Hintergrundartikel zu rassistischen Mobilisierungen und rechten ProtagonIstinnen in Schleswig-Holstein erschienen

In zwei kürzlich veröffentlichten Artikeln hat die Recherchegruppe “La Quimerarassistische Mobilisierungen in Schleswig-Holstein aufgearbeitet und dazugehörige ProtagonistInnen benannt.

Dabei kommt die Antifascist Watch-Group zu dem Ergebnis, dass sich in Schleswig-Holstein bislang keine Massenmobilisierung abzeichnet aber dennoch eine Konsolidierung der rechten Szene zu beobachten ist. So lassen der Hass, der Geflüchteten und ihren Unterstützer_Innen in den Kommentarspalten nicht nur rechter Medien entgegenschlägt, die anfängliche breite Hetze in Boostedt und nicht zuletzt mehrere Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte kaum einen Zweifel daran, dass das rassistische Potential auch in Schleswig-Holstein besteht. Zur Mobilisierung des braunen Mobs fehlt es vor allem an einer Organisation, eine Aufgabe, an der die NPD in letzten Jahren konsequent scheiterte. Allerdings könnte die Reorganisation etablierter und vor allem gut vernetzter Kader auch abseits der NPD diese Schwäche kompensieren.

Ein etwaige Plattform könnten beispielsweise die Strukturen rund um “Neumünster wehrt sich” bieten, eine Gruppe die im Oktober 2015 in sozialen Netzwerken gegründet wurde, mit dem erklärten Ziel öffentliche Aktionen in Neumünster abzuhalten. Zu den Betreibern der Gruppe gehören langjährige Neonazis wie Enrico Pridöhl und Manuel Fiebinger und der ersten öffentlichen Mobilisierung, im November letzten Jahres, folgten 80 RassistInnen. Neben bekannten NPD und JN-Kadern waren auch einige altbekannte Gesichter der schleswig-holsteinischen Neonaziszene anwesend, wie der ehemalige Kopf der „AG Eutin“ Sebastian Struve oder Alexander Kuhr aus Heide und Thomas Krüger aus Kiel. Der zweite Artikel stellt neben den genannten Akteuren auch noch weitere ProtagonistInnen von “Neumünster wehrt sich” vor.

Artikel „Rassistische Mobilisierungen in Schleswig-Holstein“

Artikel Ausgewählte Protagonist_innen von “Neumünster wehrt sich”

La Quimera – Antifascist Watch-Group SH

Thomas Wulff, Karl Richter und Jens Lütke (v.l.) bei der Kundgebung von „Neumünster wehrt sich“ am 16.01.2016

So this is the new year and I don`t feel any difference – Rassistische Aktivitäten in Schleswig-Holstein 2016

Mit den angekündigten Aktionen besorgter Neonazis in Boostedt und Neumünster begann das neue Jahr aus antifaschistischer Perspektive wie das alte endete. Durch erfolgreiche Mobilisierungen und eine klare Überzahl von Antifaschist_innen konnte sowohl die lächerliche Mini-Demonstration von Enrico Pridöhl durch Boostedt, welche mit einem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz durchgesetzt wurde, als auch die stationäre Kundgebung von „Neumünster wehrt sich“ isoliert und in Schach gehalten werden. Letztere machten im Nachklang ihrer Kundgebung vor allem durch das Verbreiten einer offensichtlichen Falschmeldung Schlagzeilen, wonach Antifaschist_innen am Neumünsteraner Bahnhof einen ihrer Anhänger erschlagen haben soll. In diesem Zuge wurden Ermittlungen wegen Vortäuschung einer Straftat eingeleitet, die sich nach Polizeiangaben auf Neonazikreise fokussieren.

„Neumünster wehrt sich“ kündigte wenige Tage nach der Kundgebung an einen Verein gründen zu wollen, um die organisatorischen Aufgaben für die nächsten Aktivitäten besser zu koordinieren und verteilen zu können. Zudem sollen Spenden für die Titanic gesammelt werden, dem etablierten Treffpunkt der rechten Szene in Neumünster wurde offensichtlich nach einer Umgestaltung ihrer Außenfassade im Vorfeld der rassistischen Kundgebung die Glasversicherung gekündigt.

Wie schon während ihrer Kundgebung angekündigt, ruft Neumünster wehrt sich aktuell dazu auf Ende Februar wieder auf die Straße zu gehen, der genaue Termin soll im Laufe der kommenden Woche veröffentlicht werden.

Währenddessen liefen die sozialen Netzwerke auch in Kiel wieder heiß, so tauchte mit den „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ der nächste Versuch einer rassistischen Facebook-Mobilisierung auf, nachdem die Anläufe der letzten Jahre in Form von „PEGIDA Kiel“ und „KIGIDA“ bereits scheiterten bevor sie überhaupt losgingen. In der Gruppe, moderiert über ein offensichtliches Fake-Profil unter dem Namen Erik Stark, wird zu einer Demonstration am Sonntag, den 28.02. aufgerufen, wobei sich dieser Termin laut eigenen Angaben noch ändern kann und nur bei entsprechenden Interesse überhaupt angemeldet wird. Auch wenn angekündigt wird, dass Neonazis, NPDler und Hooligans nicht auf der Demonstration willkommen sind, sprechen der Veranstaltungsaufruf und die Beiträge innerhalb der Gruppe eine klare Sprache. Der übliche Kanon von „kriminellen Migranten, dem importieren Frauenhass, Gutmenschen und der Überfremdung Deutschlands“ wird durch aus dem Zusammenhang gerissene Zeitungsartikel und der Berichterstattung unseriöser und rechter Publikationen wie der Jungen Freiheit oder dem Kopp-Verlag unterstrichen. Organisiert werden soll die Demonstration über eine geschlossene Facebook-Gruppe mit dem Titel „Kieler Patrioten Netzwerk“, in der unter anderem Michael Pagel, einer der Organisatoren von „Neumünster wehrt sich“ und Phillip Christ von der Hamburger Alternative für Deutschland (AfD) Mitglieder sind.

Im Gegensatz zur tölpelhaften Internetpräsenz von „Neumünster wehrt sich“, die vor allem aus pausenlosen spammen wirrer Artikel, Verschwörungstheorien und eigenen Kommentaren, welche selten über 100 Zeichen hinausgehen, besteht, wirkt dieser Auftritt etwas durchdachter: Mit dem gefakten Profil sollen etwaige Konsequenzen für die VeranstalterInnen vorgebeugt werden, die Ankündigungen sind auch mal länger als drei Zeilen, erfüllen orthographische Mindeststandards und die Hetze kommt nicht nur stumpf neonazistisch, sondern kulturalistisch verpackt. Sowohl vom inhaltlichen Grundtenor, Stil und Vorgehen ähneln die „Kieler Patrioten“ der „KIGIDA“-Mobilisierung aus dem letzten März, die hauptsächlich vom Politik-Studenten Robert Schmidt (1) initiiert wurde. Gerüchten zufolge soll Schmidt auch in der Organisation der jetzigen Demonstration involviert sein und ebenfalls unter einem Fakeprofil die Veranstaltung anfangs mitbetreut haben (2).

