Zum rassistischen Brandanschlag in Escheburg am 9.2.2015

Am Montagnachmittag, 9. Februar 2015 verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Escheburg (Kreis Herzogtum Lauenburg). Das Gebäude war zur Tatzeit unbewohnt, erst am nächsten Tag sollten sechs Geflüchtete aus dem Irak dort einziehen. Die Feuerwehr verhinderte, dass sich der Brand weiter ausbreiten konnte, es entstand trotzdem ein hoher Sachschaden, die Doppelhaushälfte ist zur Zeit unbewohnbar. Die sechs Geflüchteten werden bis zur Renovierung in der Gemeinschaftsunterkunft in Gudow untergebracht.

So schrecklich diese Tat ist und so groß die Bestürzung darüber in Politik, Medien und Öffentlichkeit ausfällt, kommt sie für uns nicht aus heiterem Himmel. Seit Jahren treiben Neonazis im Kreis Herzogtum Lauenburg ihr Unwesen. In den Neunziger Jahren kam es fast wöchentlich zu Ausschreitungen, Übergriffen und Brandstiftungen im Kreis durch rechte Jugendliche, Neonazi-Kader und Stammtischdeutsche. Der Rassismus des deutschen Mobs im Herzogtum fand seinen traurigen Höhepunkt in der Nacht auf den 23.11.1992. Damals steckten Neonazis aus rassistischen Tatmotiven in Mölln zwei Häuser in Brand, drei Menschen türkischer Herkunft starben, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Auch wenn es in den Folgejahren etwas ruhiger wurde, ganz verschwanden die extrem Rechten nie aus dem Stadtbild. Einige Jahre später formierten sich etwa Neonazis zur „Nationalen Offensive“. Diese „Nationalen Sozialisten“, wie sie sich selbst nannten, gründeten eine rechte Wohngemeinschaft in Ratzeburg, welche als Anlaufpunkt diente. In einer Kampagne wurde sogar der Marktplatz als „national befreite Zone“ deklariert. Im gesamten Kreis kam es erneut zu Übergriffen auf Migrant_innen, linke Jugendliche und engagierte Politiker_innen und Bürger_innen. Seit dem Aufkeimen der „Pegida“-Bewegung und dem zum Teil erfolgreichen Auftreten der Partei „AfD“ ist Hetze gegen Asylsuchende, Migrant_innen und linke Menschen anscheinend wieder en vogue. In den Leserbriefen der lokalen Medien wird fleißig Unmut abgelassen über „Wirtschaftsflüchtlinge“, „linke Schmarotzer“ und andere „Gutmenschen“. Es entsteht ein Klima, das einst Rostock-Lichtenhagen ermöglichte, von daher war es anscheinend nur eine Frage der Zeit, bis die deutsche, rassistische Kontinuität erneut in Brandanschlägen und rassistischen Angriffen gegen Flüchtlingsunterkünfte, wie in Grabau und nun in Escheburg, offen zu Tage tritt.

Natürlich entsteht parallel in vielen Orten eine Willkommenskultur, Menschen gehen für die Rechte von Flüchtlingen auf die Straße und es findet ein Umdenken in der Unterbringung von Geflüchteten statt, trotzdem scheint dies in der öffentlichen Wahrnehmung ein kleiner Teil zu sein. Solange Menschen rassistische Hetze betreiben, Wohnhäuser angreifen und anzünden, werden wir dagegen kämpfen, die Betroffenen unterstützen und den Täter_innen zeigen, was wir von ihnen halten. Solange Anwohner_innen weiter stumpf rassistische Klischees bedienen, sich an der Hetze beteiligen und sich im Stillen über die Angriffe freuen, werden wir da sein und dagegen vorgehen und dem rassistisch deutschen Mob keine Gelegenheit geben, sich zu formieren.

Antifaschistische Aktion Herzogtum Lauenburg, 11.2.2015

500 in Kiel auf der Straße gegen das PKK-Verbot

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Am gestrigen Samstag, 7. Februar 2015 beteiligten sich in Kiel zeitweise bis zu 500 Menschen an der Demonstration „Solidarität mit dem revolutionären Aufbau in Kurdistan – Weg mit dem Verbot der PKK!“ zu der das Kobanê Solidaritäts-Komitee Kiel unterstützt von 18 Gruppen und Organisationen aus dem norddeutschen Raum aufgerufen hatte. Die Demonstrant_innen sammelten sich ab 14 Uhr zur Auftaktkundgebung auf dem zentralen Asmus-Bremer-Platz und zogen anschließend durch die Kieler Innenstadt mit einer Zwischenkundgebung auf dem Berliner Platz zum Hauptbahnhof, wo die Demo gegen 16.30 Uhr zu Ende ging.

Bereits im Vorfeld musste erwartet werden, dass sich eine Demonstration, die sich explizit gegen das in Deutschland im Jahre 1993 erlassene Betätigungsverbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihre Denunziation auf der EU-Terrorliste richtet, von den Repressionsbehörden zum Anlass genommen werden könnte, ein Gerangel um das Zeigen vermeintlich oder tatsächlich kriminalisierter Symbole der kurdischen Bewegung zu veranstalten. Diese Befürchtung bestätigte sich. So wurde dem Anmelder noch vor dem eigentlichen Beginn der Auftaktkundgebung damit gedroht, das Loslaufen der Demo zu behindern, wenn etwa ein Plakat gezeigt werden würde, mit dem in den vergangenen Wochen für die Demo mobilisiert wurde und das einen halben roten Stern auf gelben Grund mit grüner Umrandung zeigt. Dies wurde von der Polizei, darunter auch der vor Ort anwesende Staatsschutz, als PKK-Symbol interpretiert. Mit selbiger Begründung nahm sie die Personalien eines Aktivisten auf, der Flyer an Passant_innen verteilte und kündigte ihm sowie dem Fahrzeughalter des Laustsprecherwagens die Einleitung von Strafermittlungsverfahren an. Um die planmäßige Durchführung der Veranstaltung nicht zu gefährden und einer möglichen Eskalation entgegen zu wirken, beugten sich die Organisator_innen schließlich der erzwungenen Zensur und machten entsprechende Symbole etwa am Lautsprecherwagen unter Protest unkenntlich.

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Die anschließende Demonstration selbst verlief dann störungsfrei und die Polizei hielt sich weitestgehend im Hintergrund. Die Stimmung wurde im Laufe der Route, insbesondere beim Passieren der Fußgängerzone in der Holstenstraße, stetig besser und lauter. Zudem hatten die Einschüchterungsversuche der Polizei zu Beginn der Demo anscheinend nur wenig Wirkung entfalten können, so dass in dem optisch ansprechenden bunten Fahnenmeer auch immer wieder solche Symbole auftauchten, die nicht der repressiven Gesetzeslage entsprechen. Beim Zulauf auf den Hauptbahnhof zum Ende wurde etwa an der Demospitze minutenlang der PKK-Stern in seiner vollen, unhalbierten Pracht und nicht zu übersehenden Größe gezeigt.

