Neues von den schleswig-holsteinischen B&H-Strukturen

Bereits mehrfach berichteten wir über die „Blood and Honour“-Strukturen aus dem nördlichen Ostholstein. Aufbauend auf einen Überblick über die Zusammenhänge und einem Artikel zu grenzüberschreitender Beziehungspflege rund um das „Blood and Honour“-Netzwerk, die NPD und den NSU, wollen wir an dieser Stelle einige aktuelle Informationen über die Protagonist_innen und ihr Umfeld darstellen. Bei der Lektüre sollte auch stets im Hinterkopf behalten werden, dass „Blood and Honour“ in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten ist und die Behörden scheinbar als einzige die Fortführung der verbotenen Strukturen nicht sehen wollen, obwohl der Fortbestand der alten Netzwerke oft nicht einmal kaschiert wird.

Insgesamt lief das Jahr 2014 für den aktiven Kern der schleswig-holsteinischen Rechtsrockszene eher schlecht. Verurteilungen, Motivationsverlust und Intrigen schienen vor allem ein Bedürfnis gestärkt zu haben: Statt brotlosem Idealismus für die neonazistische „Sache“ soll endlich auch etwas verdient werden. Wo die neonazistischen Netzwerke dabei nützlich sind, werden sie weiterhin gern genutzt, wo nicht, wird auch auf profanere Geschäfte zurückgegriffen.

Motivationsverlust und ein bisschen Verrat bei „Words of Anger“
Als musikalisch beste Band galt die ostholsteinische Combo „Words of Anger“ noch nie. Aber in einer Szene, in der Konzerte konspirativ organisiert sind, Anhänger_innen oft weite Strecken fahren, ohne zu wissen, ob sie überhaupt ein einziges Lied hören werden und Produktion und Vertrieb von Alben und Merchandising zum Teil fernab der öffentlichen Wahrnehmung stattfindet, kann Motivation und gute Vernetzung das ersetzen, was musikalisch fehlt. In diesem Sinne war „Words of Anger“ in den letzten Jahren im europäischen Rechtsrock relativ erfolgreich. Nicht als der große Publikumsmagnet, aber als solide Ergänzung nahm die Band an vielen kleineren und größeren Veranstaltungen teil, vor allem das „Blood and Honour“-Netzwerk und die NPD griffen des öfteren auf die reisefreudigen Musiker aus der norddeutschen Provinz zurück. Durch ihr verzweigtes personelles Netzwerk aus dem Umfeld von „Blood and Honour“ und Rockergruppierungen knüpften sie Kontakte und sind inzwischen an anderen Bandprojekten beteiligt. Marco Eckert spielt nebenbei auch bei „Oidoxie“, eine der tonangebenden Bands des deutschen Ablegers von „Combat 18“, dem militanten Arm von “Blood and Honour” und, zusammen mit Daniel Tamm, ist er Mitglied von „Sturmwehr“.

Allerdings ist der vermeintliche Erfolg teuer erkauft. Die Bands und Liedermacher_innen der Zweiten Garde des Rechtsrocks, wie „Words of Anger“, fahren für Auftritte und Aufnahmen durch ganz Europa und bekommen wenig Geld dafür. Teilweise ist nicht einmal Geld für Benzin vorhanden, obwohl die Versände und Veranstalter_innen mit dem braunen Musikspektakel durchaus einträgliche Geschäfte machen. Während das lange Zeit als Zugeständnis an die „Sache“, nämlich den Kampf für den Nationalsozialismus, akzeptiert wurde, geht der Truppe um Marco Eckert zunehmend die Motivation aus. Wenn Veranstaltungsorte wie im November 2013 mal eben vom Ruhrgebiet um 400 Kilometer nach Süden ins badische Söllingen verlegt werden, bleibt man lieber gleich in heimischen Gefilden. Daran konnte auch der Anlass, nämlich der Geburtstag des neonazistischen Hooligans Siegfried Borchardt (Dortmund) nichts ändern.

Abhilfe könnten international etablierte Veranstalter_innen schaffen, bei denen die Räumlichkeiten der Konzerte meist besser abgesichert sind und abgesprochene Gagen eingehalten werden können. Der Auftritt am 5. April 2014 bei „Blood [&] Honour UK“ war solch einer, genauso wie das „In.Bewegung“ am 9. August 2014 im thüringischen Sondershausen. Die Deklarierung als politische Kundgebung der NPD dürfte zwar nicht allen im subkulturellen Neonazi-Milieu gefallen, aber verspricht sie doch eine gewisse rechtliche Absicherung. Allerdings wurde daraus nichts, denn Tino Engelmann, bis dahin Schlagzeuger von “Words of Anger“, gab kurz vor der Veranstaltung seinen Austritt aus der Band bekannt. Schnell machten Gerüchte über Verrat die Runde. Tino Engelmann habe die Seite gewechselt, hieß es in der Szene. Daraufhin beeilte sich die Band, ihren Ruf zu retten, indem sie versuchte den Ausstieg als ganz normalen und sich seit längerem abzeichnenden Prozess darzustellen. Auch sei Engelmann mit den übrigen Mitgliedern der Band weiterhin freundschaftlich verbunden. Nur geglaubt haben dürfte diese Geschichte einer einvernehmlichen Trennung, kurz vor einem der wichtigsten Auftritte des Jahres, niemand. Auch die Ankündigung, vorerst keine Konzerte mehr zu spielen, wird die Gerüchte nicht verstummen lassen. Nachdem es schon um die befreundete Band „Timebomb“ merklich ruhiger geworden ist, liegt der aktivste Teil der ostholsteinischen Rechtsrockszene bis auf weiteres brach.

Während sich Tino Engelmann in der Rechtsrockszene um neue Projekte bemüht, fiel die Wahl seines Nachfolgers bei „Words of Anger“ ebenfalls auf einen Neonazi aus Ostholstein: Niclas Bruhse. Bruhse, bisher vor allem als rechter Fan des Hamburger SV und im subkulturellen Umfeld der lokalen Neonaziszene aufgefallen, soll sich in den nächsten Monaten mit der Band einspielen. Neben seinem Dasein als Neonazi ist Bruhse lokal vor allem als Amateurfussballer bekannt. Früher spielte er beim SV Hansühn, wo auch der HSV-Fanclub „High Sun“, zu dessen Umfeld er gehört, beheimatet ist, aktuell kickt er für den TSV Schönwalde.

