Offener Brief zur Veranstaltung mit AfD-Beteiligung in der Pumpe

Offener Brief linker Kieler Gruppen an die Pumpe:

Liebe Verantwortliche der Pumpe,

mit Unverständnis und Empörung mussten wir feststellen, dass die Alternative für Deutschland (AfD) im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 20.04.2017 in eure Räumlichkeiten eingeladen wurde. Uns ist bewusst, dass nicht die Pumpe selbst der Veranstalter war, doch wurde das Erscheinen von Jörg Nobis nicht unterbunden, weshalb wir uns direkt an euch wenden.

Euch zu erzählen, was die AfD für eine Partei ist, ersparen wir uns an dieser Stelle. Denn eigentlich spricht euer Veranstaltungskalender dafür Bände, dass das widerliche Gedankengut der AfD bei euch nichts zu suchen hat: Linke Musiklabel und links-alternative Gruppen aus Kiel und der Umgebung führen bei euch Veranstaltungen durch. Herkunft, Ethnizität, Sexualität, Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung und vieles mehr spielen bei euch in der Regel keine große Rolle. Die Pumpe ist ein Raum, den fast ausschließlich Menschen nutzen, die nicht in das Weltbild der AfD passen. Und das sollte auch so bleiben!

Unter pseudo-demokratischen Begründungen wurde am vergangenen Donnerstag der AfD die Bühne geboten, ihre rechtspopulistischen, rassistischen, nationalistischen, sozialchauvinistischen und homophoben Denkmuster zu verbreiten. Diese bieten den Nährboden und Rückhalt für Angriffe auf Menschen, die der AfD und ihr nahestehenden Personen nicht in den Kram passen. Wir halten euren Umgang mit dem Besuch der AfD nicht nur für falsch, sondern auch für schlichtweg gefährlich. Wer der AfD eine Bühne gibt, setzt sich nicht aufklärerisch mit rechten Positionen auseinander, sondern legitimiert sie durch den vermeintlich salonfähigen Charakter selbiger. Solche Menschen haben in einem Kulturzentrum, und ganz besonders auf einer Bühne, nichts verloren. Positionen, die die Würde und Gleichwertigkeit eines jeden Menschen in Abrede stellen, bedürfen aus unserer Sicht keinerlei Diskussion.

Von einem Kulturzentrum wie der Pumpe erwarten wir deshalb, dass dort kein Raum für Nazis und deren Stichwortgeber geschaffen wird und kritische Stimmen auch in Zukunft noch Platz bei euch finden – und nicht wie am besagten Donnerstag des Saales verwiesen werden, um rechtspopulistischer Hetze Raum zu geben. Wir fordern euch auf, dass der AfD in Zukunft kein Zutritt mehr in die Räumlichkeiten der Pumpe gewährt wird.

Allgemeiner Studierendenausschuss CAU Kiel
asta.uni-kiel.de

Autonome Antifa Koordination Kiel
antifa-kiel.org

G20 Kielholen! Kieler Netzwerk gegen den G20-Gipfel in Hamburg
g20kielholen.blackblogs.org

Kurdistan Solidaritäts-Komitee Kiel
kurdistansolikiel.noblogs.org

netzwerk antirassistische Aktion [nara] kiel
antiravernetzungsh.noblogs.org

Rote Hilfe OG Kiel
rotehilfeogkiel.gaarden.net

TurboKlimaKampfGruppe (TKKG) Kiel
tkkg.noblogs.org

And Aukrug did it again: Über 200 Antifaschist_innen gegen Besuch des AfD-Rechtsaußen Alexander Gauland

AfD so: Scheiße die Wahl steht vor der Tür und unsere Umfragewerte sinken immer weiter, laden wir lieber mal n bisschen Politprominenz ein und machen ordentlich Welle. In den Städten kriegen wir keine Räume mehr, also gehen wir wieder aufs Land nach Aukrug. Da gibts nen Gasthof mit dem wir cool sind, mieses Essen und vergilbte Möbel hin oder her.

Antifa so: Wenn hier irgendwer Welle macht, dann sind das immer noch wir und wenn wir irgendwem die Tour vermasseln wollen, dann der AfD. Das sehen ne Menge Leute aus Aukrug auch so, die haben nämlich gar keinen Bock auf die braune Soße in ihrer Hood.

Donnerstagabend in Aukrug so: Über 200 Antifaschist_innen aus Aukrug und umliegenden Städten stellen sich gegen den Besuch des Bundestagswahl-Spitzenkandidaten der AfD Alexander Gauland im lokalen Gasthof Tivoli. Bereits kurz nach 18 Uhr konnten über 100 Antifaschist_innen dem AfD-Rechtsaußen mit Mittelfingern, Parolen und Beschimpfungen einen gebührenden Empfang bereiten. In der nächsten Stunde verdoppelte sich die Zahl der AfD-Gegner_innen, sodass auch die 30-35 Besucher_innen der Rassisten-Veranstaltung von diesem “Walk of Shame” begleitet werden konnten. Nachdem die besorgten Chauvinisten es dann endlich in sicheres Terrain geschafft haben, wurden vom parteieigenen Ordnungsdienst, bestehend aus einem 90er Jahre Nazi-Duo, erstmal die Namen auf der Registrierungsliste gegengeprüft, um dann den freundlichen Willkommens-Handshake folgen zu lassen.

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Wie schon die letzten Male, glänzten die Cops mit einem überzogenen Aufgebot. Mit rund 100 Einsatzkräften, weiträumigen Absperrungen und persönlicher Eskorte für einzelne AfDler_innen, setzte die Staatsmacht mal wieder alles daran den reibungslosen Ablauf der rechten Wahlkampfshow zu garantieren. Dabei stand aber auch der Selbstschutz an erster Stelle. So forderte ein erboster Einsatzleiter einige Antifas auf, sofort die Sirenengeräusche übers Megaphon einzustellen, da er seiner Einheit diesen Lärm nicht zumuten könne. Der von den Antifas favorisierte Vorschlag, die Cops lieber mit Gehörtschutz-Mickey-Mäusen auszustatten, stieß hingegen auf bemerkenswert wenig Begeisterung.

