+++ Über 600 Antifaschist_innen auf bunter Demonstration gegen von Neonazis betriebenen Laden in Gaarden +++ Sonne, gute Laune, Antifa! +++ Viele kleine und große Solidaritätsbekundungen von Anwohner_innen +++ Polizei nervt mit Großaufgebot +++ Farbspritzer für Rollläden von „PLS-Werkzeuge“ +++
Am heutigen Samstag, 4. Mai 2013 demonstrierten über 600 Menschen gegen den seit Dezember 2012 von bekannten Neonazis, darunter Alexander Hardt aus Neumünster, betriebenen Laden „PLS-Werkzeuge“ am Vinetaplatz im Kieler Stadtteil Gaarden.
Unter dem Motto „Keine Geschäfte mit Neonazis – „PLS-Werkzeuge“ dichtmachen! Für einen solidarischen Stadtteil ohne Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus!“ versammelten sich zunächst etwa 300 Teilnehmer_innen der Demonstration, zu der das antifaschistische Bündnis Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus aufgerufen hatte, ab 13 Uhr auf dem Alfons-Jonas-Platz zur Auftaktkundgebung.
Hier sprach neben einem Vertreter des Runden Tischs der Intendant des Werftparktheaters, Norbert Aust, ein Grußwort. Anschließend drehte die Demo eine ausführliche Runde durch den Stadtteil, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, und wuchs beständig auf eine Teilnehmer_innenzahl von über 600 an. Am Bahide-Arslan-Platz sprach Cebel Kücükkaraca, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein, zu den rassistischen NSU-Morden und den fatalen Auswirkungen des ausgebliebenen Handelns staatlicher Behörden auf das Sicherheitsempfinden von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Ein weiterer Redebeitrag der SDAJ befasste sich mit dem Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus.
Während der Demo, die sich bei bestem Wetter und durchgängig begleitet von Lautsprecheransagen und Parolen gegen „PLS-Werkzeuge“ im Speziellen und Neonazis im Allgemeinen durchweg gutgelaunt ihren Weg durch die engen und belebten Straßen bahnte, wurde immer wieder mit Solidaritätsbekundungen von Anwohner_innen begrüßt. Beim Gang durch die Iltisstraße etwa donnerte links vom Dach ein ausgiebiges Feuerwerk, während rechts von einem Balkon, untermalt mit Konfettiregen, ein riesiges Transparent mit der Aufschrift „Gemeinsam gegen Bullenschikanen, Verelendungspolitik und Nazischweine! Für ein solidarisches und widerständisches Gaarden!“ präsentiert wurde. Lediglich die Polizei sorgte für Missmut: So brach sie ihre vorherige Ankündigung, sich im Hintergrund halten zu wollen und posierte immer wieder mit bewaffneten und vermummten Eingreiftrupps in Seitenstraßen.
Die Demonstration endete auf dem Vinetaplatz im Zentrum von Gaarden, wo auch das unerwünschte Ladengeschäft ansässig ist. Dieses hatte die Polizei zuvor mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen abgeschirmt. Nichtsdestotrotz gelang es Aktivist_innen, wenigsten ein bisschen Farbe der bunten Zusammenkunft auf die hässliche Fassade des mit Rollläden verschlossenen Ladens zu übertragen. Und auch hier kam es zu einer weiteren pyrotechnischen Dachaktion, zu der eine attraktive Antifa-Fahne geschwenkt wurde. Auf der Abschlusskundgebung wurde in Redebeiträgen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und Avantis vielfach auf die Gefahren eines von Neonazis betriebenen Ladens hingewiesen, auch wenn dieser zunächst nicht politisch nach außen wirkt. Betont wurde auch die Notwendigkeit von eigenständigem antifaschistischen Handeln im Alltag und die Verantwortung, die alle antifaschistisch gesinnten Anwohner_innen tragen, wenn es darum geht, die Etablierung von „PLS-Werkzeuge zu verhindern. Ein Gaardener Gewerkschafter und die DGB-Jugend beendeten mit ihren Beiträgen die etwa zweistündige Demonstration, während eine Sambagruppe noch eine Weile vorm Laden weiter trommelte.