Doch momentan beschäftigen Marco Eckert andere Dinge. Während andere Neonazis mit guten Kontakten zu Rechtsrock und organisierter Kriminalität finanziell lukrative Netzwerke bilden, beschwert sich Eckert über die Doppelbelastung aus normalem Beruf und neonazistischen Musikwelten. Einige „Blood and Honour“-Kader wie Oliver Malina („Honour [&] Pride“) und insbesondere die im Vergleich zu „Blood and Honour“ elitäreren „Hammerskins“ wie Sven Krüger („Hammerskin Chapter Nordmark“) nutzen die verzweigten Netzwerke, die ihre Machtbereiche in der Szene und zugehörige Einnahmen sichern. Ihnen nacheifernd versucht Eckert aktuell seine Verbindungen innerhalb von „Blood and Honour“, aber auch über „Sturmwehr“ zu den „Hammerskins“, zu nutzen, um den neuen „Sturm18“-Versand für rechte Musik und Bekleidung aufzubauen. Dieser Versuch, endlich Kasse mit dem Hobby zu machen, scheint auf den ersten Blick folgerichtig. Durch die jahrelangen Auftritte und über Jugendfreunde wie Alexander Hardt und Lars Bergeest verfügt Eckert über Kontakte zu vielen relevanten Akteuren der rechten Szene und zur organisierten Kriminalität. Der Name „Sturm18“ des offiziell auf Yvonne Eckert und Christian Möring laufenden Versandhandels ist als Zweitname von „Sturmwehr“ schon weithin bekannt und rund um seinen Wohnort Grube stehen den Neonazis helfende Hände und Lagerräume für die Logistik zur Verfügung. Nur sind manchmal auch in der Neonaziszene Kontakte und Engagement nicht alles. Die Skepsis, ob Marco Eckert in der Lage ist, einen erfolgreichen Versand zu führen, bestätigte sich gleich in den ersten Wochen. Der Onlineshop war fast durchgehend nicht erreichbar, da die Neonazis mit der Technik nicht zurecht kamen.

Billard statt braune Musik bei Lars Bergeest

Lars Bergeest wählte im Vergleich zu seinen langjährigen Weggefährt_innen einen eher profaneren Weg, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Nachdem er lange Zeit in Dänemark wohnte und in Skandinavien zu einer gut vernetzten Figur der rechten Szene wurde, versuchte er sich danach mit Alexander Hardt im Vertrieb von Einbruchswerkzeugen. Als es im Nachgang einer Veröffentlichung von uns im Januar 2013 medialen Wirbel um seine Geschäfte rund um die Neonaziszene und den „Bandidos MC“ gab, trat Bergeest als Geschäftsführer des gemeinsamen Geschäfts ab und vermied vorerst die große Öffentlichkeit. Seit einigen Monaten nun betreibt er den “Norddeutschen Billardservice”, einen Vertrieb für Billard-, Dart- und Kickerbedarf. Das Geschäft hat seinen Sitz in Cismar, in der Nähe von Lars Bergeests Elternhaus.

Gerüchte und Gefängnis bei Alexander Hardt
Alexander Hardt, Jugendfreund von Eckert und Bergeest und Betreiber des Kieler Neonazi-Geschäfts „PLS-Werkzeuge“, ist aktuell inhaftiert. Er wurde bezüglich diverser Anklagepunkte für schuldig befunden und hat weitere noch offene Verfahren, sodass sich die ursprüngliche Haftstrafe noch deutlich erhöhen könnte.
Doch das ist beileibe nicht das einzige Problem von Hardt. In der Kieler und Neumünsteraner Unterwelt halten sich seit Monaten hartnäckig Gerüchte, dass er kein „Bandido“ mehr sei, da er Gelder des Clubs veruntreut habe. Für den Wahrheitsgehalt der Gerüchte spricht, dass Hardt seit geraumer Zeit keine Symboliken der „Bandidos“ mehr verwendet. Vollständig gebrochen mit dem alten Umfeld hat er allerdings nicht. Er fungiert weiterhin als Geschäftsführer von „PLS-Werkzeuge“, wo auch andere Personen aus der Mischszene zwischen Neonazis und Rockern arbeiten, wie der Kieler „Bandido Supporter“ Tobias Schulz.

In jedem Fall schwächt sich die Neonaziszene mit Affinität zu den „Bandidos“ aufgrund der Prozesse und Intrigen selbst. So ist mit Peter Borchert eine weitere führende Figur beider Szenen ebenfalls inhaftiert und das Konfliktpotential innerhalb der Szene bleibt hoch. Im aktuellen Verfahren gegen Hardt, Borchert und Nils Hollm weicht insbesondere letzterer von ungeschriebenen Regel ab, sich gegenüber Gerichten völlig unkooperativ zu verhalten. Überhaupt konnte das Verfahren um den Übergriff in der Kneipe „Titanic“ des Neonazis Horst Micheel nur geführt werden, weil „neue Aussagen“ vorliegen, sprich einer der beteiligten Rocker oder Neonazis gegen das Schweigegelübte verstossen hat.

http://quimera.noblogs.org/

Kiel: Reiseverbote für Antifaschist*innen

[Erklärung des Runden Tischs gegen Faschismus und Rassismus Kiel] Am Freitag, 14.11.2014, hat die Polizei in der Landeshauptstadt Kiel mindestens 3 sogenannte „Gefährderansprachen“ bei Antifaschist*innen in Kiel durchgeführt, unter anderem bei der für die Gewerkschaft ver.di aktiven Sprecherin des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus Bettina Jürgensen. Als Ziel ihrer „Ansprache“ gaben die Zivilbeamten der Polizei an, eine Teilnahme dieser Antifaschist*innen an den dort antifaschistischen Demonstrationen am 15.11. in Hannover gegen die stattfindende Kundgebung der „Hooligans gegen Salafisten“ verhindern zu wollen. In einem sehr aggressiven Ton wurde darauf hingewiesen, dass „Straftaten extrem niedrigschwellig durch die Polizei unterbunden werden“. Es wurde geradezu davor gewarnt, nach Hannover zu reisen. Geplante Reisewege und Angaben über Mitreisende wurden ebenfalls (erfolglos) erfragt.

In einem Referat Birgit Müllers an dem Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei (BPFI) wird festgestellt: „Bei der Gefährderansprache handelt es sich um ein verhaltensbeeinflussendes Instrument. Die individuelle Ansprache signalisiert dem potentiellem Gefährder, dass polizeiliches Interesse an seiner Person besteht, die Gefährdungslage bei der Polizei registriert wird und die Lage ernst genommen wird.“ Weiter werden in diesem Papier folgende Aussagen genannt: „Eine Allzweckwaffe zur Erfüllung des polizeilichen Auftrags.“ „Entsprechend pointiert ist die Gesprächssituation, die einem warnenden „Kettengerassel“ nicht unähnlich ist.“ „Die Polizei signalisiert ihnen: Wir kennen euch, wir haben euch im Auge.“ „Die individuelle Ansprache bewirkt, dass dem Täter ein erhöhtes Tatentdeckungsrisiko deutlich gemacht wird und durch das Gespräch zusätzliche Informationen gewonnen werden können, die für das polizeiliche Folgehandeln eine wichtige Grundlage bilden.“ Soweit aus dem Referat der BPFI.

