in Friedrichsort thematisieren. Wir laden alle Menschen dazu ein, sich zu informieren, diskutieren und aktiv zu werden!

Keinen Milimeter den Nazis! Entfernt ihre Propaganda wo ihr sie seht!
Für einen konsequenten Antifaschismus – gegen die Totschweigetaktik von Polizei und KN! 

Lübeck 26. März 2011 & Repression

Seit 2006 versuchen vorwiegend norddeutsche Alt- und Neonazis anlässlich der Bombardierung Lübecks durch alliierte Bomber im Zweiten Weltkrieg auf zu marschieren.
Seit 2006 mobilisieren verschiedene antifaschistische Bündnisse und Initiativen gegen die Bestrebungen der Neonazis.
Seit 2006 wird der Widerstand mit Polizeirepression, teils massiven Übergriffen, konfrontiert.
Die Hintergründe
Jährlich laufen NPD und „freie Kräfte“ zu geschichtsrevisionistischer Höchstform auf und deuten die Einheiten der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS zu ehrenhaften Helden um, während die Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition, die Europa und die ganze Welt von der faschistischen Terror-Herrschaft befreiten, dagegen als Kriegsverbrecher bezeichnet werden. In der Vertauschung von Täter- und Opferrollen werden die Verbrechen Nazideutschlands, die Ermordung von 6 Millionen Jüd*Innen, Hunderttausenden Menschen mit Behinderung, Sinti, Roma, sowjetischen Kriegsgefangenen, Homosexuellen, (vor allem kommunistischen) Antifaschist*Innen und der Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung Polens und der Sowjetunion, relativiert und verleugnet.

Der 26. März 2011

Der Mobilisierung des Lübecker Bündnisses „Wir können sie stoppen“ folgten am Morgen des 26. März 2011 etwa 2000 Antifaschist*Innen. Gelang es ein Jahr zuvor die Aufmarschroute der Nazis zu blockieren und mussten diese folglich nach gerade einmal 170 Metern den Rückweg antreten, wurde der Aufmarsch dieses Jahr von einem enormen Polizeiaufgebot gegen den Widerstand der Nazigegner*Innen durchgesetzt. Stadt und Polizei waren an diesem Tag von Beginn an darauf aus den antifaschistischen Protest möglichst klein zu halten: Die Naziroute wurde bereits ab 04:30 Uhr von einem Großaufgebot von etwa 3000 PolizistInnen weiträumig abgeriegelt und Blockadeversuche brutal geräumt. Im Tagesverlauf kam es zu insgesamt 23 schikanösen Ingewahrsam- und Festnahmen, unter anderem von sieben Genoss*Innen aus Kiel.
Gegen Mittag wurden die Genoss*Innen unter dem Tatvorwurf des „Landfriedensbruches“ von einer Schweriner BFE-Einheit festgenommen und in die zentrale Gefangenensammelstelle in der Polizeiwache Possehlstraße gefahren. Während der gesamten Zeit des unfreiwilligen Freiheitsentzuges sahen sich die Gefangenen mit psychischer und physischer Gewalt seitens der PolizistInnen konfrontiert. Ausdruck fand diese in Form von permanenten Beleidigungen, verbalen Angriffen sowie Gewaltanwendungen, wie dem Verdrehen von Arm und Handgelenk. In der Tiefgarage des Gebäudes wurden die Gefangenen durchsucht, unter der Androhung von Gewalt wurden sie dazu genötigt sich vor jeweils etwa fünf PolizistInnen vollständig zu entkleiden. Die Maßnahme wurde auch auf Nachfrage nicht begründet, sowie der Widerspruch gegen eben diese trotz mehrfachen darauf Bestehens nicht dokumentiert. Einer Genossin wurde ihre benötigte Brille abgenommen und nachdem sie sich weigerte mit den Beamten zu kooperieren, für die restliche Zeit des Gewahrsams einbehalten. Als Gewahrsamszellen fungierten teils völlig überhitzte oder unterkühlte und extrem staubige Garagen, in welche die Antifaschist*Innen mehrere Stunden eingesperrt waren. Minimale Mengen Wasser wurden erst nach etlicher Zeit zur Verfügung gestellt, sowie Toilettengänge teils verweigert beziehungsweise mindestens stark verzögert.

Die Kontinuität…

Das Demonstrationsgeschehen, besonders die Einsätze der Polizei, anlässlich der jährlichen Aufmarschversuche der Nazis in Lübeck werden seit 2008 von unabhängigen Demonstrationsbeobachter*Innen beobachtet und ausgewertet. In diesem Zusammenhang dokumentierte die Humanistische Union Lübeck bereits in ihrem Bericht zum 28.03.2008, dass sich mehrere ingewahrsamgenommene Sitzblockierer*Innen, unter denen sich auch Minderjährige befanden, ebenfalls entkleiden mussten. Auf die fehlende Gesetzesgrundlage dieser Maßnahme wies die Organisation bereits die vorherigen Jahre hin. Eine Änderung im Umgang mit Fest- oder Ingewahrsamgenommenen seitens der Behörden kann bis heute allerdings nicht festgestellt werden. Im Gegenteil bestätigen die Erfahrungen aus diesem Jahr eine Fortsetzung dieser Prozedere, welche ausschließlich als Demoralisierungs- und Einschüchterungsversuche bewertet werden können.

…in Lübeck

Sowohl die Vorkommnisse auf der Polizeiwache, als auch die massiven Übergriffe von PolizistInnen gegen den Widerstand von Antifaschist*Innen auf der Straße, sind keine tragischen Einzelfälle. Sie sind Ausdruck einer Politik, die Repression als Mittel zur Erhaltung der Norm beziehungsweise zur Bestrafung von Menschen, die für oder gegen etwas aufbegehren, einsetzt. Sie soll die Betroffenen einschüchtern und demoralisieren. Zugleich ist sie als Warnung an alle Anderen zu verstehen und stellt den Versuch dar, kollektive Dynamiken zu zerschlagen.
Gegen die Auftritte der Nazis mobilisiert jährlich das seit Ende 2005 aus unterschiedlichsten Spektren bestehende Bündnis „Wir können sie stoppen“. Zudem wurde die „Wir können sie stoppen“ – Mobilisierung zeitweise von weiteren Initiativen wie dem „Bündnis Autonomer Antifas Nord“ oder „Mut zur Lücke“ unterstützt. Ob (Sitz-)Blockade oder Versammlung von Nazigegner*Innen auf dem Gelände der Lübecker Bodelschwingh Kirchengemeinde, ob Autonome*R und Linksradikale oder Gewerkschafter*In ist gleich. Die Erfahrungen zeigen, dass Ziele der Angriffe Alle werden, die die Verhältnisse thematisieren, welche als Symptom eben auch Nazis produzieren oder auch nur sich außerhalb des vorgegeben Rahmens antifaschistisch betätigen.