Das Ende vom Lied so: Nach zwei Stunden löste sich die Kundgebung allmählich auf, Bewohner_innen aus Aukrug und Antifas zeigten dem Tivoli nochmal gemeinsam den Mittelfinger und clappten dann gegenseitig ab.

Die AfD im Wahĺkampf so: Kriegt in Schleswig-Holstein weiter keinen Fuß auf den Boden. Die öffentliche Wahrnehmbarkeit ist, dank einer Vielzahl antifaschistisch entsorgter Wahlkampfplakate und dem Ausbleiben von Wahl- und Infoständen aus Sicherheitsbedenken, marginal. Die Probleme bei der Raumfindung weiten sich aus, sowohl in größeren Städten wie Kiel oder Flensburg, als auch in kleineren Städten im gesamten Bundesland kriegt die AfD kaum Veranstaltungsorte angemietet. Jüngstes Beispiel ist die Absage des Brauhaus Eutin, wo an diesem Freitag ein AfD-Infoabend stattfinden sollte. Die AfD hatte die Räumlichkeiten unter einem Pseudonym angemeldet, als dem Besitzer der Gaststätte dies bekannt wurde, kündigte er umgehend die Reservierung. Noch Anfang des Jahres konnte dort das Drei-Königs-Treffen der AfD stattfinden.

Und wenn diese Hürde erstmal genommen wurde, sind Veranstaltungen der AfD stets mit breiten antifaschistischen Gegenprotesten konfrontiert. Erst Anfang der Woche veranstalteten die Chauvinisten eine Diskussion mit dem schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten Jörn Nobis und dem Landesvorstandssprecher der AfD Mecklenburg-Vorpommern Leif-Erik Holm in Aukrug, zu der sich kümmerliche acht Gäste verirrten, denen trotz kürzester Mobilsierung über 60 engagierten Antifaschist_innen und Bürger_innen gegenüberstanden. In Lübeck konnten letzte Woche innerhalb von 24 Stunden über 250 Menschen zu Protesten gegen die AfD mobilisiert werden, nachdem eine klandestin angekündigte Wahlkampveranstaltung der AfD in den Media Docks kurzfristig bekannt wurde.

Auch für die kommenden Tage sind weitere Veranstaltungsversuche der AfD angekündigt. Am morgigen Freitag wollen Beatrix “auf Kinder würde ich schonmal schießen lassen” von Storch und die frische Spitzenkandidatin Alice Weidel in Henstedt-Ulzburg auftreten. Das Bündnis “Aufstehen gegen Rassismus” mobilisiert bereits zu Gegenaktivitäten. Am Samstag wollte das Trümmerduo eigentlich auch in Heikendorf vorstellig werden, doch aktuellen Informationen zufolge, hat der vorgesehene Austragunsort “Sportheim” die Veranstaltung mit einer klaren Distanzierung wieder abgesagt. Da Vorsicht bekanntlich besser ist als Nachsicht und Vertrauen zwar gut aber Kontrolle besser ist, solltet ihr auch diesen Termin weiter im Auge haben und auf aktuelle Infos achten.

Worauf ihr euch aber verlassen könnt, wir werden alle gemeinsam am 7.Mai die Wahlparty der AfD crashen oder noch besser, gemeinsam den Nichteinzug der AfD ins Landesparlament mit einer Jubeldemo feiern. Antifa so: Die AfD-Wahlparty crashen! Gegen jeden Rassismus – antifaschistische Gegenmacht aufbauen! Startpunkt ist 19 Uhr am Kieler Hauptbahnhof!

Nicht-offizieller “Antifa-Kiel” Mastodon-Account aufgetaucht!

In jüngster Vergangenheit ist auf der alternativen Kommunikationsplattform “Mastodon” ein Account unter dem Namen “Antifa-Kiel (@antifa_kiel)” aufgetaucht. Auf diesem Account sind sämtliche Inhalte des “Antifa-Kiel” Twitter-Accounts gespiegelt und die Website der Autonomen Antifa-Koordination Kiel verlinkt. Auch wenn es den offensichtlichen Anschein macht, dieser Account wird nicht von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel verwaltet! Richtet keine Anfragen an diesen Account und nutzt für verifizierte Informationen nur unsere offiziellen Kanäle www.antifa-kiel.org und den dazugehörigen Twitter-Account (@antifa_kiel). Die urhebenden Personen hinter diesem Mastodon-Account fordern wir auf, diesen umgehend zu löschen.

Autonome Antifa-Koordination Kiel, 24.04.2017

„Identitäre“ und Neonazis stören antimilitaristische Wahlkampf-Aktion in Laboe

Am gestrigen Donnerstag, 13. April 2017 störten am späten Nachmittag etwa je ein Dutzend Anhänger der „Identitären Bewegung“, Neonazis und rechte Schaulustige eine antimilitaristische und feministische Wahlkampfaktion der LINKEN vorm kriegsverherrlichenden U-Boot-Museum in Laboe. Die Faschisten, von denen viele sogar aus anderen Bundesländern angereist waren, lungerten am Straßenrand herum und begleiteten die ansonsten wie geplant durchgeführte halbstündige Kundgebung von etwa 20 Teilnehmenden mit Zwischenrufen. Zu Angriffen kam es jedoch nicht. Die Polizei war mit 15 Beamt_innen inklusive Hundestaffel vor Ort.

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Die Ankündigung einer Lübecker LINKEN-Kandidatin, das Laboer U-Boot pink streichen zu wollen, hatte schon im Vorfeld medial, bei den Behörden und bei Reaktionären aller Couleur für Furore gesorgt. Farbe gab es schlussendlich allerdings nur vor dem Kriegsschiff. Die spontane Mobilisierung von bis zu 30 organisierten Faschisten ist eine für den Kieler Raum in den letzten Jahren ungekannte Größenordnung. Das Vorhaben, den Normalbetrieb im Wallfahrtsort für NS-NolstalgikerInnen, MilitaristInnen und Deutschnationale außer Kraft zu setzen, hatte jedoch schon 2010 für ein vorerst letztes Aufbäumen in der militanten Neonazi-Szene gesorgt, als diese das Ehrenmal für deutsche Kriegsverbrecher vor linken Antimilitarist_innen schützen wollten.