Der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel sieht in dem Auftreten der Polizei einen erneuten Versuch der Kriminalisierung antifaschistischen Handelns. Dagegen wehren wir uns und fordern alle demokratischen und antifaschistischen Organisationen und Personen Kiels auf, dieses Vorgehen der Polizei zu verurteilen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass bereits 2008 ein Hausverbot im Kieler Rathaus gegen Antifaschist*innen ausgesprochen wurde, die an der Auszählung der Stimmen zur Kommunalwahl teilnehmen wollten. Begründung war damals, sie würden dem antifaschistischen Spektrum zugerechnet und es bestehe Gefahr von Aktionen gegen den NPD-Kandidaten Hermann Gutsche.

Das jetzige Verhalten der Polizei ist allerdings eine ganz neue Qualität. Hausbesuche, um antifaschistisches Handeln schon in der Entstehung zu verhindern und aktive Menschen bereits in den eigenen 4 Wänden einzuschüchtern, hat es in Kiel seit vielen Jahrzehnten nicht gegeben.

Wie lange soll faschistisches und rassistisches Auftreten noch geduldet und polizeilich geschützt werden?

Wie lange noch werden andererseits antifaschistische Aktivitäten bedroht, unterbunden und kriminalisiert?

Wir werden weiter im Sinne unserer Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus aus dem Jahre 2001 handeln, in der es unter anderem heißt: Solidarisches Verhalten und Zivilcourage bis hin zum zivilen Ungehorsam tun not. (…) Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen. Leisten wir Widerstand gegen Neonazis, rechte Skinheads und alle neofaschistischen Organisationen und Parteien!

Presse:

http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Hat-Polizei-HoGeSa-Gegner-eingeschuechtert,hogesa130.html

http://www.shz.de/schleswig-holstein/politik/verdi-kieler-polizei-wollte-gegendemonstranten-einschuechtern-id8227411.html

http://www.focus.de/regional/niedersachsen/demonstrationen-verdi-kritisiert-einschuechterung-durch-polizei-vor-demos-in-hannover_id_4283608.html

http://www.abendblatt.de/region/article134479350/Verdi-Gegendemonstranten-wurden-von-Polizei-eingeschuechtert.html


[RD] Mahnwachentreffen in Schleswig-Holstein – Ein Reisebericht

[Von linksunten.indymedia.org] 1. November 2014: Da denkt mensch, der Halloween-Grusel sei vorbei, doch die wahre Horror-Show sollte erst noch beginnen! Gut gelaunt, bei schönem Herbstwetter und mit jeder Menge veganem Essen beladen, machten wir uns gegen Mittag von Kiel aus mit dem Bus auf den Weg nach Rendsburg. Dort wollten sich Montags-Mahnwachen aus Schleswig-Holstein und Hamburg zur Abwechslung mal an einem Samstag treffen.

Wir waren gespannt darauf, zu welchen Ausfällen ein Treffen der norddeutschen Mahnwachen, angereichert mit reaktionären Selbstdarstellern wie Wojna und Frank Poschau, führen würde. Neben den üblichen irrationalen gedanklichen Auswüchsen wie Chemtrails und Flourid-Phobie gab es Bekanntes zum Thema „Zinskritik“ und natürlich auch das leidige Gejammer über die vermeintlich fehlende Souveränität der BRD.

Da auch diesmal wieder zu befürchten war, dass unter dem Lable „Frieden“ jede Menge Anschlussmöglichkeiten zu rechten und menschenfeindlichen Ideen geboten würden, wollten wir dies nicht unkommentiert und undokumentiert lassen und hielten eine antifaschistische Begleitung für angebracht.

Das überregionale Mahnwachentreffen lockte 40-60 Friedensbewegte ins beschauliche Rendsburg. Als Gegenreaktion standen ihnen 15-20 Antifaschist*Innen, bewaffnet mit Transparenten, gegenüber und auch der deutsche Polizeiapparat stand brav bei Fuß, um die Mahnwache vor herbeiphantasierten Attacken zu schützen. Woher die Angst vor Übergriffen entstammt, ist nicht ganz nachvollziehbar: Schließlich gingen alle bisherigen Schubsereien immer von den vorgeblichen Pazifist*Innen aus. Dabei sollte die Vergangenheit gezeigt haben, dass von antifaschistischer Seite außer Zwischenrufen, Transpi halten und ab und an mal einem Flugblättchen nichts zu befürchten ist.

Zu Letzterem konnte es an diesem Tag in Rendsburg jedoch nicht kommen. Die Furcht vor gedruckter Kritik war scheinbar so groß, dass das Verteilen sofort durch Drohungen und Handgreiflichkeiten von Seiten der Mahnwachenden verhindert wurde. Der betroffene Genosse wurde mittels Polizei der Veranstaltung verwiesen, der Schubser durfte jedoch bleiben und wurde mit Kuchen beruhigt.

Kuschelantisemitismus mit anfassen

Das duisburger Rap-Duo, heute nur in Ein-Mann-Besatzung in Form des Front- Antisemiten Wojna vertreten, war eines der angekündigten „Highlights“ der Veranstaltung. Wojna hat sich gut an sein neues Publikum angepasst und machte von vorn herein klar, wohin uns die heutige Reise führen sollte: Von „fetten Amis“, die „mit Burger in der Hand am Joystick sitzen und Drohnen steuern“, geht er nahtlos weiter in den Nahen Osten, nur um dort beleidigt festzustellen, Israel habe aus dem zweiten Weltkrieg nicht gelernt, dass es sich nicht verteidigen darf.

Bei seiner Tingelei von Mahnwache zu Mahnwache, erzählt er in seinem Schunkelsprechgesang mit einstudiertem ZDF Fernsehgarten-Gestus unreflektiert über den Nahostkonflikt und instrumentalisiert an anderer Stelle mal eben die 3000 Toten der Anschläge vom 11. September, um den Umsatz der CD-Verkäufe in die Höhe zu treiben. Erbärmlich! Nur um sicher zu gehen: Wir halten Wojna durchaus für einen Überzeugungstäter, der teilweise tatsächlich glaubt, was er von sich gibt. Das macht es aber keinen Deut besser.

Volksdichter spricht aus, was das Volk sich nicht mehr zu sagen traut?