Repression

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es uns nicht um das Beklagen von Repression oder dem Rufen nach Rechtsstaatlichkeit geht. Wir begreifen repressive Praxis und Ideologie als Fundament herrschender Ordnung auf vielen verschiedenen Ebenen, sie dient der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Normalzustandes. Sowohl aus unserer Analyse von staatlicher Ideologie (mit uns ist eine radikale Linke gemeint, welche antagonistisch zu den bestehenden Verhältnissen steht), sowie gesellschaftlichen Mechanismen des Systems, als auch aus unseren Erfahrungen, haben wir keine andere Behandlung durch die Cops erwartet. Trotzdem wollen wir nicht so tun, als ob wir die krassen Straßenkämpfer*Innen wären, die völlig unbeeindruckt aus der ganzen Geschichte raus gehen. Außerdem halten wir es für sinnvoll Vorgänge dieser Art zu dokumentieren und zu veröffentlichen, um in der Analyse den Bezug zu den realen Verhältnissen herstellen und Entwicklungstendenzen erkennen zu können.
Die Erfahrung von Repression hat immer Auswirkungen auf die oder den Betroffene*N. Sie kann das Gefühl von Angst, Ohnmacht oder Wut hervorrufen, in den jeweiligen Situationen sind die Betroffenen damit konfrontiert auf den Verlauf des Geschehens keinen oder nur begrenzten Einfluss nehmen zu können. Das Individuum soll für sein Verhalten bestraft werden. Die Strafe soll es zukünftig von diesem Verhalten abhalten. Gleichzeitig soll sie der Bewegung als Warnung dienen, sich nicht in gleicher Weise zu verhalten, also nicht für eine politische Utopie, Einstellung, in diesem Fall gegen das Aufmarschieren von Neonazis, einzutreten. Repression ist nicht nur gegen eine*N persönlich gerichtet, sondern gegen das politische Handeln, die Identität, die dahinter steht. Eines ihrer Mittel ist die Individualisierung, die in mehrere Ebenen hineinwirkt. Der erste Aspekt ist das heraus greifen und anklagen Einzelner, stellvertretend für eine Bewegung. Der zweite Punkt der Individualisierung sind die strafrechtlichen Konsequenzen, welche zu befürchten sind und eine entsprechende Auseinandersetzung (Zeit und Nerv) bedürfen. Während die dritte Ebene die emotionale Auseinandersetzung und Reaktionen der Betroffenen beschreibt. Für uns ergibt sich daraus die notwendige Konsequenz des Austausches, der Auseinandersetzung zur Stärkung eines kollektiven Bewusstseins.
„Die Stärke unserer (militanten) Aktionen steht und fällt mit der Verbindlichkeit sozialer Beziehungen und gemeinsam getroffener Entscheidungen.“ (einige Antifaschist*Innen aus Hannover)
Ein Umgang mit Repression ist nicht Sache einzelner sonder aller. Die Antwort auf die Repression gegen den breiten Widerstand in Lübeck sollte eine solidarische Haltung in gegenseitiger Bezugnahme aufeinander sein.
„Bei allen weltanschaulichen Unterschieden, eint uns der Wille, den Nazis Paroli zu bieten“ („Wir können sie stoppen“-Bündnis)

Und nu?

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keinen offiziellen Verfahrensstand. Alles was an Informationen existiert, sind die, teils unterschiedlich, mündlich formulierten Tatvorwürfe der Cops unseren Genoss*Innen gegenüber. Ob weitere Schritte seitens der Repressionsorgane eingeleitet werden bleibt vorerst unklar. Haltet eure Augen und Ohren offen!
einige Kieler Antifaschist*Innen im Mai 2011
Kontakt zu den Autor*Innen über:  antifa-kiel@riseup.net
Hintergrundinfos:  http://www.antifa-kiel.org &  http://www.wirkoennensiestoppen.de

Polizei durchsucht Wohnungen von 34 Neonazis in Schleswig-Holstein

In Folge des Angriffs von etwa 40 Neonazis auf eine DGB-Kundgebung am 1. Mai in Husum hat die Polizei am Dienstag (17.5.11) die Wohnungen von 34 Neonazis durchsucht. Ihnen wird Landfriedensbruch vorgeworfen. Von den Durchsuchungen betroffen war laut Informationen der taz auch der NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke.
Es wird davon ausgegangen, dass die Aktion im voraus länger geplant war. Dafür spricht, dass die schleswig-holsteinischen Neonazis am 1. Mai nicht zu einer der anderen in Norddeutschland angesetzten Nazi-Demonstrationen gefahren sind. Die Nazis selber bezeichnen den Aufmarsch als „Spontanaktion mit […] vielen freien wie parteigebundenen Kameraden aus ganz Schleswig-Holstein“.
Die etwa 40 Nazis sind an jenem 1. Mai mit Transparenten durch Husum marschiert und haben im Anschluss die sich gerade im Aufbau befindliche Kundgebung des DGB angegriffen, dort Stände umgeworfen und mehrere Personen attackiert. Auf dem Rückweg aus Husum wurde der Autokonvoi der Neonazis von der Polizei gestoppt und deren Personalien aufgenommen. 
Der Aufmarsch in Husum war eine von mehreren „spontanen“ Nazi-Aktionen in den letzten Wochen in Schleswig-Holstein. Zuletzt hielten etwa 20 Nazis am 8. Mai eine Kundgebung in Laboe in der Nähe von Kiel ab.
Presse zu den Dursuchungen:

http://www.taz.de/1/nord/artikel/?dig=2011%2F05%2F18%2Fa0021&cHash=412f3e16ac

http://www.shz.de/nachrichten/top-thema/article//nach-randale-34-wohnungen-durchsucht.html
http://www.kn-online.de/schleswig_holstein/232457-Durchsuchung-von-34-Wohnungen-nach-Randale-in-Husum.html
npd-blog.info zum 1. Mai in Husum:

http://npd-blog.info/2011/05/01/mai-kundgebung-50-neonazis-randalieren-in-husum/

Lübeck 26. März 2011 & Repression

Erfahrungen und Einschätzungen einiger Kieler Antifaschist*Innen

Seit 2006 versuchen vorwiegend norddeutsche Alt- und Neonazis anlässlich der Bombardierung Lübecks durch alliierte Bomber im Zweiten Weltkrieg auf zu marschieren.
Seit 2006 mobilisieren verschiedene antifaschistische Bündnisse und Initiativen gegen die Bestrebungen der Neonazis.
Seit 2006 wird der Widerstand mit Polizeirepression, teils massiven Übergriffen, konfrontiert.