Das auch schon gegen die letzten Pegida-Versuche aktive, sozialdemokratisch geprägte #kielweltoffen-Netzwerk ruft bereits zu Gegenaktivitäten auf und wie schon bei den letzten Malen muss das Motto für Antifaschist_innen lauten: Kommt Pegida, ist die Antifa längst da! Achtet also in den nächsten Wochen auf aktuelle Ankündigung und haltet euch bereit um den „Kieler Patrioten“ eine klare Absage zu erteilen.

Wie schnell sich die rassistische Hetze aus dem Internet in konkrete Aktionen niederschlägt, ist in den letzten Wochen auch in Schleswig-Holstein wieder offensichtlich geworden.

In Brunsbüttel wurde am Abend des 16.01. Feuer im Eingangsbereich einer Wohnung gelegt, in der laut Polizeimeldung aus Syrien stammende Menschen wohnen. Am selben Abend hielten 15 Neonazis in Izehoe, keine 30 Kilometer von Brunsbüttel entfernt, eine Veranstaltung mit Bezug auf die alliierten Luftangriffe auf Magdeburg ab. Sie versammelten sich vor dem Rathaus, entzündeten dabei Grablichter und trugen Flaggen der „Jungen Nationaldemokraten“ (3). Am 20. Januar tauchten rassistisch motivierte Schmierereien an einer geplanten Flüchtlingsunterkunft im Lübecker Stadtteil Bornkamp auf (4). Am Wochenende darauf kam es sowohl in Flensburg als auch in Bad Oldesloe zu Demonstrationen gegen „sexuelle Gewalt durch Ausländer“. Dabei demonstrierten in Flensburg rund 50, vornehmlich aus der russischen Community stammende Menschen vor dem Rathaus, als Anlass wurden die mittlerweile als falsch bestätigten Gerüchte über eine Gruppenvergewaltigung durch Geflüchtete an einem Mädchen in Berlin genommen (5). In Bad Oldesloe demonstrierten 120 „besorgte Mitbürger“ gegen ein „Wegsehen von Regierung, Polizei und Medien bei Straftaten von Flüchtlingen“, am Wochenende davor soll es zu einem sexuellen Übergriff eines Flüchtlings auf eine 18jährige Frau in der Stadt gekommen sein (6).

Das bedrohliche Potential der rassistischen HetzerInnen offenbart sich damit auch in anderen Teilen des Landes, angetrieben durch irrationale Argumentationsmuster zwischen Verschwörungstheorien, gezielt gestreuten Gerüchten und dem kompletten Ignorieren von Fakten oder Hintergründen. Die Berichterstattung der Medien, ob im Nachgang zur Silvesternacht in Köln oder lokal z.B. durch die Kieler Nachrichten (KN) über die Konstruktion einer besonders hohen Flüchtlingskriminalität (7), passt sich dem rechten Diskurs an und die rassistische Hetze schwappt aus dem Web 2.0 auf die Straße über: Demonstrationen, Anschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte und rechte Bürgerwehren die sich in Selbstjustiz üben.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sowie den konkreten Ankündigungen von „Neumünster wehrt sich“ und den „Kieler Patrioten“ heißt es also auch in den kommenden Wochen volles Programm für Antifaschistinnen und Antifaschisten.

Keine Sicherheit für Patrioten – Kommt Pegida, ist die Antifa längst da!

Ob in Kiel, Neumünster oder sonstwo – die rechte Mobilmachung stoppen!

1) https://linksunten.indymedia.org/de/node/138829

2) http://blog.zeitlos.xyz/kieler-patrioten-planen-demonstration-fuer-freiheit-und-sicherheit/

3) http://quimera.noblogs.org/2016/brandanschlag-in-brunsbuttel/

4) http://www.ln-online.de/Lokales/Luebeck/St.-Juergen/Farbschmierereien-an-zukuenftigen-Wohncontainern

5) https://linksunten.indymedia.org/en/node/166595

6) http://www.shz.de/lokales/stormarner-tageblatt/zwischen-angst-und-hysterie-id12544436.html

7) http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/blog/Fragwuerdige-Debatte-um-Fluechtlingskriminalitaet,fluechtlingskriminalitaet100.html

An die Substanz presents: Rechte Infrastruktur in Neumünster – Mark Prochs Kneipen

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia Linksunten:

Bei der Wahl des Oberbürgermeisters von Neumünster gaben nur 2,6% der Wähler_Innen dem NPD-Kandidaten Mark Michael Proch ihre Stimme, selbst in der extrem rechten Szene der Stadt an der Schwale ist Proch alles andere als unumstritten – zu den Wahlkampfveranstaltungen musste er sogar Kräfte aus Nordfriesland, Ostholstein und Hamburg mobilisieren, um nicht alleine dazustehen. Angesichts von Prochs gewaltverherrlichenden und menschenverachtenden Äußerungen sowie seiner sonstigen Ausfälle haben einige seiner Mitmenschen die Zusammenarbeit mit ihm eingestellt, so reagierte auch sein damaliger beruflicher Auftraggeber mit Kündigung der Verträge. Nichtsdestotrotz kann sich Proch neben seinem Freundeskreis auf eine Infrastruktur verlassen, die ihm den Rücken stärkt – und die wir als Ergänzung zur Kampagne „An die Substanz“ aufdecken wollen.

Folge 2: Prochs Kneipen


Die Nazi-Kneipe „Titanic“ von Horst Micheel und Pascal Micheel wurde schon des öfteren vorgestellt. Weniger bekannt sind der antifaschistischen Öffentlichkeit „Unsere kleine Kneipe“ sowie der „Party-Time-Club-NMS“, die jeweils (anders als die Titanic, die trotz einiger Meinungsverschiedenheiten strukturell eng mit dem NPD Kreisverband verstrickt ist und bleibt) keine explizit extrem rechten Gaststätten darstellen und daher auch kaum von Linken wahrgenommen werden, dadurch aber Nazis wie Mark Proch die Möglichkeit bieten, ungestört zu feiern, Kontakte zu knüpfen, Freundschaften zu pflegen… und ganz nebenbei politisch zu agitieren. Dass die NPD diese Strategie fest im Blick hat, zeigt, dass bereits vor einigen Jahren der Posten „Kontakt zu den Freien Kräften“ im Kreisverband Segeberg-Neumünster mit Horst Micheel, dem Wirt der Titanic, und Michael Denz, der teilweise im „Club 88“ hinter dem Tresen stand, besetzt waren.

