[HH/ NMS] Antifa Enternasyonal Aktionswochenende 26.02.-28.02

Am Wochenende vom 26. – 28.02.2016 steht für Antifaschist_innen in Hamburg und Schleswig-Holstein einiges bevor: Am Freitag laden die Genoss_innen vom Antifa Enternasyonal Café in die Rote Flora zu einer Veranstaltung über die Antifa Genclik, am Samstag ruft ein breites Bündnis in Hamburg zur Demonstration gegen den Krieg der Türkei in Kurdistan auf und am Sonntag gilt es mit allen nötigen Mitteln den Naziaufmarsch in Neumünster zu stoppen. Dafür wird es Zuganreisen aus Kiel und Hamburg geben.


Veranstaltung zur Antifa Gençlik

26.02.2016 | 20 Uhr | Rote Flora | Hamburg

Im Antifa Enternasyonal Café ist Çagri Kahveci zu Gast, der am 2014 erschienen Buch über die Antifaşist (Antifa) Gençlik mitgewirkt hat. Er wird über die Entstehung und Geschichte des einzigartigen Organisationsansatzes, der sich 1988 zwischen migrantischer Vereinskultur, Jugendbanden des Kiez und autonomer antifaschistischer Politik entwickelte, berichten. Antifa Gençlik Gruppen etablierten sich in verschiedenen Städten und sagten Nazis und Rassisten den Kampf an. Mitte der 1990er Jahre lösten sie sich in Folge staatlicher Repression auf.

Das Antifa Enternasyonal Café wird von Antifaschist*innen aus der deutschen und kurdischen Linken in Hamburg gestaltet. Als gruppenübergreifender Zusammenhang wollen wir einmal im Monat einen Anlaufpunkt bieten, um in gemütlicher Atmosphäre zusammenzukommen und sich zu vernetzen. Das Ziel ist es ein besserer Austausch und die gemeinsame Diskussion antifaschistischer und internationalistischer Strategien.

Großdemonstration gegen den Krieg der Türkei in Kurdistan
27.02.2016 | 14 Uhr | Hachmannplatz (Hbf) | Hamburg

Im Rahmen der Kurdistan-Aktionswoche in Hamburg findet am Samstag eine Demonstration statt, zu der verschiedene kurdische, linke und fortschrittliche Gruppen mobilisieren. Die Demo richtet sich gegen die Eskalationspolitik der AKP-Regierung und die Kriminalisierung kurdischer und progressiver Organisationen in der Türkei und Deutschland. Dem Paktieren der Bundesregierung gegenüber dem autoritären Regime von Erdogan und dem erkauften Schweigen infolge des „Flüchtlingsdeals“ muss gerade hierzulande entschlossener Widerstand entgegengesetzt werden. Weg mit dem PKK-Verbot – Solidarität mit der basisdemokratischen Selbstverwaltung!

Mehr Infos findet ihr auf https://hamburg4kurdistan.blackblogs.org/
Aufruf von YXK / JXK – Verband der Studierenden aus Kurdistan, Ciwanen Azad Hamburg und internationalistischen Antifaschist*innen

Eine gemeinsame Anreise aus Kiel gibt es auch: 12:00 Treffen | 12:21 Abfahrt

Naziaufmarsch in Neumünster verhindern!
28.02.2016 | 13 Uhr | Neumünster

Für Sonntag mobilisieren Schleswig-Holsteinische Neonazis der Facebookgruppe »Neumünster wehrt sich« zum dritten Mal innerhalb von drei Monaten zu einem rassistischen Aufmarsch in Neumünster. Verschiedene antifaschistische Kräfte aus der Region rufen dazu auf, den Aufmarsch zu blockieren, stören und zu verhindern. Eine gemeinsame Anreise wird es aus Flensburg, Kiel und Hamburg geben.

Anreise aus Kiel: Treffen: 11:40 Treffen | 11:55 Abfahrt
Anreise aus Hamburg: 11:00 Reisezentrum

Am Sonntag gibt es einen Ticker auf Twitter. Folgt @ticker_nms und nutzt #nmsnzifrei

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Hintergrundartikel zu rassistischen Mobilisierungen und rechten ProtagonIstinnen in Schleswig-Holstein erschienen

In zwei kürzlich veröffentlichten Artikeln hat die Recherchegruppe “La Quimerarassistische Mobilisierungen in Schleswig-Holstein aufgearbeitet und dazugehörige ProtagonistInnen benannt.

Dabei kommt die Antifascist Watch-Group zu dem Ergebnis, dass sich in Schleswig-Holstein bislang keine Massenmobilisierung abzeichnet aber dennoch eine Konsolidierung der rechten Szene zu beobachten ist. So lassen der Hass, der Geflüchteten und ihren Unterstützer_Innen in den Kommentarspalten nicht nur rechter Medien entgegenschlägt, die anfängliche breite Hetze in Boostedt und nicht zuletzt mehrere Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte kaum einen Zweifel daran, dass das rassistische Potential auch in Schleswig-Holstein besteht. Zur Mobilisierung des braunen Mobs fehlt es vor allem an einer Organisation, eine Aufgabe, an der die NPD in letzten Jahren konsequent scheiterte. Allerdings könnte die Reorganisation etablierter und vor allem gut vernetzter Kader auch abseits der NPD diese Schwäche kompensieren.

Ein etwaige Plattform könnten beispielsweise die Strukturen rund um “Neumünster wehrt sich” bieten, eine Gruppe die im Oktober 2015 in sozialen Netzwerken gegründet wurde, mit dem erklärten Ziel öffentliche Aktionen in Neumünster abzuhalten. Zu den Betreibern der Gruppe gehören langjährige Neonazis wie Enrico Pridöhl und Manuel Fiebinger und der ersten öffentlichen Mobilisierung, im November letzten Jahres, folgten 80 RassistInnen. Neben bekannten NPD und JN-Kadern waren auch einige altbekannte Gesichter der schleswig-holsteinischen Neonaziszene anwesend, wie der ehemalige Kopf der „AG Eutin“ Sebastian Struve oder Alexander Kuhr aus Heide und Thomas Krüger aus Kiel. Der zweite Artikel stellt neben den genannten Akteuren auch noch weitere ProtagonistInnen von “Neumünster wehrt sich” vor.