Schlimmer gehts immer: Übertroffen wurde der Auftritt des Trainee-Truthers noch von der Ansprache des selbsternannten Volksdichters Frank Poschau aus Padenstedt bei Neumünster. Poschau leidet an den Folgen des zweiten Weltkriegs. Aber nicht die nie stattgefundene Entnazifizierung oder die mangelnde kritische Aufarbeitung der Verbrechen des NS-Regimes sind für ihn das Problem, sondern dass er nicht entspannt seinem Bedürfnis nach Nationalismus nachgehen „darf“.

Wenig poetisch echauffiert er sich daher über zu viele Holocaust Mahnmale, die seiner Ansicht nach „seine Heimat“ verschandeln würden, und ihn dazu „zwingen“, sich an die Verbrechen der Deutschen zu erinnern. So verwundert es auch wenig, dass er sich nicht für die ideologischen Kontinuitäten im Post-Faschismus der BRD oder den wieder erstarkenden Antisemitismus interessiert. Er bequemt sich lieber in die Position, „die Juden“ würden noch heute aus den Folgen des Holocausts Profit ziehen.

Auch wenn Poschau es selbst so wahrgenommen haben mag, wir haben ihn nie als Holocaust-Leugner betitelt, aber man muss auch nicht die systematische Tötung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden leugnen, um ein Antisemit zu sein.

Vor Ort räumte die Rendsburger Orga im Anschluss an die Veranstaltung zwar ein, dass er bei brisanten Themen durch seine „unüberlegte Ausdrucksweise“ oftmals daneben haut, seinen Auftritt rechtfertigten sie dennoch. Da man von einem „ungebildeten ostdeutschen Heimkind“ nicht mehr Reflektiertheit erwarten könne: „Sonst dürften ja nur noch Akademiker das Mikrofon in die Hand nehmen“. Ein ekliges Argument, das mehr über die Orga als über Poschau aussagt.

Außerdem versicherte man uns, wenn eine*r der Redner*Innen etwas sagen würde, das unter §130 fallen würde, dann würde auch eingeschritten werden. Bei diesen Friedensfreund*Innen fängt rechtes Gedankengut also frühesten bei Volksverhetzung an.

Nicht nur das Mikrofon war offen…

Nach den beiden Top-Acts durfte noch die Gedankenpolizei hinters Podium treten. Über Kunst lässt sich streiten… immerhin blieb der Kleinkünstler im Gegensatz zu seinen Mitstreiter*Innen beinahe handzahm und wetterte nur diffus gegen „die da oben“. Auf einen eher meditativen Vortrag zum Thema Zinsen, folgten Atemübungen mit einer engagierten Dame, die jedoch nur am Mikrofon so lieb tat. Gleichzeitig wetterte sie auf ihrem Flyer nämlich gegen „Genderwahn“ und die „ideologische Vergewaltigung unserer Kinder“ und machte nebenbei eifrig Werbung für den rechts-esoterischen Kopp-Verlag.

Um der allgemeinen Verplantheit zu entrinnen, wurde der moderne Mythos vom Prinzip des 100. Affen mal wieder aus dem Schrank gekramt. Ein gewagter Versuch ihr Trauerspiel in kollektiven Fortschritt umzudichten. Bei diesem Mythos handelt es sich um ein angebliches Beispiel für das emergente Phänomen der kollektiven Intelligenz, welches sich jedoch lediglich aus falsch wiedergegebenen wissenschaftlichen Beobachtungen zum Lern- und Gruppenverhalten von Tieren zusammensetzt.

An dieser Aufzählung wird vermutlich schon deutlich, wie breit gefächert die Themenpalette der Redebeiträge mal wieder war – von putzig-irrationalen Friedensphantastareien bis hin zu vollkommen unerträglicher Geschichtsumdeutung war alles dabei.

Eure Toleranz kotzt uns an

Es bleibt aber nur auf den ersten Blick heterogen. Auffällig ist, dass trotz aller Zusicherungen und der Vermeidung bestimmter Wörter und Ausdrucksweisen (Rothschild, die Juden, usw.) noch immer selbst der reaktionärste Scheiß toleriert wird… Antisemitismus fängt aber eben nicht erst beim Leugnen des Holocausts an, Rassismus nicht beim Abfackeln von Unterkünften für Geflüchtete und Nationalismus nicht erst beim offenen skandieren von „Deutschland über alles“.

Diese „Bewegung“ gibt vor, für „den Frieden“ zu sein, doch darum geht in den Redebeiträgen höchstens mal im Einleitungssatz. Das dominierendste Thema ist die Hetze gegen Amerika, dicht gefolgt von der Forderung nach „mehr deutscher Souveränität“. Garniert wird all das mit jeder Menge behelfsmäßig als „Kritik“ getarntem Hass auf Israel und ein bisschen Aufregen über „Gendermainstreaming“. Abgeschlagen bleibt ein wenig Platz für all die, die halt mal irgendwas ins Mikrofon sagen möchten. So bleibt die Illusion von Vielfalt erhalten und die reaktionären Auswüchse stehen gleichberechtigt neben allerlei Irrationalem und ein paar Wünschen nach Frieden und Liebe.

Es lässt sich aber leicht absehen in welche Richtung das Ganze geht: Heim ins Reich. Dass an dem Deckmantel der Meinungsvielfalt nicht gekratzt werden soll, zeigt die panische und teils gewalttätige Reaktion auf jede Art von Kritik – und sei es nur das Öffentlichmachen von Screenshots und Zitaten, die nur genau das zeigen, was die Leute selbst von sich geben haben.

Um so wichtiger ist es, diese Zusammenkünfte weiterhin zu beobachten, kritisch zu hinterfragen, über sie aufzuklären und an gegebener Stelle zu intervenieren. Wir werden uns weder durch militantes Abfilmen, noch das Stalking von Genoss*innen oder weitere Gewaltandrohungen abhalten lassen.

Wir bleiben dran! Bis nächsten Montag [lt]3

Gegen euren Frieden!

PS: Meinungsfreiheit ist keine Einbahnstraße. Wer Bullshit redet, muss mit einer Reaktion rechnen! Warten wir nicht auf den 100. Affen und fangen jetzt damit an, uns (rechten) Verschwörungstheoretiker*Innen, Antisemit*Innen, Rassist*Innen, Reichsbürger*Innen und ähnlichem entgegen zu stellen!