„Unsere kleine Kneipe“


Zunächst fiel der private Partykeller der Verlobten Gunnar Rix und Monika Bruhn nur dadurch auf, dass es Überschneidungen zur Kundschaft der Titanic gab (so stand anfangs in der „kleinen Kneipe“ oft Thorsten Lensch hinter dem Tresen, der in der Broschüre „Braune Fallen“ als Mitadministrator der inzwischen gelöschten Facebook-Gruppe der Titanic angeführt wird).

Titanic-Wirt Horst Micheel, dem die Popularität der Konkurrenz wohl schon auf die Nerven ging, erinnerte in einem schon fast verzweifelten Tonfall auf der von Gunnar Rix betriebenen Facebook-Seite daran, dass auch in seiner Kneipe Bier verkauft werde. Gunnars Rix Freundesliste auf Facebook umfasst inzwischen Neumünsteraner Nazis wie die Micheels, Wolfgang Endler, Rene Martens, Timo Bauhuber, Björn Callsen, Florian Boysen und Birger Clausen. NPD-„Ratsherr“ Mark Michael Proch und Sonja Proch sind Stammgäste, Sonja stand aber auch schon hinter dem Tresen der Kneipe. Zu vermuten ist, dass Horst Micheel, der sich im Clinch mit dem Kreisvorstand der extrem rechten Partei befand und seine Lokalität nicht mehr für NPD-Veranstaltungen zur Verfügung stellte, auch deshalb wieder davon abgerückt ist, weil die „kleine Kneipe“ der Titanic den Rang abzulaufen drohte. Fakt ist zumindest, dass die NPD sich am 20. September zur „Landesversammlung“ in der Kneipe in der Wippendorfstraße traf. Mit dabei war auch der stellvertrende Parteivorsitzende Stefan Köster, der 2004 auf eine am Boden liegende Antifaschistin eingetreten hatte und daher wegen „wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung“ verurteilt wurde. Fakt ist aber auch, dass Gunnar Rix und Monika Bruhn nicht nur den Nazis mit ihrer „Kneipe“ eine Ausweichmöglichkeit bieten, sondern sich auch selbst am 14.11.2015 am gescheiterten Aufmarschversuch der rassistischen Gruppe „Neumünster wehrt sich“ beteiligten und gegen Flüchtlinge hetzten.

„Party-Time-Club-NMS“


Recht unauffällig kommt der von Alexandra Schroeter betriebene Clubraum „Party-Time“ daher, der in der Wrangelstraße 34 im gleichen Gebäudekomplex wie die Nazi-Kampfsportschule „Athletik-Klub-Ultra“ um Tim Bartling und die Brüder Frank und Stefan Rickmann untergebracht ist. „Wir sind eine lustige Truppe die sich einen Party/Clubraum zugelegt hat.Wir veranstalten verschiedene kleine Events und Feiern und freuen uns immer über nette,neue Gäste.“ heißt es in der Gruppenbeschreibung. Die Betreiberin, die außer der üblichen Mordaufrufe gegen Pädosexuelle kaum politische Inhalte postet, aber mit Gunnar Rix und Monika Bruhn befreundet ist, freut sich anscheinend auch dann über Gäste, wenn diese ein menschenverachtendes Weltbild und eine stramme Naziideologie mitbringen. Neben Mark Michael Proch, der neben der Hetze gegen refugees im Alkoholkonsum und Partyleben ein zweites Hobby gefunden zu haben scheint, ist hier vor allem Andre Juditzki zu nennen. Juditzki, der wie Proch, Rix und Bruhn an der Rassist_Innen-Demonstration am 14.11.2015 teilnahm, fiel vorher besonders durch seine menschenverachtenden, aber orthographisch wenig überzeugenden Kommentare im Internet auf: Am 04. Juli wünschte er anlässlich eines tödlichen Badeunfalls eines Flüchtlings, dieses Schicksal möge alle ereilen („Sie müssen alle auf see“), am 10. Juli postete ein Kamerad auf Juditzkis Facebook-Seite zu einem Artikel über die überfüllte Erstaufnahmeeinrichtung in Neumünster: „Wirft eine Handgranate rein und schon ein paar weniger“. Am 20. Juli betonte er, stolz darauf zu sein, als „NAZI“ bezeichnet zu werden, am 28. August hetzte er gegen „Abgeficktes ausländer pack“.

Nota bene: Kein gutes Licht auf Manfred Riemkes organisatorische Fähigkeiten wirft die Tatsache, dass er trotz dieser breiten Infrastruktur, auf die sich Nazis in Neumünster verlassen können, nicht in der Lage war, eine Kneipe zu finden, in der sich sein inzwischen schon wieder aufgelöster „Bund für Deutschland“ treffen konnte.

Über die Kampagne „An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben“:
Verschiedene antifaschistische Gruppen rufen im Rahmen dieser Kampagne dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. Aktuelle Informationen zu der Kampagne gibt es regelmäßig auf dem Blog andiesubstanz.noblogs.org. Dort gibt es auch eine Übersicht über rechte Geschäftswelten in Kiel, Plön und Neumünster.


Artikel mit Bildern auf Indymedia Linksunten

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Rechte Tagung in Kiel

Am vergangenen Samstag, den 10.10.2015, haben Anhänger des Finanztheoretikers Silvio Gesell in Kiel eine rechte Tagung ausgerichtet. Veranstalter war der Verein „Regionalgeld“ unter der Führung des ehemaligen NPD-Kaders Frank Schepke, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein „Regionalgeld“ als alternative Währung in Schleswig-Holstein zu etablieren. Brisant an dieser Veranstaltung ist, dass auch der Gebietsrevisionist Walter T. Rix als Referent anwesend war.