Insgesamt hat die heutige Demo ihr Ziel erreicht: Mit 600 Teilnehmer_innen verschiedener politischer und sozialer Backgrounds, davon viele aus dem Stadtteil, konnte an zurückliegende antifaschistische Mobilisierungserfolge angeknüpft und mit großer positiver Resonanz klargestellt werden, dass Gaarden nach wie vor kein ruhiger Ort für Neonazis sein wird. Gleiches hatte bereits in der Nacht zuvor eine militante Aktion gegen das Auto des NPD-Noch-Ratsherren Hermann Gutsche verdeutlicht, der vor Kurzem in die Gaardener Blitzstraße gezogen ist. Es ist zu hoffen, dass der Schwung dieser Tage mindestens solange andauern wird, bis der Laden Alexander Hardts nicht mehr nur seine Rollläden, sondern auch seine Türen schließt – und das für immer!
Danke an alle, die diese Demo unterstützt und möglich gemacht haben!
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>> Presse: KN | rtn
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>> Redebeitrag Autonome Antifa-Koordination Kiel | Weitere Redebeiträge auf de.indymedia.org
>> Aufruf
NMS: Polizei eskaliert Refugess Revolution-Bustour
Während ihrer heutigen Station in Neumünster wurden die Aktivist_innen der bundesweiten Refugees Revolution-Bustour für die Abschaffung der Abschiebegesetze, die Schließung aller Flüchtlingslager und die Abschaffung der Residenzpflicht, die dieser Tage in zahlreichen deutschen Städten das Gespräch mit anderen Geflüchteten suchen und für die Großdemo am kommenden Samstag in Berlin mobilisieren, und ihre Unterstützer_innen wiederholt Ziel brutaler Polizeiübergriffe.
Anschließend entspannte sich die Situation zunächst und vor dem Lager konnten die etwa 50 Demonstrant_innen mit Parolen, Transparenten, Sambarhythmen und Durchsagen die Aufmerksamkeit der Bewohner_innen erregen, während die Delegation drinnen den direkten Kontakt mit ihnen herstellte. Einige der Lagerinsass_innen schlossen sich dem Protest an, die Stimmung war trotz niedriger Temperaturen und der Polizeischikanen ausgelassen.
Nach knapp einer Stunde jedoch, kurz nachdem die Delegation das Lager wieder verlassen hatte, begann ein minutenlanger Gewaltexzess durch die Polizei: Nachdem einige Aktivist_innen es gewagt hatten, den Bürgersteig zu verlassen und den Protest auf die Fahrbahn auszuweiten, griffen BFE-Schläger_innen diese umgehend mit Faustschlägen an und prügelten sie von der Straße. Als die Uniformierten anschließend versuchten, einen Refugee aus der Menge heraus zu zerren und festzunehmen, eskalierte die Situation völlig. Die Polizei traktierte die Aktivist_innen mit Schlägen, Tritten und Pfefferspray und schubste an allen Ecken Demonstrant_innen durch die Gegend. Insgesamt wurden während der Übergriffe mindestens vier Menschen verletzt, von denen einer ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und sechs Menschen unter dem Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen, unter ihnen sowohl Refugees, als auch Supporter. Alle anderen Aktivist_innen wurden zunächst des Platzes verwiesen, etwa ein Dutzend von ihnen, das sich nicht in der von der polizeilich erwünschten Eile vom Ort des Geschehens entfernte, dann allerdings eingekesselt. Weil sie die Ordnungswidrigkeit begangen hätten, an einer „nicht genehmigten“ Veranstaltung teilgenommen zu haben, wurden ihre Personalien festgestellt.
Leider passend zum Tag der politischen Gefangenen versammelten sich anschließend ab etwa 18 Uhr ein Großteil der Demonstrant_innen erneut, diesmal vorm 1. Neumünsteraner Polizeirevier, wohin die Gefangenen zwecks Verhör und erkennungsdienstlicher Behandlung gebracht worden waren. Eine spontan angemeldete Kundgebung wurde zunächst geduldet. Wiederum wurde lautstark globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen, wie auch die Freilassung der inhaftierten Genoss_innen gefordert. Gegen 19 Uhr, als bereits drei der Festgenommenen wieder entlassen waren, setzte die Polizei ein drittes Mal an diesem Tage auf Eskalation. Unter der Begründung, die Kundgebung sei nur für eine Stunde genehmigt worden, versuchte der Einsatzleiter eine Auflösung zu erzwingen und hielt seine Truppe nach ausbleibendem Erfolg an, zwei Transparente zu entwenden. Nur wenige Minuten später jedoch waren ohnehin alle Gefangenen wieder draußen und die Kundgebung löste sich selbst auf. Ihre Teilnehmer_innen begaben sich mehrheitlich in die AJZ in der Neumünsteraner Innenstadt, wo abends ein gemeinsames Essen sowie eine Infoveranstaltung der Refugees Revolution stattfand. Auch diese wurde von Polizist_innen überwacht.
