22.09.17 - 24.09.17
17:00 - 14:00
GET ORGANIZED – Antifa-Wochenende 2017
Strategien und Antworten der radikalen Linken in Zeiten von Krise und Rechtsruck
Ein Wochenende lang Workshops, Vorträge, Diskussion, Vernetzung, Organisierung
Trumps Wahlsieg, Erdogans vertiefende Diktatur, die Wahlerfolge von UKIP, Front National und AFD, rassistische und faschistische Mobiliserungen und Gewalt auf der Straße. Jeden Tag neue Meldungen zu geflüchteten Menschen, die vor den Küsten Europas errtrinken oder in angeblich „sichere Herkunftsländer“ abgeschoben werden, Politiker*innen, die meinen es habe Polizeigewalt bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg nicht gegeben, linke Freiräume, die geräumt werden, wie erst vor ein paar Wochen die Friedel54 in Berlin oder eine Bundesregierung, die im europäischen Süden autoritäre Verelendungsprogramme durchsetzt.
PROGRAMM
(Ankündigunstexte hier)
17 – 18 Uhr
Begrüßung und Einführung18 Uhr
Vortrag „Faschismus als Versuch einer Krisenlösung – Erklärungsansätze einiger Faschismustheorien“mit Mathias WörschingIm Anschluss:
Antifa-Kneipe mit Revolution Rock [&] BierSAMSTAG / 23.09.2017
10 – 11 Uhr
Gemeinsames Frühstück11 – 12.30 Uhr Workshopphase I
Antifeminismus der (neuen) Rechten und Gegenstrategien mit f_antifa Brandenburg
Graffitiworkshop I
12.30 – 13.30 Uhr Mittagspause
13.30 – 15 Uhr Workshopphase II
Rechtsruck und Krise – Aufstieg und Inhalte (Neu-)Rechter Bewegungen und Parteien
Graffitiworkshop II
15 – 15.30 Uhr Kaffeepause
15.30 – 17 Uhr Workshopphase III
Flucht und Asyl im Kapitalismus mit Ehsan Abri
Computersicherheit
17 – 19 Uhr Pause und Abendessen
Mit Vorstellung lokaler politischer Strukturen in Kiel
19 Uhr
Vortrag “11 Thesen für eine grundlegende Neuausrichtung linksradikaler Politik – Kritik [&] Perspektiven um Organisierung und revolutionäre Praxis“ mit Gruppe kollektiv! aus BremenIm Anschluss:
Antifa-Lounge mit HipHopSONNTAG / 24.09.2017
10 – 11 Uhr Gemeinsames Frühstück
11 – 13 Uhr Workshopphase IV
Tipps und Tricks für Antifas
13 – 14.30 Uhr Abschlussplenum
Wir haben uns einiges vorgenommen: Einige Referent*innen und Workshopleiter*innen werden von Außerhalb nach Kiel kommen, es wird das ganze Wochenende für Essen etc. gesorgt sein und all das kostet natürlich nicht wenig Geld. Einen Teil der Kosten übernimmt die Rosa Luxemburg Stiftung SH. Zur weiteren Finanzierung möchten wir alle Teilnehmer*innen des Wochenendens um einen Unkostenbeitrag bitten – je nach Selbsteinschätzung in Höhe von 10 bis 30€. Den Beitrag könnt ihr ganz unkompliziert am Wochenende selbst bezahlen. Natürlich sind auch alle, die sich den Unkostenbeitrag nicht leisten können, trotzdem herzlich willkommen!
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Die Zeichen der Zeit erkennen – Strategien und Antworten der radikalen Linken in Zeiten von Krise und Rechtsruck
„Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren: Es ist die Zeit der Monster.“
Mit diesem Zitat beschrieb der marxistische Theoretiker Antonio Gramsci die politische Übergangsphase nach dem Ersten Weltkrieg. Es war die Zeit der Krisen, Kriege und Revolutionen. Mit dem Wahlsieg Trumps, der vertiefenden Diktatur Erdogans, den Wahlerfolgen von UKIP, Front National und AfD und den rassistischen und faschistischen Mobilisierungen auf der Straße, bekam dieses Zitat in den letzten zwei Jahren eine erschreckende Aktualität.