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Allemal sollten die gestrigen Ereignisse jedoch allen Antifaschist_innen zu denken geben, auch die eigene spontane Handlungsfähigkeit mal wieder auf den Prüfstein zu legen, handelte es sich doch gestern nicht nur um die erste öffentliche Versammlung von Neo-FaschistInnen im Kieler Raum seit 2013, sondern auch um den ersten Auftritt der selbsternannten „Identitären“ in der Region überhaupt. Diese waren mit einem eigenen Transparent vor Ort und hatten ihre Präsenz sogar ordnungsgemäß angemeldet. Diese Entwicklung sollten Antifaschist_innen nicht nur scharf beobachten, sondern jede weitere Entfaltung schon im Frühstadium unterbinden.

Presse: www.kn-online.de

Repressives Potpourri – Staatsanwaltschaft und AfD Hand in Hand gegen Kieler Antifaschist_innen

Nach etwa eineinhalb Jahren wurden im Oktober 2016 die letzten Verfahren gegen Antifaschist_innen im Zusammenhang mit den Protesten gegen den Landesparteitag der AfD 2015 in Kiel eingestellt. Vorausgegangen ist diesem Erfolg eine ebenso lange und kontinuierliche gemeinsame Antirepressionsarbeit von Betroffenen, Anwält_innen, Antifa und Rote Hilfe e.V..

Anfang des Jahres 2015 wurde bekannt, dass der schleswig-holsteinische Landesverband der rechtspopulistischen und chauvinistischen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) einen Landesparteitag in der „Business-Lounge“ der Sparkassenarena mitten in der Kieler Innenstadt abhalten will. Gegen diesen Parteitag mobilisierte ein Bündnis linker und antifaschistischer Gruppen aus Kiel, Schleswig-Holstein und Hamburg unter dem Motto „Das ist keine Alternative: Gegen Nationalismus, Rassismus, Sexismus und Chauvinismus! Grenzenlose Solidarität statt autoritäre Krisenlösungen!“1 zu einer Kundgebung. Bereits im Vorfeld wurde durch die lokale Presse bekannt, dass die AfD eine Strafanzeige wegen des antifaschistischen Aufrufs stellte.2

Am Morgen jenes 21. März 2015 folgten etwa 200 Antifaschist_innen dem Aufruf zur Kundgebung gegen die AfD in Sichtweite des Tagungsortes. Von hier aus bewegten sich wenig später über 100 Menschen zum Delegierten-Eingang, um die teilnehmenden AfD-Mitglieder mit ihrer antifaschistischen Kritik direkt zu konfrontieren. Dieser Versuch, den Protest so nah wie möglich an seine Adressat_innen heran zu tragen, wurde erst kurz vor dem Eingangsbereich durch massive Gewalt der herbeieilenden Polizei in Form von Schlagstockgebrauch, Faustschlägen und Fußtritten aufgehalten. Mehrere Demonstrant_innen wurden dabei verletzt. Die an dieser Aktion beteiligten Antifaschist_innen wurden anschließend auf dem Vorplatz der Arena eingekesselt und in einem langwierigen Prozedere kontrolliert, durchsucht und abfotografiert. Hierbei wurden die Personalien von 129 Aktivist_innen aus unterschiedlichen politischen Spektren festgestellt, was im Nachklang des Tages zu einer Reihe von Anzeigen und Verfahren gegen die Betroffenen führte. Unter den Eingekesselten befand sich ebenfalls ein Landtagsabgeordneter der Grünen, welcher von der Polizei in den Kessel gelassen wurde um mit den Antifaschist_innen zu sprechen, jedoch danach nicht mehr heraus gelassen wurde und ebenfalls den polizeilichen Maßnahmen ausgesetzt war.3

Gemeinsame spektrenübergreifende Antirepressionsarbeit

Noch am Tag selber kündigte die Polizei gegenüber den Demonstrant_innen an, dass eine Strafanzeige gestellt wurde und gegen sie wegen „Hausfriedensbruch“ ermittelt werden würde. Um einen möglichst koordinierten Umgang mit der zu erwartenden Repression zu organisieren, luden die Autonome Antifa-Koordination Kiel und die Rote Hilfe Ortsgruppe Kiel für Mitte April 2015 zu einem großen Antirepressionstreffen im Kieler Gewerkschaftshaus ein, um mit möglichst vielen Betroffenen das weitere Vorgehen zu besprechen. An diesem Treffen nahmen über 50 Menschen sowie ein solidarischer Anwalt teil. Dort konnte vielen – gerade auch jüngeren – Genoss_innen die Angst vor möglichen Nachteilen durch die Strafanzeigen genommen werden, in dem vereinbart wurde, dass mit Polizei und Staatsanwaltschaft nicht kooperiert und auf mögliche Vorladungen nicht reagiert wird und dass es eine kollektive Aufarbeitung der Geschehnisse geben solle. Der Anwalt beantragte stellvertretend für einen Betroffenen Akteneinsicht. Die Rote Hilfe OG Kiel stellte sich und ihre Arbeit vor und wies auf die Möglichkeit hin, nach Ende der Verfahren Unterstützungsanträge bei der Roten Hilfe zu stellen. Auch Vertreter_innen der an der Aktion beteiligten Gruppen bekräftigten, dass die Betroffenen sowohl politisch als auch finanziell nicht alleine gelassen werden.

Im Mai flatterten schließlich die bereits erwarteten Vorladungen und Anhörungsbögen vom Kommissariat 5 (Staatsschutz) der Kieler Polizei ein. In den Briefen wurde den Betroffenen mitgeteilt, sie sollen als „Beschuldigte/r“ wegen des Vorwurfs eines „Hausfriedensbruchs“ (§ 123 StGB) am 21. März 2015 auf dem Gelände der Sparkassenarena angehört werden. Der ebenfalls eingekesselte Gründe Landtagsabgeordnete war aufgrund seiner Immunität nicht mehr davon betroffen. Abermals luden die Rote Hilfe und die Antifa zu einem Antirepressionstreffen ein. Im Juni 2015 sind dann weitere Vorladungen der Polizei bei verschiedenen Betroffenen eingetroffen, denen jetzt auch andere Vorwürfe als nur Hausfriedensbruch (u.a. „Vermummung“4, „Beleidigung“, „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ und „versuchte Körperverletzung“) gemacht wurden.