ACHTUNG: „Gefährderansprachen“ bei Kieler Genoss_innen vor Anti-„Hogesa“-Aktionen in Hannover

Am Vormittag des heutigen Freitag, 14.11.2014 kam es in Kiel bei einer Genossin zu einer sogenannten Gefährderansprache durch zwei ausgewiesene Zivilbeamte der Polizei. Die Männer im Alter zwischen 35 und 45 Jahren suchten die Betroffene an ihrer Wohnungstür auf und drohten ihr im schnoddrigen Tonfall, morgen nicht nach Hannover zu fahren, um dort an den antifaschistischen Aktionen gegen den Aufmarsch der rassistischen und nationalistischen „Hogesa“ teilzunehmen. Sie bezogen sich dabei auf ein polizeiinternes Schreiben, dass der Genossin jedoch nicht ausgehändigt wurde. Sie betonten, dass „zu erwartende Straftaten extrem niedrigschweillig durch die Polizei unterbunden“ würden. Zudem fragten sie nach Details, mit wem und wie die Betroffene morgen plane, nach Hannover anzureisen. Sie verweigerte natürlich jegliche Auskunft. Mittlerweile ist bekannt, dass es heute außerdem mindestens zwei weitere Versuche solcher „Gefährderansprachen“ bei Antifaschist_innen in Kiel gegeben hat.


Es ist zu befürchten, dass die Polizei im Laufe des Tages noch bei anderen Genoss_innen auftauchen wird, um weitere Antifaschist_innen, die morgen potenziell nach Hannover reisen könnten, einzuschüchtern. Hierzu sei gesagt (geklaut vom EA Berlin):

„Sogenannte Gefährderansprachen haben einzig und allein Einschüchterung zum Ziel. Sie können persönlich an der Wohnungstür, auf dem Weg zur Arbeit oder auch per Telefon erfolgen und eineN entsprechend meistens völlig unvorbereitet erwischen. Ähnlich wie bei Anwerbeversuchen durch den Verfassungsschutz hinterlassen solche Begegnungen oft die Frage: Warum ich? Letztlich geht man ihnen damit aber schon viel zu sehr auf den Leim – klar haben sie viel zu viel Daten über uns, klar löschen sie diese Daten nicht fristgerecht und klar nutzen sie diese Daten auch immer mal wieder wie es ihnen passt. Wir empfehlen als einzig richtige Reaktion: Tür zu, Gespräch beenden, öffentlich machen (im eigenen Umfeld und bei Antirepressionsgruppen, damit wir einen Überblick erhalten). Bei sogenannten Gefährderansprachen soll schlichtweg eine Drohkulisse aufgebaut werden – geht nicht darauf ein! Macht [morgen] und sonst wann das, was Ihr für richtig haltet. Und passt auf Euch und andere auf – egal ob mit oder ohne “Gefährderansprache”!“

LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! INFORMIERT EURE GENOSS_INNEN!
JETZT ERST RECHT: MORGEN IN HANNOVER „HOGESA“ STOPPEN!

Kiel: Kundgebung gegen Neonazi-Pless und Repression

Ein paar Monate war es schon wieder her, seitdem sich Kieler AntifaschistInnen der Geschäfte des Heilpraktikers und Neonazis Henning Pless widmeten und der unscheinbaren Praxis in der Kieler Innenstadt einen Besuch abstatteten. Nach einer kleinen Kundgebungs-Offensive gegen Pless im Juni dieses Jahres verstärkte sich der Fokus antifaschistischer Gruppen in den vergangenen Wochen u.a. auf die Geschehnisse in Syrien und im Irak, auf die notwendige Solidarität mit dem Überlebenskampf der Menschen in Rojava/Kurdistan.

Nachdem zwei AktivistInnen, denen im Zuge einer antifaschistischen Aktion bei Henning Pless Hausfriedensbruch vorgeworfen wird, am 4.10.2014 schließlich im Anschluss an eine Demonstration in Solidarität mit der kurdischen Stadt Kobanê aus einer Pizzeria heraus von bewaffneten Polizist_innen gekidnappt und zur Entwendung von Fingerabdrücken und einer unfreiwilligen Fotosession auf die Wache des Staatsschutzes in der Hopfenstraße verschleppt wurden, war es mal wieder Zeit für einen Besuch beim Neonazi Pless.

So versammelten sich am 6.11.2014 etwa 40 AntifaschistInnen am späten Nachmittag vor dem Eingang des Hauses im Kleinen Kuhberg, in dem die Heilpraxis von Pless sitzt, und hielten eine Kundgebung ab, um über die Repression seitens der Polizei im Zusammenhang mit der antifaschistischen Kampagne „An die Substanz!“ zu berichten und, abermals, die PassantInnen und AnwohnerInnen über das Treiben von Henning Pless aufzuklären. Während der einstündigen Aktion wurden zwei Redebeiträge zu den Hintergründen des Auflaufs gehalten, Transparente gezeigt und Musik gespielt. Das Verteilen von Flugblättern wurde von der Polizei im Laufe der Veranstaltung untersagt, da sie die Existenz der darauf ausgewiesenen presserechtlich Verantwortlichen bestritten. Gegen den Anmelder der Kundgebung drohten sie deshalb eine Anzeige an. Dass diese juristisch nicht haltbar ist wurde bereits bei einem sehr ähnlichen Ordnungswidrigkeitsverfahren im Zusammenhang mit einer Tanzdemo u.a. gegen Pless vor knapp einem Jahr nachgewiesen. Die Anweisung an die Polizei, abermals gegen antifaschistische Interventionen gegen das Heilcentrum mit absurden Repressionsmaßnahmen vorzugehen, erfolgte durch einen Fotografen, den Henning Pless offenbar eigens zur Überwachung der Kundgebung am Rande abgestellt hatte. Pless selbst zeigte sich nicht, sein ausführendes Organ fiel jedoch durch penetrantes Abfotografieren von Kundgebungsteilnehmer_innen auf und verzog sich, nachdem er wiederholt der Veranstaltung verwiesen wurde, in die Heilpraxis. Von hier versuchte er seinen Auftrag fortzuführen. Die erneute Fahndung der Polizei nach Redner_innen der Kundgebung verlief diesmal erfolglos. Bezeichnenderweise war einer der Anlässe der Kundgebung, dass derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen einen vormaligen Kundgebungsredner wegen vermeintlicher Beleidigung läuft.

Die Geschehnisse im Umfeld der Aktion bestätigten abermals den Anlass der Kundgebung. Da Henning Pless offensichtlich nach wie vor versucht, sein Image krampfhaft von seinen nachweislichen Neonazi-Aktivitäten reinzuhalten und mit tatkräftiger Unterstützung der Kieler Polizei auf unterschiedlichen Ebenen gegen Kieler Antifas vorgeht, wird es sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass er antifaschistischen Hausbesuch bekommen hat.

In diesem Sinne: Nazi sein heißt Probleme kriegen!
Immer weiter gegen Nazi-Heilpraktiker Henning Pless – gemeinsam gegen staatliche Repression!