Artikel „Rassistische Mobilisierungen in Schleswig-Holstein“

Artikel Ausgewählte Protagonist_innen von “Neumünster wehrt sich”

La Quimera – Antifascist Watch-Group SH

Thomas Wulff, Karl Richter und Jens Lütke (v.l.) bei der Kundgebung von „Neumünster wehrt sich“ am 16.01.2016

So this is the new year and I don`t feel any difference – Rassistische Aktivitäten in Schleswig-Holstein 2016

Mit den angekündigten Aktionen besorgter Neonazis in Boostedt und Neumünster begann das neue Jahr aus antifaschistischer Perspektive wie das alte endete. Durch erfolgreiche Mobilisierungen und eine klare Überzahl von Antifaschist_innen konnte sowohl die lächerliche Mini-Demonstration von Enrico Pridöhl durch Boostedt, welche mit einem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz durchgesetzt wurde, als auch die stationäre Kundgebung von „Neumünster wehrt sich“ isoliert und in Schach gehalten werden. Letztere machten im Nachklang ihrer Kundgebung vor allem durch das Verbreiten einer offensichtlichen Falschmeldung Schlagzeilen, wonach Antifaschist_innen am Neumünsteraner Bahnhof einen ihrer Anhänger erschlagen haben soll. In diesem Zuge wurden Ermittlungen wegen Vortäuschung einer Straftat eingeleitet, die sich nach Polizeiangaben auf Neonazikreise fokussieren.

„Neumünster wehrt sich“ kündigte wenige Tage nach der Kundgebung an einen Verein gründen zu wollen, um die organisatorischen Aufgaben für die nächsten Aktivitäten besser zu koordinieren und verteilen zu können. Zudem sollen Spenden für die Titanic gesammelt werden, dem etablierten Treffpunkt der rechten Szene in Neumünster wurde offensichtlich nach einer Umgestaltung ihrer Außenfassade im Vorfeld der rassistischen Kundgebung die Glasversicherung gekündigt.

Wie schon während ihrer Kundgebung angekündigt, ruft Neumünster wehrt sich aktuell dazu auf Ende Februar wieder auf die Straße zu gehen, der genaue Termin soll im Laufe der kommenden Woche veröffentlicht werden.

Währenddessen liefen die sozialen Netzwerke auch in Kiel wieder heiß, so tauchte mit den „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ der nächste Versuch einer rassistischen Facebook-Mobilisierung auf, nachdem die Anläufe der letzten Jahre in Form von „PEGIDA Kiel“ und „KIGIDA“ bereits scheiterten bevor sie überhaupt losgingen. In der Gruppe, moderiert über ein offensichtliches Fake-Profil unter dem Namen Erik Stark, wird zu einer Demonstration am Sonntag, den 28.02. aufgerufen, wobei sich dieser Termin laut eigenen Angaben noch ändern kann und nur bei entsprechenden Interesse überhaupt angemeldet wird. Auch wenn angekündigt wird, dass Neonazis, NPDler und Hooligans nicht auf der Demonstration willkommen sind, sprechen der Veranstaltungsaufruf und die Beiträge innerhalb der Gruppe eine klare Sprache. Der übliche Kanon von „kriminellen Migranten, dem importieren Frauenhass, Gutmenschen und der Überfremdung Deutschlands“ wird durch aus dem Zusammenhang gerissene Zeitungsartikel und der Berichterstattung unseriöser und rechter Publikationen wie der Jungen Freiheit oder dem Kopp-Verlag unterstrichen. Organisiert werden soll die Demonstration über eine geschlossene Facebook-Gruppe mit dem Titel „Kieler Patrioten Netzwerk“, in der unter anderem Michael Pagel, einer der Organisatoren von „Neumünster wehrt sich“ und Phillip Christ von der Hamburger Alternative für Deutschland (AfD) Mitglieder sind.

Im Gegensatz zur tölpelhaften Internetpräsenz von „Neumünster wehrt sich“, die vor allem aus pausenlosen spammen wirrer Artikel, Verschwörungstheorien und eigenen Kommentaren, welche selten über 100 Zeichen hinausgehen, besteht, wirkt dieser Auftritt etwas durchdachter: Mit dem gefakten Profil sollen etwaige Konsequenzen für die VeranstalterInnen vorgebeugt werden, die Ankündigungen sind auch mal länger als drei Zeilen, erfüllen orthographische Mindeststandards und die Hetze kommt nicht nur stumpf neonazistisch, sondern kulturalistisch verpackt. Sowohl vom inhaltlichen Grundtenor, Stil und Vorgehen ähneln die „Kieler Patrioten“ der „KIGIDA“-Mobilisierung aus dem letzten März, die hauptsächlich vom Politik-Studenten Robert Schmidt (1) initiiert wurde. Gerüchten zufolge soll Schmidt auch in der Organisation der jetzigen Demonstration involviert sein und ebenfalls unter einem Fakeprofil die Veranstaltung anfangs mitbetreut haben (2).

Das auch schon gegen die letzten Pegida-Versuche aktive, sozialdemokratisch geprägte #kielweltoffen-Netzwerk ruft bereits zu Gegenaktivitäten auf und wie schon bei den letzten Malen muss das Motto für Antifaschist_innen lauten: Kommt Pegida, ist die Antifa längst da! Achtet also in den nächsten Wochen auf aktuelle Ankündigung und haltet euch bereit um den „Kieler Patrioten“ eine klare Absage zu erteilen.

Wie schnell sich die rassistische Hetze aus dem Internet in konkrete Aktionen niederschlägt, ist in den letzten Wochen auch in Schleswig-Holstein wieder offensichtlich geworden.