Die Hintergründe

Jährlich laufen NPD und „freie Kräfte“ zu geschichtsrevisionistischer Höchstform auf und deuten die Einheiten der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS zu ehrenhaften Helden um, während die Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition, die Europa und die ganze Welt von der faschistischen Terror-Herrschaft befreiten, dagegen als Kriegsverbrecher bezeichnet werden. In der Vertauschung von Täter- und Opferrollen werden die Verbrechen Nazideutschlands, die Ermordung von 6 Millionen Jüd*Innen, Hunderttausenden Menschen mit Behinderung, Sinti, Roma, sowjetischen Kriegsgefangenen, Homosexuellen, (vor allem kommunistischen) Antifaschist*Innen und der Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung Polens und der Sowjetunion, relativiert und verleugnet.


Der 26. März 2011

Der Mobilisierung des Lübecker Bündnisses „Wir können sie stoppen“ folgten am Morgen des 26. März 2011 etwa 2000 Antifaschist*Innen. Gelang es ein Jahr zuvor die Aufmarschroute der Nazis zu blockieren und mussten diese folglich nach gerade einmal 170 Metern den Rückweg antreten, wurde der Aufmarsch dieses Jahr von einem enormen Polizeiaufgebot gegen den Widerstand der Nazigegner*Innen durchgesetzt. Stadt und Polizei waren an diesem Tag von Beginn an darauf aus den antifaschistischen Protest möglichst klein zu halten: Die Naziroute wurde bereits ab 04:30 Uhr von einem Großaufgebot von etwa 3000 PolizistInnen weiträumig abgeriegelt und Blockadeversuche brutal geräumt. Im Tagesverlauf kam es zu insgesamt 23 schikanösen Ingewahrsam- und Festnahmen, unter anderem von sieben Genoss*Innen aus Kiel.

Gegen Mittag wurden die Genoss*Innen unter dem Tatvorwurf des „Landfriedensbruches“ von einer Schweriner BFE-Einheit festgenommen und in die zentrale Gefangenensammelstelle in der Polizeiwache Possehlstraße gefahren. Während der gesamten Zeit des unfreiwilligen Freiheitsentzuges sahen sich die Gefangenen mit psychischer und physischer Gewalt seitens der PolizistInnen konfrontiert. Ausdruck fand diese in Form von permanenten Beleidigungen, verbalen Angriffen sowie Gewaltanwendungen, wie dem Verdrehen von Arm und Handgelenk. In der Tiefgarage des Gebäudes wurden die Gefangenen durchsucht, unter der Androhung von Gewalt wurden sie dazu genötigt sich vor jeweils etwa fünf PolizistInnen vollständig zu entkleiden. Die Maßnahme wurde auch auf Nachfrage nicht begründet, sowie der Widerspruch gegen eben diese trotz mehrfachen darauf Bestehens nicht dokumentiert. Einer Genossin wurde ihre benötigte Brille abgenommen und nachdem sie sich weigerte mit den Beamten zu kooperieren, für die restliche Zeit des Gewahrsams einbehalten. Als Gewahrsamszellen fungierten teils völlig überhitzte oder unterkühlte und extrem staubige Garagen, in welche die Antifaschist*Innen mehrere Stunden eingesperrt waren. Minimale Mengen Wasser wurden erst nach etlicher Zeit zur Verfügung gestellt, sowie Toilettengänge teils verweigert beziehungsweise mindestens stark verzögert.


Die Kontinuität…

Das Demonstrationsgeschehen, besonders die Einsätze der Polizei, anlässlich der jährlichen Aufmarschversuche der Nazis in Lübeck werden seit 2008 von unabhängigen Demonstrationsbeobachter*Innen beobachtet und ausgewertet. In diesem Zusammenhang dokumentierte die Humanistische Union Lübeck bereits in ihrem Bericht zum 28.03.2008, dass sich mehrere ingewahrsamgenommene Sitzblockierer*Innen, unter denen sich auch Minderjährige befanden, ebenfalls entkleiden mussten. Auf die fehlende Gesetzesgrundlage dieser Maßnahme wies die Organisation bereits die vorherigen Jahre hin. Eine Änderung im Umgang mit Fest- oder Ingewahrsamgenommenen seitens der Behörden kann bis heute allerdings nicht festgestellt werden. Im Gegenteil bestätigen die Erfahrungen aus diesem Jahr eine Fortsetzung dieser Prozedere, welche ausschließlich als Demoralisierungs- und Einschüchterungsversuche bewertet werden können.


…in Lübeck

Sowohl die Vorkommnisse auf der Polizeiwache, als auch die massiven Übergriffe von PolizistInnen gegen den Widerstand von Antifaschist*Innen auf der Straße, sind keine tragischen Einzelfälle. Sie sind Ausdruck einer Politik, die Repression als Mittel zur Erhaltung der Norm beziehungsweise zur Bestrafung von Menschen, die für oder gegen etwas aufbegehren, einsetzt. Sie soll die Betroffenen einschüchtern und demoralisieren. Zugleich ist sie als Warnung an alle Anderen zu verstehen und stellt den Versuch dar, kollektive Dynamiken zu zerschlagen.

Gegen die Auftritte der Nazis mobilisiert jährlich das seit Ende 2005 aus unterschiedlichsten Spektren bestehende Bündnis „Wir können sie stoppen“. Zudem wurde die „Wir können sie stoppen“ – Mobilisierung zeitweise von weiteren Initiativen wie dem „Bündnis Autonomer Antifas Nord“ oder „Mut zur Lücke“ unterstützt. Ob (Sitz-)Blockade oder Versammlung von Nazigegner*Innen auf dem Gelände der Lübecker Bodelschwingh Kirchengemeinde, ob Autonome*R und Linksradikale oder Gewerkschafter*In ist gleich. Die Erfahrungen zeigen, dass Ziele der Angriffe Alle werden, die die Verhältnisse thematisieren, welche als Symptom eben auch Nazis produzieren oder auch nur sich außerhalb des vorgegeben Rahmens antifaschistisch betätigen.


