Kieler Polizei im Einsatz gegen AntifaschistInnen: „Unverhältnismäßig und rechtswidrig“

Im Einsatz gegen engagierte GegnerInnen von Nazi-Umtrieben bewegt sich die Kieler Polizei oftmals jenseits von Recht und Gesetz. Das hat nun auch der Landesbeauftragte für Datenschutz festgestellt. Wir fordern die politischen EntscheidungsträgerInnen auf, diesem Treiben umgehend Einhalt zu gebieten.

 

Am Abend der Kommunalwahlen im Mai 2008 wurden zahlreiche EinwohnerInnen unserer Stadt am Betreten ihres Rathauses, wo sie der Bekanntgabe der Wahlergebnisse beiwohnen wollten, gehindert. Die Anweisung dazu kam von Polizeibeamten, die dem Ordnungsdienst mitgeteilt hatten, die betreffenden Personen seien als engagierte Nazi-GegnerInnen bekannt.

Antifaschistisches Engagement als Begründung für die Verweigerung von Bürgerrechten? Kaum zu glauben, aber inzwischen auch amtlich. Zwei der Betroffenen haben sich an das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) gewandt.

 

In einem Antwortschreiben an Bettina Jürgensen, eine der SprecherInnen des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus in Kiel – sie arbeitet dort als Delegierte der Gewerkschaft ver.di mit – heißt es: „Die Informationsweitergabe des Polizeibeamten an den Vertreter der Stadt Kiel haben wir beanstandet. Es gibt nach Auffassung des ULD für die Datenübermittlung keine gesetzliche Erlaubnisnorm. Wie anlässlich von Störungen bei Wahl-handlungen und bei der Feststellung des Wahlergebnisses zu verfahren ist, regelt das Landeswahlgesetz abschließend. Der Wahlvorstand kann Personen, die die Ordnung und Ruhe bei Wahlhandlungen und bei der Feststellung des Wahlergebnisses stören, aus dem Wahlraum verweisen. Das ist in Ihrem Fall nicht geschehen; nach Ihrer – auch insoweit unbestrittenen – Sachverhaltsdarstellung wurde Ihnen im Rahmen einer ‚Einlasskontrolle’ der Zutritt verweigert. Dem anwesenden Polizeibeamten waren Sie als langjährig der Kieler Antifa-Szene zuzurechnende Person bekannt. Diese Angabe führte bei dem Vertreter der Stadt dann dazu, das Hausverbot auszusprechen. Bei der Datenübermittlung nach § 192 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz (LverwG) sehe ich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend berücksichtigt.“

 

In der schriftlichen Begründung der Stadt Kiel für das Hausverbot heißt es tatsächlich: „Es ist bekannt, dass Sie ständige Teilnehmerin bei Demonstrationen von antifaschistischen Aktivisten in Kiel sind.“ Hier wäre zu fragen, ob die Bezeichnung „Aktivisten“ angebracht ist angesichts der Tatsache, dass zu den von Bettina Jürgensen mit organisierten bzw. angemeldeten Demonstrationen die vom 24.5.08 mit 1500 Teilnehmenden ebenso gehört wie die vom 29.1.2005 mit mehr als 8000 Menschen. Aber weiter: „Es bestand die Befürchtung, dass es zwischen rechts- und linksorientierten Besucher/innen während der Bekanntgabe der Wahlergebnisse zu gewalttätigen Auseinandersetzungen im Rathaus kommen würde und die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben im Rathaus gefährdet war.“

In dem Schreiben des ULD heißt es außerdem: „Über Sie ist zwar bei der Landespolizei Schleswig-Holstein gespeichert, dass das 2. Polizeirevier Kiel (…) wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch ermittelt, aber am Wahlabend wurde bei der Kontrolle weder auf diese Information zurückgegriffen noch wäre sie geeignet, die Maßnahme – Hausverbot – zu begründen.“

 

