09.11.19
13:00
Veranstaltungsort
Platz an der Volksbank
Solidarität mit den Betroffenen der Einschüchterungsversuche in Segeberg – Nazibanden zerschlagen!
Vor wenigen Monaten ist der vormals vor allem in Kassel aktive Segeberger Neonazi Bernd Tödter in seine Geburtsstadt zurückgekehrt. Der notorische Gewalttäter, der in seiner Jugend einen Obdachlosen zu Tode prügelte und seitdem wegen diverser Gewalttaten immer wieder in Haft landete, scharrt nun den selbsternannten „Aryan Circle“ (AC) um sich. Dieser als Nachfolgestruktur des verbotenen Netzwerks „Sturm 18“ zu wertenden Kameradschaft haben sich neben auf der Straße rekrutierten Jugendlichen auch die letzten Trümmer der organisierten Neonaziszene Schleswig-Holsteins angeschlossen. Unter Tödters 10-15 AnhängerInnen finden sich vormalige Aktive von „Neumünster wehrt sich“ oder „Nordic Division“ wie Marcel Steenbuck genauso wie das einstige „AG Kiel“-Mitglied Thomas Krüger. Die neu formierte Nazibande tritt seit mehreren Wochen aggressiv in der Öffentlichkeit auf, bedroht Nazigegner*innen, Linke, nicht-weiße Menschen und Geflüchtete. Dabei kam es auch zu körperlichen Angriffen. Ihr Aktionsradius beschränkte sich nicht nur auf Bad Segeberg.
Die Entstehung des „AC“ erinnert in ihrer Form an den kurzzeitigen Hype diverser neonazistischer „Aktionsgruppen“ in Schleswig-Holstein Ende der 2000er. Auch damals brauchte es mit Peter Borchert eine frisch aus dem Knast entlassene Führungsfigur, die die Autorität besaß, die desorganisierte Szene in kürzester Zeit zu einer auf den Straßen präsenten Schlägertruppe zu formen. Auch Tödter bringt mit, was eine Nazibande an Führungsqualitäten benötigt: Ein Netzwerk loyaler Personen, langjährige Szene-Zugehörigkeit und vor allem die Bereitschaft und Fähigkeit brutalste Gewalt auszuüben, nach innen wie nach außen. Der szeneintern nicht unumstrittene Tödter sollte dabei nicht als bundesweit bedeutender Nazi-Kader überhöht werden. Seine Verankerung im Kasseler Neonazi-Milieu, das tief in den „NSU“-Terror verwickelt gewesen ist und erst im Juni mit dem Mord an Walter Lübcke erneut zur tödlichen Tat schritt, muss alle Antifaschist*innen jedoch aufhorchen lassen.
Die erfreuliche Nachricht: Das Treiben des „Aryan Circle“ wird in Bad Segeberg und Umland nicht hingenommen, sondern ist direkt mit Widerspruch und Widerstand konfrontiert worden. Auch die mediale Öffentlichkeit nahm landesweit Notiz von den Geschehnissen, die Nazibande steht mittlerweile von vielen Seiten unter strenger Beobachtung. In der Gemeinde Sülfeld kam es am 26.10.2019 nach einem Nazi-Angriff zu einer beeindruckenden Anti-Nazi-Demonstration, als ein Spiel des lokalen Damen-Handball-Teams von 800 Menschen kurzerhand zu einem klaren Statement genutzt wurde, sich davon keinesfalls einschüchtern zu lassen. Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen der Einschüchterungsversuche und an der Seite aller Menschen, die sich den Dominanzphantasien der Neonazis in den Weg stellen!
Für den 9. November 2019, dem Gedenktag an die Reichspogromnacht 1938, als in Nazi-Deutschland aus Repression, Ausgrenzung und Schikane gegen Juden und Jüdinnen offene Gewalt, antisemitischer Terror und schließlich industrieller Massenmord wurden, ruft die Initiative „Segeberg bleibt bunt“ zu einer antifaschistischen Demo gegen die jüngsten Nazi-Umtriebe auf. Wir unterstützen diesen Aufruf. Denn die Erinnerung an das, wozu FaschistInnen und Nazis fähig sind, wenn man sie gewähren lässt, muss immer auch Verpflichtung sein, eine Wiederholung zu verhindern.