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Kiel: Demo mit 1000 Menschen in Solidarität mit Kobane

Am 11. Oktober fand auch in Kiel eine Demonstration in Solidarität mit den Kämpfer_innen in Kobane statt. Nachdem es in den letzten sieben Tagen aufgrund der IS-Angriffe in Rojava mehrere Soli-Demonstrationen mit bis zu 700 Teilnehmer_innen in Kiel gab, die aus kurdischen Strukturen organsiert wurden, riefen seit Mitte der Woche linke und antifaschistische Gruppen für den 11.10. zu einer Demo in der Kieler Innenstadt auf. Die Beteiligung war überwältigend, statt der angemeldeten 150 gingen nach nur drei Tagen Mobilisierung – zeitgleich zu den Zehntausenden in Düsseldorf – bis zu 1000 Menschen gegen den faschistischen Terror des so genannten IS auf die Straße.

Die Demo schlängelte sich durch den samstäglichen Einkaufszirkus in der Holstenstraße und ging in einem Bogen über den Alten Markt, Kehdenstraße, Holstenbrücke, Rathausstraße, Exerzierplatz wieder über die Holstenstraße zum Hauptbahnhof. Auf mehreren großen Straßenkreuzungen wurden Zwischenkundgebungen abgehalten, die Demo war in der ohnehin sehr vollen Innenstadt nicht zu ignorieren.

Mehrere, teilweise spontane, Redebeiträge auf deutsch und kurdisch gingen auf die Dringlichkeit einer europa- und weltweiten Solidarität mit den kämpfenden Kurd_innen in Rojava und einer notwendigen, überfälligen und sofortigen Aufhebung des Verbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK ein. Die Aufhebung des PKK-Verbots wurde auch auf vielen Transparenten und in Sprechchören lautstark zum Ausdruck gebracht.

Die Polizei hielt sich, trotz im Vorfeld ausgesprochener Mahnungen wegen des Tragens angeblich verbotener Symbole, im Hintergrund, was auch daran gelegen haben dürfte, dass viel mehr Menschen als erwartet an der Demonstration teilnahmen. Die Freude darüber war groß bei allen Beteiligten, auch über die Tatsache, dass es in Kiel endlich wieder gelungen ist eine von „deutschen“ und „kurdischen“ Gruppen gemeinsam getragene Demonstraton zu organisieren.

Trotz der Freude über die gelungene Demonstration darf jedoch der traurige Anlass nicht vergessen werden: In Kobane kämpfen die YPG/YPJ um ein demokratisches Projekt und für die menschliche Würde und das Leben gegen den fanatisch-religiösen und faschistischen IS. Hier kann nur nochmal aus dem Aufruf zu der Demo zitiert werden:

„Kobanê ist in den letzten Wochen auch für viele Menschen, die keine persönlichen Verbindungen nach Kurdistan haben, ein Symbol für die Grundsatzfrage geworden, wie wir uns menschliches Zusammenleben auf dieser Welt vorstellen: Die Bestialität des Bestehenden oder Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, Solidarität und Freiheit? „Sozialismus oder Barbarei“ (Rosa Luxemburg)?
Fällt Kobanê, fällt ein Stück Menschlichkeit! Deshalb stehen wir an der Seite der Kämpfer_innen der YPG und der YPJ, an der Seite unserer kurdischen Genoss_innen hierzulande und an der Seite der hunderttausenden Menschen, die derzeit vor dem IS-Terror auf der Flucht sind. No pasarán!“

Aufruf, Flyer und Plakat vom Samtag

Weitere Fotos auf https://linksunten.indymedia.org/de/node/124557

Kieler Antifaschist_innen zwangsweise zur ED-Behandlung vorgeführt

Am Samstag, den 4.10.14, wurden zwei Kieler Antifaschist_innen, denen seit Herbst 2013 von der Polizei vorgeworfen wird im Rahmen einer antifaschistischen Fahrradtour am am 29.8.2013 „Hausfriedensbruch“ beim Neonazi-Heilpraktiker Henning Pless begangen zu haben, zwangsweise zur ED-Behandlung vorgeführt. Während der Fahrradtour im Rahmen der Kampagne „An die Substanz! Rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben!“ wurde dem Neonazi Pless in seiner Praxis eine Urkunde für sein jahrelanges Engagement in der völkischen Rechten überreicht. Der Aufforderung zur Abgabe von Fotos und Fingerabdrücken waren die Beiden bis letzten Samstag nicht freiwillig nachgekommen.

Die Polizei ermittelt seit dem gegen die vermeintlichen Hausfriedensbrecher_innen, es folgten polizeiliche Vorladungen zur Vernehmung und schliesslich auch Vorladungen zur so genannten „erkennungsdienstlichen Behandlung“ an zwei Aktivist_innen. Die Anwält_innen der Betroffenen legten Widerspruch gegen diese Maßnahmen ein, denen in erster Instanz auch stattgegeben wurden. Das Landgericht kassierte die dadurch erreichte Aufhebung der ED-Behandlungen jedoch in zweiter Instanz wieder ein.

http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/aktuelles-zu-den-angedrohten-ed-behandlungen-zweier-antifaschistinnen-in-kiel.html

Auch im Sommer 2014 wurde der Druck auf Henning Pless weiter aufrecht erhalten, so gab es z.B. erneut mehrere Kundgebungen vor seiner Praxis. Die Polizei zeigte sich weiterhin „not amused“ und versuchte immer wieder, die Kundgebungen oder Teile davon zu kriminalisieren, in dem z.B. Urheber_innen von Kreidemalereien auf dem Asphalt gesucht wurden und wegen vermeintlich falschen presserechtlichen Angaben auf Flugblättern genervt wurde. Eine weitere Anzeige wegen „Beleidigung“ erhielt ein Antifaschist, der eine Rede zu Henning Pless auf einer der Kundgebungen gehalten hat. Die Beleidigung soll das Wort „Neonazi“ gewesen sein. Pless filmte diese Kundgebung aus seinem Fenster und erstattete offenbar selber Anzeige.

http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/der-druck-steigt-zwei-kundgebungen-in-zwei-tagen-gegen-den-neonazi-henning-pless.html

Die nun zwangsweise vorgeführten Antifaschist_innen wurden am 4.10.14 nach einer Demonstration in Solidarität mit den gegen den IS kämpfenden Kurd_innen in Rojava (https://linksunten.indymedia.org/de/node/123765 ) von der Polizei in einem Pizzaladen überraschend umstellt und auf die Polizeiwache in der Hopfenstraße mitgenommen. Vor der Wache versammelten sich spontan etwa 30 solidarische Aktivist_innen mit Transparenten und Megafon, die gegen die ED-Behandlung protestierten und auf die betroffenen Genoss_innen warteten. Das Prozedere in der Wache konnte dadurch wenigstens beschleunigt werden.