Bei der Handlung, wegen der die Polizei ermittelt, handelt es sich keineswegs um eine kriminelle Aktion, welche die dafür verantwortliche Person in ein schlechtes Licht rücken und die Solidarität mit ihr in Frage stellen könnte. Es geht um den Protest gegen die Zulassung einer faschistischen Partei – der NPD – zu den Kommunalwahlen. Vorgetragen während der Sitzung des Kreiswahlausschusses, der über diese Zulassung zu befinden hatte. Solcher Protest ist in den vergangenen Jahren vor jeder Kommunal- oder Landtagswahl in Kiel von verschiedenen Personen vorgetragen worden. Zum ersten Mal hat dies der Kreiswahlleiter zum Anlass genommen, eine Antifaschistin des Saales zu verweisen, sie von der Polizei hinauswerfen zu lassen und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zu stellen. Dieser Vorfall zeigt, dass auch politische Kräfte in Kiel bemüht sind, Faschisten vor freiheitlichem Protest zu schützen und AntifaschistInnen zu kriminalisieren. Die Anzeige muss zurückgezogen werden! Hervorzuheben ist, dass das ULD eindeutig feststellt, auch der solchermaßen inkriminierte Protest hätte als Grund für ein Hausverbot am Wahlabend nicht ausgereicht.

 

Im Schreiben an den anderen Antifaschisten, der sich wegen des von der Polizei betriebenen Datenmissbrauchs und der Einschränkung seiner Bürgerrechte ans ULD gewandt hatte, beurteilt das ULD das Hausverbot als „unverhältnismäßig und rechtswidrig“.

Damit sind noch immer nicht alle Aspekte dieser Angelegenheit geschildert. Während über den letztgenannten Antifaschisten keinerlei irgendwo gespeicherte Daten aufzufinden waren, führte die Ermittlung gegen Bettina Jürgensen zur Speicherung ihrer Daten „voraussichtlich bis zum 20.5.2011“ unter anderem in der Datei „@rtus“. (Über diese Datei heißt es auf der Internetseite es ULD: „@rtus steht für den Aufbruch der Polizei des Landes in eine neue Welt der Informationsverarbeitung. Das Verfahren ist mit erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken in den Wirkbetrieb gegangen.“) „Diese Erkenntnisse“, so teilte das ULD Bettina Jürgensen weiter mit, „sind auch für das Sachgebiet 311 (politisch motivierte Straftaten) beim Landeskriminalamt Schleswig-Holstein (…) erfasst, weil … die Tatumstände einen politisch motivierten Hintergrund aufweisen. Aus diesen Gründen ist auch eine Speicherung in der BKA-Verbunddatei `INPOL – Fall Innere Sicherheit´ von der Landespolizei Schleswig-Holstein veranlasst worden. Im Rahmen des Meldedienstes PMK (politisch motivierte Kriminalität) erfolgte ein Informationsaustausch mit den Kommissariaten 5 der Bezirkskriminalinspektionen in Schleswig-Holstein, der Verfassungsschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein und dem Bundeskriminalamt.“

– „Politisch motivierte Kriminalität“. Unfassbar!

 

Es sei daran erinnert, dass Kieler Nazis, noch bevor die NPD mit Hermann Gutsche zum ersten Mal einen Vertreter in die Kieler Stadtvertretung entsenden konnte, zahlreiche gewalttätige Angriffe auf Linke und AntifaschistInnen unternommen hatten. Höhepunkt war die Woche vom 16.bis zum 22. April, während der es fast in jeder Nacht zu Überfällen auf Einrichtungen wie zum Beispiel die Gaardener Arbeitsloseninitiative kam. Der Zusammenhang zum NPD-Wahlkampf war offensichtlich, kandidierten doch einige Nazis um den mehrfach vorbestraften Nazi-Schläger und ehemaligen NPD-Landesvorsitzenden Peter Borchert selbst auf der NPD-Liste. Am Rande einer NPD-Kundebung anlässlich der konstituierenden Sitzung des Stadtparlaments am 12. Juni kam es ebenfalls zu Übergriffen durch so genannte „Autonome Nationalisten“, bei denen ein Antifaschist schwer verletzt wurde. Die 750 PolizistInnen, die das Rathaus weiträumig abgesperrt hatten, hielten zwar viele BürgerInnen vom Betreten des Hauses ab, verhinderten diese Gewalttat allerdings nicht.

 

Ein neuer Fall rechtswidriger Polizeiwillkür gegen Antifaschisten ereignete sich am 29. Oktober.