Einstellung #1

Knapp fünf Monate nach der Aktion wurde im Laufe des August dann erfreulicherweise bekannt, dass die Staatsanwaltschaft die Verfahren wegen „Hausfriedensbruch“ nach § 170 Abs. 2 StPO, also mangels Tatverdachts, eingestellt hat, da der Platz vor der Arena, obwohl er zum dortigen Privatgrundstück gehört, üblicherweise für Fußgänger nutzbar ist. Die Frage, ob das nicht-abgesperrte Areal vor der Sparkassenarena ein so genanntes „befriedetes Gebiet“ oder doch öffentlicher Raum ist, hätte als erstes in einer möglichen Verhandlung vom Gericht geklärt werden müssen. In den folgenden Monaten und Jahren hätte die Kieler Justiz eine Menge zu tun gehabt, da viele der betroffenen Antifaschist_innen bereit waren, ihre Verfahren vor Gericht auszutragen. Die Rote Hilfe Kiel wertete die Einstellung der Verfahren als Erfolg der organisierten und gemeinsamen Antirepressionsarbeit aller Betroffenen, da es der Polizei nicht gelungen sei, ihre Strategie der Einschüchterung zum Erfolg zu führen.5 Ende September wurde ebenfalls bereits ein in dem Zusammenhang stehendes Verfahren wegen „Widerstand“ gegen einen Genossen eingestellt.

Die spannende – bis dahin unbeantwortete – Frage blieb, wer am 21. März die Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellte: War es die AfD, oder doch die das Hausrecht besitzende Betreiber_innen-Gesellschaft der Sparkassenarena?

Da geht doch noch was – Anklage reloaded

Die Freude über die eingestellten Verfahren wegen Hausfriedensbruch währte jedoch nicht allzu lange: Ende August hatten 11 Menschen, die vorher wegen Hausfriedensbruch angeklagt waren, erneut Vorladungen bekommen – dieses mal mit dem Vorwurf des „Landfriedensbruchs“ (§ 125 StGB). Die Kieler Polizei und Staatsanwaltschaft schienen sich mit der Einstellung der Verfahren nicht zufriedengeben zu wollen. Des weiteren standen immer noch weitere Vorwürfe gegen einzelne Aktivist_innen im Raum. Die Rote Hilfe, die Antifa-Koordination und die SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) luden abermals zum nunmehr dritten großen Treffen ein, an dem wieder viele der (ehemals) Betroffenen und ein Anwalt teilnahmen.

Nach Abschluss der „Ermittlungen“ übergab die Polizei die Fälle im Dezember 2015 an die Kieler Staatsanwaltschaft. Diese wertete die Vorwürfe gegen die 11 Antifaschist_innen zwar nicht als Landfriedensbruch, jedoch als „Widerstand“, da sich die Betroffenen nicht einfach so von den eingesetzten Eutiner Polizist_innen haben schubsen und schlagen lassen, wie es offensichtlich von ihnen erwartet wurde. Als „Beweis“ diente das von der Polizei am 21. März angefertigte Videomaterial.

Mittlerweile war auch bekannt, dass die Anzeige wegen Hausfriedensbruch am 21.3. von der Betreiber_innen-Gesellschaft der Sparkassenarena gestellt wurde. Dies wurde auch vorher so von der Geschäftsführung mit der AfD für den Fall einer versuchten Blockade des Eingangs durch Antifaschist_innen abgesprochen. Die „Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel“ ist ein Zusammenschluss aus Provinzial Versicherungen, Kieler Nachrichten und Citti Großmarkt, den Eigentümern der Halle. Diese hatte mir ihrer bereitwilligen Kooperation mit der rassistischen Partei AfD somit für eine Repressionswelle gegen Kieler Antifaschist_innen gesorgt, anstatt sich, z.B. mit einer Absage der Veranstaltung, gegen die allgegenwärtige rassistische Stimmungsmache zu positionieren. Neben den laufenden Verfahren gab es auch noch mindestens eine nachträgliche Vorladung zur Polizei zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Einige dieser Verfahren wurden zu diesem Zeitpunkt, im Dezember 2015, zwar bereits eingestellt – teilweise gegen Auflagen – die anderen Verfahren liefen jedoch noch.

Einstellung #2 und #3

Am 7.3.2016 sollte dann ein erster Gerichtsprozess im Zusammenhang mit den Geschehnissen am 21. März 2015 stattfinden. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ (§113 Abs. 1 StGB) begangen zu haben, er hatte einen Strafbefehl über 900€ bekommen und dagegen Widerspruch eingelegt. Es hatten sich ca. 30 Unterstützer_innen des Betroffenen im Kieler Amtsgericht eingefunden, kurz darauf konnte der Genosse erfreulicherweise noch im Flur vor dem Saal verkünden, dass der Prozess nach einer Unterredung zwischen Anwalt und Gericht ohne Auflagen eingestellt wurde. Der Betroffene veröffentlichte im Nachgang seine Prozesserklärung, die er dort gehalten hätte, im Internet.6

Schlussendlich wurden im Oktober 2016 endlich auch die 11 von „Landfriedensbruch“ zu „Widerstand“ umgewandelten Verfahren durch die Staatsanwaltschaft wegen „geringer Schuld“ eingestellt, jeweils mit der Begründung, dass die Polizei zwar rechtmäßig gehandelt hätte, als sie die Demonstrant_innen gewaltsam abdrängte und einkesselte, aber die Widerstandshandlungen der Angeklagten am untersten Rand des strafbaren waren. Weitere einzelne Verfahren wegen „Widerstand“ wurde gegen Auflagen eingestellt.

Datenspeicherung bei LKA und BKA

Die von der Polizei am 21.3. aufgenommenen personenbezogenen Daten der 128 Betroffenen wurden sowohl beim Landeskriminalamt (LKA) als auch beim Bundeskriminalamt (BKA) gespeichert, allerdings (zumindest in einem durch einen Anwalt angefragten Fall) nicht in den so genannten „Informationssystemen“ der Behörden (den Datenbanken für z.B. „politisch motivierte Straftäter_innen“) sondern „nur“ zur Vorgangsverwaltung bzw. Dokumentation. In Schleswig-Holstein ist dies das Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) „@rtus“. Laut Auskunft des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) kann bei einem polizeilichen Einsatz, z.B. einer Verkehrskontrolle, nicht auf diese Daten zugegriffen werden. Ob dies für alle Betroffenen (insbesondere bei Menschen, die bereits andere Einträge haben) gilt, ist nicht bekannt. Über einen Rechtsanwalt konnte in einem Fall die Löschung der Daten beim BKA (in der bundesweiten Datenbank INPOL) erreicht werden.