Frank Schepke

Bereits vor zwei Jahren berichteten wir über Frank Schepke . Anlass war damals seine Kanditatur zur Bundestagswahl 2013. Schepke gehörte in den 60er Jahren zu den Führungskadern der niedersächsischen NPD. Seine Parteikarriere beendete Schepke nach eigener Aussage, als er merkte, dass die grasierende Inkompetenz der Kameraden die Umsetzung der „anfänglich […] idealistischen Zielsetzungen“ der Partei verhinderten.
Er wandte sich den Lehren Silvio Gesells zu, der als Erfinder der Freiwirtschaftslehre gilt. Vielfach wird den Theorien Gesells, die vor allem das Zinssystem als Übel ausmachen, ein struktureller Antisemitismus attestiert. Da überrascht es nicht, dass Schepke nicht der erste (Neo-)Nazi ist, der Gefallen an den Ideen Gesells findet. Schon in den 30er und 40er Jahren paktierten viele Anhänger des 1930 gestorbenen Gesells mit den Nationalsozialisten. Seit Anfang der 2000er propagiert Schepke mit mässigem Erfolg die Einführung eines Regionalgelds in Schleswig-Holstein. Zwar wird die alternative Währung mittlerweile landesweit in einigen Geschäften akzeptiert, die erhofften Folgen, die von Vollbeschäftigung bis hin zum „Frieden unter den Völkern“ reichen sollen, lassen dennoch auf sich warten.
Schepke ist Mitglied des Landesvorstands der Kleinstpartei „Humanwirtschaft“, die eine Einführung einer „Freiwirtschaft“ nach Gesell zum Ziel hat. 2010 wurde der Partei der Parteienstatus aberkannt. Seitdem trägt sie den Zusatz „e.V.“ im Namen. Auch in Schleswig-Holstein ist der Landesverband weitgehend inaktiv.
Schepke ist in den letzten Jahren nicht durch Kontakte ins rechte Milieu aufgefallen. Offenbar waren aber weniger inhaltliche Differenzen, sondern vielmehr taktische Erwägungen der Grund. Mit Walter T. Rix zählt nun ein prominenter neurechter Publizist zu den Rednern seiner Tagung und zeigt, wessen Geistes Kind Frank Schepke noch immer ist.


Walter T. Rix


Walter T. Rix

Auch über Walter T. Rix haben wir schon mehrfach berichtet. Rix ist ehemaliger Dozent der Literaturwissenschaften und Geschichte an der Universität Kiel und nimmt eine Schlüsselposition zwischen dem rechtskonservativen und einem offen neonazistischen Spektrum ein. Rix ist in verschiedenen Vertriebenenverbänden aktiv. Insbesondere im Umfeld der „Landsmannschaft Ostpreußen“ hat er sich engagiert. 2009 bekam er von dieser für seine „Verdienste“ für Ostpreußen das „Goldene Ehrenzeichen“ verliehen. Als Autor veröffentlichte er in verschiedenen rechten Publikationen, wie der „Nation [&] Europa“ (Vorläufer der „Zuerst“) oder dem rechtskonservativen Magazin „Criticón“. Rege Kontakte pflegt Rix aber auch zu einflussreichen Neonazis, wie beispielsweise dem Verleger Dietmar Munier, Inhaber des rechten Verlagshaus „Lesen [&] Schenken“ in Martensrade, der sich auch für die „deutsche Wiederbesiedlung“ ehemaliger deutscher Ostgebiete einsetzt. Rix wird vielfach als Referent geladen. Der rechte Think-Tank „Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft“ (SWG) aus Hamburg und der „Bund Junges Ostpreußen“ sind nur zwei Beispiele. Am Samstag hat Rix zum Thema „Silvio Gesell und die Räteregierung 1919 in München“ referiert.


Weitere Referent*Innen

Drei weitere Gäste waren angekündigt. Rainer H., Professor für Bodenkunde an der Kieler Universität hat über weltweite Bodenzerstörung referiert. Renate H. aus Narsingen wurde durch ihr Engagement gegen die Sekte Scientology bekannt und hat sich mitterweile dem Kampf gegen ein vermeintlich ungerechtes Gesundheitssystem verschrieben, was auch ihr Thema auf Schepkes Veranstaltung war. Hilmar J. aus Hochheim hat unlängst ein Buch veröffentlicht, dass über die „Abzocke“ der Sparkasse aufklären soll. Als einziger der drei letzteren Referent*Innen wieß sein Vortrag mit dem Titel „Sparkassen, Mythen und Silvio Gesell“ einen direkten Bezug zu Gesell auf.
Auch wenn diese Referente*Innen bislang keine Verbindungen in ein rechtskonservatives oder neonazistisches Milieu aufweisen, müssen sie sich doch die Frage gefallen lassen, warum sie sich mit Frank Schepke und Walter T. Rix einlassen.

Als Veranstaltungsort diente das „Haus des Sports“ im Winterbeker Weg in Kiel. Bereits mehrfach fanden in dessen Räumlichkeiten rechte Veranstaltung statt . Auch der Verein „Regionalgeld“ um Frank Schepke nutzt das Lokal regelmäßig. Neben der Veranstaltung am vergangenen Samstag ist hier übrigens auch ein „Teilnehmertreffen“ des Vereins am 02.11.2015 geplant.

CDU und SWG zusammen im “Kaiser Friedrich”

Eine unter dem bezeichnenden Namen “Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung” auftretende Untergliederung der Kieler CDU hat am Wochenende, zusammen mit der neurechten “Staats- und Wirtschaftpolitischen Gesellschaft” (SWG), eine Veranstaltung durchgeführt. Der Kieler Ableger der SWG um den ehemaligen CDU-Politiker und SWG-Vize Stephan Ehmke unterhält Kontakte ins Neonazi-Milieu. Am Wochenende fiel Ehmke dadurch auf, dass er Journalist_innen vor dem Lokal “Kaiser Friedrich” in Kiel beschimpfte. Das “Kaiser Friedrich” fungiert seit Jahren als Stammlokal der vermeintlich intellektuellen Rechten Kiels, einer kruden Melange aus CDU, SWG und Personen aus dem Umfeld der Neonazis Dietmar Munier und Henning Pless wie z.B. Walter Rix oder die Brüder Franz und Reinhard Uhle-Wettler.

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Als Redner fungierte am Wochenende der SWG-Vorsitzende Manfred Backerra. In der Vergangenheit haben CDU und SWG auch schon Veranstaltungen mit Walter Rix (erst jüngst aufgrund seiner vielfältigen Neonazi-Kontakte wieder aufgefallen) und Olaf Haselhorst (ein Angestellter Muniers) organisiert.

Die mediale Aufmerksamkeit auf die Verstrickungen der Kieler CDU brachte für die Parteiführung ein turbulentes Wochenende mit sich. Der Kieler CDU-Vorsitzende Thomas Stritzl brach seinen Urlaub ab, um erst halbherzige, dann deutlichere Distanzierungen verlautbaren zu lassen.

Presse: NDR, SHZ

quimera.noblogs.org

Lübeck: Brandanschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete

Der rassistische Normalzustand und seine immer aktionistischere Auslebung machen uns betroffen und wütend, auch wenn sie nicht von ungefähr kommen. In Zeiten, in denen sich ein Großteil der Bevölkerung von humanitären Gefühlen verabschiedet hat und der Tod von tausenden Menschen im Mittelmeer billigend in Kauf genommen wird, in Zeiten, in denen die NPD-Rhetorik der „Wirtschaftsflüchtlinge“ Einzug in den gesellschaftlichen Diskurs gefunden hat, ist ein solcher Anschlag nicht verwunderlich. Gerade in Lübeck trat in den letzten Wochen in der Debatte rund um die geplante Erstaufnahmeeinrichtung im Bornkamp immer deutlicher in Erscheinung, wie tief rassistische Ressentiments verwurzelt sind und wie unverhohlen dieser zur Stimmungsmache bedient wird. Bereits in den 90er Jahren wurde die Stadt Lübeck durch zwei Brandanschläge auf die Synagoge und den bis heute unaufgeklärten Brandanschlag auf die Unterkunft für Geflüchtete in der Hafenstraße mit zehn Toten und 38 zum Teil lebensbedrohlichen Verletzten zum Symbol antisemitischer und rassistischer Gewalt. Knapp 20 Jahre nach dem Brandanschlag in der Hafenstraße wird Lübeck durch den Brandanschlag im Stadtteil Kücknitz erneut Schauplatz rassistisch motivierter Taten.