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In den hauptsächlich in deutscher, aber auch in kurdischer Sprache gehaltenen Redebeiträgen wurde die Geschichte des PKK-Verbots, die daraus resultierende Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung in Deutschland und seine in den deutsch-türkischen Beziehungen verankerten bündnisstrategischen und geopolitischen Hintergründe thematisiert. Zudem gingen Redner_innen auch auf die erst vor wenigen Wochen vermeldete Befreiung Kobanês von den fundamentalistischen Schlächtern des „IS“, die starke kurdische Frauenbewegung als zentrale Säule des theoretischen und praktischen Konzepts des Demokratischen Konföderalismus und seine Umsetzung in Form der Revolution im syrisch-kurdischen Rojava ein.

Anlass der Demo war der 16. Jahrestag der Entführung und Festnahme Abdullah Öcalans im Februar 1999 – Gründungsmitglied, Vorsitzender und wichtigster Theoretiker der PKK, der seitdem in der Türkei in Isolationshaft sitzt. Die Aktion in Kiel reiht sich ein in eine Vielzahl von Aktivitäten gegen das PKK-Verbot und für die Freiheit Öcalans in den kommenden Wochen. Nächsten Samstag etwa findet im französischen Straßburg eine internationale Großdemonstration statt, in der Woche darauf wird in Berlin demonstriert werden um der bevorstehenden Bundestagsinitiative der LINKEN gegen das PKK-Verbot den nötigen Druck der Straße mit auf den Weg zu geben.

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Insgesamt konnte mit der gestrigen Demonstration die lokale Zusammenarbeit von kurdischen und nicht-kurdischen Linken auch über die zahlreichen erfolgreichen Mobilisierungen und Veranstaltungen in Solidarität mit dem Widerstand Kobanês hinaus weiter intensiviert werden und die Forderung nach der sofortigen Aufhebung PKK-Verbots in die lokale öffentliche Debatte eingebracht werden. Die Beteiligung war zwar nicht überwältigend, aber auch angesichts der expliziten Kernforderung durchaus zufriedenstellend und die Demonstration trat trotz der Polizei-Schikanen selbstbewusst und lebendig auf. Auch auf die zukünftige Kieler Solidaritätsarbeit mit der kurdischen Befreiungsbewegung lässt sich also optimistisch blicken.

Kobanê Solidaritäts-Komitee Kiel

Kiel: Hunderte Linksradikale unter Tausenden Weltoffenen

Am gestrigen Dienstag, 27. Januar 2015 demonstrierten in Kiel anlässlich des 70. Jahrestag der Befreiung der Überlebenden des NS-Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee etwa 11.000 Menschen gegen Rassismus und für eine weltoffene Stadt. Auf Initiative des DGB hatte sich als vorbeugende Reaktion auf die bundesweite xenophobe „Pegida“-Bewegung, die in Schleswig-Holstein jenseits einiger Facebook-Präsenzen mit begrenzter Reichweite noch keinen Fuß fassen konnte, vor wenigen Wochen ein breites Bündnis zusammengefunden, das zu der Demonstration aufgerufen hatte. Angeschlossen hatte sich auch ein antikapitalistischer und antirassistischer Block, zu dem lokale linksradikale Gruppen kurzfristig unter dem Motto Turn left smash right: Fight the racist world order – fight capitalism! Freedom, equality, solidarity for all! mobilisiert hatten um „nicht widerspruchslos im Fahnenmeer von Sozialdemokraten, Grünen und CDU als Füllmasse unter[zu]gehen […], sondern im Gegenteil ihre Mitverantwortung am erstarkenden gesellschaftlichen Rassismus auf[zu]zeigen“ (aus dem Aufruf). An diesem beteiligten sich mehrere hundert Demonstrant_innen.

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Bereits ab einer halben Stunde vor dem offiziellen Auftakt strömten die Teilnehmer_innen zum Wilhelmplatz und es war absehbar, dass die bereits im Vorfeld hohen Erwartungen an die Beteiligung erfüllt werden würden. Dadurch, aber auch durch die ungünstige Wahl des schlecht beleuchteten Startortes, wurde es mit Beginn der kurzen Auftaktkundgebung, für die das finanziell offenbar gut aufgestellte Bündnis eigens eine eigene Bühne für die Beiträge der politische Lokalprominenz aufgestellt hatte, zusehends unübersichtlicher. Dies erschwerte die Findung des Blocks zunächst etwas. Trotzdem gelang es als die Demo sich in Bewegung setzte, schwer zu schätzende 300 – 600 Menschen hinter dem Fronttransparent und um den Lautsprecherwagen des Blocks zu versammeln. Eine genaue Abgrenzung der politisch bewusst an dieser Stelle Teilnehmenden ist in Anbetracht der großen Masse der Gesamtdemonstration kaum möglich, aber ganz offensichtlich hatte der Aufruf in dem Bedürfnis nicht Weniger nach einem radikalen antifaschistischem Ausdruck Widerhall gefunden.

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Nicht nur dadurch, dass die Gesamtdemo während der Route über den Hauptbahnhof zum Rathausplatz auf eine eigene Lautsprecheranlage verzichtete und diese sich auch ansonsten nicht durch einen besonders hohen Geräuschpegel auszeichnete, konnte der Block sein Anliegen durch mehrere Redebeiträge, Transparente und gelegentliche Parolen zufriedenstellend einlösen. Etwas begrenzt wurde die Kommunikation in die Gesamtdemo hinein und auch die mediale Wahrnehmung leider dadurch, dass der Block eher unfreiwillig und zufällig am Ende der beeindruckend weit in die Länge gezogenen Menschenmassen lief. Thematisiert wurde die bundesweite dramatische Zunahme rassistischer Gewalt und xenophober Mobilisierungen, der Rechtsruck in großen Teilen Europas als Folge der andauernden kapitalistischen Krise, die mörderische EU-Flüchtlingspolitik und die Situation in dem kleinen Ort Boostedt bei Neumünster, wo Kriegsflüchtlinge ausgerechnet in unmittelbarer Nähe eines Bundeswehr-Übungsgeländes untergebracht werden sollen und die NPD sich bereits in rassistischer Stimmungsmache versucht.

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Gegen 19.15 Uhr war die Demo vollständig am Rathausplatz eingetroffen und endete mit einer längeren Abschlusskundgebung, auf der von einer weiteren Bühne aus im Vergleich zum Auftakt durchaus auch interessante Worte verloren wurden, so etwa durch eine Vertreterin den Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus in Kiel. Teilnehmer_innen des linksradikalen Blocks beschränkten sich an dieser Stelle eher auf das Verteilen von Flugblättern, z.B. Aufrufe für die bevorstehende Demonstration gegen das PKK-Verbot am 7. Februar in Kiel.