In Brunsbüttel wurde am Abend des 16.01. Feuer im Eingangsbereich einer Wohnung gelegt, in der laut Polizeimeldung aus Syrien stammende Menschen wohnen. Am selben Abend hielten 15 Neonazis in Izehoe, keine 30 Kilometer von Brunsbüttel entfernt, eine Veranstaltung mit Bezug auf die alliierten Luftangriffe auf Magdeburg ab. Sie versammelten sich vor dem Rathaus, entzündeten dabei Grablichter und trugen Flaggen der „Jungen Nationaldemokraten“ (3). Am 20. Januar tauchten rassistisch motivierte Schmierereien an einer geplanten Flüchtlingsunterkunft im Lübecker Stadtteil Bornkamp auf (4). Am Wochenende darauf kam es sowohl in Flensburg als auch in Bad Oldesloe zu Demonstrationen gegen „sexuelle Gewalt durch Ausländer“. Dabei demonstrierten in Flensburg rund 50, vornehmlich aus der russischen Community stammende Menschen vor dem Rathaus, als Anlass wurden die mittlerweile als falsch bestätigten Gerüchte über eine Gruppenvergewaltigung durch Geflüchtete an einem Mädchen in Berlin genommen (5). In Bad Oldesloe demonstrierten 120 „besorgte Mitbürger“ gegen ein „Wegsehen von Regierung, Polizei und Medien bei Straftaten von Flüchtlingen“, am Wochenende davor soll es zu einem sexuellen Übergriff eines Flüchtlings auf eine 18jährige Frau in der Stadt gekommen sein (6).

Das bedrohliche Potential der rassistischen HetzerInnen offenbart sich damit auch in anderen Teilen des Landes, angetrieben durch irrationale Argumentationsmuster zwischen Verschwörungstheorien, gezielt gestreuten Gerüchten und dem kompletten Ignorieren von Fakten oder Hintergründen. Die Berichterstattung der Medien, ob im Nachgang zur Silvesternacht in Köln oder lokal z.B. durch die Kieler Nachrichten (KN) über die Konstruktion einer besonders hohen Flüchtlingskriminalität (7), passt sich dem rechten Diskurs an und die rassistische Hetze schwappt aus dem Web 2.0 auf die Straße über: Demonstrationen, Anschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte und rechte Bürgerwehren die sich in Selbstjustiz üben.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sowie den konkreten Ankündigungen von „Neumünster wehrt sich“ und den „Kieler Patrioten“ heißt es also auch in den kommenden Wochen volles Programm für Antifaschistinnen und Antifaschisten.

Keine Sicherheit für Patrioten – Kommt Pegida, ist die Antifa längst da!

Ob in Kiel, Neumünster oder sonstwo – die rechte Mobilmachung stoppen!

1) https://linksunten.indymedia.org/de/node/138829

2) http://blog.zeitlos.xyz/kieler-patrioten-planen-demonstration-fuer-freiheit-und-sicherheit/

3) http://quimera.noblogs.org/2016/brandanschlag-in-brunsbuttel/

4) http://www.ln-online.de/Lokales/Luebeck/St.-Juergen/Farbschmierereien-an-zukuenftigen-Wohncontainern

5) https://linksunten.indymedia.org/en/node/166595

6) http://www.shz.de/lokales/stormarner-tageblatt/zwischen-angst-und-hysterie-id12544436.html

7) http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/blog/Fragwuerdige-Debatte-um-Fluechtlingskriminalitaet,fluechtlingskriminalitaet100.html

[Neumünster] Angriff auf kurdische Demo durch türkische Rechte und „Graue Wölfe“

Am Samstag den 30.1. haben etwa 150 Kurd_innen und Unterstützer_innen gegen die Angriffe des türkischen Staates und des IS auf Rojava und die kurdischen gebiete in der Türkei demonstriert. Gleichzeitig haben sich nach Polizeiangaben 80 und nach Augenzeugenberichten etwa 200 türkische Rechte und Anhänger der faschistischen „Grauen Wölfe“ versammelt und die Demo bedrängt. Dabei kam es auch zu einem Angriff einer größeren Gruppe auf die kurdische Demo, welcher von den Teilnehmer_innen abgewehrt werden konnte. Glücklicherweise gab es keine größeren Verletzungen auf Seite der Demonstrant_innen. Auf dem weiteren Weg der Demo blockierten die türkischen Rechten den Weg zum Großflecken, auf dem die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Die Polizei sah sich offenbar nicht in der Lage oder war nicht gewillt die Blockade zu räumen, so dass die Demo abgebrochen werden musste.

Pressespiegel:
shz.de I | shz.de II | Polizeipresse

[NMS] 500 Antifaschist_innen halten 80 Lügennazis in Schach

Bis zu 500 Antifaschist_innen beteiligten sich am Samstag, 16. Januar 2016 an verschiedenen Aktivitäten gegen den stationären Aufmarsch von 80 Neonazis auf dem Kantplatz in Neumünster, zu dem wie schon im November letzten Jahres die rassistische Initiative „Neumünster wehrt sich“ von Manfred Riemke in sozialen Netzwerken aufgerufen hatte.

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Etwa 350 Menschen, von denen viele aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg angereist waren, hatten sich bereits ab 11.30 Uhr auf dem Postparkplatz am Bahnhof in der Neumünsteraner Innenstadt versammelt, um anschließend mit einer ausdrucksstarken antifaschistischen und antirassistischen Demonstration in die unmittelbare Nähe des Kundgebungsortes der Neonazis in der Böckler-Siedlung zu demonstrieren. In verschiedenen Redebeiträgen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, des Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) Hamburg und der Sozialistischen Deutschen Arbeiter Jugend (SDAJ) wurde zum Widerstand gegen die andauernde rechte Mobilmachung in Teilen der deutschen Gesellschaft aufgerufen und deren Zusammenhang mit der rassistischen EU-Abschottungspolitik sowie der Krisenhatigkeit bürgerlich-kapitalistischer Verhältnisse betont. Der wiederholte Versuch von organisierten Rechten in Neumünster aufzumarschieren, um der bundesweiten Eskalation rassistischer Demonstrationen gegen Asylsuchende auch in Schleswig-Holstein ein öffentlichwirksames Ventil zu geben, müsse durch das entschlossene und gemeinsame Handeln aller Antifaschist_innen unterbunden werden.

