07.07.16
19:00
Transitflucht nach Schweden – der kurze Herbst der offenen Grenzen und Refugee-Solidarität in Göteborg
Donnerstag, 7. Juli 2016
19 Uhr Alte Meierei (Hornheimer Weg 2, Kiel)
Anschließend ab 21 Uhr: Konzert mit Protestera (Anarchopunk, Göteborg) und Heckler (Crustpunk, Basel)
Als im Spätsommer 2015 die europäischen Grenzen dem Druck hunderttausender Menschen, die sich auf der Flucht vor Krieg, Armut und Verfolgung in ihren Herkunftsländern befinden, nicht mehr Stand hielten, machten sich unzählige Menschen in hier bisher ungekannten Dimensionen auch auf den Weg nach Mittel- und Nordeuropa, um Schutz zu finden und ein neues Leben zu beginnen.
Anfang September machte sich dies auch in Kiel bemerkbar, als täglich große Gruppen flüchtender Menschen am Hauptbahnhof eintrafen, meist um ihre Reise mit der Fähre nach Schweden fortzusetzen. Insbesondere in den darauffolgenden knapp drei Monaten entwickelte sich aus bestehenden antirassistischen Strukturen und Unterstützungs-Netzwerken für Geflüchtete, eine vielseitig aktive Fluchthilfe für die Transit-Flüchtenden: Flüchtende wurden am Bahnhof empfangen und Verpflegung sowie Informationen bereit gestellt, Fährtickets wurden organisiert und finanziert, es wurden Notunterkünfte erkämpft und durch Aktionen auf die teils menschenunwürdigen Zustände, denen sich die betroffenen Menschen bei ihrem Aufenthalt in Kiel ausgesetzt sahen, sowie die rassistische Asypolitik aufmerksam gemacht. Hunderte Menschen unterschiedlicher Hintergründe waren an der Selbstorganisation der täglich geleisteten Arbeit beteiligt. Konnte die Bewegung zur Unterstützung von Transit-Refugees zunächst noch die Räume nutzen, die die völlig unvorbereiteten Stadtverantwortlichen fahrlässig offen gelassen hatten, wurde sie in den folgenden Wochen zunehmend aus vielen Bereichen zurückgedrängt. Spätestens Ende November kam die Fluchtoption, über Kiel nach Skandinavien zu gelangen, endgültig zum erliegen, als es verunmöglicht wurde, die STENA-Fähre nach Göteborg ohne Pass zu nutzen und Schweden seine Grenzen für Geflüchtete offiziell als geschlossen verkündete.
Viele Aktivist_innen haben in Kiel kleine Ausschnitte von den Schicksalen der Menschen auf der Flucht miterlebt. Die Reise war für die Betroffenen jedoch in der Regel nicht zu Ende. Wie die Entwicklung und Arbeit der Strukturen zur Unterstützung der Transit-Flüchtenden auf der anderen Seite der Fährverbindung, nämlich im schwedischen Göteborg, vonstatten ging, welche Erfolge sie erzielen konnten, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen hatten und wie sie ihre Arbeit nach der Grenzschließung fortgesetzt haben, werden dort involvierte Genoss_innen bei dieser Veranstaltung Revue passieren lassen. Es sollen Parallen und Unterschiede der Strategien und Dynamiken der Bewegung in beiden Städten abgeglichen werden, um Erfahrungen auszutauschen und für kommende Kämpfe gegen das europäische Grenzregime zu lernen.