Insgesamt kann der gestrige Tag aus antifaschistischer Perspektive grundsätzlich als positiv bewertet werden. Auch wenn das Event erwartungsgemäß und nicht unwesentlich eine – vor allem sozialdemokratische – Inszenierung des bürgerlichen Demokratiebegriffs, eines vermeintlich besseren Deutschlands und des toleranten Standorts gewesen ist und der #kielweltoffen-Hype sicherlich auch Klientel angezogen, mit dem wohl kein gemeinsamer politischer Nenner aushandelbar ist – dies zeigten u.a. verschiedene Diskussionsstränge in sozialen Netzwerken über die Teilnahme „der Antifa“ im Vorfeld -, sollte der beeindruckende Mobilisierungserfolg nicht als politisch unbedeutend abgetan werden. Dass sich in einer Stadt der Größe Kiels innerhalb nur weniger Wochen und ohne, dass ein lokaler Ableger der „Pegida“ überhaupt aktiv geworden wäre, 11.000 Menschen gegen diese jüngste Welle des gesellschaftlichen Rassismus öffentlich positionieren, ist leider nicht selbstverständlich und in Anbetracht der Verhältnisse anderswo absolut begrüßenswert. Dass das gestrige Spektakel abgesehen davon alles andere als revolutionär, sondern an allen Ecken und Enden kritisierbar gewesen ist, dass seine politische Nachhaltigkeit zu bezweifeln ist und dass es richtig und wichtig war, einen linksradikalen Kontrapunkt zu setzen, hat sich wie prognostiziert bestätigt. Allerdings auch, dass das Drecksphänomen „Pegida“ in dieser Stadt wenig zu lachen hätte, würde sich hier auch nur eine Handvoll unter diesem Banner vor die Haustür wagen und dass antifaschistische Politik in Kiel für den Fall der Fälle nach wie vor auf einen recht großen Pool an potentiellen Ansprechpartner_innen trifft. Nicht mehr, aber definitiv auch nicht weniger hat die gestrige Demo unter Beweis gestellt.

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Kiel: 400 Antirassist_innen demonstrieren Solidarität mit Refugees

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Die Demonstration startete kraftvoll und zahlreich um 18.00 am Bootshafen in Kiel und machte ihren ersten Stopp an der Ausländerbehörde, wo deren unmenschliche Praktiken und die regelrecht zynische Umbenennung in „Willkommensbehörde“ scharf kritisiert wurden.

Weiter ging es lautstark und mit lauten Technobeats am Weihnachtsmarkt vorbei zum Kieler Hauptbahnhof. Hier machte die schleswig-holsteinische Kampagne „Dublin in Kiel – right to stay“ anhand von zwei Einzelfällen, die aufgrund der Dublin-III Verordnung akut in Gefahr einer Abschiebung nach Italien sind, auf die unmenschliche Dublin-III Regelung aufmerksam. Diese besagt dass Asylsuchende in dem ersten EU-Land, das sie betreten, Asyl beantragen müssen. Diese Regelung führt zu vielen Abschiebungen und sorgt in EU-Grenzstaaten wie Italien für sehr prekäre Zustände für Geflüchtete. So wurden in den letzten zwei Jahren über 300 Menschen aus Schleswig-Holstein abgeschoben, über 10.000 im Jahr 2013 aus Deutschland.

Bei einem Zwischenstopp vor der Parteizentrale der Alternative für Deutschland im Walkerdamm thematisierten die DemonstrantInnen lautstark die rassistischen Meinungsäußerungen und Mobilisierungen durch diese Partei in Deutschland und der EU. Die deutlichen Unmutsbekundungen von Seiten der Teilnehmer*innen gegenüber den anwesenden RechtspopulistInnen wurden von den Organisator*innen begrüßt. Die Demonstration wurde nach einem Redebeitrag fortgesetzt, da eine Eskalation der Demonstration an dieser Stelle aufgrund der zahlreichen anwesenden Geflüchteten unangebracht war.

Vor der SPD-Landesparteizentrale wurde unter anderem auf die rassistische Politik des Hamburger SPD-Senats gegenüber der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ in den letzten Jahren und die aktuelle Rolle der SPD bei der Verschärfung des Asylrechts in Deutschland aufmerksam gemacht. So stimmte die SPD erst im September diesen Jahrs der Regelung der „sicheren Herkunftsstaaten“ zu, nach dem Menschen nun schneller und ohne ernsthafte Prüfung ihrer Asylanträge nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina abgeschoben werden können.

Auch die widersprüchliche Rolle des DGB bezüglich der deutschen Asylpolitik und den Protesten von Geflüchteten in Berlin und München wurde bei einem Stopp vor dem DGB-Regionalbüro deutlich gemacht. So ließ der DGB die protestierenden Geflüchteten aus dem Gewerkschaftshaus durch einen Großeinsatz der Polizei räumen, was eine Debatte über den Umgang und die Solidarität mit diesen Protesten innerhalb der Gewerkschaften auslöste.

Vor der Parteizentrale der Grünen Partei Schleswig-Holstein wurde darauf hingewiesen, dass diese vor einer Woche zusammen mit der CDU/CSU und der SPD im Bundesrat der Neuregelung und damit Beibehaltung des Asylbewerberleistungsgesetzes zugestimmt haben. „Ein Gesetz, dass durch repressive Maßnahmen wie Residenzpflicht und der Verweigerung medizinischer Versorgung Geflüchtete systematisch diskriminiert, gehört abgeschafft“, so Johannes Korndörfer, Organisator des Raves.

Auch wurde hier noch einmal die bereits erwähnte Regelung der „sicheren Herkunftsländer“ kritisiert, die von den Grünen im Bundesrat mitgetragen wurde.

Im Zentrum der Kritik stand auch die tödliche Abschottungspolitik der EU und Deutschlands mithilfe der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX, die seit 2002 über 22.000 Todesopfer gefordert hat. OrganisatorIn Tina Maus sagte dazu: „Ich finde es eine Schande, dass schutzsuchende, oftmals traumatisierte Menschen ihr Leben riskieren müssen, um nach Europa zu gelangen, und hier wie Kriminelle behandelt werden.“

Im Anschluss und während der gesamten Demonstration gab es die Möglichkeit bei warmen Essen und Punsch in den nahegelegenen, selbstverwalteten Räumen des Fahrradkinos in der Alten Muthesius Kunsthochschule zusammenzukommen und sich auszutauschen. Diese Möglichkeit wurde bereits während der Demonstration von zahlreichen Teilnehmer*innen genutzt.

Bereits im Vorfeld und während der Demonstration gab es sehr positive Kontakte und einen regen Austausch mit vielen Geflüchteten und selbstorganisierten Strukturen. „Über die zahlreiche Teilnahme, Unterstützung und die Vernetzung freuen wir uns sehr“, sagte Tina Maus.

Nach einem kritischen Beitrag des Medibüros Kiel zum Asylbewerberleistungsgesetz und dem Aufruf und Angebot an die Teilnehmer*innen sich an weiteren Protesten zu beteiligen und in solidarische Arbeit und Gruppen einzubringen endete die Demonstration um 22.00 Uhr am Bootshafen.

Anregungen, Feedback und Kritik wurde während der Demonstration schon an die OrganisatorInnen herangetragen. Über weitere Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik freut sich das Orgateam.

Der Aufruf ist hier dokumentiert.

Neues von den schleswig-holsteinischen B&H-Strukturen

Bereits mehrfach berichteten wir über die „Blood and Honour“-Strukturen aus dem nördlichen Ostholstein. Aufbauend auf einen Überblick über die Zusammenhänge und einem Artikel zu grenzüberschreitender Beziehungspflege rund um das „Blood and Honour“-Netzwerk, die NPD und den NSU, wollen wir an dieser Stelle einige aktuelle Informationen über die Protagonist_innen und ihr Umfeld darstellen. Bei der Lektüre sollte auch stets im Hinterkopf behalten werden, dass „Blood and Honour“ in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten ist und die Behörden scheinbar als einzige die Fortführung der verbotenen Strukturen nicht sehen wollen, obwohl der Fortbestand der alten Netzwerke oft nicht einmal kaschiert wird.