Repression

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es uns nicht um das Beklagen von Repression oder dem Rufen nach Rechtsstaatlichkeit geht. Wir begreifen repressive Praxis und Ideologie als Fundament herrschender Ordnung auf vielen verschiedenen Ebenen, sie dient der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Normalzustandes. Sowohl aus unserer Analyse von staatlicher Ideologie (mit uns ist eine radikale Linke gemeint, welche antagonistisch zu den bestehenden Verhältnissen steht), sowie gesellschaftlichen Mechanismen des Systems, als auch aus unseren Erfahrungen, haben wir keine andere Behandlung durch die Cops erwartet. Trotzdem wollen wir nicht so tun, als ob wir die krassen Straßenkämpfer*Innen wären, die völlig unbeeindruckt aus der ganzen Geschichte raus gehen. Außerdem halten wir es für sinnvoll Vorgänge dieser Art zu dokumentieren und zu veröffentlichen, um in der Analyse den Bezug zu den realen Verhältnissen herstellen und Entwicklungstendenzen erkennen zu können.

Die Erfahrung von Repression hat immer Auswirkungen auf die oder den Betroffene*N. Sie kann das Gefühl von Angst, Ohnmacht oder Wut hervorrufen, in den jeweiligen Situationen sind die Betroffenen damit konfrontiert auf den Verlauf des Geschehens keinen oder nur begrenzten Einfluss nehmen zu können. Das Individuum soll für sein Verhalten bestraft werden. Die Strafe soll es zukünftig von diesem Verhalten abhalten. Gleichzeitig soll sie der Bewegung als Warnung dienen, sich nicht in gleicher Weise zu verhalten, also nicht für eine politische Utopie, Einstellung, in diesem Fall gegen das Aufmarschieren von Neonazis, einzutreten. Repression ist nicht nur gegen eine*N persönlich gerichtet, sondern gegen das politische Handeln, die Identität, die dahinter steht. Eines ihrer Mittel ist die Individualisierung, die in mehrere Ebenen hineinwirkt. Der erste Aspekt ist das heraus greifen und anklagen Einzelner, stellvertretend für eine Bewegung. Der zweite Punkt der Individualisierung sind die strafrechtlichen Konsequenzen, welche zu befürchten sind und eine entsprechende Auseinandersetzung (Zeit und Nerv) bedürfen. Während die dritte Ebene die emotionale Auseinandersetzung und Reaktionen der Betroffenen beschreibt. Für uns ergibt sich daraus die notwendige Konsequenz des Austausches, der Auseinandersetzung zur Stärkung eines kollektiven Bewusstseins.

„Die Stärke unserer (militanten) Aktionen steht und fällt mit der Verbindlichkeit sozialer Beziehungen und gemeinsam getroffener Entscheidungen.“ (einige Antifaschist*Innen aus Hannover)

Ein Umgang mit Repression ist nicht Sache einzelner sonder aller. Die Antwort auf die Repression gegen den breiten Widerstand in Lübeck sollte eine solidarische Haltung in gegenseitiger Bezugnahme aufeinander sein.

„Bei allen weltanschaulichen Unterschieden, eint uns der Wille, den Nazis Paroli zu bieten“ („Wir können sie stoppen“-Bündnis)

Und nu?

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keinen offiziellen Verfahrensstand. Alles was an Informationen existiert, sind die, teils unterschiedlich, mündlich formulierten Tatvorwürfe der Cops unseren Genoss*Innen gegenüber. Ob weitere Schritte seitens der Repressionsorgane eingeleitet werden bleibt vorerst unklar. Haltet eure Augen und Ohren offen!

einige Kieler Antifaschist*Innen im Mai 2011

Neues Altes: 20 Nazis, 20 Minuten und Zweierreihen

Nachdem die organisierte Neonaziszene Schleswig-Holsteins im auslaufenden Jahr 2010 und Anfang 2011 in aktionistischer Hinsicht relativ leise getreten hatte, stellen sich diese seit einigen Wochen wieder vermehrt öffentlich zur Schau – auch über den mittlerweile schon ritualisierten Aktivismus rund um den jährlichen Aufmarsch in Lübeck am 26. März hinaus. Dabei ist zu beobachten, dass die jüngsten Auftritte sich in ihrer Strategie sehr ähneln, die zwar keine völlig neue, aber eine in dieser Häufung ungewohnte ist. Mittlerweile vier Mal ist es in den letzten fünf Wochen an verschiedenen schleswig-holsteinischen Orten zu unangekündigten und nicht im Vorfeld angemeldeten Neonazi-Demonstratiönchen gekommen, die zwar ob ihrer zeitlichen Kürze von jeweils höchstens einer halben Stunde und geringen TeilnehmerInnenzahlen zwischen knapp 20 und 40 TeilnehmerInnen in ihrer Außenwirkung gering waren, aber aufgrund der strikten Geheimhaltung im Vornhinein weitestgehend ungestört verlaufen konnten.

Auftakt dieser Reihe von vermeintlich spontanen Miniaufmärschen war ein mehrminütiger Auflauf von etwa 20-25 Neonazis aus Kiel, Nordfriesland und Schleswig/Flensburg im Kieler Einkaufszentrum „Sophienhof“ im Anschluss an ihre Rückkehr vom Lübecker Naziaufmarsch am 26. März.

Drei Wochen später, am späten Nachmittag des 16. April, liefen knapp 20 größtenteils Kieler Neonazis mit Fahnen und einem Transparent einmal die innenstädtische Einkaufsmeile Holstenstraße herauf – geduldet von der Polizei, die zuvor die Personalien der Neonazis kontrolliert hatte. Hintergrund dessen war nach eigenen Angaben der Neonazis ihr Protest gegen vermeintliche „linke Gewalt“, da einer der Neonazis am morgen des selben Tages im Straßenverkehr unaufmerksam gewesen war und angeblich seinen Fuß von einem Auto überrollen ließ. Er und seine braunen MitstreiterInnen waren bereits den ganzen Tag zusammen unterwegs gewesen, um gemeinsam im Müll herum zu wühlen, wozu in der Neonaziszene für diesen Tag aufgerufen worden war. Unter den TeilnehmerInnen befanden sich nicht nur zu erwartende Dauergäste wie der NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke, sondern interessanterweise erstmals seit vielen Monaten auch mal wieder der einstige AG Kiel-Aktivposten Daniel Zöllner.