Die lautstarke Demo erreichte ihren Endppunkt in der Max-Richter-Straße am Kantplatz gegen 12.45 Uhr, wo bis 13.30 Uhr eine Abschlusskundgebung abgehalten wurde. Weitere 100 Antifaschist_innen beteiligten sich parallel an der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts, das nur eine Straßenecke weiter einen weiteren Zugang zum Auftaktkundgebungsort der Neonazis belegte. Die Polizei hatte den Kantplatz schon vor Eintreffen der Gegendemonstrant_innen mit zahlreichen Einsatzkräften, Fahrzeugen und Wasserwerfen hermetisch abgeriegelt, so dass der Kantplatz selbst nur für RassistInnen begehbar war. Noch vor Beginn der eigentlichen Kundgebung von „Neumünster wehrt sich“ ab 13.30 Uhr hatten sich in sämtlichen Seitenstraßen um den Platz herum jedoch hunderte Antifaschist_innen verteilt.

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Bereits vor 13 Uhr hatten sich etwa 20 Neonazis vor Ort versammelt, bis zum offiziellen Start der rassistischen Kundgebung wuchs ihre Zahl auf 80 an, darunter neben dem Anmelder Riemke mit dem Neumünsteraner Ratsabgeordneten Mark Proch, dem schon im Vorfeld prominent angekündigten „Gastredner“ Karl Richter aus München und dem Nazikader Thomas Wulff aus Hamburg in organisatorischer Rolle auch drei NPD-Funktionäre. Die Beteiligung von TeilnehmerInnen, die nicht explizit dem neo-faschistischen Spektrum zugeordnet werden können, war diesmal noch geringer als im November.

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Verschiedenen Berichten zufolge gelang es Antifaschist_innen immer wieder, die Anreise von kleineren RassistInnengruppen zu behindern, so war es einigen nur unter Polizeischutz möglich, die Kundgebung überhaupt zu erreichen. Andere sollen ihr Ziel garnicht erreicht haben. Auch Fahrzeuge von anreisenden Rechten sollen dabei in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Bereits am Morgen sind am lokalen Nazi-Treffpunkt „Titanic“ in der Wippendorferstraße Schäden an der Fensterfront zu beobachten gewesen. Während die Kundgebung der RassistInnen lief, gelang es vielen Gegendemonstrant_innen trotz der weiträumigen Polizeiabsperrungen, ihren Protest gegen die rassistische Hetze auch in Sicht- und Hörweite des Aufmarsches kundzutun und ihn von jeglicher Öffentlichkeit abzuschotten. Die rechten Redebeiträge wurden von Pfeifkonzerten begleitet.

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Ab etwa 15.30 Uhr begann „Neumünster wehrt sich“ mit der Auflösung ihrer Kundgebung. Um die TeilnehmerInnen die Abreise überhaupt erst zu ermöglichen, wurden diese grüppchenweise mit großer personeller und logistischer Unterstützung der Polizei in einem Kleinbus vom Platz eskortiert. Dieser wurde mehrfach blockiert und mit Wurfgeschossen angegriffen. Nichtsdestotrotz offenbarte sich gerade in der Abreisesituation ein zentralen Manko der antifaschistischen Gegenaktionen an diesem Tage: Durch das Fehlen einer Infostruktur haben viele Antifaschist_innen erst spät von dem bereits laufenden Abtransport erfahren und postierten sich an falschen Abreisewegen. Auch gab es nach Abbau des Demo-Lautsprecherwagens und Auflösung der Bündnis-Kundgebung keinen zentralen Anlauf- und Infopunkt mehr. Dass die antifaschistische Mobilisierung ein erhebliches Potential geschaffen hatte, war den ganzen Tag in den Straßen um den Kantplatz sowie auf der An-und Abreise spürbar. Mit Hilfe eines besseren Informationsflusses hätte dieses auch trotz der funktionierenden Polizeistrategie zu mehr Handlungsräumen gelangen können. In Anbetracht der Androhungg Thomas Wulffs, nun monatlich in Neumünster aufmarschieren zu wollen, wird es eine Aufgabe aller Antifaschist_innen im Norden sein, bei kommenden Aktionen entsprechende Kapazitäten zu schaffen, um die Infrastruktur vor Ort zu verbessern. Auch die Koordination zwischen den verschiedenen agierenden antifaschistischen Spektren kann perfektioniert werden.

Es kam über den insgesamt Tag zu drei Festnahmen: Den Genoss_innen wird einmal Sachbeschädigung bzw. zweimal Landfriedenbruch vorgeworfen. Mindestens zwei antifaschistische Demonstrant_innen wurden durch Polizeigewalt verletzt und mussten durch Sanitäter_innen behandelt werden

Insgesamt können auch die Aktionen gegen den zweiten Versuch von Neonazis, in Neumünster rassistischen Bürgerprotest zu inszenieren, als erfolgreich bewertet werden: Die antifaschistischen Mobilisierungen konnten mit bis zu 500 nochmals einige Menschen mehr als im November zu den Gegenprotesten mobilisieren, während die TeilnhemerInnenzahl und ohnehin schon sporadische Heterogenität bei „Neumünster wehrt sich“ tendeziell abnahm. Insbesondere durch die Antifa-Demo am Mittag konnten die Inhalte der Gegenmobilisierung prominent platziert werden, während die Neonazis in einem wenig belebten Wohnviertel fernab irgendeiner relevanten Öffentlichkeit ihr Dasein hinter massiven Polizeiabsperrungen fristen mussten. Durch die Anwesenheit vieler entschlossener Antifaschist_innen im Umfeld der Kundgebung war die Sicherheit für Gegendemonstrant_innen weitestgehend vorhanden, während erkennbare Neonazis sich nur mit Polizeischutz bewegen konnten. All dies sind gute Grundvorraussetzungen, um auch im weiteren Verlauf des Jahres dafür zu sorgen, dass der bundesweite Rechtsruck auf schleswig-holsteinischen Straßen auch zukünftig geringfügig bleibt.

Dass „Neumünster wehrt sich“ und ihr Klientel sich nicht entblödeten, in den Abendstunden das mittlerweile längst von verschiedener Seite dementierte Gerücht zu verbreiten, Antifaschist_innen hätten am Neumünsteraner Bahnhof einen ihrer Anhänger erschlagen, unterstreicht abermals ihre Irrationlität und Realitätsferne, die sich auch in ihrer nationalistischen und rassistischen Hetze ausdrückt. Die Dynamik und Gewaltphantasien, die die offensichtliche Falschmeldung binnen weniger Stunden im rechten Sumpf der sozialen Netzwerken entfachte, offenbarte jedoch abermals das bedrohliche Potential, das ihr innewohnt.