Nach der nun erfolgten Zwangsvorführung kündigen wir an, auch weiterhin gegen den Neonazi Henning Pless aktiv zu bleiben, ihn hin und wieder vor seiner Praxis zu besuchen und sein Treiben zu veröffentlichen!

Rechte Infrastruktur aufdecken! Nazis in die Pleite treiben!
Solidarität mit den angeklagten Antifaschist_innen!

Solidarität mit den Sinti und Roma in Schleswig-Holstein

Wir erklären uns solidarisch mit dem Landesverband der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein, dessen Geschäftsstelle am Dienstag, den 30.09.2014 von unbekannten Tätern überfallen wurde.

Glücklicherweise wurde bei dem Angriff niemand verletzt. Den Angreifenden ging es offenbar nicht um Raub oder Diebstahl. Sie zerstörten Büroinventar: u.a. Computer, Monitore, einen Drucker und Kopierer.

Nach Angaben in den Kieler Nachrichten vom 2.10.14 geht die Polizei „derzeit nicht davon aus, dass er (der Anschlag) politisch oder fremdenfeindlich motiviert war“. Es werde in „alle Richtungen“ ermittelt, so die Mitteilung. Unserer Meinung nach zeugt diese Aussage der Behörde von großer Unkenntnis über das Auftreten von Rassisten und Faschisten und deren Anhänger. Polizeisprecher Matthias Arends begründet sie mit: „Es wurden aber zum Beispiel keine Männer mit rasiertem Kopf gesehen“.
Wir schließen uns der Aussage der Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus an, die feststellt:
„Rassistisches und faschistisches Verhalten entsteht in der Mitte der Gesellschaft“. Das bedeutet auch, dass rechte Täter nicht zwingend durch Aussehen, Alter oder Geschlecht erkennbar sind. Deutlich wird rechte und rassistische Gesinnung durch politische Aussagen und Handeln, durch Übergriffe und Gewalt.

Der Angriff auf die Landesgeschäftsstelle der Sinti und Roma in Kiel fällt in eine Zeit, in der Antiziganismus in Deutschland auch durch die Politik der Großen Koalition wieder entfacht wird. Dazu tragen Debatten über sogenannte „Armutsflüchtlinge“ aus Rumänien und Bulgarien und die Verschärfung des sogenannten Asylrechts bei. Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina gelten nach dem aktuellen Beschluss der Regierung als sogenannte sichere Herkunftsländer, d.h. Flüchtlinge aus diesen Ländern haben keine Chance auf Asyl in Deutschland. Damit wird die Stimmung in der Bevölkerung besonders gegen Flüchtlinge aus diesen Ländern geschürt, es führt zur Unterscheidung nach „guten und schlechten“ Flüchtlingen.
Jedoch auch wer, wie die Sinti, seit Jahrhunderten in diesem Land leben, erfährt den Alltagsrassismus mit Pöbeleien, Übergriffen und Missachtung.

Wir halten es für falsch eine rassistische Motivation hinter dem Angriff klein zu reden, wie es die Ermittlungsbehörden derzeit tun. Wir fragen uns, wer außer Rassisten einen solchen Angriff auf ein Büro der Sinti und Roma verübt?

  • Wir rufen alle Antifaschist_innen auf, die Situation weiter kritisch zu verfolgen und wachsam zu sein.
  • Wir fordern die Bevölkerung auf, insbesondere die in der Nachbarschaft mit Sinti und Roma, aber auch mit Flüchtlingen leben, ihre Solidarität durch Aufmerksamkeit und Unterstützung zu zeigen.
  • Jedem Angriff gegen die Sinti und Roma setzen wir genauso unsere Solidarität entgegen, wie einer Politik, die Flüchtlinge, egal aus welchem Land sie einreisen, in Hunger und Tod abschiebt.
  • Dem Antiziganismus entgegentreten!
  • Solidarität mit dem Verband deutscher Sinti und Roma e.V. Landesverband Schleswig-Holstein!

Kiel, 4.10.2014

Unterzeichner_innen:
Antirassistische Initiative Kiel
Autonome Antifa-Koordination Kiel | www.antifa-kiel.org
Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus – Kiel | www.runder-tisch-kiel.de
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist_innen, LV Schleswig-Holstein und Gruppe Kiel (VVN-BdA) | schleswig-holstein.vvn-bda.de

Prozess gegen Neonazis Borchert, Hardt und Holm in Kiel

Vor dem Kieler Landgericht läuft derzeit ein Prozess gegen die bekannten Neonazis Peter Borchert, Alexander Hardt und Nils Holm. Alle drei gehörten vor wenigen Jahren dem Umfeld der neonazistischen Aktionsgruppen in Kiel und Neumünster an und verlagerten ihre Aktivitäten später in das Umfeld der Rockergruppe „Bandidos“.

Verhandelt wird ein Überfall auf einen verfeindeten Rocker im Jahr 2009 in der Kneipe „Titanic“ in Neumünster, die von Neonazis betrieben und besucht wird und auch als Treffpunkt der „Bandidos“ gilt.

Peter Borchert, Ex-NPD-Landesvorsitzender und langjährig aktiv in der schleswig-holsteinischen Neonazi-Szene, sitzt derzeit in Haft wegen einer anderen Auseinandersetzung mit „Hells Angels“, an der auch damals weitere Neonazis aus dem Umfeld der „AG Kiel“ teilnahmen. Im aktuellen Fall ist er zusammen mit Alexander Hardt, Neumünsteraner Neonazi, Betreiber des Ladengeschäftes „PLS-Werkzeuge“ in Kiel-Gaarden – und momentan ebenfalls inhaftiert, sowie Nils Holm, einem weiteren Neonazi aus der ehemaligen „AG Kiel“, angeklagt.

Weitere Details in diesem Artikel:
http://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/erst-gab-es-hiebe-und-dann-fusstritte-id7563896.html

Einen kurzen Bericht gibt es im Schleswig-Holstein Magazin ab Minute 6:27:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/schleswig-holstein_magazin/Schleswig-Holstein-Magazin,shmag29716.html

Aktuelles zu den angedrohten ED-Behandlungen zweier AntifaschistInnen in Kiel

+++AntifaschistInnen verweigern mittlerweile seit neun Monaten ED-Behandlung wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs bei Neonazi-Heilpraktiker Henning Pless+++Zwischenzeitliche Aufhebung der Zwangsmaßnahme durch Kieler Amtsgericht wurde vom Landesgericht wieder gekippt+++weitere Repression der Kieler Polizei gegen Antifaschisten+++


Was bisher geschah…

Im Nachklang einer antifaschistischen Fahrradtour der Kampagne “An die Substanz! Rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben!” durch das Kieler Stadtgebiet im August letzten Jahres ermittelt die Kieler Polizei gegen zwei AntifaschistInnen wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs und lud beide zur erkennungsdienstlichen Behandlung vor. Hintergrund ist eine Aktion im Rahmen der Fahrradtour, bei welcher der Betreiber des Heilcentrum Pless, der Neonazi Henning Pless, von einer Delegation antifaschistischer Radler_innen mit einer Urkunde für sein jahrzehntelanges Engagement in der deutschlandweiten völkischen Rechten ausgezeichnet wurde. Dieser missverstand allerdings die erstmalige und längst überfällige öffentliche Würdigung seiner braunen Aktivitäten als Hausfriedensbruch und erhob Strafanzeige gegen vermeintliche TeilnehmerInnen der Delegation.