In ähnlicher Konstellation und Größenordnung kam es am Ostermontag zu einem weiteren neonazistischen Schaulaufen, diesmal in dem kleinen Ort Bornhöved im Kreis Segeberg, wo man vorgeblich gegen Kindesmissbrauch demonstrierte. Auch hier trat wieder Daniel Zöllner in organisatorisch relevanter Position auf.

Großen Medienwiderhall fand die bisher jüngste und folgenreichste neonazistische Aktion im nördlichsten Bundesland: Am Morgen des 1. Mai – dem traditionsreichen internationalen Kampftag der Arbeiter_innenklasse, an dem jedes Jahr leider auch Neonazis aktiv werden – führten etwa 40 Neonazis aus ganz Schleswig-Holstein einen wiederum überraschenden Aufmarsch in Husum durch. Waren die vorausgegangenen Aktiönchen allesamt eher unspektakulär verlaufen, kam es an diesem Tag zu einem Angriff des Nazimobs auf die Maikundgebung des DGB, bei dem Infostände beschädigt und eine Person verletzt wurde. Mit dabei war abermals der Vorsitzende der Landes-NPD Jens Lütke.

Die Geschehnisse der letzten Wochen sprechen in Anbetracht der Größe und der notwendigen Geheimhaltung ihrer Blitz-Aktionen zwar weiterhin nicht für eine besondere oder wachsende Stärke der schleswig-holsteinischen Neonaziszene, wohl aber für einen motivierten und vernetzten Kern von 20-40 AktivistInnen sowohl aus NPD, als auch „freien“ Neonazistrukturen. Dieser ist derzeit fähig, mehrmals pro Monat kleinere Aktionen durchzuführen, die keiner weiteren Mobilisierung bedürfen. Bekannte und langjährige Kieler Nazikader mischen bei diesen in tonangebender Funktion genauso mit, wie das fluktuierende Fußvolk wie z.B. der erst seit Kurzem in Erscheinung tretenden FN Kiel. Die Themenauswahl scheint dabei eher Alibi- denn eine politisch-strategischen Überlegungen zu folgen. Bedient wird sich inhaltlich jedenfalls relativ beliebig – von „Kindesmissbrauch“ bis zu „linker Gewalt“ – an den altbekannten Aufhängern für ihre menschenverachtende Hetze. Die begrenzte öffentliche Außenwirkung ist bei dieser aktuell favorisierten Strategie ein wohl eher hintergründiges Problem. In erster Linie dürfte der Nutzen für die organisierten Nazistrukturen darin liegen, sich mit dem ungewohnt störungsfreien Verlauf der Blitzdemos gegenseitig gefühlte kollektive Erfolgserlebnisse zu schaffen, die die Szene weiter in ihrem Aktivismus beflügeln und zusammenschweißen. Als ein Ausdruck dessen kann auch der Angriff vom vergangenen Sonntag in Husum gesehen werden.

Deshalb, und weil auch und gerade kleine und unvorhergesehene Zusammenrottungen von Neonazis immer auch eine Gefahr für alle darstellen, die nicht in ihr rassistisches, antisemitisches und nationalistisches Weltbild passen oder in Opposition zu ihnen stehen, ist es wichtig, den mal wieder übermütigen schleswig-holsteinischen Neonazis ihre Illusion, auch zukünftig ungestört durch die Straßen marodieren zu können, möglichst schnell wieder zu nehmen. Wie immer erfordert dies viele offene antifaschistische Ohren und Augen und spontane und entschlossene Handlungsfähigkeit, was erfahrungsgemäß insbesondere in den Sommermonaten verstärkt an Aktualität gewinnt.

In Anbetracht dessen rufen wir alle Antifaschist_innen in Kiel und allen anderen Gegenden Schleswig-Holsteins dazu auf, am kommenden Wochenende, auf dessen Sonntag in diesem Jahr der 8. Mai, der Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus, fällt wachsam zu sein und im Fall der Fälle selbstverantwortlich und schnell wichtige Informationen weiter zu verbreiten und zu handeln. An diesem Tag ist es in den vergangenen beiden Jahren neben dem NS-verherrlichenden Putzen von Kriegsdenkmälern, zu dem bundesweite Nazistrukturen auch dieses Jahr wieder aufrufen, auch zu öffentlichen, aber nicht ungestörten Neonazi-Auftritten gekommen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die schleswig-holsteinische Naziszene plant, ihre Aktionsserie der letzten Wochen fortzusetzen.

Informiert Euch und andere – nutzt die vorhandenen antifaschistischen Informationskanäle!


Bildet Banden – seid aufmerksam, spontan, schnell und entschlossen!


Kein Meter und keine Minute für Nazis – nicht am 8. Mai, noch sonstwann!

 

 

 