Insgesamt lief das Jahr 2014 für den aktiven Kern der schleswig-holsteinischen Rechtsrockszene eher schlecht. Verurteilungen, Motivationsverlust und Intrigen schienen vor allem ein Bedürfnis gestärkt zu haben: Statt brotlosem Idealismus für die neonazistische „Sache“ soll endlich auch etwas verdient werden. Wo die neonazistischen Netzwerke dabei nützlich sind, werden sie weiterhin gern genutzt, wo nicht, wird auch auf profanere Geschäfte zurückgegriffen.

Motivationsverlust und ein bisschen Verrat bei „Words of Anger“
Als musikalisch beste Band galt die ostholsteinische Combo „Words of Anger“ noch nie. Aber in einer Szene, in der Konzerte konspirativ organisiert sind, Anhänger_innen oft weite Strecken fahren, ohne zu wissen, ob sie überhaupt ein einziges Lied hören werden und Produktion und Vertrieb von Alben und Merchandising zum Teil fernab der öffentlichen Wahrnehmung stattfindet, kann Motivation und gute Vernetzung das ersetzen, was musikalisch fehlt. In diesem Sinne war „Words of Anger“ in den letzten Jahren im europäischen Rechtsrock relativ erfolgreich. Nicht als der große Publikumsmagnet, aber als solide Ergänzung nahm die Band an vielen kleineren und größeren Veranstaltungen teil, vor allem das „Blood and Honour“-Netzwerk und die NPD griffen des öfteren auf die reisefreudigen Musiker aus der norddeutschen Provinz zurück. Durch ihr verzweigtes personelles Netzwerk aus dem Umfeld von „Blood and Honour“ und Rockergruppierungen knüpften sie Kontakte und sind inzwischen an anderen Bandprojekten beteiligt. Marco Eckert spielt nebenbei auch bei „Oidoxie“, eine der tonangebenden Bands des deutschen Ablegers von „Combat 18“, dem militanten Arm von “Blood and Honour” und, zusammen mit Daniel Tamm, ist er Mitglied von „Sturmwehr“.

Allerdings ist der vermeintliche Erfolg teuer erkauft. Die Bands und Liedermacher_innen der Zweiten Garde des Rechtsrocks, wie „Words of Anger“, fahren für Auftritte und Aufnahmen durch ganz Europa und bekommen wenig Geld dafür. Teilweise ist nicht einmal Geld für Benzin vorhanden, obwohl die Versände und Veranstalter_innen mit dem braunen Musikspektakel durchaus einträgliche Geschäfte machen. Während das lange Zeit als Zugeständnis an die „Sache“, nämlich den Kampf für den Nationalsozialismus, akzeptiert wurde, geht der Truppe um Marco Eckert zunehmend die Motivation aus. Wenn Veranstaltungsorte wie im November 2013 mal eben vom Ruhrgebiet um 400 Kilometer nach Süden ins badische Söllingen verlegt werden, bleibt man lieber gleich in heimischen Gefilden. Daran konnte auch der Anlass, nämlich der Geburtstag des neonazistischen Hooligans Siegfried Borchardt (Dortmund) nichts ändern.

Abhilfe könnten international etablierte Veranstalter_innen schaffen, bei denen die Räumlichkeiten der Konzerte meist besser abgesichert sind und abgesprochene Gagen eingehalten werden können. Der Auftritt am 5. April 2014 bei „Blood [&] Honour UK“ war solch einer, genauso wie das „In.Bewegung“ am 9. August 2014 im thüringischen Sondershausen. Die Deklarierung als politische Kundgebung der NPD dürfte zwar nicht allen im subkulturellen Neonazi-Milieu gefallen, aber verspricht sie doch eine gewisse rechtliche Absicherung. Allerdings wurde daraus nichts, denn Tino Engelmann, bis dahin Schlagzeuger von “Words of Anger“, gab kurz vor der Veranstaltung seinen Austritt aus der Band bekannt. Schnell machten Gerüchte über Verrat die Runde. Tino Engelmann habe die Seite gewechselt, hieß es in der Szene. Daraufhin beeilte sich die Band, ihren Ruf zu retten, indem sie versuchte den Ausstieg als ganz normalen und sich seit längerem abzeichnenden Prozess darzustellen. Auch sei Engelmann mit den übrigen Mitgliedern der Band weiterhin freundschaftlich verbunden. Nur geglaubt haben dürfte diese Geschichte einer einvernehmlichen Trennung, kurz vor einem der wichtigsten Auftritte des Jahres, niemand. Auch die Ankündigung, vorerst keine Konzerte mehr zu spielen, wird die Gerüchte nicht verstummen lassen. Nachdem es schon um die befreundete Band „Timebomb“ merklich ruhiger geworden ist, liegt der aktivste Teil der ostholsteinischen Rechtsrockszene bis auf weiteres brach.

Während sich Tino Engelmann in der Rechtsrockszene um neue Projekte bemüht, fiel die Wahl seines Nachfolgers bei „Words of Anger“ ebenfalls auf einen Neonazi aus Ostholstein: Niclas Bruhse. Bruhse, bisher vor allem als rechter Fan des Hamburger SV und im subkulturellen Umfeld der lokalen Neonaziszene aufgefallen, soll sich in den nächsten Monaten mit der Band einspielen. Neben seinem Dasein als Neonazi ist Bruhse lokal vor allem als Amateurfussballer bekannt. Früher spielte er beim SV Hansühn, wo auch der HSV-Fanclub „High Sun“, zu dessen Umfeld er gehört, beheimatet ist, aktuell kickt er für den TSV Schönwalde.

Doch momentan beschäftigen Marco Eckert andere Dinge. Während andere Neonazis mit guten Kontakten zu Rechtsrock und organisierter Kriminalität finanziell lukrative Netzwerke bilden, beschwert sich Eckert über die Doppelbelastung aus normalem Beruf und neonazistischen Musikwelten. Einige „Blood and Honour“-Kader wie Oliver Malina („Honour [&] Pride“) und insbesondere die im Vergleich zu „Blood and Honour“ elitäreren „Hammerskins“ wie Sven Krüger („Hammerskin Chapter Nordmark“) nutzen die verzweigten Netzwerke, die ihre Machtbereiche in der Szene und zugehörige Einnahmen sichern. Ihnen nacheifernd versucht Eckert aktuell seine Verbindungen innerhalb von „Blood and Honour“, aber auch über „Sturmwehr“ zu den „Hammerskins“, zu nutzen, um den neuen „Sturm18“-Versand für rechte Musik und Bekleidung aufzubauen. Dieser Versuch, endlich Kasse mit dem Hobby zu machen, scheint auf den ersten Blick folgerichtig. Durch die jahrelangen Auftritte und über Jugendfreunde wie Alexander Hardt und Lars Bergeest verfügt Eckert über Kontakte zu vielen relevanten Akteuren der rechten Szene und zur organisierten Kriminalität. Der Name „Sturm18“ des offiziell auf Yvonne Eckert und Christian Möring laufenden Versandhandels ist als Zweitname von „Sturmwehr“ schon weithin bekannt und rund um seinen Wohnort Grube stehen den Neonazis helfende Hände und Lagerräume für die Logistik zur Verfügung. Nur sind manchmal auch in der Neonaziszene Kontakte und Engagement nicht alles. Die Skepsis, ob Marco Eckert in der Lage ist, einen erfolgreichen Versand zu führen, bestätigte sich gleich in den ersten Wochen. Der Onlineshop war fast durchgehend nicht erreichbar, da die Neonazis mit der Technik nicht zurecht kamen.