Alle Antifaschist_innen im weiteren Einzugsgebiet von Neumünster sind dazu aufgerufen, die dortigen Entwicklungen auch in den nächsten Wochen und Monaten im Auge zu behalten und auch auf kommende Herausforderungen so schnell und entschlossen zu reagieren, wie es am Samstag erfreulicherweise der Fall gewesen ist.

Medienberichte:

Blick nach Rechts | NDR | SHZ I | SHZ II | Kieler Nachrichten I | Kieler Nachrichten II | Polizeipresse | Polizeipresse II

Fotos:

Sonar-Archiv | Fabian Schumann | Wut auf der Straße – Protest in Bildern

NEWS UPDATE zum Naziaufmarsch in Neumünster am Samstag

Same Procedure As Last Year, Antifa!?

Die rechte Mobilmachung stoppen – Kein Naziaufmarsch in Neumünster!


Am Samstag, 16.1.2016 wollen Neonazis und andere RassistInnen unter dem Namen „Neumünster wehrt sich“ abermals versuchen, gegen Asylsuchende und für eine „deutsche Zukunft“ aufzumarschieren. Wir rufen dazu auf, ihnen auch dieses Mal nicht einen einzigen Meter Straße zu überlassen und ihre Zusammenrottung zu verhindern.


SAMSTAG 16. JANUAR 2016:


Antifaschistische Demonstration
11.30 Uhr Bahnhof/Postparkplatz / NMS

Route: Postparkplatz – Friedrichstr. – Färberstr. – Beethovenstr. – Hansaring – Max-Richter-Str.

Kundgebung des Bündnis gegen Rechts Neumünster
12.30 Uhr Kreisel Legienstraße/Stegerwaldstraße / NMS

NEWS UPDATE (14.1.)


Mittlerweile ist klar, dass die Nazis sich um 13.30 Uhr auf dem Kantplatz versammeln wollen und aller Voraussicht nach nur eine stationäre Kundgebung geplant ist. Der Platz befindet sich inmitten der sogenannten Böckler-Siedlung, einem eher wenig belebten Wohngebiet etwa 2km vom Neumünsteraner Bahnhof entfernt. Als Gastredner soll auf der Kundgebung laut Ankündigung der Münchner Stadtrat Karl Richter sprechen, der dort für eine NPD-Tarnliste im Rathaus sitzt. Dies offenbart einmal mehr den offenen Neonazi-Charakter der „Neumünster wehrt sich“-Initiative.


Um am Samstag nicht nur am Neumünsteraner Stadtrand den Nazis ein weiteres mal den Versuch zu vermiesen, die seit dem letzten Jahr andauernde Eskalation rassistischer und nationalistischer Hetzmobilisierungen auch nach Schleswig-Holstein zu tragen, sondern den Tag auch dazu zu nutzen, um in der Stadt unsere unversöhnliche Gegnerschaft zum derzeitigen Rechtsruck von Teilen der deutschen Gesellschaft in die Öffentlichkeit zu tragen, rufen verschiedene Gruppen und Initiativen zu einer antifaschistischen und antirassistischen Demonstration vom Neumünsteraner Bahnhof in die Böckler-Siedlung auf. Diese soll dort um 11.30 Uhr auf dem Postparkplatz beginnen. Die Demo wird angemeldet und soll explizit auch allen Genoss_innen, die mit dem Zug aus anderen Städten anreisen werden, die Gelegenheit eines sicheren, kollektiven und politisch ausdrucksstarken Wegs zu den anschließenden Aktionen gegen die Nazi-Kundgebung anbieten. Das Bündnis gegen Rechts NMS ruft zudem um 12.30 Uhr zu einer Kundgebung am Kreisel Legienstraße/Stegerwaldstraße nahe des Kantplatzes auf. Beide Veranstaltungen stehen nicht in zeitlicher Konkurrenz zueinander,

GEMEINSAME BAHN-ANREISE AUS KIEL

Treffen: 10.30 Uhr HBF

Abfahrt 10.55 UHR


GEMEINSAME BAHN-ANREISE AUS HAMBURG
Treffen: 10.15 Uhr HBF (Reisezentrum)


ERMITTLUNGSAUSSCHUSS

0431/5303435


Aufruf der Autonomen Antifa-Koordination Kiel

Mobi-Seite von Refugees Welcome – Neumünster [&] Boostedt

[Boostedt] Abgeschotteter RassistInnen-Pulk auf Dorferkundung

Ganze zwölf RassistInnen folgten am Samstag, 9. Januar 2016 der Social Media-Mobilisierung von „Schleswig-Holstein wehrt sich“ des notorischen Neonazi-Alleingängers Enrico Pridöl aus Neukirchen (Ostholstein) in die Gemeinde Boostedt, in der Hoffnung, im Ort Stimmung gegen die Bewohner_innen der dort ansässigen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende schüren zu können. Kurzfristig hatte auch das Neumünsteraner Bündnis gegen Rechts zu Gegenprotesten aufgerufen, an denen sich etwa 60 Boostedter_innen, Gewerkschafter_innen und Antifas aus den umliegenden Städten beteiligten.

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In drei Güppchen trafen die RassistInnen ab 12.15 Uhr am Boostedter Bahnhof ein, darunter neben dem angereisten Anmelder Pridöhl mitsamt seiner augenscheinlichen „Demoleitung“ bestehend aus Patrick Schallat aus Pinneberg und Sven Späthmann aus Neumünster auch vier mutmaßliche Boostedter Dorfnazis. Von dem wahrscheinlich größten Polizeiaufgebot in der Geschichte der Gemeinde, das mindestens eine Hundertschaft umfasste und offenbar vor allem zu Demo-Schulungszwecken abgestellt worden war, wurde die Trümmertruppe abgeschirmt von auf der anderen Straßenseite begleitenden Gegendemonstrant_innen einige hundert Meter auf dem Fußweg zum Parkplatz am Sportplatz eskortiert. Hier fand isoliert von jeder Öffentlichkeit und unter antifaschistischen Beschimpfungen die „Auftaktkundgebung“ statt, die den abstrusen Charakter der Veranstaltung nochmals offenbarte. So sprachen die Redner in Ermangelung einer Lautsprecheranlage unverstärkt zu ihren wenigen AnhängerInnen, durch das Fehlen jeglicher Transparente, Schilder, Fahnen oder Flugblätter war auch sonst kein politischer Ausdruck erkennbar.