Exkurs: Staatsanwalt Nowrousian

Dass die Kieler Repressionsorgane sich im Sommer 2015 nicht mit der Einstellung der Hausfriedensbruch-Verfahren zufrieden gaben und stattdessen dann gegen 11 Genoss_innen wegen Landfriedensbruch ermittelten, mag mehrere Gründe haben. Einer könnte sein, dass es den Behörden in Kiel auffällig selten gelingt, linke Aktivist_innen zu verurteilen, obwohl sie es auch hier häufig versuchen. Ein weiterer könnte in der Person des damals zuständigen Staatsanwaltes Nowrousian liegen. Nowrousian war bis Juli 2016 bei der Staatsanwaltschaft in Kiel und dort für die meisten „politischen“ Fälle – wie den vorliegenden – zuständig. In einem Artikel für „Die Kriminalpolizei. Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei“ legte Nowrousian im Juni 2016 eindeutig seine politischen Ansichten dar. Er ist der Meinung, Deutschland erlebe „in diesen Tagen Kriminalität, wie es sie in dieser Form noch nie gesehen“7 habe. Diese komme seiner Meinung nach vor allem von Täter_innen aus „muslimischen Parallelgesellschaften“, z.B. durch „Scharen junger Männer“, die Taten begingen, die „bisher nur aus der arabischen Welt [..], vor allem aus Ägypten“ bekannt seien. Er sieht Straßenzüge beherrscht von „libanesischen Familienclans“ und spricht von „Angstzonen in deutschen Großstädten“. Doch auch die „Linksextremisten“ stilisiert er zur großen Gefahr für die deutsche Wertegemeinschaft, die „sogenannte Antifa“, welche in „hohem Maße kampagnenfähig“ sei, habe einen „Großangriff auf die Demokratie“ begonnen. Die Rechtsextremisten natürlich auch, wie er kurz im Vorwort des zweiseitigen Artikels betont. Seine Lösungsvorschläge: Mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden, schärfere Gesetze, „offensive Videoüberwachung des öffentlichen Raums“ und bei Täter_innen mit Migrationshintergund die Möglichkeit einer leichteren Ausweisung, welche „nicht mehr an der Strafe, sondern am Schuldspruch festzumachen“ sei. Kiel hatte somit einen eindeutig auf (mindestens) AfD-Linie denkenden Staatsanwalt. Heute ist Nowrousian Professor für Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Münster.

Das Ende, nach 1 ½ Jahren…

Mit der Einstellung der Verfahren im Oktober 2016 neigt sich die Solidaritätsarbeit nach etwa 1 1/2 Jahren endlich dem Ende zu. Es war von an Anfang an klar, dass die Polizei mit der Einkesselung, ihrer Gewalt, Drohungen und Beleidigungen während des Kessels sowie der Ankündigung und dem Stellen von Anzeigen die 129 teils minderjährigen Antifaschist_innen einschüchtern wollte. Dies ist ihnen aufgrund der erfolgreich organisierten, spektrenübergreifenden Antirepressionsarbeit der an der Aktion beteiligten Gruppen und der Roten Hilfe Kiel nur spärlich gelungen. Es gab unseres Wissens nach keine Verurteilung und die allermeisten Ermittlungsverfahren wurden ohne Auflagen eingestellt. Einige der Betroffenen haben Unterstützungsanträge bei der Roten Hilfe gestellt, jedoch viel weniger, als zu Anfang zu befürchten war. Es hat sich gezeigt, dass eine Linke, die solidarisch zusammensteht, dieser Repression auch immer etwas entgegensetzen kann. Auch in diesem Fall zeigt sich, dass gemeinsames Vorgehen, konsequente Verweigerung der Kooperation und Aussageverweigerung bei Polizei und Staatsanwaltschaft die besten Erfolge bringt.

1http://www.antifa-kiel.org/index.php/aktuell/events/kiel-den-landesparteitag-der-afd-blockieren-sparkassen-arena.html

2http://www.kn-online.de/News/Aktuelle-Politik-Nachrichten/Nachrichten-Politik/Autonome-Antifa-will-AfD-Landesparteitag-stoeren-und-blockieren

3http://www.kn-online.de/News/Aktuelle-Politik-Nachrichten/Nachrichten-Politik/Kiel-AfD-Landesparteitag-unter-Polizeischutz

4Nach dem seit dem Juni 2016 geltenden neuen Versammlungsgesetz in Schleswig-Holstein gilt Vermummung nur noch als Ordnungswidrigkeit. Ein Betroffener zahlte in diesem Fall ein Bußgeld.

5http://rotehilfeogkiel.gaarden.net/nach-afd-blockade-in-kiel-verfahren-wegen-hausfriedensbruch-eingestellt/

6http://rotehilfeogkiel.gaarden.net/prozess-gegen-antifaschisten-wegen-afd-parteitag-blockade-eingestellt/

7Alle direkten und indirekten Zitate aus dem Artikel „Neue Risiken für den Rechtsstaat – Anmerkungen zum Stand der inneren Sicherheit in Deutschland“ – http://www.kriminalpolizei.de/ausgaben/2016/juni/detailansicht-juni/artikel/neue-risiken-fuer-den-rechtsstaat-anmerkungen-zum-stand-der-inneren-sicherheit-in-deutschland.html

kiel.rote-hilfe.de

1000 Teilnehmer*innen beim Women*s March am internationalen Frauen*kampftag in Kiel

Am Mittwoch, 8. März 2017 beteiligten sich am späten Nachmittag trotz regnerischen Wetters bis zu 1000 Menschen am Kieler Women*s March anlässlich des Internationalen Frauen*kampftags unter dem Motto „Internationale Solidarität statt Patriarchat und Nationalismus“ durch die Innenstadt. Im vorderen Bereich der Demo lief ein lautstarker FLTI*-only Block mit mehreren hundert Teilnehmerinnen*.