>> So. 8.5.2011: Gedenkveranstaltung zum Tag der Befreiung | 17 Uhr Eichhof Kiel

Mal wieder Anquatschversuch in Kiel

Diese Woche wurde wieder einmal ein Antifaschist aus Kiel von einem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes angequatscht. Wir dokumentieren dazu eine Veröffentlichung von Indymedia und rufen auch weiterhin dazu auf, dem VS und allen anderen staatlichen Repressionsorganen jedes Gespräch zu verweigern und jeden Anquatschversuch öffentlich zu machen.
Von de.indymedia.org:
Am Mittwoch, 13. April 2011 gegen 11.30 Uhr klingelte es an der Wohnungstür eines Anfang 20jährigen Kieler Antifaschisten. Eine unseriöse Gestalt in abgewrackt-lockerer Kleidung, einem Schnurrbart und mittellangem lockigen, grauen Haar, dessen Alter auf Mitte/Ende 50 Jahre einzuschätzen ist, nannte seinen Namen, zeigte einen Ausweis und stellte sich als „Mitarbeiter des Innenministeriums“ vor. Er versuchte ein Gespräch zu beginnen, indem er darauf anspielte, dass der Betroffene „ja mal einen Naziaufkleber überklebt“ habe und ob man „sich nicht mal unterhalten“ könne. Nachdem der Antifaschist jegliches Interesse zurückwies, verwies der ungebetene Gast auf ein Antifa-Shirt, mit welchem der Betroffene gerade bekleidet war, und betonte, er fände „Nazis ja auch nicht gut“ und stellte nochmals zur Frage, „ob man sich da nicht kurzschließen“ könne. Hierauf bekräftigte der Betroffene noch einmal, keinen Bock auf jegliches Gespräch zu haben, was den aufdringlichen Quatschkopp zu der fragenden Vermutung veranlasste, „ob er was gegen das Innenministerium“ habe… Einer dritten Aufforderung zum Gehen kam der Herr „Mitarbeiter des Innenmisteriums“ endlich nach.
In der jüngeren Vergangenheit wurden bereits mehrere erfolglose Anquatschversuche solcher Art in Kiel öffentlich gemacht. Es ist nicht auszuschließen, dass der „Mitarbeiter des Innenmisteriums“  des aktuellen Falls laut Personenbeschreibung auch in den anderen Fällen teilweise schon Protagonist gewesen ist. Dieser Vorfall zeigt wiederholt, dass der Verfassungsschutz auch in der Landeshauptstadt weiter an seiner gängigen Praxis festhällt, weshalb weitere Fälle auch in Zukunft nicht auszuschließen sind. Grundsätzlich ist einmal mehr festzustellen: Solche Anquatsch- und Anwerbeversuche dienen dazu, linke Zusammenhänge auszuspionieren, zu kontrollieren und letztendlich zu bekämpfen. Deshalb ist es elementar wichtig, dass alle, die von VS-Spitzeln belästigt werden, dringend berücksichtigen: Verweigert jegliche Unterhaltung mit dem Verfassungsschutz, schickt sie weg, merkt Euch Aussehen, Namen und möglichst viele Details und macht Anquatschversuche öffentlich! Meldet Euch schnellstmöglich bei Eurer Ortsgruppe der Roten Hilfe!
Weitere Anquatschversuche in Kiel:
Oktober 2009:  http://www.altemeierei.de/tiki-read_article.php?articleId=1206&page=2
August 2009:  http://de.indymedia.org/2009/08/258968.shtml
April 2009:  http://de.indymedia.org/2009/04/246459.shtml
Juli 2007:  http://de.indymedia.org/2007/07/186824.shtml
Keine Gespräche mit dem Verfassungsschutz und allen staatlichen Repressionsorganen!
Outet Spitzel – lasst sie im Dunkeln tappen!
Und bekanntlich halten Anna und Arthur immernoch ihr Maul.