Tödters Nazibande entstehrt nicht zufällig genau jetzt. Der Versuch der Re-Organisierung der jahrelang desolaten Nazi-Szene im Norden und ihr offensives Auftreten werden bestärkt durch den bundesweiten Rechtsruck, der sich in den Wahlerfolgen der AfD, in rassistischen Mobilisierungen genauso wie in der alltäglichen rechten Gewalt ausdrückt. Diese Entwicklung gilt es in Schleswig-Holstein im Keim zu ersticken.
Kommt deshalb am Samstag nach Bad Segeberg, seid solidarisch und wachsam und schließt Euch mit uns der Anti-Nazi-Demo an!
Alle zusammen gegen Nazigewalt und Rechtsruck – den antifaschistischen Selbstschutz organisieren!
Erinnern heißt kämpfen – nie wieder Faschismus!
Samstag, 9.11.2019 | Antifaschistische Demonstration:
13 Uhr Platz vor der VR-Bank (Fußgängerzone) | Bad Segeberg
Gemeinsame Bahn-Anreise aus Kiel:
Treffen 11.45 Uhr HBF / Abfahrt 12.02 Uhr
Aufruf von Segeberg bleibt bunt:
Wir sind mehr – Segeberg bleibt bunt!
Rechtsterroristische Mordanschläge in Kassel und Halle, die Morde des NSU, Nazis in den Parlamenten, rechte Netzwerke in der Polizei und Bundeswehr! Der Rechtsruck in Europa ist auf dem Vormarsch. Antisemitismus, Homophobie, Frauenfeindlichkeit, Rassismus und auch Islamfeindlichkeit sind wieder salonfähig geworden! Andersdenkende werden offen eingeschüchtert oder angegriffen! Dies wird durch Hassreden rechter Parteien wie der AFD im öffentlichen Raum angeheizt. Sie ebnen den Weg für rechtes Gedankengut, das sich dann mit erschütternden Gewalttaten in der Mitte unserer Gesellschaft zeigt. Allein im Jahr 2018 wurden 20.431 rechtsmotivierte Straftaten in Deutschland registriert. Statistisch gesehen entspricht das etwa einer Tat alle 26 Minuten.
Auch in Bad Segeberg ist diese besorgniserregende Entwicklung zu spüren! Seit Anfang des Jahres ist ein bundesweit bekannter, wegen Totschlag und Vergewaltigung verurteilter Neonazi in der Stadt aktiv. Sein Name fällt auch im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Lübcke und dem NSU. Er versucht in Bad Segeberg das rechtsextreme Netzwerk „Aryan Circle Nord“ aufzubauen. Dort sind unter anderem Mitglieder der Organisation „Nordic Division“ aktiv, gegen die der Verfassungsschutz ermittelt.
Jugendliche werden gezielt auf ihrem Schulweg oder an öffentlichen Plätzen in Bad Segeberg angesprochen und für das Netzwerk rekrutiert.
Es kam bereits zu diversen verbalen Attacken und Einschüchterungsversuchen! Sie versuchen mit allen Mitteln Angst zu verbreiten: Angst davor, auf die Straße zu gehen, Angst davor, sich dem rechten Mob in den Weg zu stellen, Angst davor, eine offene, bunte und demokratische Zivilgesellschaft im Alltag zu leben. Auch die örtliche und überregionale Presse berichtete bereits vielfach über all diese Entwicklungen.
Doch wir fürchten uns nicht! Wir lassen uns nicht einschüchtern und bedrohen!
Wir sind mehr! Wir sind bunt! Und wir wollen es auch bleiben!
Lasst uns allen zeigen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben! Lasst uns jetzt die Chance ergreifen und klarstellen, dass Bad Segeberg eine bunte und demokratische Stadt bleibt, in der alle willkommen sind! Nazis und rechtes Gedankengut haben hier keinen Platz! Die Straßen gehören uns allen! Für ein solidarisches Miteinander! Wehret den Anfängen!
Kommt alle mit euren Freund*innen, Bekannten, Arbeitskolleg*innen, Kindern, Eltern und Großeltern zur Demo nach Bad Segeberg! Zeigt euren Protest bunt, laut, kreativ und kraftvoll!
Wir möchten alle Menschen aufrufen, auch an der Gedenkfeier für die Pogrome von 1938 teilzunehmen, die um 11 Uhr gegenüber vom Rathaus am Standort der ehemaligen Synagoge stattfindet!
Infos: www.segeberg-bleibt-bunt.org