Als die „Demo“ sich dann zum Erstaunen aller Anwesenden nichtsdestotrotz in Bewegung setzen wollte, entstand kurzerhand eine Blockade, die die RassistInnen etwa 20 Minuten am Losgehen hindern konnte. Durch einen Korridor gelang es der Polizei nach inniger Beratung mit Pridöhl und seinen Helfern schließlich, den rundherum polizeilich eingekesselten Wanderzirkus durch die Gegendemonstrant_innen zu schleusen. So ermöglichten die Beamten den RassistInnen tatsächlich, einen Teil der angemeldeten Wegstrecke als abgeschirmter Pulk zurückzulegen. Obwohl es die Polizei durch ihre in Relation massive Präsenz und mit Hilfe der weitläufigen Straßenführung des Dorfes, von Straßensperrungen und dem Einkesseln von Antifaschist_innen es zwischenzeitlich schaffte, RassistInnen und Gegendemonstrat_innen räumlich zu trennen, kam es auch in der anschließenden halben Stunde immer wieder zu Protesten und kleineren Blockaden. So endete der eigentümliche Aufzug gegen 14.30 Uhr auch unplanmäßig direkt am Bahnhof.

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Ein Teil der RassistInnen verließ das Geschehen mit der Bahn, ein anderer Teil wurde wiederum, nicht ohne Begleitung durch Antifas, polizeilich bewacht zu ihrem Auto gebracht. Das Boostedter Grüppchen verabschiedete sich stilecht mit einem Hitler-Gruß, der von den daneben stehenden Polizist_innen auch entgegen de Hrinweise durch Antifaschist_innen ignoriert wurde, in ein Wohnhaus im Stückenredder direkt am Bahnhof.

Objektiv betrachtet war auch diese Aktion in Boostedt, wie bereits im Vorfeld prognostiziert, ein weiterer schlechter Witz in der Geschichte der diletantischen Organisations-Fertigkeiten des Enrico Pridöhl: Seine vormaligen Kooperationspartner, mit denen er noch vor wenigen Wochen an der Durchführung des Naziaufmarsches in Neumünster beteiligt gewesen ist, ließen ihn, wie auch nahezu sämtliche andere rechte Strukturen und Personenkreise, im Stich und glänzten durch Abwesenheit. Er ist nicht annähernd in der Lage gewesen, für irgendeine Art von politischer Außenwirkung zu sorgen, wärend die spontanen Gegenaktivitäten ihr Anliegen sehr wohl an Anwohner_innen und Passant_innen vermitteln konnten. In Anbetracht des allgemeinen Realitätsverlusts, das dieses absurde Schauspiel abermals offenbarte, ist jedoch nicht auszuschließen, dass Pridöhl und seine wenigen Gefolgsleute auch diesen Auftritt subjektiv zu einem Erfolgserlebnis umdeuten. Dies wäre dann allerdings allein der verantwortlichen Polizeidirektion anzulasten, die weder Kosten noch Mühen scheute, dem Häufchen Elend mit einem gewaltigen Aufgebot den Weg für ihre sonderbare Dorfbegehung zu bahnen.

Damit sich ein solches Szenario nächste Wochen nicht wiederholen kann, wenn in Neumünster wieder eine wohl deutlich höhere Anzahl RassistInnen aufmarschieren will, sind alle Antifaschist_innen aus Schleswig Holstein und darüber hinaus mit Nachdruck dazu aufgerufen, sich an den dortigen Gegenaktivitäten zu beteiligen und zu einem Kräfteverhältnis mit anderen Handlungsoptionen beizutragen.


Fotos der RassistInnen | Fotos Gegenaktionen

Presse: SHZ | KN | Polizeipresse

Der isolierte Aktionismus des Enrico Pridöhl und andere Neujahrs-Pläne des rassistischen Lagers für Boostedt und Neumünster

Bereits für den 13. Dezember 2015 hatte der Neonazi-Aktivist Enrico Pridöhl aus Neunkirchen in Ostholstein eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „Asylmissbrauch stoppen, Nein zur Merkel Politik“ in Boostedt bei Neumünster angekündigt, die er jedoch aufgrund mangelnder Unterstützung aus der Szene sowie fehlender Resonanz einige Tage vorher wieder abmelden musste. Nun ruft Pridöhl im Namen seiner Ein-Person-Initiative “Schleswig-Holstein wehrt sich” in sozialen Netzwerken abermals zu einer Hetz-Veranstaltung gegen Geflüchtete auf: Unter dem Motto “Wir sagen NEIN zu Überfremdung und zur Merkel Politik” mobilisiert er für Samstag, 9. Januar 2016 um 13 Uhr nach Boostedt – Rickling.