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In zahlreichen Redebeiträgen wurde bei der Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz, bei den Zwischenkundgebungen am Asmus-Bremer-Platz sowie am Dreiecksplatz und bei der Abschlusskundgebung vorm Kulturforum in der Andreas-Gayk-Straße sowie während der laufenden Demo von dem persönlichen und politischen Nahbereich bis zu den derzeitigen Entwicklungen auf globaler Ebene auf die unterschiedlichen Ausformungen patriarchaler Herrschaft aufmerksam gemacht und dagegen zur grenzenlosen Frauen*solidarität aufgerufen. Die Autonome Antifa-Koordination Kiel beteiligte sich gemeinsam mit dem Kurdistan-Solidaritätskomittee mit einem eigenen Aufruf und Redebeitrag unter der Überschrift „No Trump. No AfD. No Fascist Patriarchy!“ an der Demo. In diesen wurden die explizit anti-feministischen Agenden der im Zuge der andauernden kapitalistischen Krise weltweit im Aufwind befindlichen rechten, autoritären und fundamentalistischen Bewegungen benannt und zum Widerstand gegen den Rechtsruck in Deutschland und international aufgerufen.

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Die Demonstration war mit ihrer beeindruckenden Teilnehmer*innenzahl die mit Abstand größte Aktion zum 8. März in der Landeshauptstadt seit vielen Jahren. Sie wurde von einem breiten Bündnis engagierter Feminist*innen, linker Gruppen, Institutionen, Einrichtungen und Vereine organisiert und durchgeführt.


Fotos und Redebeiträge: frauenkampftagkiel.tumblr.com

Medien: KN (8.3.2017)

Erneuter Anquatschversuch durch Verfassungsschutz in Kiel

Am 24.1.17 kam es erneut zu einem Versuch der Kontaktaufnahme des Verfassungsschutzes bei einem Genossen in Kiel, nur knapp eine Woche nach einem anderen, erfolglosen Anquatschversuch.

Der Beamte suchte den Betroffenen Zuhause auf und wies sich mit einem Ausweis des Innenministeriums aus. Er stellte Fragen über verschiedene linke Strukturen, Vereine und Organisationen in Kiel und was der Genosse darüber wisse. Ebenso wurden, wie schon beim vorangegangenen Anquatschversuch, Fragen zu einem vermeintlichen Angriff auf einen Besucher einer AfD-Veranstaltung am 25.11.16 in Kiel gestellt.

Der Verfassungsschützer wurde als eher schlanke, männliche Person, Ende 40/Anfang 50, Halbglatze mit angegrauten Haar und ca. 1,75m groß beschrieben.

Wir bewerten auch diesen erneuten Anquatschversuch im Kontext bevorstehender Ereignisse wie dem Wahlkampf in Schleswig-Holstein und dem G20-Gipfel in Hamburg, wo es ebenfalls momentan verstärkt zu Anquatschversuchen bei linken Aktivist_innen kommt. Sie dienen dazu, Informationen über linke Strukturen zu sammeln und die Betroffenen und ihr Umfeld einzuschüchtern und von der Beteiligung an politischen Aktionen abzuhalten. Wir rufen weiterhin dazu auf, jeglichen Kontaktversuch der Ermittlungsbehörden und Geheimdienste sofort abzuwehren und zu veröffentlichen und die lokalen politischen Strukturen und Antirepressionsgruppen darüber zu informieren.

kiel.rote-hilfe.de

Es gibt kein ruhiges Hinterland – 400 Leute stören AfD in Aukrug

Kein Raum für die AfD in Kiel
Nachdem die Bundesvorsitzende der nationalistischen, rassistischen, sexistischen und chauvinistischen AfD am 02.03.2017 mit einem Auftritt in den Media Docks in Lübeck den Wahlkampf in Schleswig-Holstein offiziell eröffnete, wollte sie am Folgetag in der Landeshauptstadt Kiel auftreten. Das Kieler Schloss erteilte der AfD jedoch wegen Sicherheitsbedenken kurzfristig eine Absage. In der Hoffnung, größeren Antifa-Protesten zu entgehen und in der Not, dass sich offensichtlich nicht besonders viele Gastronom*innen darum rissen, Frauke Petry und Co. zu bewirten, wich die Partei in die Provinz aus. Der Wirt des Landgasthofs „“Tivoli“” in der 3000-Seelen-Gemeinde in Aukrug bei Neumünster, Sven Lohse, hielt es für nötig, den rassistischen Wahlkampf strukturell zu unterstützen und der AfD seine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Einschüchterungsversuche durch Medien und Polizei
Das sorgte jedoch für einigen Unmut im sonst so beschaulichen Dorf, empörte Einwohner*innen wandten sich an den Wirt und forderten ihn auf Rassist*innen keine Bühne zu bieten. Auch die Autonome Antifa Koordination Kiel sowie die Antifaschistische Aktion Neumünster kündigten an: „“We are everywhere”“, und versprachen, Frauke Petry auch in Aukrug einen lauten Empfang zu bescheren, was die Presse dazu veranlasste, den Protest schon im Vorfeld zu kriminalisieren und wieder einmal die AfD, die täglich aktiv gegen u.a. Geflüchtete, LGBTI*, Arbeitslose und Linke hetzt, als Opfer darzustellen. Die Medien des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag warnten vor ““Tumulten und Ausschreitunge“n” und berichteten von angeblichen ““massiven“” (Be-)Drohungen gegen den Wirt, der Zustand der Meinungsfreiheit und Sicherheitslage in Aukrug wurde durch ein Zitat von Lohse mit der in Kabul (!) verglichen, wobei die Gefahr, so legt die Zitatauswahl der shz nahe, nicht von den Taliban oder dem IS ausgehe, sondern von Antifaschist*innen.

Auch die Polizei schien fest entschlossen, einschüchternd aufzutreten: Sie kündigte an, mit „starken Kräften”“ vor Ort zu sein und fuhr schon Stunden vor dem Beginn der AfD-Veranstaltung ein großes Aufgebot auf, u.a. waren Polizeihunde und die für ihr aggressives Auftreten bekannten BfE-Einheiten im Einsatz.