Am 10. Dezember 2014 luden verschiedene Kücknitzer Vereine, Verbände, Institutionen und Parteien zur einer Informationsveranstaltung ins Kücknitzer Gemeindehaus ein, um über den Bau der geplanten Unterkunft für Geflüchtete zu informieren. Entgegen dem bundesweiten Trend verlief die Veranstaltung nach Bewertung von Lübecker Antifaschist_innen durchaus positiv. Keiner der bis auf den letzten Platz belegten anwesenden Kücknitzer Anwohner_innen bediente sich rassistischer Ressentiments oder äußerte sich kritisch oder abwertend gegen den Bau der Unterkunft. Vielmehr war es den Anwohner_innen ein Bedürfnis, sich aktiv in den Gestaltungsprozess zur Integration der Geflüchteten mit einzubringen. Listen für Unterstützer_innen wurden erstellt, ein Flipchart wurde eingerichtet, auf dem u.a. Fragen und Anregungen zur praktischen Unterstützung gesammelt wurden. Bereits einige Tage vor der Veranstaltung wurden Antifaschist_innen kontaktiert, um ggf. (organisierte) Neonazis von der Veranstaltung auszuschließen. Es ist den Veranstaltern ein dringendes Bedürfnis gewesen, Nazis keine Plattform zu geben und im Rahmen dieser Informationsveranstaltung ihren rassistischen Parolen und Gedankengut in Umlauf zu bringen und womöglich dafür zu sorgen, dass die Stimmung kippt. So wurde vor der Veranstaltung ein stadtbekannter Nazi, der im Umfeld der Lübecker NPD zu verorten ist, von Antifaschist_innen identifiziert und von der Veranstaltung ausgeschlossen.

Der abgewiesene, in Kücknitz lebende, 47-jährige Dirk Müller ist seit Jahren innerhalb der extremen Rechten in Erscheinung getreten und bekannt dafür, dass er die Auseinandersetzung und Konfrontation sucht. So beteiligte er sich beispielsweise am 08. Mai 2010 im Rahmen des „Ehrendienstes“ auf dem Lübecker Vorwerker Friedhof, um sich an Reinigungsarbeiten von Denkmälern deutscher Kriegstäter zu beteiligen, wozu bis heute regelmäßig extrem rechte Organisationen aufrufen. In Folge dieser Veranstaltung griff Müller mit weiteren Nazis anwesende Antifaschist_innen mit einer Gartenharke an, um diese zu verletzen. Der Angriff konnte abgewehrt werden. In Hinblick auf die immer kleiner werdende und unorganisierte Naziszene in Lübeck halten Antifaschist_innen es für wahrscheinlich, dass, wenn der Brandanschlag aus den Reihen der extrem rechten Szene in Lübeck verübt worden ist, der in Kücknitz lebende Müller Informationen über die Täter_innen besitzt und/oder über das Vorhaben im Vorfelde informiert war.

https://luebeck.systemausfall.org/wp-content/uploads/2015/07/Brandanschlag-K%C3%BCcknitz.jpg

Der NPD-Kreisverband Lübeck-Ostholstein, unter der Führung von Jörn Lemke, griff ein Tag nach der oben beschriebenen Informationsveranstaltung das Thema öffentlich auf. Unter der Überschrift „Neues Asylantenheim in Lübeck – Gutmenschen in Kücknitz freuen sich über weitere 100 Flüchtlinge“ schrieb Lemke im Artikel: „Nur die NPD leistet Widerstand gegen den ausufernden Asylantenzustrom“. Ob dieser hohlen Phrase Taten folgten, ist ungewiss, jedoch gilt der in der Naziszene umstrittene Lemke als Dirigent aktionistischen Handelns. So befehligte Lemke am 17. November 2013 einen Angriff auf Antifaschist_innen, welche die Anreise eines Vorabtreffpunktes von Nazis in Neumünster zum „Heldengedenken“ in Groß Kummerfeld dokumentierten.

Bereits im Jahr 2012 organisierte Lemke eine breit angelegte „Propaganda-Aktion“, um mit Flugblättern und mehreren tausend Aufklebern gegen eine entstehende Unterkunft für Geflüchtete im Lübecker Stadtteil Moisling zu hetzen. Durch kontinuierliche antifaschistische Aufklärungsarbeit konnte der Nazi-Propaganda damals wirksam entgegengetreten werden. Bis heute bedient sich Lemke des Konzepts der massiven Verteilung von Propagandamaterial. So wurde am 20. Juni 2015 auf der lokalen NPD-Website ein mit Lemkes Namen unterzeichneter Aufkleber beworben, der sich gegen die Unterbringungen von Geflüchteten richtet. Eben dieser Aufkleber wurde um und auf dem Gelände der Kücknitzer Unterbringung verklebt, auf dem Unbekannte neun Tage nach der Bewerbung des Propagandamaterials einen Brandanschlag verübten.

Am Montag machten sich Antifaschist_innen auf den Weg nach Kücknitz, um sich ein Bild vor Ort zu machen. In Dialogen mit Kücknitzer Anwohner_innen, die in direkter Nähe zur entstehenden Unterkunft leben, wurde tiefe Bestürzung zum verübten Brandanschlag deutlich. Bereits am Abend versammelten sich spontan über 100 Anwohner_innen zu einer Kundgebung in direkter Nähe zur Unterkunft, um sich solidarisch mit Geflüchteten zu zeigen und ihren Unmut und ihre Betroffenheit über den Brandanschlag zum Ausdruck zu bringen.