Der Aufstieg dieser rechten Internationale ist die reaktionäre Antwort auf eine jahrelang währende Krise des neoliberalen Spätkapitalismus. Wirtschaftskrisen, jahrelange Sparpolitik, sinkende Lebensstandards, zunehmende soziale Ungleichheit und miese Zukunftsaussichten machen immer mehr Leuten deutlich, dass das kapitalistische Glücksversprechen auch in den westlichen Metropolen längst nicht für alle Menschen reserviert ist. Der ideologische Lack des Neoliberalismus ist ab und damit die Hegemonie des politischen Systems und der etablierten Parteien, welche dieses verwalten, am bröckeln. Dies konnten offenkundig vor allem rechte Bewegungen für sich nutzen und einen autoritär-konservativen Festungskapitalismus – zurück zum Nationalstaat, Grenzen dicht und die klassische Familie als Kern der Gesellschaft – in Stellung bringen. Doch eine Kritik von rechts bedeutet keineswegs, dass die etablierten liberalen Parteien für eine fortschrittliche Politik stehen, sondern im Gegenteil sind es die großen Parteien, die einen Rassismus der Mitte institutionalisierten. So war es die angebliche Flüchtlingskanzlerin Angela Merkel, die das Recht auf Asyl in Deutschland de facto abschaffte und den menschenverachtenden Flüchtlingsdeal mit der Türkei aushandelte. Auch in Frankreich, Großbritannien und den USA stimmten die Regierenden in den letzten Jahren immer wieder in rassistische Diskurse und Politiken mit ein und an.
Doch in der verschärften Krise treten auch linke Optionen immer wieder zu Tage. Massenmobilisierungen gegen Spardiktate und Kürzungspolitiken in Spanien, Frankreich und Griechenland, gegen die Verschärfung des Abtreibungsgesetztes in Polen oder hundertausende Menschen die gegen die Amtseinführung Donald Trumps und dessen national-konservative Werte protestierten. Auch in Deutschland stellen sich immer wieder Leute den öffentlichen Auftritten der AfD entgegen und lassen diese eben nicht zu einer ganz normalen Partei werden. Die unzähligen Initiativen in Solidarität mit den Geflüchteten, die vor allem im langen Sommer der Migration im Jahr 2015 die Grenzzäune Europas überwinden konnten, sind Teil einer Alltagskultur geworden. Und nicht zuletzt beim G20 in Hamburg artikulierten zehntausende Leute ihre Ablehnung dieses gewalttätigen kapitalistischen Systems und seiner reaktionären Monster auf vielfältige und kratfvolle Art und Weise.
Fernab von solchen notwendigen Analysen und großen Erzählungen haben diese Entwicklungen natürlich konkrete Einflüsse auf unseren Alltag und unser politisches Handeln. Gerade eine antifaschistische und antirassistische Bewegung musste sich auf lokaler Ebene mit den rassistischen Mobilisierungen und Übergriffen auseinandersetzen bzw.versuchen diesen Einhalt zu gebieten. Kampagnen gegen die Verschärfungen des Asylrechts und Forderungen für eine Ausweitung des Bleiberechts und eine menschenwürdige Perspktive für Geflüchtete versuchten den Rechtsruck auf institutionaler Ebene entgegenzuwirken. Gleichzeitig intensiviert sich in der radikalen Linken eine Debatte zur Neuausrichtung der Politik, hin zu Basisorganisierung und relevanter Gesellschaftsverankerung mit der Frage nach wirklich möglichen Alternativen zu neoliberaler Vereinzelung und Kapitalismus.
Mit dem Antifa-Wochenende wollen wir den jeweiligen Entwicklungen sowohl praktisch als auch theoretisch Rechnung tragen. Wir wollen gemeinsam die politischen Zusammenhänge zwischen Krise und autoritärer Gesellschaftsformierung analysieren, wir wollen uns praktische Skills für die tägliche antifaschistische Arbeit beibringen und wir wollen auch über die Ausrichtung linksradikaler Politik diskutieren und gemeinsam mögliche Schlüsse für unsere antifaschistische Arbeit vor Ort ziehen.
Weitere Infos: antifawe.noblogs.org | www.altemeierei.de | sh.rosalux.de