Der Naziaufmarsch in Lübeck und die Folgen

Die Ereignisse um den Naziaufmarsch am 26.3.2011 in Lübeck haben ein Nachspiel auf mehreren Ebenen. Der Einsatzleiter der Polizei musste sich aufgrund einiger Vorfälle während des Polizeieinsatzes, wie zum Beispiel Angriffe und Beleidigungen gegen Landtagsabgeordnete der LINKEN, im Innenausschuss des Kieler Landtages verantworten (mehr dazu demnächst auch hier), Auch der Angriff der Polizei auf die Bodelschwinghkirche zieht Kreise der Empörung nach sich.
Des weiteren ist die Auseinandersetzung um den Eingriff der Polizei in das Programm vom Offenen Kanal Lübeck, auf dem am 26.3. eine Liveberichterstattung vom FSK Hamburg und Zeckenfunk lief, noch nicht beendet.
Weiteres dazu gibt es am kommenden Freitag ab 14 Uhr in der Sendung der LPG(A) Loewenzahn im FSK.
Einige Beiträge zu Lübeck gibt es bereits online zu hören: Von einer Gasgranate, von einer gestürmten Kirche, von Verletzten – Verprügelten und Gedemütigten. Naziaufmarsch in Lübeck 2011
Passend dazu dokumentieren wir die Auswertung von Loewenzahn vom Naziaufmarsch:
NeoNaziaufmarsch am 26. März 2011 in Lübeck:
Zwei verletzte FSK RedakteurInnen// JüdInnen von „Antifaschist“ angegriffen und verletzt // Polizei setzt Medien unter Druck
Der Zeckenfunk Lübeck und das Freie Sender Kombinat Hamburg/Schleswig-Holstein berichteten zusammen fundiert und kritisch zum NeoNaziaufmarsch und den Gegenaktivitäten in Lübeck. Mit fünf Teams auf der Straße und einer großen Redaktion konnten die Ereignisse des Tages dokumentiert und kommentiert werden. Im Gegensatz zu anderen Medien wurden so annähernd alle wichtigen Ereignisse erfasst. Ein weiterer Schwerpunkt der Berichterstattung lag auf Beiträgen zu gesellschaftlichen Prozessen und Problemen.
Diese Form von Berichterstattung erzeugt politischen Druck. Systematisches beobachten, dokumentieren und kommentieren von Politik, Polizei und Medien bleibt unbequem. Ausdruck dieser Nervosität sind wohl die Aktionen der Lübecker Polizei. Diese hat im Voraus beim Offenen Kanal Lübeck angerufen und den Chefredakteur auf die Sorgfaltspflicht journalistischer Arbeit und auf das Verbot zum Aufruf zu Blockaden „hingewiesen“. Direkt auf die erste Moderation und Berichterstattung hin rief die Polizei erneut beim Chefredakteur des Offenen Kanals an, mit dem Ergebnis, dass eine sofortige „Gegendarstellung“ on Air getätigt werden sollte. Begründet wurde die polizeiliche Intervention mit der Anzahl der im Einsatz befindlichen Wasserwerfer. Die Anzahl sei einstellig und nicht zweistellig, wie zuvor in der Sendung angegeben wurde. Genaue Zahlen wollte der Polizeipressesprecher nicht äußern.
Die Pflicht eines Polizeipressesprechers ist es, die Öffentlichkeit zu informieren (die so genannte Informationspflicht). Was gegenüber dem Offenen Kanal und der Redaktion für die Liveberichterstattung geschah, sehen wir als Versuch, in redaktionelle Arbeit zu intervenieren und Druck auf den Offenen Kanal auszuüben. Unseres Erachtens nach, hat die Polizei die Grenzen demokratischer Verfahren verletzt, indem sie versuchte Medien zu beeinflussen.
Massive Polizeiaktion zogen sich durch den ganzen Tag. Von diesen Aktionen blieben auch JournalistInnen nicht verschont. Zwei RedakteurInnen des FreienSenderKombinates (FSK) wurden durch einen unverhältnismäßigen Einsatz von Tränengasgranaten verletzt. Nachdem die Polizei gegen GegendemonstrantInnen vorgegangen war und die Situation übersichtlich war, da die Polizei die Personen am Rande der betreffenden Kreuzung festhielt, wollten zwei RedakteurInnen die Ingewahrsamnahmen dokumentieren. Kurz darauf erfolgten zwei Explosionen in direkter Nähe der beiden. Ursprung dieser Explosionen waren Tränengasgranaten (CS- Gas), die von Polizeieinheiten abgeschossen wurden, die von der Fackenburgerallee hinterher eilten. Beide RedakteurInnen gingen durch diese Explosion von Reizstoff zu Boden. Sie erlitten einen Schock und mussten sich übergeben, zudem gab es Reizungen in Gesicht, Augen und Lunge.
Zuvor haben beide beobachtet, wie die Polizisten einen Granatwerfer mit Projektilen bestückten. Ereignet hat sich dieser Vorfall in der Fackenburgerallee, an der Kreuzung zur Straße An der Lohmühle.
RedakteurInnen wurden zudem Augenzeugen von zwei Vorfällen, bei denen Menschen von Polizeifahrzeugen an- bzw. überfahren wurden. In beiden Fällen wollten die Einsatzkräfte offenbar mit ihren Wagen die Demonstranten einkreisen. In einem Fall ist die betroffene Person mit einem Schock davon gekommen, im anderen Fall gab es schwere Prellungen und Stauchungen am Fuß, sowie Schürfwunden am Bein.
Im Verlauf des Tages sind Spezialeinheiten der Polizei auch gegen eine Versammlung an der Bodelschwingh Kirche mit massiver Gewalt vorgegangen. Diese ging soweit, dass von einer Stürmung der Kirche gesprochen werden kann. DemonstrantInnen wurden kollektiv mit Pfefferspray, Schlägen und Knüppeln attackiert. AugenzeugInnen berichteten, dass sie von der Polizei in Dornenbüsche geprügelt wurden, um dann mit Pfefferspray attackiert zu werden.
Zudem wollen und müssen wir Wolfgang Seibert, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Pinneberg und seiner Begleiterin unsere volle Solidarität aussprechen. Beide wurden am Bahnhof durch einen „Antifaschisten“ angegriffen und verletzt. Der Angreifer entriss den Gläubigen eine Israelfahne und zerbrach den Fahnenstock. Mit diesem schlug er auf die Beiden ein. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde trugen Beulen und eine Person nach derzeitigem Kenntnisstand eine Gehirnerschütterung davon.
Ein Resümee des 26.03.2011 ist, dass Berichterstattung eine Notwendigkeit ist. Eine Notwendigkeit, um Öffentlichkeit herzustellen und um thematisch zu intervenieren.
Wir fordern die aufrufenden Bündnisse gegen den Naziaufmarsch auf, sich klar hinter die verletzten, verprügelten und gedemütigten DemonstrantInnen zu stellen. Wie geschildert haben diese Leib und Leben fürchten müssen beim Versuch, ihr demokratisches Recht auf Protest wahrzunehmen. Selbst Abgeordnete des Landtages waren an diesem Tag nicht sicher vor polizeilichen Angriffen.*
Viele dieser Vorkommnisse sind in Audiobeiträgen dokumentiert und hörbar auf http://loewenzahn.blogsport.de
Redaktion LPG (A) Löwenzahn und friends
(Schleswig- Holstein Redaktion im Freien Sender Kombinat Hamburg)
März 2011
*siehe Audiobeiträge auf dem Blog http://loewenzahn.blogsport.de

Kieler Polizei gibt „Entwarnung“ für Friedrichsort – mehr als nur ein schlechter Scherz!?!