“Ganz Aukrug hasst die AfD”
Weder diese unseriöse Berichterstattung, die auch darauf zielte, möglichst viele Menschen aus Aukrug selbst davon abzuhalten, sich an den Protesten zu beteiligen, noch die Drohkulisse der Polizei trugen allerdings Früchte. Denn neben den etwa 100 autonomen Antifas, die aus Kiel, Neumünster und anderen Städten Schleswig-Holsteins nach Aukrug gereist waren, versammelten sich gegen 18 Uhr etwa 150 Einwohner*innen des Dorfs an den von der Polizei aufgestellten Absperrgittern um das ““Tivoli“”, an dessen Haupteingang schon der Schriftzug ““FCKAFD“” in lila Lettern zu lesen war. Vor einem Discounter brachte eine Blaskapelle ihren Protest musikalisch auf die Straße, viele Menschen trugen selbst gemalte Schilder, an einer Brücke über die wichtigste Zufahrtsstraße begrüßte ein Transparent die AfDler schon vor der Ortsgrenze, auf der Kundgebung waren Schriftzüge wie ““Nationalismus ist keine Alternative“”, „“Ganz Aukrug hasst die AfD“” oder „“Es darf nur EINEN Petry geben“” (über einem Photo des Musikers Wolfgang Petry) zu sehen. Gegen 18.30 Uhr traf dann die bunte, etwa 100 Leute starke Demonstration – wohl die erste in der Dorfgeschichte – vor dem ““Tivoli”“ ein und wurde mit lautem Applaus begrüßt. Die couragierten Bürger*innen, die hinter einem Transparent mit der Aufschrift „“Aukrug bleibt bunt -– Freundeskreis der Aukruger Flüchtlinge“” die Hauptstraße entlang marschiert waren, hatten Trommelmusik und selbst geschriebene Lieder im Gepäck. Etwa zeitgleich traf ein weiterer, 50 Leute starker Demozug auf der anderen Seite des ““Tivoli”“ ein, so dass den Besuchern der AfD-Veranstaltung wie schon am Vortag in Lübeck, als 600 Leute auf der Straße waren, ein wahrer Spießrutenlauf bevorstand. Wie schon in der Hansestadt war es potentiellen Interessierten nicht möglich, sich die Wahlkampfveranstaltung von Frauke Petry spontan anzuschauen, da der Zutritt nur mit voriger schriftlicher Anmeldung und dem daraufhin ausgestellten Tickets möglich war, die die Polizei an einer Sicherheitsschleuse kontrollierte. Die Gegendemonstrierenden begleiteten die AfDler während dieser Prozedur und auf ihrem Gang zum Eingang des Landgasthofs mit lauten Pfiffen und Sprechchören.

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““Aukrug ist ein Dorf, wo ich hinziehen würde…” „
Es herrschte nichtsdestotrotz ausgelassene Stimmung, die Aukruger*innen hielten auf der Kundgebung einen Klönschnack mit Bekannten und diskutierten über die Zukunft des „“Tivoli”“ von Wirt Lohse („der ist erledigt“”), bei dem viele nun nicht mehr essen gehen wollen. Die sozialen Medien verneigten sich indes vor dem Dorf, von dem viele Internetnutzer*innen vorher noch nie gehört hatten. ““Stolz auf Aukrug. Ein ganzes Dorf gegen Fremdenhass”“ war auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu lesen, ein*e städtische*r Twitterer*in freute sich über die „“Landjugend mit Bauernslang, […] Holsten-Dosen und FCK AFD-Aufklebern auf der Jacke“ und resümierte: „“Was für ein geiles Dorf“”. Wer cool sein wolle, müsse zum ““#teamaukrug“” gehören. Wieder ein*e andere*r kommentierterte angesichts des Gegenwinds, den die AfD hier bekam: ““Aukrug ist ein Dorf, wo ich hinziehen würde”“.

Bewaffnete AfDler und Jagd auf Antifas
Keine Spur also von den vom shz angekündigten „“Molotov-Cocktails”“, genau so wenig wie von der angeblichen Drohung, “dass „der Saal gestürmt“ wird”. Berichtet wurde aber von einem Vorfall, bei dem zwei AfDler mit Teleskopschlagstöcken auf Antifaschist*innen losgegangen sind –- die Polizei intervenierte, ging allerdings nicht gegen die Rassisten vor, sondern machte in der Folge Jagd auf die Antifas. Behelmte und vermummte Einsatztrupps der BfE stürmten ohne Rücksicht auf Verluste durch die Gegend, Beamte rannten mit Polizeihunden ohne Maulkorb und Taschenlampen durch den Park auf der Rückseite des „“Tivoli”“. Nachdem es vorher schon zu Platzverweisen für 20-30 Linke gekommen war, nahm die Polizei nun scheinbar wahllos einen Gegendemonstranten fest und inhaftierte auch gleich drei zufällig in der Nähe Stehende. Aber auch diese Repressionsmaßnahmen konnten den Widerstand nicht brechen: Als die AfDler den Saal wieder verließen, wurden die Ausgänge der Sicherheitszone von Antifas blockiert, die Rassist*innen wurden in 10er Gruppen unter massivem Polizeischutz und unter lautem Gegenprotest zu ihren Autos geleitet.

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Wir können Frauke Petry und CO. garantieren, dass auch ihre zukünftigen Wahlkampfauftritte in Schleswig-Holstein – ob in den Städten oder der Provinz – nicht ohne erhebliche Einschränkungen stattfinden werden. Nationalismus ist keine Alternative – unsere Alternative heißt Solidarität!

Pressespiegel:

Artikel vom NDR und dem Holsteinischen Courier

Videos vom NDR und dem shz

Bildergalerie der Kieler Nachrichten, dem Hamburger Abendblatt und bei linksunten.indymedia.org.

Mehr Infos zu Aktionen gegen die AfD in Schleswig-Holstein unter sh.nika.mobi.

Petry-Veranstaltung in Kiel: Schloss macht Rückzieher – Antifa-Mobilisierung geht weiter!