Nachdem dann die zwei Kieler GenossInnen zunächst im November 2013 und folgend im März 2014 schriftliche Aufforderungen erhielten sich bei der Polizei einzufinden um ihre Fingerabdrücke abzugeben, sich abfotografieren und vermessen zu lassen entschieden beide, dass es nun genug sei mit den übermotivierten Ermittlungen der Staatsschützer. Sie verweigerten ihre Mitwirkung bei diesem Theater und erschienen bis heute nicht zu der ED-Behandlung!

Zeitgleich gingen die Rechtsanwält_innen der beiden auf juristischer Ebene gegen die geplanten Maßnahmen vor und hatten damit zunächst auch Erfolg. So erklärte das Kieler Amtsgericht in erster Instanz die Anordnungen der Staatsanwaltschaft zur erkennungsdienstlichen Behandlung für rechtswidrig. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft jedoch Beschwerde ein, woraufhin das Landgericht in zweiter Instanz sodann die Maßnahmen für gerechtfertigt und somit rechtmäßig erklärte. Damit ist auf rechtlicher Ebene wieder der ursprüngliche Status für die zwei Betroffenen eingetreten. Das bedeutet: Mit der Verweigerung der ED-Behandlung müssen beide nun wieder jederzeit mit einer zwangsweisen Vorführung rechnen, d.h., dass sie Zuhause oder sonst wo von der Polizei aufgegriffen und mitgenommen werden können.

Was fest steht ist, dass es bis zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung war eine aktive Mitwirkung bei der Arbeit der Repressionsorgane zu verweigern. So konnte das Prozedere mittlerweile neun Monate lang behindert werden. Klar müssen sich keine Illusionen gemacht werden, gänzlich verhindert werden können diesen Maßnahmen, wenn es die Staatsanwaltschaft und Polizei auf ihre Durchsetzung angelegt haben, wohl nicht. Aber, und das ist entscheidend, konnte mit dem Schritt, den Anordnungen der Cops wann und wo die GenossInnen zu erscheinen haben nicht nachzukommen, sich ein Stück aus der passiven Rolle befreit werden und zu mindestens bis zu einem gewissen Punkt selbst bestimmt werden, was wann passiert.

Die Ermittlungsbehörden – Pless Freund und Helfer

Währenddessen läuft die Hoffnung von Henning Pless sich durch das Stellen von Strafanzeigen gegen Antifaschist_innen etwas Ruhe um die neonazistischen Hintergründe seiner Person und in seinem Heilcentrum verschaffen zu können ins Leere. Von den Einschüchterungsversuchen unbeeindruckt steht der Neonazi-Funktionär auch weiterhin im Fokus antifaschistischer Arbeit in Kiel. So fanden im Juni 2014 innerhalb von zwei Wochen drei Kundgebungen vor dessen Praxisräumen statt, in deren Rahmen Flugblätter verteilt und Redebeiträge über die Hintergründe des Neonazis und zur Repression der Kieler Polizei im Auftrag von Henning Pless gehalten wurden. Passant_innen sowie Patient_innen reagierten sehr interessiert bis schockiert über die Neuigkeit, dass hinter der bürgerlichen Fassade von Henning Pless ein überzeugter Neonazi steckt. Auch haben Patient_innen des Heilcentrums nach dem Erfahren der rechten Verstrickungen von Pless angekündigt, zukünftig sich eine_n andere_n Heilpraktiker_in zu suchen.

Bedenklich ist nach wie vor der Eifer, mit dem die Polizei die Integrität eines bundesweit bekannten Neonazis mit allen Mitteln zu verteidigen versucht. So reagierten die Beamten auf den Kundgebungs-Marathon zunehmend repressiv und waren offensichtlich sehr darum bemüht Pless gutbürgerliches Ansehen auch weiterhin vor „Imageschäden“ durch die Veröffentlichung seiner politischen Aktivitäten zu bewahren. Resultat des Engagements der Beamten ist ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen einen Antifaschisten, der auf Geheiß Henning Pless wegen angeblicher Beleidigung angezeigt wurde. Der Genosse hat auf einer der Kundgebungen einen Redebeitrag über Pless neonazistische Hintergründe gehalten, durch dessen Inhalt sich der Neonazi anscheinend angegriffen fühlte. Die Beamten, die über eine Handyschaltung direkt mit Pless telefonierten, welcher das Geschehen aus den Fenstern seiner Praxis verfolgte, setzten die Anzeige bereitwillig um, nahmen die Personalien des Genossen auf und verwiesen ihn mittels eines Platzverweises von der Kundgebung.

Keine Ruhe für Neonazis – Solidarität schlägt Repression!

Der Repression zum Trotz bleibt es dabei: auch weiterhin wird Henning Pless als Führungsfigur der völkischen Neonazi-Szene im Fokus von Antifaschist_innen stehen. Die positiven Reaktionen auf die antifaschistischen Aktivitäten rund um das Heilcentrum Pless sowie praktische Erfolge, wie zum Beispiel das vorzeitige Schließen der Praxis aus Sorge vor einer angekündigten antifaschistischen Kundgebung bestärken uns in der Einschätzung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Sollte es zu der zwangsweise Vorführung zur ED-Behandlung unserer zwei GenossInnen kommen, rufen wir weiterhin zu Solidaritätsaktionen auf!

An dieser Stelle möchten wir auch viele solidarische Grüße an den Genossen aus Salzwedel schicken, der im Kontext eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn, u.a. wegen „versuchter Sabotage an Wehrmitteln“ zur Abgabe seiner DNA gezwungen werden soll, sich aber dieser Maßnahme ebenfalls seit Dezember letzten Jahres bzw. seit Januar 2014 erfolgreich entzieht! Chapeau und die Faust zum Gruße 🙂

weiterführende Links:

Hintergründe zu den Aktivitäten von Henning Pless

Informationen zur Repression gegen den Genossen aus Salzwedel