Etwas unglaubliches scheint in Friedrichsort passiert zu sein, denn dort hat sich die lokale Neonazi-Szene angeblich in Luft aufgelöst. Der stellvertretende Leiter der Polizeistation in Friedrichsort hat auf einer Sitzung des Ortsbeirates am 9. März deshalb „Entwarnung“ gegeben, die Kieler Nachrichten greifen die Geschichte in gewohnter Manier auf.
Dass das verharmlosen von Neonazi-Aktivitäten in Kiel traurige Tradition ist, haben wir in den letzten Jahren schon das eine oder andere Mal feststellen müssen (siehe hierzu u.a. unseren Aufruf zur antifaschistischen Meierei-Demo im März 2010). Mit einem am 11. März 2011 veröffentlichten Artikel über die „Kriminalitätsstatistik für Friedrichsort“ setzen KN und Kieler Polizei diese Linie unverändert fort.
Nachdem in dem Artikel festgestellt wird, dass „Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund“ den Stadtteil Friedrichsort „im vergangenen Jahr erschüttert und zur Gründung eines <<Runden Tisches gegen rechte Ecken>> geführt“ haben und es „<<jede Menge>> rechtsextrem motivierter Taten – wie das Bekleben und Besprühen von Gebäuden“ gab, behauptet der stellvertretende Leiter der Polizeistation in Friedrichsort Lutz Rohwer nun, dass diese Taten „alle auf das Konto eines Mannes“ gingen, „der inzwischen nach Eutin zurückgezogen sei, wo die Taten jetzt weitergingen“. Weiter heißt es, dass seitdem „in Friedrichsort von rechter Seite nichts mehr passiert“ ist. „Rohwer führt dies darauf zurück, dass <<viele der Jugendlichen weggezogen sind, verurteilt wurden oder an Programmen teilnehmen>>. Gleichzeitig hatte es aber auch in der letzten Zeit viele Veranstaltungen gegen rechts gegeben.“ (Alle Zitate aus dem KN Artikel vom 11.3.2011)  
Mehr als nur ein schlechter Scherz!
Während die Feststellung, dass Friedrichsort im letzten Jahr ein lokaler Brennpunkt von Neonaziaktivitäten war und es dieses Jahr bisher vergleichsweise ruhig ist soweit stimmt, ist die Behauptung, dass alle Taten von nur einer Person begangen wurden und es seit dem dort „ruhig“ ist eine reine Farce! Wie wir bereits in einem Artikel im Januar schrieben, scheint es so, als wäre mit der Zeit in Friedrichsort eine ganze Clique von etwa 10-15 Jugendlichen zu den Neonazis übergelaufen. Uns wurde berichtet, dass sich diese Nachwuchsnazis in Friedrichsort Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert haben, dass sie zusammen mit anderen Kieler Nazis unter einer Hakenkreuzflagge am Skagerrakufer faschistische Parolen gerufen und Lieder gesungen haben. Wir wissen von Einschüchterungsversuchen und Angriffen eben dieser Neonazis gegenüber Friedrichsorter Jugendlichen, welche durch ihr Aussehen oder Äußerungen zum Ziel wurden, und das leider auch wieder im Jahr 2011. Die Polizei widerlegt ihre eigene Aussage selber: Am 22.1.11, dem Abend des antifaschistischen Konzertes „beats against nazis“ im Friedrichsorter Jugendzentrum, postierte sich die Polizei vor dem Haus von Pascal N. in der Stromeyerallee und hielt eine Gruppe Neonazis dort fest. Des weiteren wurden Ende März in Friedrichsort Plakate für den Neonazi-Aufmarsch am 26.3.11 in Lübeck verklebt. Wahrscheinlich von einer einzigen Person, die dafür extra alleine von Eutin nach Kiel-Friedrichsort gefahren ist…
Die „Entwarnung“ der Polizei und die Aussage des Artikels, dass sich das Naziproblem in Friedrichsort erledigt hat, ist eine dreiste Verharmlosung der Situation und entspricht nicht der Wahrheit. Sie passt allerdings in ein bekanntes Schema, neonazistische Aktivitäten als Taten von Einzelpersonen oder als Jugendproblem darzustellen. Die Existenz einer organisierten Struktur wird geleugnet in der Sorge um das Image des eigenen Ortes (ein aktuelles Beispiel ist die Region Tostedt in Niedersachsen). Der Umstand, dass sich die Neonazis in Friedrichsort im Moment zurückhalten, heißt noch lange nicht, dass es sie nicht mehr gibt. Wir können feststellen, dass sich die gesamte Kieler Neonaziszene im Moment verhältnismäßig ruhig verhält und selten öffentlich in Erscheinung tritt. Das bedeutet aber leider nicht zwangsläufig, dass sie sich aufgelöst hat und so gehen wir auch im Fall Friedrichsort nicht von einer einfachen „Auflösung“ der Nazi-Szene und einem Ende der neonazistischen Aktivitäten aus.
Der Artikel aus der KN vom 11.3.11:
artikel

26. März: Polizei macht Neonazis in Lübeck den Weg frei

+++ Ungefähr 250 Neonazis können in Lübeck auf verkürzter Route marschieren +++ Polizei geht mit massiver Gewalt gegen Blockadeversuche vor +++ Viele verletzte AntifaschistInnen +++ Neonazis laufen im Anschluss durch Kieler Einkaufszentrum +++

 

Am 26.3.11 sind ca. 250 Neonazis, von denen ein Großteil aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern kam, durch Lübeck marschiert. Anwesend waren auch Nazis aus Köln (u.a. Axel Reitz als Redner) und Dänemark. Als weitere Redner traten Thomas Wulff aus Hamburg und der schleswig-holsteinische NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke auf. Aus Schleswig-Holstein nahmen ca. 100-150 Neonazis Teil, die zum Teil zusammen mit der Bahn über Kiel anreisten, unter ihnen Mitglieder der Kieler NPD und der so genannten „FN Kiel“, die mit einem eigenen Transparent aufwarteten.

 

Bereits seit 7 Uhr morgens waren viele AntifaschistInnen im Stadtteil St. Lorenz-Nord unterwegs um gegen den Neonaziaufmarsch vorzugehen. Die vom Lübecker Bündnis „Wir können sie stoppen!“ angekündigten Blockaden konnten allerdings nicht wie geplant stattfinden. Die Polizei, in diesem Jahr nach unterschiedlichen Quellen mit 2400 bis zu über 3000 BeamtInnen im Einsatz, hatte sich, im Gegensatz zum letzten Jahr, frühzeitig aufgestellt und einen Großteil der Route der Neonazis mit Hamburger Gittern und Wasserwerfern abgesperrt. An den Absperrungen sammelten sich größere Gruppen AntifaschistInnen, doch die Versuche auf die Route zu kommen beantwortete die Polizei immer wieder mit massiver Gewalt und versuchte so, Blockaden im Voraus zu verhindern. Trotzdem gelang es immer wieder einigen Gruppen Antifas die Polizeiabsperrungen zu umgehen und auf die Route zu kommen. So gab es an einigen Stellen kleinere Sitzblockaden (welche relativ schnell geräumt wurden) sowie Materialblockaden und Angriffe auf die Nazidemo. An einer Stelle der geplanten Route hatten sich nahe der Bodelschwingh-Kirche bis zu 400 AntifaschistInnen versammelt, hier kam es zu brutalen Angriffen Eutiner und sächsischer BerufsschlägerInnen, welche Knüppel und Pfefferspray einsetzten, auf die Menge. An diesem Punkt sah sich die Polizei nicht in der Lage für die Sicherheit des Naziaufmarsches zu sorgen und verkürzte die Route der Neonazis. Gegen 15.30 Uhr war der Naziaufmarsch vorbei. Das Bündnis „Wir können sie stoppen!“ wertet die Verkürzung der Route als Teilerfolg.

 

Auf ihrem Rückweg aus Lübeck sind am späten Nachmittag noch etwa 20-25 Neonazis aus Kiel, Nordfriesland und Schleswig/Flensburg in Kiel für ein paar Minuten durch das Einkaufszentrum „Sophienhof“ gelaufen und haben Parolen gerufen.

 

Es gab an diesem Tag in Lübeck viele durch Pfefferspray und Polizeiknüppel verletzte AntifaschistInnen, 23 Menschen wurden in Gewahrsam bzw. festgenommen und laut Presse 213 Platzverweise ausgesprochen. An den Protesten beteiligten sich (inklusive der Bündniskundgebung vorm Bahnhof) ca. 2000 Menschen, darunter auch AntifaschistInnen aus Dänemark und Schweden.