Insgesamt war der Verlauf des heutigen Tages ein trauriges Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn Unterdrückte und Ausgegrenzte beginnen, ihre Situation nicht widerspruchslos zu erdulden oder um ihre Rechte nur zu betteln, sondern anfangen, selbstbewusst um diese zu kämpfen, sich organisieren und dabei nicht bei den Hüter_innen von Gesetz und Ordnung um Erlaubnis fragen: Auch entgegen jeglicher realistischer Bedrohungslagen wird ihnen mit brutalsten Mitteln immer wieder demonstriert, bei wem das Gewaltmonopol liegt und nach wessen Pfeife zu tanzen ist. Dass die Repression ihre Zielsetzung im Falle der Refugee-Bustour erfreulicherweise zu verfehlen scheint, zeigt, dass auch vorherige Angriffe auf die Aktivist_innen wie in Köln oder Karlsruhe sie nicht an einer Fortsetzung hindern konnten und auch die heutigen Ereignisse ihre kämpferische Haltung nicht zu brechen wussten.
Für morgen ist um 10 Uhr eine öffentliche Pressekonferenz in der Hansa48 in Kiel geplant, am Samstag startet um 14 Uhr die große Refugees Revolution-Demonstration auf dem Oranienplatz in Berlin.
Statement der Bustour (english/deutsch) | Artikel im Holsteiner Courier
Verteilaktion gegen „PLS-Werkzeuge“ in Gaarden
Am Samstagmittag des 16. März 2013 verteilten Antifaschist_innen im Kieler Stadtteil Gaarden auf und im Umkreis des Vinetaplatzes Flugblätter, die auf die Neonazi-Hintergründe der Betreiber des im Dezember letzten Jahres am Vinetaplatz 3 eröffneten Ladens „PLS-Werkzeuge“ hinweisen und seine Schließung fordern.
Das im vergangenen Winter unter dem rassistischen Firmennamen „PLS“ (Polenschlüssel) eröffnete Geschäft, in dessen Strukturen unter anderem die Neonazis Alexander Hardt, Lars Bergeest und Peter Borchert involviert sind, wirbt vordergründig damit, ein “An- und Verkauf” zu sein und Schlüssel und Gravuren zu vertreiben. „Wie ein tieferer Blick in das Sortiment bestätigt, handelt es sich dabei hauptsächlich um Einbruchswerkzeug und Bewaffnung. Aus antifaschistischer Perspektive verdächtig erscheint, dass die Betreiber des Ladens, soweit sie bekannt sind, sämtlich einer Melange aus militanter Neonazi-Szene und Rocker-Gruppierungen zugehören.“ (La Quimera)
Bei zahlreichen Gesprächen mit Anwohner_innen, die sich während der Verteilaktion ergaben, wurde deutlich, dass die neonazistischen Hintergründe der Ladenbetreiber schon vor der heutigen Aktion im Stadtteil Gesprächsthema war. Die vorausgegangenen antifaschistischen Interventionen, wie das Verkleben von Outingplakaten, ein nächtlicher Farbangriff auf die Fassade der Geschäftsräume sowie die mediale Berichterstattung über „PLS-Werkzeuge“ haben bereits mächtig Staub aufgewirbelt. In der immer wieder aufkommenden Frage nach dem weiteren Umgang mit dem Geschäftes waren sich viele Bewohner_innen mit den Verteilenden einig: Der Laden muss dicht gemacht werden!
Verlief diesr Nachmittag ansonsten störungsfrei, mussten sich einige Verteiler_innen gegen Ende der Aktion noch mit einem übertriebenen Aufgebot herbeieilender Cops auseinandersetzen, die einige Personalienkontrollen vornahmen. Erneut wurde die repressive Polizei-Praxis der „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ mit der permanenten Erklärung des Vinetaplatzes und anderer Teile Gaardens als sogenanntes Gefahrengebiet begründet. Der ungebetene Besuch in Uniform konnte aber großteils rechts liegen gelassen werden und auch die letzten Flugblätter noch unter die Besucher_innen des Wochenmarkts gebracht werden.