Wir als Antifaschist_innen sehen es als unsere Pflicht, uns in solche Vorgänge einzumischen und gewisse Entwicklungen zu kritisieren und zu verändern. Wir müssen Rassismus benennen, ihn aufzeigen und entschieden bekämpfen. Unser Anliegen muss sein, dafür zu sorgen, dass sich rassistische Brandanschläge nicht wiederholen. Mit Blick auf die aktuelle Situation in Deutschland scheinen wir dafür noch nicht die geeigneten Mittel gefunden zu haben. Trotz des Brandanschlags in Kücknitz halten Antifaschist_innen die Mehrheit der Kücknitzer Anwohner_innen für aufgeschlossen und solidarisch gegenüber Geflüchteten. Der Anteil an Kritiker_innen scheint gering zu sein. Doch solange Menschen rassistische Hetze betreiben, Wohnhäuser angreifen und anzünden, werden wir dagegen kämpfen, die Betroffenen unterstützen und den Täter_innen zeigen, was wir von ihnen halten. Solange Nazis und/oder Rassist_innen weiter stumpf rassistische Klischees bedienen, sich an der Hetze beteiligen und sich im Stillen über die Angriffe freuen, werden wir da sein und dagegen vorgehen und dem rassistischen Mob keine Gelegenheit geben sich zu formieren.

Solidarität auf die Straße tragen – Refugees Welcome.

Rassismus tötet – damals wie heute!


Antifaschistische Koordination Lübeck

Demo „Refugees Welcome – Gegen jeden Rassismus“ | Samstag, 11.07. | 14 Uhr | Bahnhof, Lübeck

Gemeinsame Zuganreise aus Kiel: Abfahrt 12.44 Uhr | Treffen um 12.30 an den Fahrkartenautomaten




Pressespiegel


Lübecker Nachrichten

29.06.2015 – Brandanschlag auf geplante Flüchtlingsunterkunft

29.06.2015 – Anwohner und Politiker verurteilen Brandanschlag

30.06.2015 – Albig verurteilt Anschlag auf Flüchtlingsunterkunft als feige und widerlich


HL live

29.06.2015 – Anschlag auf geplante Flüchtlingsunterkunft

29.06.2015 – Jusos entsetzt über Brandanschlag

29.06.2015 – Grüne: Anschlag rasch aufklären

29.06.2015 – CDU: Gemeinschaftsunterkunft ist richtig

29.06.2015 – SPD: Entsetzen über Brandanschlag

29.06.2015 – Pröpstin: Unsere Stadt bleibt weltoffen!


Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag

29.06.2015 – Lübeck-Kücknitz: Brandanschlag auf Asylbewerberheim-Baustelle

30.06.2015 – Torsten Albig: Anschlag in Lübeck ist „feige und widerlich“


taz

29.06.2015 – Flüchtlinge nicht willkommen


NDR

29.06.2015 – Brand in Lübecker Flüchtlingsunterkunft

30.06.2015 – Lübecker Brandanschlag: Belohnung für Hinweise


Hamburger Abendblatt

29.06.2015 – Anschlag auf Flüchtlingsheim – Stadt Lübeck verurteilt Tat

30.06.2015 – Albig: Anschlag auf Flüchtlingsunterkunft ist feige

Borchert bleibt frei, Hardt geht in die Verlängerung

Aufgrund mangelnder Beweise wurden Nils Hollm und Peter Borchert des Vorwurfs der Körperverletzung freigesprochen. Alexander Hardt, der bereits zu Anfang des Prozesses über seinem Anwalt Marquort ein Geständnis verlesen lies, wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt.

Knapp sechs Jahre liegt der Vorfall bereits zurück, als mehrere Personen in Kutten in die Kneipe „Titanic“ in Neumünster eindrangen um einen Dart-Wettbewerb zu überfallen. Das Ziel des Überfalls war die angereiste Gastmannschaft „DC Other Place“, benannt nach einer Hell’s Angels Kneipe. Laut der Aussage eines Zeugen sollte durch „Präsenz zeigen“ der Gebietsanspruch der Bandidos verteidigt werden.

Den drei Angeklagte Hardt, Holm und Borchert wird vorgeworfen, den Geschädigten aufgrund seiner Hells Angels Supporterkleidung, schwer körperlich verletzt zu haben. Dabei soll Borchert an der Tür Wache gestanden haben, während Hardt und Holm den Geschädigten mit seinem eigenen Gürtel verletzte.

Während Alexander Hardt durch sein Geständnis angab, die Tat alleine begangen zu haben, wurden die anderen beiden Angeklagte durch Horst Dieter Micheel, Wirt der Kneipe „Titanic“, und seinen Sohn Björn belastet, an der Tat beteiligt gewesen zu sein.

Seitens der Verteidigung wurden beide Zeugenaussagen wegen widersprüchlichen Angaben, in den Vernehmungsprotokollen und deren Aussagen vor Gericht, schwer in Zweifel gezogen.

Der Staatsanwalt rechtfertigte dies, dass deren Aussagen einem Entwicklungsprozess unterlaufen seien. Der Vorsitzende Richter sah das anders. Die Zeugenaussagen waren insgesamt nicht ausreichend um eine Mittäterschaft festzustellen. Beide wurden freigesprochen.

Für Hardt, der eigentlich Ende August aus der Haft entlassen werden sollte, verlängert sich sein Haftaufenthalt um acht Monate, weil ihm aufgrund der Verfahrensdauer vier Monate angerechnet werden. Nils Hollm beteuert weiterhin seinen Ausstieg und Peter Borchert, der bereits Mitte April aus der JVA Lübeck entlassen wurde, hat bereits seine Bandido-Kutte entstaubt. Diese unterlag allerdings einigen Änderungen. Aufgrund des Verbots der MC Bandidos Neumünster, posiert Borchert in einer Kutte des dänischen Ablegers in Padborg im Internet.

Begleitet wurde der Prozess von mehreren Zuhörern aus der Neonazis-Szene, sowie von Mitgliedern der Rockergruppierungen „Bandidos“ und deren Unterstützer „Chicanos“.

Peter Borchert kurz nach seiner Haftentlassung im April 2015

Quelle: Facebook


www.enoughisenough.eu

Schleswig-Holstein: Nazi-Infrastruktur aus der Deckung geholt

Wir dokumentieren einen Artikel von linksunten.indymedia.org

„In Schleswig-Holstein wurden vier rechte Geschäfte mittels Flyern in ihrer Nachbarschaft thematisiert. Schwerpunkt war Neonazi-Infrastruktur, der bis jetzt wenig oder gar keine öffentliche Aufmerksamkeit galt.

Getroffen hat es den „Norddeutschen Billardservice“ des Neonazis Lars Bergeest in Cismar, den Personal Trainer und Neonazi Tim Bartling in Neumünster, den „Support Wear“-Versand von Matthias Kussin in Kiel und den „Sturm18“-Versand von Marco und Yvonne Eckert in Grube.


Die Aktionen verstehen sich als solidarische Beiträge zur Kampagne An die Substanz. Weitere Informationen über die rechten Geschäfte sind den angehängten Flyern zu entnehmen.“


Weitere Infos: andiesubstanz.noblogs.org

Ungeklärt – Der erste Prozesstag gegen rassistischen Brandstifter von Escheburg

In der nächsten Woche erscheint ein umfassender Bericht zur Verhandlung über den Brandanschlag in Escheburg. Da das Bild in den hiesigen Medien zum Prozessauftakt etwas verzerrend wirkt, für uns einige Fragen ungeklärt sind und wir Kritik am Vorgehen der Justiz haben, gibt es vorab diesen Kommentar.