Billard statt braune Musik bei Lars Bergeest

Lars Bergeest wählte im Vergleich zu seinen langjährigen Weggefährt_innen einen eher profaneren Weg, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Nachdem er lange Zeit in Dänemark wohnte und in Skandinavien zu einer gut vernetzten Figur der rechten Szene wurde, versuchte er sich danach mit Alexander Hardt im Vertrieb von Einbruchswerkzeugen. Als es im Nachgang einer Veröffentlichung von uns im Januar 2013 medialen Wirbel um seine Geschäfte rund um die Neonaziszene und den „Bandidos MC“ gab, trat Bergeest als Geschäftsführer des gemeinsamen Geschäfts ab und vermied vorerst die große Öffentlichkeit. Seit einigen Monaten nun betreibt er den “Norddeutschen Billardservice”, einen Vertrieb für Billard-, Dart- und Kickerbedarf. Das Geschäft hat seinen Sitz in Cismar, in der Nähe von Lars Bergeests Elternhaus.

Gerüchte und Gefängnis bei Alexander Hardt
Alexander Hardt, Jugendfreund von Eckert und Bergeest und Betreiber des Kieler Neonazi-Geschäfts „PLS-Werkzeuge“, ist aktuell inhaftiert. Er wurde bezüglich diverser Anklagepunkte für schuldig befunden und hat weitere noch offene Verfahren, sodass sich die ursprüngliche Haftstrafe noch deutlich erhöhen könnte.
Doch das ist beileibe nicht das einzige Problem von Hardt. In der Kieler und Neumünsteraner Unterwelt halten sich seit Monaten hartnäckig Gerüchte, dass er kein „Bandido“ mehr sei, da er Gelder des Clubs veruntreut habe. Für den Wahrheitsgehalt der Gerüchte spricht, dass Hardt seit geraumer Zeit keine Symboliken der „Bandidos“ mehr verwendet. Vollständig gebrochen mit dem alten Umfeld hat er allerdings nicht. Er fungiert weiterhin als Geschäftsführer von „PLS-Werkzeuge“, wo auch andere Personen aus der Mischszene zwischen Neonazis und Rockern arbeiten, wie der Kieler „Bandido Supporter“ Tobias Schulz.

In jedem Fall schwächt sich die Neonaziszene mit Affinität zu den „Bandidos“ aufgrund der Prozesse und Intrigen selbst. So ist mit Peter Borchert eine weitere führende Figur beider Szenen ebenfalls inhaftiert und das Konfliktpotential innerhalb der Szene bleibt hoch. Im aktuellen Verfahren gegen Hardt, Borchert und Nils Hollm weicht insbesondere letzterer von ungeschriebenen Regel ab, sich gegenüber Gerichten völlig unkooperativ zu verhalten. Überhaupt konnte das Verfahren um den Übergriff in der Kneipe „Titanic“ des Neonazis Horst Micheel nur geführt werden, weil „neue Aussagen“ vorliegen, sprich einer der beteiligten Rocker oder Neonazis gegen das Schweigegelübte verstossen hat.

http://quimera.noblogs.org/

Kiel: Reiseverbote für Antifaschist*innen

[Erklärung des Runden Tischs gegen Faschismus und Rassismus Kiel] Am Freitag, 14.11.2014, hat die Polizei in der Landeshauptstadt Kiel mindestens 3 sogenannte „Gefährderansprachen“ bei Antifaschist*innen in Kiel durchgeführt, unter anderem bei der für die Gewerkschaft ver.di aktiven Sprecherin des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus Bettina Jürgensen. Als Ziel ihrer „Ansprache“ gaben die Zivilbeamten der Polizei an, eine Teilnahme dieser Antifaschist*innen an den dort antifaschistischen Demonstrationen am 15.11. in Hannover gegen die stattfindende Kundgebung der „Hooligans gegen Salafisten“ verhindern zu wollen. In einem sehr aggressiven Ton wurde darauf hingewiesen, dass „Straftaten extrem niedrigschwellig durch die Polizei unterbunden werden“. Es wurde geradezu davor gewarnt, nach Hannover zu reisen. Geplante Reisewege und Angaben über Mitreisende wurden ebenfalls (erfolglos) erfragt.

In einem Referat Birgit Müllers an dem Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei (BPFI) wird festgestellt: „Bei der Gefährderansprache handelt es sich um ein verhaltensbeeinflussendes Instrument. Die individuelle Ansprache signalisiert dem potentiellem Gefährder, dass polizeiliches Interesse an seiner Person besteht, die Gefährdungslage bei der Polizei registriert wird und die Lage ernst genommen wird.“ Weiter werden in diesem Papier folgende Aussagen genannt: „Eine Allzweckwaffe zur Erfüllung des polizeilichen Auftrags.“ „Entsprechend pointiert ist die Gesprächssituation, die einem warnenden „Kettengerassel“ nicht unähnlich ist.“ „Die Polizei signalisiert ihnen: Wir kennen euch, wir haben euch im Auge.“ „Die individuelle Ansprache bewirkt, dass dem Täter ein erhöhtes Tatentdeckungsrisiko deutlich gemacht wird und durch das Gespräch zusätzliche Informationen gewonnen werden können, die für das polizeiliche Folgehandeln eine wichtige Grundlage bilden.“ Soweit aus dem Referat der BPFI.

Der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel sieht in dem Auftreten der Polizei einen erneuten Versuch der Kriminalisierung antifaschistischen Handelns. Dagegen wehren wir uns und fordern alle demokratischen und antifaschistischen Organisationen und Personen Kiels auf, dieses Vorgehen der Polizei zu verurteilen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass bereits 2008 ein Hausverbot im Kieler Rathaus gegen Antifaschist*innen ausgesprochen wurde, die an der Auszählung der Stimmen zur Kommunalwahl teilnehmen wollten. Begründung war damals, sie würden dem antifaschistischen Spektrum zugerechnet und es bestehe Gefahr von Aktionen gegen den NPD-Kandidaten Hermann Gutsche.

Das jetzige Verhalten der Polizei ist allerdings eine ganz neue Qualität. Hausbesuche, um antifaschistisches Handeln schon in der Entstehung zu verhindern und aktive Menschen bereits in den eigenen 4 Wänden einzuschüchtern, hat es in Kiel seit vielen Jahrzehnten nicht gegeben.

Wie lange soll faschistisches und rassistisches Auftreten noch geduldet und polizeilich geschützt werden?

Wie lange noch werden andererseits antifaschistische Aktivitäten bedroht, unterbunden und kriminalisiert?

Wir werden weiter im Sinne unserer Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus aus dem Jahre 2001 handeln, in der es unter anderem heißt: Solidarisches Verhalten und Zivilcourage bis hin zum zivilen Ungehorsam tun not. (…) Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen. Leisten wir Widerstand gegen Neonazis, rechte Skinheads und alle neofaschistischen Organisationen und Parteien!