Die positive Resonanz auf die Verteilaktion verdeutlicht, dass sehr viele Gaardener Anwohner_innen eine Etablierung des von Neonazis betriebenen Ladens in ihrer Nachbarschaft ablehnen und gegenüber Folgeaktionen aufgeschlossen sind. In diesem Zusammenhang sei auf die laufenden Planungen von weiteren Schritten der antifaschistischen Intervention gegen „PLS-Werkzeuge“ hingewiesen.
NPD-Kreisvorsitzender Daniel Nordhorn in Laboe geoutet
NMS: Mal wieder ein Satz mit X für die NPD…
Etwa 10 Neonazis, darunter ein kleiner Haufen Nazis aus Kiel, sind am 16.2.13 der Einladung der NPD Segeberg-Neumünster gefolgt und sich auf dem Kantplatz in Neumünster eingefunden. Viel Spaß dürfte ihnen dieser dreistündige Auftritt allerdings nicht gemacht haben.
Etwa 60 Antifaschist_innen protestierten gegen die NPD-Kundgebung. Einen kurzen Artikel Neumünsteraner Antifas inklusive Fotos der teilnehmenden Neonazis gibt es auf linksunten.indymedia.org.
Plakataktion gegen „PLS-Werkzeuge“ und Polizeihysterie in Gaarden
Am Sonntagabend wurden im Kieler Stadtteil Gaarden im Umkreis des Vinetaplatzes zahlreiche Plakate in deutscher und türkischer Sprache verklebt, die auf die Neonazi-Hintergründe der Betreiber des im Dezember letzten Jahres am Vinetaplatz 3 eröffneten Ladens „PLS-Werkzeuge“ hinweisen und seine Schließung fordern.
Antifaschist_innen hatten im Januar die Verwicklung der drei seit Jahren in der schleswig-holsteinischen Neonazi-Szene aktiven Männer Lars Bergeest, Peter Borchert und Alexander Hardt mit dem Geschäft öffentlich gemacht, das vor allem mit Einbruchswerkzeug handelt. Letztere treten seit einiger Zeit zudem als Mitglieder der Rockergang „Bandidos“ in Erscheinung. Die Internet-Veröffentlichung zog großen Widerhall in der regionalen Medienlandschaft nach sich und weckte auch Unmut über die neuen Neonazi-Nachbarn im Stadtteil, der sich in der Nacht zum 24. Januar in einem Farbangriff auf ein Schaufenster von „PLS-Werkzeuge“ erstmalig entladen hatte.
Vor allem die Angst vor weiteren Aktionen gegen den Laden war es wohl auch, die die Gaardener Polizei an diesem sonst eher ruhigen Sonntagabend in Panik versetzte. Ab etwa 23 Uhr konnte man rund um den Vinetaplatz den mutmaßlich voll ausgeschöpften Fuhrpark der Stadtteil-Wache kreuz und quer durch die Straßen kurven sehen, offenbar auf der Suche nach den Kleber_innen der antifaschistischen Plakate. Ohne Erfolg: Plakatierer_innen trafen die Besatzungen der mindestens fünf Streifenwagen nirgends an. Stattdessen waren verstärkt willkürliche Kontrollen von Passant_innen zu beobachten, die teils bizarre Züge annahmen. So wurden ohne jeglichen ersichtlichen Grund drei Anwohner_innen vor einem Imbiss am Vinetaplatz von insgesamt drei Wagenladungen Polizist_innen umstellt, kontrolliert und durchsucht. Ähnliches ereignete sich in zeitlicher Nähe gleich an mehreren Ecken des engmaschigen Fahndungsgebiets. Diese repressive Polizei-Praxis der „verdachtsunabhängigen Kontrollen“, die sich mit der dauerhaften Erklärung ganzer Straßenzüge zum sogenannten Gefahrengebiet durch die politisch Verantwortlichen rechtfertigt, müssen Bewohner_innen Gaardens alltäglich erleiden und brechen der hemmungslosen Schikane gegen alle der Polizei unliebsam erscheinenden Personen Bahn.