Der Prozess gegen den Finanzbeamten Kim Alexander Müller begann wenig überraschend mit einem Geständnis des Angeklagten. Es stimme, dass er die Tat aus dem Motiv heraus, dass die Geflüchteten vorerst nicht einziehen könnten, begangen habe. Dies sollte Zeit schaffen, bis ein Anwalt Verfahrensfehler gefunden hat, um den Einzug von Flüchtlingen in seine Nachbarschaft zu verhindern. Seinen ursprünglichen Plan, lediglich mit einem Hammer die Scheibe einzuschlagen, verwarf er, als er den Pinselverdünner und Streichhölzer entdeckte. Damit bewaffnet ging er ans Terrassenfenster, schlug dieses ein, kippte den Verdünner durch das Loch, warf den Kanister hinterher und entzündete die Flüssigkeit. Danach fuhr er wie selbstverständlich Einkaufen. Er nahm in Kauf, dass Handwerker_innen, die sich potentiell in dem Gebäude aufhalten könnten, ebenso wie Nachbar_innen durch die Brandlegung hätten verletzt werden können.

So klar und deutlich er zwar seine Tat beschreibt, ergeben sich bereits erste Fragen. Wieso rechnet ein studierter Finanzbeamter, der nicht gerade dumm wirkt, damit, dass ein paar Glasscherben im Innenraum des Wohnzimmers den Einzug von Flüchtlingen in das Gebäude mehrere Tage oder Wochen verhindern würden? Ist dieser Teil seines Geständnisses eine Schutzbehauptung, um den Vorsatz, eine geplante Tat, abzuwenden und das Strafmaß zu mildern?

Springen wir chronologisch noch einmal zurück. Am gleichen Tag der Tat stürmten einige Anwohner_innen das Büro der Verwaltungschefin, nachdem der stellvertretende Bürgermeister Escheburgs diese dazu aufhetzte, und setzen diese unter Druck. Die Situation eskalierte, einige äußerten Gewaltfantasien, um den Einzug zu verhindern. Wieder in der Siedlung angekommen, stellten sie fest, dass in beiden Doppelhaushälften der Einbruch versucht worden ist. Lediglich eine Nachbarin kam auf die Idee die Polizei zu verständigen, während der Rest sich im Garten des Hauses aufhielt. Während die Polizei auf dem Weg ist, klirren Fensterscheiben. Die äußere Scheibe der Doppelverglasung der Terrassentür, durch die Kim Alexander Müller später den Brand legen sollte, wird eingeschlagen. Interessanterweise will niemand der Anwesenden etwas mitbekommen haben, alle hätten sich angeblich bereits wieder vom Tatort entfernt, niemand wartete auf die Polizei und niemand ging in einer Nachbarschaft wo man sich doch sorgt und kümmert, nachsehen wenn man eine Scheibe klirren hört. Wer soll das glauben?

Während seiner Einlassungen bricht der Angeklagte mehrmals in Tränen aus. Er schäme sich für die Tat – schließlich ist er ein pflichtbewusster Beamter und gläubiger Christ. Die Folgen und Auswirkungen seines Handelns hätte er nicht abschätzen können. Damit meint er nicht etwa die Folgen für die Asylsuchenden, denen er den Wohnraum raubte und sie damit obdachlos machte, für die ehrenamtlichen Helfer_innen in Escheburg, für die seine Tat einem Schlag ins Gesicht gleichkommt oder die Bestätigungen aus der rechte Szene – nein, er meint die Folgen für sich und seine Familie. Dass er seinen Job verlieren wird, dass Eheprobleme entstanden, er Angst hatte, seitens den Nachbar_innen in Ungnade zu fallen (was im Übrigen nicht der Fall war, schließlich hat man ja nur etwas gegen kriminelle Ausländer und nicht gegen kriminelle Deutsche), Angst um seine kleine Tochter – das alles scheint im wichtiger, kein Zeichen einer Entschuldigung.

Aber er sei kein „Ausländerfeind“, die Tat war keine „ausländerfeindliche Tat“. Wer eine Flüchtlingsunterkunft anzündet aus einer diffusen Angst vor allem Fremden heraus, wer Angst um Gründstückspreise, die Dorfsicherheit und vor Vergewaltigungen hat, nur weil im Haus gegenüber ihm unbekannte Flüchtlinge einziehen, der ist für uns ein Ausländerfeind – ein Rassist.


Und dann war da noch der Anruf.

Eine wichtige Frage, die vor Gericht versucht wird zu klären, ist ob die Tat geplant worden war. Eine Zeugin möchte gehört haben, wie eine Anwohnerin gegenüber ihrem Mann nach der Tat am Telefon „so did … make it true“ gesagt haben soll. Dies spräche dafür, dass sich Nachbar_innen über die Tat im Klaren waren und möglicherweise die Tat gemeinsam planten. Sowohl die Anwohnerin als auch ihr Mann, der überraschend während der Vernehmung doch wieder die deutsche Sprache verstand, fühlten sich von den Fragen der Richter_innen genervt und als Opfer einer Hetzkampagne. Sowieso sei doch „die ganze Sache nicht so schlimm“, schließlich sei ja nur ein wenig Laminat angebrannt. Die wahren Opfer sind die Anwohner_innen, denn bis in den Nacht war alles von Baustrahlern erleuchtet, die viele Polizei und Presse belagerten den Ort. Eine Täter – Opfer – Umkehr wie sich im Buche steht.


Und die Polizei?

Dann war da noch der Beamte des in politischen Kreisen bereits bekannten Kommissariats 5 aus Lübeck. Der konnte sich nicht mehr erinnern, wann dem Angeklagten die Ergebnisse des DNA Abgleichs mitgeteilt worden sind. Möglicherweise geschah dies zwei Tage vor dem Haftantrag per Telefon. Er konnte sich auch nicht mehr daran erinnern, warum er den Angeklagten am Tag vor der Verhaftung abholte und vernahm oder was der Inhalt des Gespräches war.

Alles in allem sind wir äußerst enttäuscht vom bisherigen Verlauf. Brennende Fragen werden nicht geklärt, man scheint froh über das Geständnis, damit der Prozess schnell beendet ist. Schlüsselfiguren des Geschehen werden nicht vorgeladen (der stellvertretende Bürgermeister, Zimmermann vom K5, erneute Vorladung der Betroffenen bezüglich des Telefonats) und der Rassismus des Angeklagten und der Anwohner_innen („Bei uns hat niemand was gegen Ausländer, mein Mann ist selber Ausländer“) findet kaum Erwähnung im Prozess, Polizei und Justiz wirken dilettantisch.