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Enrico Pridöhl („Schleswig-Holstein wehrt sich“) am 14.11.2015 in Neumünster / Mit dem Rücken zu ihm: Manfred Riemke
Die Gemeinde Boostedt ist ins Visier organisierter Rassist_innen geraten seitdem die ehemalige Rantzau-Kaserne dort zur provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung für derzeit etwa 2000 asylsuchende Menschen umfunktioniert worden ist. Mehrmals versuchten rechte Parteien und Initiativen von NPD über AfD bis zu selbsternannten “besorgten Bürgern” bereits nach dem Vorbild der aktuell unzähligen rassistischen Mobilisierungen im gesamten Bundesgebiet gegen die Geflüchteten Stimmung zu machen. Obwohl es zwischenzeitlich so schien, dass im Dorf bei einigen Anwohner_innen durchaus ein Nährboden für solcherlei Dynamiken vorhanden sei, verliefen sich die rassistischen Initiativen schlussendlich allesamt im Sande. Dies ist nicht zuletzt der starken Präsenz und Aktivität der vielen Flüchtlings-Unterstützer_innen in Boostedt zu verdanken, die den Hetzer_innen durch ihre kontinuierliche praktische Arbeit im Alltag das Wasser abgruben. Der letzte Versuch von Rassist_innen im Ort öffentlich aufzutreten, endete für sie in einem Desaster: Fünf Neonazis vom NPD Kreisverband Segeberg-Neumünster um Mark Michael Proch und Daniel Nordhorn sahen sich am 31. Oktober 2015 dem spontanen Protest von 150 Antifaschist_innen aus verschiedenen Spektren gegenüber und mussten tatenlos wieder einpacken.
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150 Antifaschist_innen gegen NPD-Auftritt am 30.10.2015 in Boostedt
Im Zuge des Aufmarschversuches von “Neumünster wehrt sich” am 14. November 2015 in Neumünster, als 80 Rassist_innen größtenteils aus dem Neonazi-Spektrum am Widerstand von über 300 Antifaschist_innen scheiterten, haben sich nun weitere Personalien aus dem schleswig-holsteinischen Neonazi-Sumpf der Hetze gegen Geflüchtete sowie auch der Ortschaft Boostedt angenommen – darunter auch ebenjener Enrico Pridöhl. Pridöhl kann als Sonderling der Szene bezeichnet werden, der in Vergangenheit bereits wiederholt durch Ankündigungen von Aktionen und Initiativen aufgefallen ist, die wenig bis keinen Rückhalt in der Szene genossen und insofern floppten. Derzeit versucht er sich offenbar sogar am Aufbau eines weiteren, offensichtlich zum Scheitern verurteilten Ego-Parteienprojektes namens „Zukunft für Deutschland“. Der Aufmarsch in Neumünster war insofern die bis dato wohl prominenteste Aktion, an deren Organisation Pridöhl bisher beteiligt gewesen ist. Dass dessen relative Größe wohl weniger Pridöhl als anderen Protagonisten von “Neumünster wehrt sich” um Manfred Riemke und Manuel Fiebinger geschuldet gewesen ist, offenbaren seine Anschluss-Initiativen in Boostedt nur allzu deutlich: Seine vorherigen Mitstreiter distanzierten sich im Namen von “Neumünster wehrt sich” öffentlich von den Mobilisierungen, andere Neonazis wie der Eutiner Sebastian Alexander Struve, der in Neumünster als Redner auftrat, kündigen unter Häme ihr ausdrückliches Nicht-Kommen am 9. Januar an. Es ist also davon auszugehen, dass Pridöhls abermalig angekündigter Auftritt in Boostedt, sollte er nicht ohnehin schon im Vorfeld wieder abgemeldet werden, auf sich allein gestellt eher dem dortigen armseligen NPD-Auftritt, als dem Demoversuch in Neumünster ähneln wird.

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Foto links: Manfred Riemke („Neumünster wehrt sich“) am 14.11.2015 in NMS / Foto rechts: Sebastian Alexander Struve (ehemals „AG Eutin“) als Redner am 14.11.2015 in NMS

Auch wenn also auch diesmal nicht von einer größeren rassistischen Mobilisierung nach Boostedt auszugehen ist und die Situation im Dorf derzeit für solcherlei Initiativen von auswärtigen Neonazis tendenziell auch wenig anschlussfähig zu sein scheint, sollten Antifaschist_innen die Ankündigung für den Tag im Auge behalten und ggf. spontan reagieren. Weiterhin gilt es, sich jedem Versuch von Rassist_innen, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen, klar und deutlich entgegenzustellen. Noch mehr als für Pridöhls eigentümliche Experimente in Boostedt gilt dies für die weiterhin im Raume stehende, jedoch nach wie vor unkonkrete Androhung von Riemkes tendenziell ausstrahlungskräftigerer “Neumünster wehrt sich”-Initiative, im Januar 2016 eine Wiederholung des 14. November anzustreben. Darauf, dass diese fixe Idee nicht vom Tisch ist, verweisen entsprechenden Aufrufe zur logistischen Unterstützung zukünftiger Aufmärsche in sozialen Medien.
Dass zur Tat schreitender Rassismus auch in Schleswig-Holstein trotz im deutschlandweiten Vergleich weitestgehend ausgebliebener Hetzmobilisierungen eine nicht zu unterschätzende, permanent schwelende Bedrohung ist, zeigen die im Jahr 2015 offiziell auf 30 angestiegene Zahl von Anschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten im nördlichsten Bundesland. Ob diese Tendenz sich 2016 weiter zuspitzen wird oder sie zurückgedrängt werden kann, wird maßgeblich auch daran liegen, inwieweit es Antifaschist_innen und Antirassist_innen gelingt, den Hetzer_innen und potentiellen Brandstifter_innen die Räume zu nehmen. Dazu Bedarf es kontinuierlicher Beobachtung der Entwicklungen, Sensibilisierung der jeweils vor Ort betroffenen Öffentlichkeit, spontaner und entschlossener Handlungsfähigkeit und als Grundlage all dessen: verlässlicher Organisierung.

Keine Ruhe der AfD – rassistische Veranstaltung in Kiel gestört

Am vergangenen Montag, 14.12.2015 hatte der AfD-Kreisverband Kiel zu einer Veranstaltung geladen. Ihr Thema war als Wege aus der Asyl- und Flüchtlingskrise” angekündigt, bei der in üblich rassistischem Tenor die „denkbaren Mechanismen zur Eindämmung der Flüchtlingsströme” vorgestellt und diskutiert werden sollten. Schon im Vorfeld regte sich dagegen Widerstand, indem die Autonome Antifa-Koordination einen Offenen Brief an den ursprünglichen Veranstaltungsort, das Hotel Consul, veröffentlicht hatte. Das Schreiben informierte über die Hintergründe der geplanten Veranstaltung, die nationalistischen und rassistischen Positionen der AfD sowie ihrer Abspaltung ALFA und der Jugendorganisation „Junge Alternative“. Außerdem wurde angekündigt, im Falle der Aufrechterhaltung der Raumzusage an die AfD zu einer Protestkundgebung zu mobilisieren. Die Argumente gegen die AfD und ihre Positionen überzeugten das Hotel Consul offensichtlich, so dass die Veranstaltung kurzfristig abgesagt wurde.