Für Gegner_innen des von Neonazis betriebenen Geschäfts im Gaardener Zentrum macht die Hysterie zu später Stunde am vergangenen Sonntag vor allem Zweierlei deutlich: Die Polizei hat ihr verstärktes Augenmerk auf sämtliche Bewegung rund um „PLS-Werkzeuge“ und stellt auch kurzfristig große Kapazitäten bereit, um antifaschistische Interventionen zu unterbinden. Dass sie bei ihrer übermotivierten Suche nach Plakatierer_innen trotzdem erfolglos blieb und an den Wänden in Gaarden nun vielfach zum Handeln gegen den Laden aufgerufen wird, zeigt, dass es mit etwas Umsicht und Geschick dennoch möglich ist, gegen die unerwünschten neuen Nachbarn aktiv zu werden. Dies sollte auch in Zukunft weiter geschehen um eine stille Etablierung von „PLS-Werkzeuge“ zu verhindern.
Hintergründe:
La Quimera | NDR-Beitrag | Pressespiegel
Antifaschistischer Protest gegen NPD-Infostand in Bad Segeberg
Wir dokumentieren einen Bericht Segeberger Antifaschist_innen:
Am 15.12.2012 fand erneut ein “Infostand“ des NPD Kreisverbandes Segeberg-Neumünster auf dem Segeberger Marktplatz statt. Bereits das dritte Mal in zwei Jahren gab es in der Kreisstadt eine Infoveranstaltung der Nationaldemokratischen Partei Deutschland. Angemeldet war der Stand vom NPD-Kreisverbandsvorsitzenden Daniel Nordhorn, welcher mit 4 anderen Neonazis gegen 10.00 Uhr anreiste.
In vorweihnachtlicher Kleinstadtidylle bauten die Neonazis, unter anderem auch Andreas Knüppel, ihren Stand am Rande des Segeberger Marktplatzes auf, während die meisten PassantInnen weiter gemütlich Glühwein tranken und Ihre Einkäufe erledigten. Nach einer kurzen Standverschönerung durch angereiste Antifaschistinnen und Antifaschisten, sowie Jugendlichen aus der Stadt, setzten die Bad Segeberger Dorfpolizisten Pfefferspray und Fäuste ein um die Rassisten zu schützen und forderten daraufhin Verstärkung von außerhalb an.
Der NPD Kreisverband Bad Segeberg-Neumünster ist einer der stärksten Verbände in Schleswig-Holstein. Nachdem die Nazis in den letzten 19 Wochen über 17 (!) ungestörte „Infostände“ in den umliegenden Dörfern abhielten, trafen sie in Bad Segeberg endlich auf Protest und Widerstand. Etwa 30 Antifaschistinnen und Antifaschisten sorgten lautstark für Störungen und verhinderten durch Ihre Präsenz das Verteilen von NPD Wahlkampfscheiße und Kontakte bzw. “Kommunikation“ zwischen Nazis und den Besucher_innen des Marktes.
Daniel Nordhorn bekam während des Standes, welcher von 10.00 bis 13.00 Uhr angemeldet war, Unterstützung von jüngeren ortansässigen Neonazis, so dass sich die Zahl der Standteilnehmer schließlich auf 9 Personen erhöhte.
Die Ignoranz der Bürger_innen, der Schutz der Polizei, sowie die Abwesenheit örtlicher Politiker waren nahezu erschreckend. Nachdem Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) beginnend mit dem Abriss der Skaterbahn am 01.11.2011 in Bad Segeberg, nun auch am 01.11.2012 das Autonome Jugend und Kulturzentrum Hotel am Kalkberg (HaK) kompromisslos dem Erdboden gleichmachen ließ, gab es eine auffällig erhöhte Nazi-Präsenz in der Kreisstadt. Neben Schmierereien und etlichen Stickern erschienen immer wieder offensichtliche Neonazis am Rande von Demonstrationen der HaK-UnterstüzerInnen und versuchten diese zu provozieren.
Schließlich hat Herr Schönfeld mit dem Abriss des HaK´s nicht nur der Segeberger Jugend ihr Zuhause genommen, sondern auch einen Freiraum für antifaschistische Initiativen und linke Kultur zerstört. Somit hat er die Forderungen der NPD, welche seit Jahren gegen das Hotel am Kalkberg hetzen (siehe Infostand im Juni 2011), erfüllt. Die Situation in Bad Segeberg, die groteske und ignorante Politik, sowie die vermehrten „Aktionen“ der Neonazis, sind mehr als beunruhigend. Deswegen bitten wir um Eure Unterstützung!