Presse:

http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Hat-Polizei-HoGeSa-Gegner-eingeschuechtert,hogesa130.html

http://www.shz.de/schleswig-holstein/politik/verdi-kieler-polizei-wollte-gegendemonstranten-einschuechtern-id8227411.html

http://www.focus.de/regional/niedersachsen/demonstrationen-verdi-kritisiert-einschuechterung-durch-polizei-vor-demos-in-hannover_id_4283608.html

http://www.abendblatt.de/region/article134479350/Verdi-Gegendemonstranten-wurden-von-Polizei-eingeschuechtert.html


[RD] Mahnwachentreffen in Schleswig-Holstein – Ein Reisebericht

[Von linksunten.indymedia.org] 1. November 2014: Da denkt mensch, der Halloween-Grusel sei vorbei, doch die wahre Horror-Show sollte erst noch beginnen! Gut gelaunt, bei schönem Herbstwetter und mit jeder Menge veganem Essen beladen, machten wir uns gegen Mittag von Kiel aus mit dem Bus auf den Weg nach Rendsburg. Dort wollten sich Montags-Mahnwachen aus Schleswig-Holstein und Hamburg zur Abwechslung mal an einem Samstag treffen.

Wir waren gespannt darauf, zu welchen Ausfällen ein Treffen der norddeutschen Mahnwachen, angereichert mit reaktionären Selbstdarstellern wie Wojna und Frank Poschau, führen würde. Neben den üblichen irrationalen gedanklichen Auswüchsen wie Chemtrails und Flourid-Phobie gab es Bekanntes zum Thema „Zinskritik“ und natürlich auch das leidige Gejammer über die vermeintlich fehlende Souveränität der BRD.

Da auch diesmal wieder zu befürchten war, dass unter dem Lable „Frieden“ jede Menge Anschlussmöglichkeiten zu rechten und menschenfeindlichen Ideen geboten würden, wollten wir dies nicht unkommentiert und undokumentiert lassen und hielten eine antifaschistische Begleitung für angebracht.

Das überregionale Mahnwachentreffen lockte 40-60 Friedensbewegte ins beschauliche Rendsburg. Als Gegenreaktion standen ihnen 15-20 Antifaschist*Innen, bewaffnet mit Transparenten, gegenüber und auch der deutsche Polizeiapparat stand brav bei Fuß, um die Mahnwache vor herbeiphantasierten Attacken zu schützen. Woher die Angst vor Übergriffen entstammt, ist nicht ganz nachvollziehbar: Schließlich gingen alle bisherigen Schubsereien immer von den vorgeblichen Pazifist*Innen aus. Dabei sollte die Vergangenheit gezeigt haben, dass von antifaschistischer Seite außer Zwischenrufen, Transpi halten und ab und an mal einem Flugblättchen nichts zu befürchten ist.

Zu Letzterem konnte es an diesem Tag in Rendsburg jedoch nicht kommen. Die Furcht vor gedruckter Kritik war scheinbar so groß, dass das Verteilen sofort durch Drohungen und Handgreiflichkeiten von Seiten der Mahnwachenden verhindert wurde. Der betroffene Genosse wurde mittels Polizei der Veranstaltung verwiesen, der Schubser durfte jedoch bleiben und wurde mit Kuchen beruhigt.

Kuschelantisemitismus mit anfassen

Das duisburger Rap-Duo, heute nur in Ein-Mann-Besatzung in Form des Front- Antisemiten Wojna vertreten, war eines der angekündigten „Highlights“ der Veranstaltung. Wojna hat sich gut an sein neues Publikum angepasst und machte von vorn herein klar, wohin uns die heutige Reise führen sollte: Von „fetten Amis“, die „mit Burger in der Hand am Joystick sitzen und Drohnen steuern“, geht er nahtlos weiter in den Nahen Osten, nur um dort beleidigt festzustellen, Israel habe aus dem zweiten Weltkrieg nicht gelernt, dass es sich nicht verteidigen darf.

Bei seiner Tingelei von Mahnwache zu Mahnwache, erzählt er in seinem Schunkelsprechgesang mit einstudiertem ZDF Fernsehgarten-Gestus unreflektiert über den Nahostkonflikt und instrumentalisiert an anderer Stelle mal eben die 3000 Toten der Anschläge vom 11. September, um den Umsatz der CD-Verkäufe in die Höhe zu treiben. Erbärmlich! Nur um sicher zu gehen: Wir halten Wojna durchaus für einen Überzeugungstäter, der teilweise tatsächlich glaubt, was er von sich gibt. Das macht es aber keinen Deut besser.

Volksdichter spricht aus, was das Volk sich nicht mehr zu sagen traut?

Schlimmer gehts immer: Übertroffen wurde der Auftritt des Trainee-Truthers noch von der Ansprache des selbsternannten Volksdichters Frank Poschau aus Padenstedt bei Neumünster. Poschau leidet an den Folgen des zweiten Weltkriegs. Aber nicht die nie stattgefundene Entnazifizierung oder die mangelnde kritische Aufarbeitung der Verbrechen des NS-Regimes sind für ihn das Problem, sondern dass er nicht entspannt seinem Bedürfnis nach Nationalismus nachgehen „darf“.

Wenig poetisch echauffiert er sich daher über zu viele Holocaust Mahnmale, die seiner Ansicht nach „seine Heimat“ verschandeln würden, und ihn dazu „zwingen“, sich an die Verbrechen der Deutschen zu erinnern. So verwundert es auch wenig, dass er sich nicht für die ideologischen Kontinuitäten im Post-Faschismus der BRD oder den wieder erstarkenden Antisemitismus interessiert. Er bequemt sich lieber in die Position, „die Juden“ würden noch heute aus den Folgen des Holocausts Profit ziehen.

Auch wenn Poschau es selbst so wahrgenommen haben mag, wir haben ihn nie als Holocaust-Leugner betitelt, aber man muss auch nicht die systematische Tötung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden leugnen, um ein Antisemit zu sein.

Vor Ort räumte die Rendsburger Orga im Anschluss an die Veranstaltung zwar ein, dass er bei brisanten Themen durch seine „unüberlegte Ausdrucksweise“ oftmals daneben haut, seinen Auftritt rechtfertigten sie dennoch. Da man von einem „ungebildeten ostdeutschen Heimkind“ nicht mehr Reflektiertheit erwarten könne: „Sonst dürften ja nur noch Akademiker das Mikrofon in die Hand nehmen“. Ein ekliges Argument, das mehr über die Orga als über Poschau aussagt.

Außerdem versicherte man uns, wenn eine*r der Redner*Innen etwas sagen würde, das unter §130 fallen würde, dann würde auch eingeschritten werden. Bei diesen Friedensfreund*Innen fängt rechtes Gedankengut also frühesten bei Volksverhetzung an.