Die AfD war hierdurch gezwungen worden, sich spontan neue Räumlichkeiten suchen zu müssen. Ein Versuch, der erfreulicherweise erfolglos blieb: Anscheinend wollte niemand den RechtspopulistInnen eine Bühne bieten. Daraufhin verlegte die Partei die Veranstaltung kurzerhand in die Räume ihrer Kieler Landesparteizentrale am Walkerdamm, was am Montagmorgen per Anzeige in den „Kieler Nachrichten“ öffentlich gemacht wurde.

Trotz kurzer Vorlaufszeit und miesen Wetters versammelten sich deshalb am Montagabend schließlich etwa 20 Antifaschist_innen und zogen zum Parteibüro der AfD, welches übrigens nach wie vor durch zerstörte Fensterscheiben zu glänzen weiß. Die Polizei war zwar vor dem Büro und im Umfeld massiv präsent, beschränkte sich aber auf die Sicherung des Büros und trat ansonsten nicht weiter in Erscheinung. Mittels Transparenten, Sprechchören wie „AfD: Rassistenpack – wir haben euch zum Kotzen satt“ und „Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht überall“ sowie einem kurzen Redebeitrag, in dem die rassistischen Postionen der AfD, deren Überschneidungen zu Positionen von Neonazis, das Mitlaufen derselben auf AfD-Demos sowie die aggressive Stimmung gegenüber Geflüchteten in Deutschland thematisiert wurden, sorgten die anwesenden Antifaschist_innen nicht nur für die hektische Schließung der Bürofenster, sondern auch dafür, dass die Veranstaltung, an der ca. 30 Personen teilnahmen, nicht ungestört über die Bühne gehen konnte. Die Kälte vertrieb dankenswerterweise der Kaffee, der den Antifaschist_innen großzügigerweise von solidarischen Anwohner_innen serviert wurde. Nach einer halben Stunde und mit abschließenden Sprechchören wurde die Protestaktion beendet und die Anwesenden konnten sich unbehelligt auf den Weg nach Hause machen.

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Als Fazit bleibt festzuhalten, dass wieder einmal gezeigt werden konnte, dass die AfD, egal wo und wie sie öffentlich in Erscheinung tritt – seien es Infostände im Rahmen der sogenannten „Herbstoffensive“, ein geplanter Aufmarsch in Hamburg, ein „Kennenlerntreffen“ in Kiel oder die Veranstaltung am Montag – sie dies nicht ungestört und unbehelligt machen und zum Verbreiten ihrer rassistischen und nationalistischen Politik nutzen kann, sondern sie immer wieder Gefahr läuft, mit antifaschistischen Gegenaktionen konfrontiert zu werden. Auch in Zukunft rufen wir alle Antifaschist_innen und Antirassist_innen dazu auf, sich den Rechtspopulist_innen der AfD und allen anderen Rassist_innen wann immer es angebracht ist, in den Weg zu stellen und dafür zu sorgen, dass der kalte eisige Wind des antifaschistischen Widerstands ihnen auch in Zukunft direkt ins Gesicht blasen wird.

AfD-Blockade in Kiel: Aktueller Stand der Verfahren

Anfang August wurden die Verfahren gegen 128 Antifaschist_innen, denen vorgeworfen wurde am 21. März 2015 in Kiel im Rahmen einer Kundgebung gegen den AfD-Landesparteitag in der Sparkassenarena „Hausfriedensbruch“ (§ 123 StGB) begangen zu haben, wegen mangelnden öffentlichen Interesses (§ 170 Abs. 2 StPO) eingestellt, da der Platz vor der Arena, obwohl er zum dortigen Privatgrundstück gehört, üblicherweise für Fußgänger nutzbar ist. Einige der Betroffenen erhielten dann Ende August Briefe der Polizei, in denen ihnen mit fast wortgleicher Begründung wie im Hausfriedensbruch-Verfahren nun „Landfriedensbruch“ (§ 125 StGB) vorgeworfen wird. Die Kieler Justizbehörden scheinen sich mit der Einstellung der Verfahren nicht zufriedengeben zu wollen.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Anzeige wegen Hausfriedensbruch am 21.3. von der Betreibergesellschaft der Sparkassenarena, der „Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel“ gestellt wurde. Dies wurde auch vorher so von der Geschäftsführung mit der AfD für den Fall einer versuchten Blockade des Eingangs durch Antifaschist_innen abgesprochen. Die Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel ist ein Zusammenschluss aus Provinzial Versicherungen, Kieler Nachrichten und Citti Großmarkt, den Eigentümern der Halle. Diese hat mir ihrer bereitwilligen Kooperation mit der rassistischen Partei AfD nun für eine Repressionswelle gegen Kieler Antifaschist_innen gesorgt, anstatt sich, z.B. mit einer Absage der Veranstaltung, gegen rassistische Stimmungsmache zu positionieren.

Neben den Verfahren wegen Landfriedensbruch gibt bzw. gab es weitere Ermittlungsverfahren wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“, „Beleidigung“ und „Vermummung“ gegen einzelne Aktivist_innen, inklusive mindestens einer nachträglichen Vorladung zur Polizei zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Einige dieser Verfahren wurden bereits eingestellt, teilweise gegen Auflagen, die anderen Verfahren laufen noch. In den Landfriedensbruch-Verfahren gibt es momentan keine aktuelle Entwicklung.

Die von der Polizei am 21.3. aufgenommenen personenbezogenen Daten der 128 Betroffenen wurden sowohl beim Landeskriminalamt als auch beim BKA gespeichert, allerdings angeblich nicht in den so genannten „Informationssystemen“ der Behörden (den Datenbanken für z.B. „politisch motivierte Straftäter_innen“) sondern „nur“ zur Vorgangsverwaltung bzw. Dokumentation. Über einen Rechtsanwalt wird momentan versucht herauszufinden, was mit solchen Daten geschieht, beim BKA wurde die Löschung beantragt.

Die Verfahren und eventuell anstehende Prozesse werden weiterhin von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und der Roten Hilfe Ortsgruppe Kiel solidarisch und öffentlich begleitet werden.

Sonderseite zum „AfD-Kessel“

Betroffen sind einige, gemeint sind wir alle!
Die Solidarität organisieren!