Kein Fußbreit den Faschisten! Es gibt kein ruhiges Hinterland! Freiräume bleiben, Nazis vertreiben!
Einen weiteren Artikel, sowie Bilder findet ihr auf Indymedia.
Mölln92 – Gedenken und anklagen!
800 Menschen demonstrieren in Mölln – 500 Menschen in Kiel. Die letzten Wochen standen für schleswig-holsteinische AntifaschistInnen im Zeichen des Gedenkens an die Opfer der rassistischen Brandanschläge von Mölln, der Opfer des NSU und faschistischer Gewalt.
Für den 17.11.12 riefen die Antifa Herzogtum Lauenburg (AHL), der Freundeskreis in Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 92 und die bundesweite Kampagne „Rassismus tötet!“ zu einer überregionalen Gedenkdemonstration in Mölln auf. Rund 800 Menschen folgten dem Aufruf, zusammen mit der Familie Arslan an die Opfer zu gedenken und die rassistischen Verhältnisse in Deutschland anzuklagen. Die Demonstration war geprägt von linken und antifaschistischen Gruppen, der Freundeskreis und die Familie Arslan liefen in den ersten Reihen der Demonstration. Etwa 60 AntifaschistInnen aus Kiel reisten gemeinsam nach Mölln zur Demo, die Autonome Antifa-Koordination Kiel war mit einem großem Transparent „Der Verfassungsschutz macht keine Fehler, er ist er Fehler!“ präsent. Es gab beeindruckende Redebeiträge vom Freundeskreis, Ibrahim Arslan und VertreterInnen linker und antifaschistischer Initiativen. Die AHL kritisiert in einer ersten Stellungnahme die geringe Beteiligung Möllner Bürgerinnen und Bürger, was mit einer überzogenen Gefahrenprognose der Polizei anlässlich der Beteiligung antifaschistischer Gruppen aus dem norddeutschen Raum begründet wurde. Während der Demonstration schlossen sich jedoch auch viele Menschen spontan an, als sie die Familie Arslan in der ersten Reihe laufen sahen.
Am Abend fand in Mölln noch ein gut besuchtes Gedenk- und Solidaritätskonzert statt, wleches vom Freundeskreis organisiert wurde.
17.11.12 Mölln (Foto von https://secure.flickr.com/photos/89360115@N03/sets/72157632089028971/)
Im Kontext der darauf folgenden Gedenkwoche in Mölln errichteten AntifaschistInnen der Antifa Herzogtum Lauenburg am 22.11. in der Ratzeburger Straße in Mölln ein Gedenkschild, um an die Opfer des rassistischen Brandanschlages von 1992 zu erinnern und führten symbolisch „in Gedenken an die beim Brandanschlag in der Mühlenstraße verstorbene Bahide Arslan die Umbenennung des „Lohgerbergang“ in den „Bahide-Arslan-Gang““ durch.
Zum Eklat kam es bei der „offiziellen“ Gedenkfeier der Stadt Mölln und des Landes Schleswig-Holstein, als Torsten Albig (SPD), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, und Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) nach ihren obligatorischen Reden den Ort des Geschehens schnellstmöglich verlassen wollten. Die Familie Arlsan stellte sich den beiden in den Weg und forderte sie auf, der Veranstaltung bis zum Ende beizuwohnen.
Fotos der Möllner Demo bei flickr
Zur Demonstration in Kiel am 24.11. hatte der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus unter dem Motto „Wehret den Fortsetzungen!“ aufgerufen. Das antifaschistischen Bündnis in Kiel wollte damit auch in der Landeshauptstadt ein Zeichen gegen Neonazis und faschistische Gewalt setzen und den Opfern von Mölln und des NSU gedenken. Etwa 500 Menschen verschiedenster politischer Couleur beteiligten sich daran, von linken und antifaschistischen Gruppen und Organisationen über Türkische Gemeinde, Gewerkschaften und Linkspartei bis hin zur SPD waren viele Fahnen und Transparente vertreten. Die Demo zog nach einer Auftaktkundgebung mit Redebeiträgen des Runden Tisches, des Jugendbündnis gegen Rechts und von Avanti vom Hauptbahnhof auf einer leider etwas menschenleere Strecke über die Gablenzbrücke nach Gaarden. Hier wuchs die Demo noch einmal an und machte mit Kundgebungen auf dem Bahide-Arslan-Platz und dem Vinetaplatz auf ihr Anliegen aufmerksam. Auf dem Bahide-Arslan-Platz sprach nach einem Sprecher des AK Migration ver.di Kiel-Plön wie schon in Mölln eine Vertreterin des Freundeskreis in Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 92 und verlas Grußworte der Familie Arslan. Auch sie berichtete vom Kampf in Mölln, Straßen oder Plätze nach den Opfern, ähnlich wie in Kiel, zu benennen. Die Demo endete auf dem Vinetaplatz mit einer Abschlusskundgebung, auf der neben dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und der Partei DIE LINKE die Autonome Antifa-Koordination Kiel einen Redebeitrag mit dem Titel „Das Problem heißt Rassismus – Rassimus tötet!“ hielt und die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen rassistische Brandanschläge und NSU erst möglich würden, kritisierte.