Bericht des NDR

www.ahl-antifa.org

Sea Shepherd — Rassismus und Sozialdarwinismus im populären Meeresschutz

Vom 17. bis 27. April wird das Schiff „Brigitte Bardot“, welches Teil der Flotte von Sea Shepherd ist, in Kiel (Hörn/Querkai) anlegen, um für die kommenden Walschutzkampagne zu werben. Der Trimaran macht bei seiner Rundtour auch in Hamburg und Bremen halt. Nicht nur bei Fans vom FC St. Pauli sind Pullover mit Totenköpfen beliebt. Auch Anhänger*innen von Sea Shepherd, einer international agierenden Meeresschutzorganisation, tragen sie. Die selbsternannten „Meereshirten“ scheinen auch in der Linken beliebt, ihre Flyer liegen in Kneipen aus, Shirts und andere Utensilien werden auf Demos und Konzerten gesehen.

Paul Watson – „Ich tue was ich tue weil es das Richtige ist.“

Der Militärhistoriker, Kapitän und Leiter von Sea Shepherd Paul Watson, hat sein Leben dem Schutz der Meere verschrieben.„Ich tue, was ich tue, weil es das Richtige ist. Ich bin ein Krieger und es liegt in der Natur des Kriegers, gegen eine Übermacht zu kämpfen“, schrieb er 1994 in seiner Biografie. Bei Sea Shepherd ist der 1950 in Ontario geborene Watson omnipräsent. Er hat die Organisation 1977 gegründet und stand bis 2012 an ihrer Spitze.

Populationskontrollen als Mittel zur Rettung der Welt

Auch über das Leben auszerhalb der Meere macht sich Watson Gedanken. Ginge es nach ihm, sollten Städte von nicht mehr als 20 000 Menschen bewohnt werden und voneinander durch große Flächen Wildgebiet getrennt sein. In seiner Vorstellung soll die überbevölkerte Welt vom menschlichen Virus — er bemüht den Vergleich mit der Krankheit Krebs, spricht von Geschwüren und radikalen Therapien — befreit werden. So setzt er sich für eine Populationskontrolle ein, um die Menschheit radikal auf eine Milliarde Individuen zu minimieren. Nachwuchs sollen dann nur ausgewählte Menschen — diejenigen, die sich ihrer Verantwortung für das Wohlergehen der Welt und ihrer Bewohner*innen bewusst sind — bekommen dürfen.


Auch zu aktueller Migrationspolitik äußert sich Watson. Er bezeichnet Immigrations–Politik als Umwelt–Politik. So würde jede*r Immigrant*in, die*der aus einem ökonomisch schwächeren Teil der Welt in die USA käme, 19mal mehr Energie als in ihrem*seinem Herkunftsland verbrauchen. Deshalb fordert Watson eine Begrenzung der Einwanderung, um diesen„sinnlosen Konsum“zu unterbinden.

Brigitte Bardot — „Von einer Flut von Ausländern überrannt“

Diese rassistische Denkweise setzt sich bei der Namensgebung ihrer Schiffe fort. Die französische Schauspielerin und Sängerin Brigitte Bardot wurde nach ihrer Karriere in den 1960er Jahren als Tierschutzaktivistin und Symbolfigur der französischen Rechten bekannt. Seit den 1990ern steht sie der der extremen französischen Rechten um den Front National und seinem ehemaligen Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen nahe. 1998 erklärt sie in der rechten Monatszeitschrift „Nation [&] Europa“, dass sie sich„fremd im eigenen Land fühle“. In ihrem Buch „Ein Ruf aus der Stille“ beklagt sie, dass ihr Land„von einer Flut an Ausländern überrannt wird, vor allem Muslime“.


Bardot ist mit dem Front-National-Aktivisten und Rechtsanwalt Bernard d’Ormale liiert. Sie wurde ob ihrer rassistischen Äußerungen bereits mehrfach zu Geldstrafen verurteilt. Dieses Beispiel ist kein Einzelfall für die rassistischen Verstrickungen von Sea Shepherd.


Der 2007 verstorbene US-Republikaner Jack Metcalf war ein weiterer Verbündeter von Sea-Sheperd. Metcalf war Verfechter der White Supremacy und kämpfte gegen indigene Rechte und für eine rassistische Einwanderungs–Politik. Seiner Meinung nach seien Schwarze genetisch nicht in der Lage, sich selbst zu regieren. Sea Shepherd forderte seine Mitglieder auf, sich positiv auf die Politik Metcalfs zu beziehen.

Angriff auf Indigenas: „Save a Whale — Harpoon a Makah“

Auch eigene Aktionen bringen Sea Shepherd in Erklärungsnot. 1998 beteiligte sich die Organisation an einer Kampagne gegen die indigenen Makaha, die im Reservat Neah Bay im US-Bundesstaat Washington leben. 1995 erhielten die Makah die Genehmigung, eine geringe Anzahl Wale zum Eigenbedarf zu jagen. 1998 trat die Genehmigung in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt war Sea Shepherd mit mehreren Schiffen vor Ort. Von Land wie von Wasser wurden Bewohner*innen des Reservates bedrängt und beschimpft. Neben verbalen Angriffen, bei denen die Makah als „blöd/dumm geboren“, „faule/besoffene Indianer“ und „Wilde“ bezeichnet wurden, gab es auch körperliche Angriffe. Im Zuge der Kampagne gegen die Waljagd der Makah wurde ein Plakat mit der Aufschrift„Save a whale — Harpoon a Makah“gezeigt. Die Stimmung in der Bevölkerung schlug durch die Kampagne und mediale Präsenz von Sea Shepherd um — es mehrten sich Drohungen gegen indigene Personen, sie wurden in Geschäften nicht mehr bedient und in der Öffentlichkeit beschimpft.


Wale retten ist super — aber ohne Rassist*innen

All das passt natürlich nicht zu dem Bild, das Sea Shepherd sehr erfolgreich von sich zeichnet: Selbstlose Freiwillige retten rund um die Welt Wale, beschützen Robben und setzen sich für den Schutz der Meere ein. Sea Shepherd finanziert sich allein durch Spenden und dem Verkauf von eigenen Artikeln — die mit Anker und Totenkopf der aktuellen maritimen Mode entsprechen und dementsprechend viele Käufer*innen finden.


Wie immer gilt aber: Keine Zusammenarbeit mit Rassist*innen. Darum: Konfrontiert die Unterstützer*innen von Sea Shepherd mit den Hintergründen der Organisation, informiert Freund*innen. Schließlich sind gute Ziele nicht alles. Die nächste Möglichkeit dazu bietet sich von 17. bis 27. April in Kiel. Dort wird die „Brigitte Bardot“ in der Hörn am Querkai vor Anker liegen.