Nicht nur das Mikrofon war offen…

Nach den beiden Top-Acts durfte noch die Gedankenpolizei hinters Podium treten. Über Kunst lässt sich streiten… immerhin blieb der Kleinkünstler im Gegensatz zu seinen Mitstreiter*Innen beinahe handzahm und wetterte nur diffus gegen „die da oben“. Auf einen eher meditativen Vortrag zum Thema Zinsen, folgten Atemübungen mit einer engagierten Dame, die jedoch nur am Mikrofon so lieb tat. Gleichzeitig wetterte sie auf ihrem Flyer nämlich gegen „Genderwahn“ und die „ideologische Vergewaltigung unserer Kinder“ und machte nebenbei eifrig Werbung für den rechts-esoterischen Kopp-Verlag.

Um der allgemeinen Verplantheit zu entrinnen, wurde der moderne Mythos vom Prinzip des 100. Affen mal wieder aus dem Schrank gekramt. Ein gewagter Versuch ihr Trauerspiel in kollektiven Fortschritt umzudichten. Bei diesem Mythos handelt es sich um ein angebliches Beispiel für das emergente Phänomen der kollektiven Intelligenz, welches sich jedoch lediglich aus falsch wiedergegebenen wissenschaftlichen Beobachtungen zum Lern- und Gruppenverhalten von Tieren zusammensetzt.

An dieser Aufzählung wird vermutlich schon deutlich, wie breit gefächert die Themenpalette der Redebeiträge mal wieder war – von putzig-irrationalen Friedensphantastareien bis hin zu vollkommen unerträglicher Geschichtsumdeutung war alles dabei.

Eure Toleranz kotzt uns an

Es bleibt aber nur auf den ersten Blick heterogen. Auffällig ist, dass trotz aller Zusicherungen und der Vermeidung bestimmter Wörter und Ausdrucksweisen (Rothschild, die Juden, usw.) noch immer selbst der reaktionärste Scheiß toleriert wird… Antisemitismus fängt aber eben nicht erst beim Leugnen des Holocausts an, Rassismus nicht beim Abfackeln von Unterkünften für Geflüchtete und Nationalismus nicht erst beim offenen skandieren von „Deutschland über alles“.

Diese „Bewegung“ gibt vor, für „den Frieden“ zu sein, doch darum geht in den Redebeiträgen höchstens mal im Einleitungssatz. Das dominierendste Thema ist die Hetze gegen Amerika, dicht gefolgt von der Forderung nach „mehr deutscher Souveränität“. Garniert wird all das mit jeder Menge behelfsmäßig als „Kritik“ getarntem Hass auf Israel und ein bisschen Aufregen über „Gendermainstreaming“. Abgeschlagen bleibt ein wenig Platz für all die, die halt mal irgendwas ins Mikrofon sagen möchten. So bleibt die Illusion von Vielfalt erhalten und die reaktionären Auswüchse stehen gleichberechtigt neben allerlei Irrationalem und ein paar Wünschen nach Frieden und Liebe.

Es lässt sich aber leicht absehen in welche Richtung das Ganze geht: Heim ins Reich. Dass an dem Deckmantel der Meinungsvielfalt nicht gekratzt werden soll, zeigt die panische und teils gewalttätige Reaktion auf jede Art von Kritik – und sei es nur das Öffentlichmachen von Screenshots und Zitaten, die nur genau das zeigen, was die Leute selbst von sich geben haben.

Um so wichtiger ist es, diese Zusammenkünfte weiterhin zu beobachten, kritisch zu hinterfragen, über sie aufzuklären und an gegebener Stelle zu intervenieren. Wir werden uns weder durch militantes Abfilmen, noch das Stalking von Genoss*innen oder weitere Gewaltandrohungen abhalten lassen.

Wir bleiben dran! Bis nächsten Montag [lt]3

Gegen euren Frieden!

PS: Meinungsfreiheit ist keine Einbahnstraße. Wer Bullshit redet, muss mit einer Reaktion rechnen! Warten wir nicht auf den 100. Affen und fangen jetzt damit an, uns (rechten) Verschwörungstheoretiker*Innen, Antisemit*Innen, Rassist*Innen, Reichsbürger*Innen und ähnlichem entgegen zu stellen!

ACHTUNG: „Gefährderansprachen“ bei Kieler Genoss_innen vor Anti-„Hogesa“-Aktionen in Hannover

Am Vormittag des heutigen Freitag, 14.11.2014 kam es in Kiel bei einer Genossin zu einer sogenannten Gefährderansprache durch zwei ausgewiesene Zivilbeamte der Polizei. Die Männer im Alter zwischen 35 und 45 Jahren suchten die Betroffene an ihrer Wohnungstür auf und drohten ihr im schnoddrigen Tonfall, morgen nicht nach Hannover zu fahren, um dort an den antifaschistischen Aktionen gegen den Aufmarsch der rassistischen und nationalistischen „Hogesa“ teilzunehmen. Sie bezogen sich dabei auf ein polizeiinternes Schreiben, dass der Genossin jedoch nicht ausgehändigt wurde. Sie betonten, dass „zu erwartende Straftaten extrem niedrigschweillig durch die Polizei unterbunden“ würden. Zudem fragten sie nach Details, mit wem und wie die Betroffene morgen plane, nach Hannover anzureisen. Sie verweigerte natürlich jegliche Auskunft. Mittlerweile ist bekannt, dass es heute außerdem mindestens zwei weitere Versuche solcher „Gefährderansprachen“ bei Antifaschist_innen in Kiel gegeben hat.


Es ist zu befürchten, dass die Polizei im Laufe des Tages noch bei anderen Genoss_innen auftauchen wird, um weitere Antifaschist_innen, die morgen potenziell nach Hannover reisen könnten, einzuschüchtern. Hierzu sei gesagt (geklaut vom EA Berlin):

„Sogenannte Gefährderansprachen haben einzig und allein Einschüchterung zum Ziel. Sie können persönlich an der Wohnungstür, auf dem Weg zur Arbeit oder auch per Telefon erfolgen und eineN entsprechend meistens völlig unvorbereitet erwischen. Ähnlich wie bei Anwerbeversuchen durch den Verfassungsschutz hinterlassen solche Begegnungen oft die Frage: Warum ich? Letztlich geht man ihnen damit aber schon viel zu sehr auf den Leim – klar haben sie viel zu viel Daten über uns, klar löschen sie diese Daten nicht fristgerecht und klar nutzen sie diese Daten auch immer mal wieder wie es ihnen passt. Wir empfehlen als einzig richtige Reaktion: Tür zu, Gespräch beenden, öffentlich machen (im eigenen Umfeld und bei Antirepressionsgruppen, damit wir einen Überblick erhalten). Bei sogenannten Gefährderansprachen soll schlichtweg eine Drohkulisse aufgebaut werden – geht nicht darauf ein! Macht [morgen] und sonst wann das, was Ihr für richtig haltet. Und passt auf Euch und andere auf – egal ob mit oder ohne “Gefährderansprache”!“

LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! INFORMIERT EURE GENOSS_INNEN!
JETZT ERST RECHT: MORGEN IN HANNOVER „HOGESA“ STOPPEN!

Kiel: Kundgebung gegen Neonazi-Pless und Repression

Ein paar Monate war es schon wieder her, seitdem sich Kieler AntifaschistInnen der Geschäfte des Heilpraktikers und Neonazis Henning Pless widmeten und der unscheinbaren Praxis in der Kieler Innenstadt einen Besuch abstatteten. Nach einer kleinen Kundgebungs-Offensive gegen Pless im Juni dieses Jahres verstärkte sich der Fokus antifaschistischer Gruppen in den vergangenen Wochen u.a. auf die Geschehnisse in Syrien und im Irak, auf die notwendige Solidarität mit dem Überlebenskampf der Menschen in Rojava/Kurdistan.