Die Kieler Demo kann aufgrund ihrer TeilnehmerInnenzahl als positiv gewertet werden, sie entsprach den Erwartungen des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschimus. Leider kritisiert werden muss das teilweise unangemessene Verhalten einiger Demo-TeilnehmerInnen, die durch den Konsum von Alkohol und/oder dem Werfen von Böllern auf Bürgersteige, inhaltlich unpassende Parolen und Pseudo-„Vermummung“ dem Anliegen der Demonstration – würdiges Gedenken und Herstellen von kritischer Öffentlickeit – zuwider handelten. Eine permanente selbstkritsche Reflektion antifaschistischer Demokultur bleibt weiterhin eine aktuelle Herausforderung nicht nur organisierter Antifaschist_innen.
Gleichzeitig zu der Demonstration in Kiel gingen in Berlin etwa 5000 AntifaschistInnen in Gedenken an den 1992 von Faschisten ermordeten Antifa und Hausbesetzer Silvio Meier auf die Straße.
In diesem Sinne: Das Erinnern erkämpfen!
>> Mehr Fotos von der Kieler Demo bei Indymedia
>> Weitere Berichte zur Kieler Demo von KN und KielKontrovers
Hausdurchsuchungen gegen AntifaschistInnen in Hamburg und Buchholz
Wir dokumentieren eine Erklärung Hamburger AntifaschistInnen vom 22.11.2012:
Heute Morgen um 6 Uhr wurden zwei Wohnungen von Antifaschist_innen in Hamburg und eine in Buchholz durchsucht. Bei einer weiteren Wohnung in Buchholz wurde niemand angetroffen. Nach ersten Informationen wurden auch Räume durchsucht, für die die Bullen keine „rechtliche Befugnis“ hatten. In dem laufenden Verfahren werden die Genoss_innen des gemeintschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung beschuldigt. Die Bullen beschlagnahmten einige Sachen. Dieses Vorgehen reiht sich ein, in die Tatsache mit welch einer kontinuierlich, präzisen Gründlichkeit seitens der Repressionsorgane heute und in der Vergangenheit, hier und in anderen Städten gegen Antifaschist_innen vorgegangen wird.
Als wäre dies nicht schon genug, werden aktive Anitfaschist_innen und Genoss_innen wie Deniz K. zu zweieinhalb Jahren Knast verurteilt, weil sie sich radikal für eine bessere Gesellschaft einsetzen. Wir betrachten dies nicht alleine als Angriff auf einzelne, sondern als Angriff auf autonome antifaschistische Strukturen.
Die Morde des NSU und die Deckelung und Unterstützung durch die Bullen und Geheimdienste ist für uns die hässliche Spitze des deutschen Eisbergs der letzten zehn Jahre. Wir sehen in den rassistischen Anschlägen von Solingen, Mölln und Rostock, dem Mord an Silvio Meier und der Pogromstimmung in Wolgast die widerliche Kontinuität der deutschen Verhältnisse, die es für uns gilt anzugreifen.
Gerade durch die Aufdeckung der Verstrickung des Staates in die Taten des NSU und durch das Herunterspielen der rassistischen Zustände in Wolgast – die an Rostock erinnern – kann die Antwort nur konsequenter Antifaschismus heißen. Diese Zustände zeigen, dass wir in unserem Kampf gegen die herrschende Verhältnisse niemals auf den Staat setzen werden. Selbstorganisierter und konsequenter Antifaschismus ist notwendig!
Solidarität mit den von Repression betroffenen Antifaschist_innen !