Nachdem die Betreiber*innen des Kieler Schloss den AfD-Landesverband Schleswig-Holstein für Freitag kurzfristig wieder ausgeladen haben und dabei mehr der antifaschistischen Gegenmobilisierung als sich selbst ein Kompliment machten, indem sie „Sicherheitsbedenken“ statt einer politischen Distanzierung als Begründung anführten, mussten die ChauvinistInnen sich gezwungenermaßen kurzfristig auf die Suche nach Ersatzräumlichkeiten begeben. Ob sich wirklich weitere Raumbetreiber*innen aus Profitstreben, Ignoranz oder Sympathie die Finger an einer Kollaboration mit der AfD verbrennen wollen, ob diese sich wie gehabt in ihr Parteiloch am Walkerdamm zurückziehen werden, ob sie in eine andere Stadt ausweichen müssen oder ob ihr offizieller Wahlkampfauftakt mit Frauke Petry gänzlich ins Fördewasser fällt, werden interessierte Antifaschist*innen in den nächsten Tagen erfahren.


Klar ist, dass die Gegenmobilisierung aufrecht erhalten wird und am Freitag keine AfD-Veranstaltung in Kiel ungestört stattfinden wird. Alle mobilisierenden Gruppen, Bündnisse und Organisationen haben sich darauf geeinigt, am Freitag weiterhin um 17.30 Uhr an einem Ort X zu Gegenaktionen aufzurufen. Dieser wird in unmittelbarer Nähe des Veranstaltungsortes liegen und spätestens Donnerstagabend bekannt gegeben. So oder so bleibt der Freitagabend in den antifaschistischen Terminkalendern also ein Pflichttermin.


In Lübeck soll die Petry-Veranstaltung am Donnerstagabend dagegen wie geplant in den Media Docks auf der Wallhalbinsel stattfinden, deren Betreiber*innen sich der Forderung nach Wiederausladung der AfD verweigert hatten. Ein breites antifaschistisches Bündnis ruft deshalb ab 18 Uhr zu Gegenaktionen auf.


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Nach dem Messerangriff: Solidarität mit unseren Lübecker Genoss*innen!

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In der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2017 kam es in Lübeck nahe des Hauptbahnhofs zu einem Messerangriff durch einen Faschisten aus dem Umfeld der „Identitären Bewegung“ (IB) auf einen Antifaschisten. Der Genosse wurde dabei durch Schnitt- und Stichwunden am Hals und an der Schulter verletzt und musste stationär im Krankenhaus behandelt werden. Obwohl bei dem Angriff lebensgefährliche Verletzungen billigend in Kauf genommen wurden, überstand der Betroffene die Tat ohne bleibende physische Schäden.

Zuvor hatten der Angreifer und zwei weitere Männer in der Lübecker Innenstadt Propagandaaufkleber der neofaschistischen „Identitären Bewegung verbreitet. Antifaschist*innen hatten dies bemerkt, kurz bevor die Faschisten am ZOB in ein Taxi steigen wollten. Hier eskalierte die Situation, bei der sich der Messerangriff ereignete.

Mittlerweile konnten Antifaschist*innen als Täter den in Kiel lebenden Volker Zierke identifizieren. Der 1992 geborene und aus Bayern stammende Zierke ist in jüngerer Vergangenheit bereits als Autor in den militaristischen und neonazistischen Postillen des millionenschweren extrem rechten Verlegers Dietmar Munier aus Martensrade bei Lütjenburg in den Fokus von Antifaschist*innen gerückt. Erst Anfang dieses Jahres nahm er zudem an einem bundesweiten Treffen der IB in Thüringen teil.

Bei der IB handelt es sich um eine popkulturell aufgeladene Organisation innerhalb des Neo-Faschismus, die sich vom klassischen Neonazismus zwar abzugrenzen versucht, jedoch ebenfalls einen aggressiven völkischen Nationalismus und lediglich begrifflich kaschierten Rassismus vertritt, dem sie durch bemüht öffentlichwirksam inszenierte Aktionen Gehör zu verschaffen versucht. Das ursprünglich der Neuen Rechten Frankreichs entstammende Netzwerk ist mittlerweile auch in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Österreich, aber seit wenigen Jahren auch in Deutschland, aktiv. Im norddeutschen Raum stellt die IB ein noch sehr junges und auch am rechten Rand bisher eher randständiges Phänomen dar, dessen Anhänger sich nicht selten aus burschenschaftlichen Milieus rekrutieren.

Wenn Faschisten das Leben von einem unserer Genoss*innen aufs Spiel setzen, in der Hoffnung, ungestört ihre rassistische und nationalistische Hetze verbreiten zu können, müssen wir gemeinsam in aller Deutlichkeit klarmachen, dass sie damit keinen Erfolg haben werden. Im Gegenteil: Wir wissen, warum wir auch weiterhin alles daran setzen werden, dass die rechten MenschenhasserInnen egal welchen Anstrichs in unserer Nachbarkschaft auch weiterhin auf allen Ebenen den Widerstand zu spüren bekommen, der ihnen gebührt. Nicht zuletzt in Zeiten, in denen der Rassismus und der Chauvinismus von der Eckkneipe bis in die Regierungspaläste so unverhohlen ihre Schneise der sozialen Verwüstung schlagen, wie schon lange nicht mehr. Unsere Genoss*innen in Lübeck sollen dagegen wissen, dass sie in der jetzigen Situation nicht allein sind. Wir werden Euch überall dort, wo Ihr es wünscht, zur Seite stehen: Sei es, wenn es darum geht, das Vorgefallene aufzuarbeiten, sei es bei der Abwehr von Repression, sei es bei unseren unverzichtbaren Aktivitäten gegen faschistische Umtriebe aller Art oder sei es dabei, den in unserer Stadt lebenden „identitären“ Messerstecher mit seiner Tat nicht durchkommen zu lassen. All diesen Herausforderungen werden wir uns auch zukünftig kollektiv, städteübergreifend und mit langem Atem widmen. Alle Antifaschist*innen aus Kiel sind dazu aufgerufen, sich jetzt erst recht dieser Verantwortung zu stellen.

Trifft es Eine*n, trifft es Alle – den antifaschistischen Selbstschutz organisieren!

Kein Schritt zurück im Kampf gegen den Rechtsruck und seine ProtagonistInnen!