Nachdem zwei AktivistInnen, denen im Zuge einer antifaschistischen Aktion bei Henning Pless Hausfriedensbruch vorgeworfen wird, am 4.10.2014 schließlich im Anschluss an eine Demonstration in Solidarität mit der kurdischen Stadt Kobanê aus einer Pizzeria heraus von bewaffneten Polizist_innen gekidnappt und zur Entwendung von Fingerabdrücken und einer unfreiwilligen Fotosession auf die Wache des Staatsschutzes in der Hopfenstraße verschleppt wurden, war es mal wieder Zeit für einen Besuch beim Neonazi Pless.

So versammelten sich am 6.11.2014 etwa 40 AntifaschistInnen am späten Nachmittag vor dem Eingang des Hauses im Kleinen Kuhberg, in dem die Heilpraxis von Pless sitzt, und hielten eine Kundgebung ab, um über die Repression seitens der Polizei im Zusammenhang mit der antifaschistischen Kampagne „An die Substanz!“ zu berichten und, abermals, die PassantInnen und AnwohnerInnen über das Treiben von Henning Pless aufzuklären. Während der einstündigen Aktion wurden zwei Redebeiträge zu den Hintergründen des Auflaufs gehalten, Transparente gezeigt und Musik gespielt. Das Verteilen von Flugblättern wurde von der Polizei im Laufe der Veranstaltung untersagt, da sie die Existenz der darauf ausgewiesenen presserechtlich Verantwortlichen bestritten. Gegen den Anmelder der Kundgebung drohten sie deshalb eine Anzeige an. Dass diese juristisch nicht haltbar ist wurde bereits bei einem sehr ähnlichen Ordnungswidrigkeitsverfahren im Zusammenhang mit einer Tanzdemo u.a. gegen Pless vor knapp einem Jahr nachgewiesen. Die Anweisung an die Polizei, abermals gegen antifaschistische Interventionen gegen das Heilcentrum mit absurden Repressionsmaßnahmen vorzugehen, erfolgte durch einen Fotografen, den Henning Pless offenbar eigens zur Überwachung der Kundgebung am Rande abgestellt hatte. Pless selbst zeigte sich nicht, sein ausführendes Organ fiel jedoch durch penetrantes Abfotografieren von Kundgebungsteilnehmer_innen auf und verzog sich, nachdem er wiederholt der Veranstaltung verwiesen wurde, in die Heilpraxis. Von hier versuchte er seinen Auftrag fortzuführen. Die erneute Fahndung der Polizei nach Redner_innen der Kundgebung verlief diesmal erfolglos. Bezeichnenderweise war einer der Anlässe der Kundgebung, dass derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen einen vormaligen Kundgebungsredner wegen vermeintlicher Beleidigung läuft.

Die Geschehnisse im Umfeld der Aktion bestätigten abermals den Anlass der Kundgebung. Da Henning Pless offensichtlich nach wie vor versucht, sein Image krampfhaft von seinen nachweislichen Neonazi-Aktivitäten reinzuhalten und mit tatkräftiger Unterstützung der Kieler Polizei auf unterschiedlichen Ebenen gegen Kieler Antifas vorgeht, wird es sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass er antifaschistischen Hausbesuch bekommen hat.

In diesem Sinne: Nazi sein heißt Probleme kriegen!
Immer weiter gegen Nazi-Heilpraktiker Henning Pless – gemeinsam gegen staatliche Repression!


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Kiel: Demo mit 1000 Menschen in Solidarität mit Kobane

Am 11. Oktober fand auch in Kiel eine Demonstration in Solidarität mit den Kämpfer_innen in Kobane statt. Nachdem es in den letzten sieben Tagen aufgrund der IS-Angriffe in Rojava mehrere Soli-Demonstrationen mit bis zu 700 Teilnehmer_innen in Kiel gab, die aus kurdischen Strukturen organsiert wurden, riefen seit Mitte der Woche linke und antifaschistische Gruppen für den 11.10. zu einer Demo in der Kieler Innenstadt auf. Die Beteiligung war überwältigend, statt der angemeldeten 150 gingen nach nur drei Tagen Mobilisierung – zeitgleich zu den Zehntausenden in Düsseldorf – bis zu 1000 Menschen gegen den faschistischen Terror des so genannten IS auf die Straße.

Die Demo schlängelte sich durch den samstäglichen Einkaufszirkus in der Holstenstraße und ging in einem Bogen über den Alten Markt, Kehdenstraße, Holstenbrücke, Rathausstraße, Exerzierplatz wieder über die Holstenstraße zum Hauptbahnhof. Auf mehreren großen Straßenkreuzungen wurden Zwischenkundgebungen abgehalten, die Demo war in der ohnehin sehr vollen Innenstadt nicht zu ignorieren.

Mehrere, teilweise spontane, Redebeiträge auf deutsch und kurdisch gingen auf die Dringlichkeit einer europa- und weltweiten Solidarität mit den kämpfenden Kurd_innen in Rojava und einer notwendigen, überfälligen und sofortigen Aufhebung des Verbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK ein. Die Aufhebung des PKK-Verbots wurde auch auf vielen Transparenten und in Sprechchören lautstark zum Ausdruck gebracht.

Die Polizei hielt sich, trotz im Vorfeld ausgesprochener Mahnungen wegen des Tragens angeblich verbotener Symbole, im Hintergrund, was auch daran gelegen haben dürfte, dass viel mehr Menschen als erwartet an der Demonstration teilnahmen. Die Freude darüber war groß bei allen Beteiligten, auch über die Tatsache, dass es in Kiel endlich wieder gelungen ist eine von „deutschen“ und „kurdischen“ Gruppen gemeinsam getragene Demonstraton zu organisieren.

Trotz der Freude über die gelungene Demonstration darf jedoch der traurige Anlass nicht vergessen werden: In Kobane kämpfen die YPG/YPJ um ein demokratisches Projekt und für die menschliche Würde und das Leben gegen den fanatisch-religiösen und faschistischen IS. Hier kann nur nochmal aus dem Aufruf zu der Demo zitiert werden:

„Kobanê ist in den letzten Wochen auch für viele Menschen, die keine persönlichen Verbindungen nach Kurdistan haben, ein Symbol für die Grundsatzfrage geworden, wie wir uns menschliches Zusammenleben auf dieser Welt vorstellen: Die Bestialität des Bestehenden oder Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, Solidarität und Freiheit? „Sozialismus oder Barbarei“ (Rosa Luxemburg)?
Fällt Kobanê, fällt ein Stück Menschlichkeit! Deshalb stehen wir an der Seite der Kämpfer_innen der YPG und der YPJ, an der Seite unserer kurdischen Genoss_innen hierzulande und an der Seite der hunderttausenden Menschen, die derzeit vor dem IS-Terror auf der Flucht sind. No pasarán!“

Aufruf, Flyer und Plakat vom Samtag

Weitere Fotos auf https://linksunten.indymedia.org/de/node/124557