Unsere Solidarität ist unsere Waffe !
Keine Spekulationen! Anna & Arthur haltens Maul!
Filmvorführung „Die Geige aus Cervarolo“ füllt Kommunales Kino
Mit einigen Minuten Verspätung aufgrund des großen Andrangs begann am 31.10.12 die Filmvorführung des von Matthias Durchfeld und Nico Guidetti gedrehten Dokumentarfilms „Die Geige aus Cervarolo“ im Kommunalen Kino der pumpe, die im Rahmen der bundesweiten Filmtour „mai più fascismo“ stattfand. 117 BesucherInnen füllten den ausverkauften Saal bis auf den letzten Platz.
Auf eine kurze Begrüßung durch einen Mitarbeiter des KoKis folgte eine inhaltliche Einleitung durch einen Vertreter der Autonomen Antifa-Koordination Kiel. In dieser wurden die Entstehungsgeschichte der Filmtour sowie ihre politische Motivation und was das alles mit Kiel zu tun hat, erläutert: Der NS-Täter Erich Koeppe, der nebst sechs weiteren Angehörigen der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“ 2011 wegen Kriegsverbrechen in Norditalien vorm Militärgericht in Verona verurteilt wurde, verbringt seinen ungestörten Lebensabend unweit Kiels im Badeort Laboe. Die Filmtour habe das Ziel, durch die Schaffung von Öffentlichkeit über die Massaker, die Bennenung der Täter und der Kritik an der Verweigerung von Entschädigungszahlungen durch die Bundesrepublik Deutschland, der Forderung der Überlebenden und Angehörigen der Opfer nach Gerechtigkeit entgegenzukommen.
Nach einer kurzen Vorstellung der bei der Veranstaltung anwesenden Filmemacher Nico und Matthias folgte der 75minütige Film.
Im Anschluss erläuterten die beiden Filmemacher noch einmal den historischen Kontext der von der deutschen Division „Hermann Göring“ 1944 begangenen Massaker in der Toskana und der Emilia Romagna im Norden Italiens, beantworteten Fragen zu den italienischen PartisanInnen und zum damaligen Leben in der Region und verwiesen auf den Umstand, dass einige der in erster Instanz verurteilten Nazi-Täter vergangene Woche in zweiter Instanz in Rom freigesprochen wurden. Dies sei jedoch nicht als Entlastung der Täter zu werten, da niemand deren Zugehörigkeit zur für die Massaker nachweislich verantwortlichen Division „Hermann Göring“ bestreitet. Eingebettet in den Umstand, dass Deutschland seine Kriegsverbrecher nicht ausliefert und den Verurteilten bisher auch in Deutschland keine Umsetzung des italienischen Urteils droht, erläuterte Matthias die europäische Rechtssprechung, die eine Entschädigung ziviler Opfer von Kriegen durch die ausführenden Staaten, erstritten von der schon mehrfach zu Entschädigungszahlungen verurteilten BRD vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, nicht vorsieht. Denn dadurch würden Präzedenzfalle für Verbrechen anderer und auch kommender Kriege auf der ganzen Welt geschaffen, die dem Interesse aller kriegsführenden Staaten entgegen stünden, da Klagewellen zu befürchten seien.
Erst am späten Abend endete die insgesamt dreistündige Veranstaltung, der bis zum Ende erfreulich viele Teilnehmer_innen beiwohnten.
Alle an der Durchführung des Abends beteiligten Kooperationspartner_innen zeigten sich sehr zufrieden: Wie schon in den Tagen zuvor in Osnabrück und Hamburg konnte vielen Interessierten ein vielschichtiger Einstieg in den Themenkomplex rund um die Kriegsverbrecherprozesse gegen die Angehörigen der Division „Hermann Göring“ gegeben werden, der eine vielversprechende Grundlage dafür bietet, auch in den kommenden Monaten Öffentlichkeit zu schaffen, insbesondere in Hinblick auf den bei Kiel lebenden Erich Koeppe. Dass dies auch trotz der ausverkauften Filmvorführung weiterhin von Nöten sein wird, haben nicht nur die Freisprüche von Rom, sondern auch die bisherige Nicht-Beachtung der Prozesse durch die etablierten lokalen Medien gezeigt, deren Vertreter_innen, anders als in Osnabrück und Hamburg, auch am 31.10. durch Abwesenheit glänzten.
>> Filmankündigung
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