Auf ihrem Weg zu einer öffentlich beworbenen Podiumsdiskussion in einer Schule in Altenholz – Thema: „Wo fängt Rechtsextremismus an?“ – wurden drei junge Leute in ihrem Auto kurz hinter der Ortseinfahrt gestoppt. Es seien „Zwischenfälle“ zwischen „rechts und links“ zu befürchten. Mit dieser Begründung erhielten die drei von der Polizei dem linken Spektrum zugeordneten Personen, die auch am Runden Tisch mitarbeiten, einen Platzverweis für ganz Altenholz für den Rest des Tages. Ob hier nur Kieler Polizisten im Einsatz waren, ist zur Zeit unklar. Eine juristische Auseinandersetzung wird folgen.

 

Die Beschneidung von Grundrechten durch die Polizei ist ein Skandal, der Konsequenzen haben muss. Hier wird den Faschisten in die Hände gearbeitet. Diese Rechtsbeugungen dürfen nicht zur alltäglichen Erscheinung werden. Die Verantwortlichen für die genannten Einsätze müssen in ihre Schranken gewiesen werden. Wir fordern die im Stadtparlament vertretenen Parteien auf, dafür zu sorgen. Alle Demokratinnen und Demokraten sind aufgerufen, ihre demokratischen Rechte gegen Polizei- und Behördenwillkür zu verteidigen.

 

Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel

25.11.2008

Fake Antifa-Seite aus Kiel bei MySpace?!

Unter http://www.myspace.com/antifakiel ist eine Seite der Gruppe „Autonome Antifa Kiel“ zu finden. Diese Gruppe ist aktiven AntifaschistInnen in Kiel nicht bekannt, Kontakt mit dieser Gruppe gibt es nicht und sie ist somit wohl nicht (wirklich) existent. Wir warnen hiermit davor, Infos mit den Betreibern dieser Seite auszutauschen!

Revolution statt Deutschland! (Gruppe Zunder)

Warum der 9. November kein „Schicksalstag der Deutschen“ ist und welche Erkenntnisse wir dennoch aus ihm ziehen können

Der 9. November wird von der herrschenden Geschichtsschreibung der BRD als „Schicksalstag der Deutschen“ dargestellt, an dem sich die „wechselhafte Geschichte Deutschlands“ mit seinen Höhen und Tiefen widerspiegele. Natürlich haben wir es hier mit einer konstruierten Legende von einer Nation zu tun, die aus ihren Fehlern wie aus vermeintlichen Errungenschaften gelernt haben will. Aus dieser Konstruktion leitet die deutsche Politik ein angeblich „gesundes“ und „neues“ nationales Selbstbewusstsein ab, Weltmachtanspruch inklusive. Dass diese nicht die ganze Wahrheit sein kann, wird spätestens darin offensichtlich, dass drei der vier beschriebenen historischen Ereignisse vom 9. November nahezu zufällig am gleichen Tag stattfanden. Vor allem aber waren die beteiligten Akteure keineswegs „die Deutschen“, sondern ganz unterschiedliche Teile der in Deutschland lebenden Bevölkerung. Die Widersprüche zwischen TäterInnen und Opfern, grundlegend gegensätzlichen Klasseninteressen, mörderischen Wahnvorstellungen und der Sehnsucht nach gesellschaftlicher Befreiung, sollen zu einem abstrakten Ganzen glatt gebügelt und als abgeschlossene Geschichte unhinterfragt den herrschenden Interessen dienlich sein. Dennoch und gerade deshalb möchten wir die in diesen Tagen wieder sehr präsente offiziöse Darstellung zum Anlass nehmen, ein Gedenken an die Ereignisse der 9. November aus unserer Perspektive vorzunehmen.

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„VERSUCH MACHT KLUCH!“ – NACHBEREITUNGSPAPIER DES „BÜNDNIS AUTONOMER ANTIFAS NORD“ [BAAN] ZUR MOBILISIERUNG GEGEN DEN NAZIAUFMARSCH AM 29.03.08 IN LÜBECK

Auch wenn der Naziaufmarsch am 29.3. in Lübeck nun schon einige Monate zurückliegt, denken wir – obwohl dies der diesjährigen Mobilisierung des „Bündnis Autonomer Antifas Nord“ [BAAN] sicherlich angemessen wäre – dass wir nicht drumrum kommen, einige Worte zu den von uns propagierten antifaschistischen Gegenaktivitäten zu verlieren. Dies geschieht u.a. wegen plötzlich in Schleswig-Holstein aufgetretener zu bewältigender dringender Aktionsfelder erst mit einer entsprechenden Verspätung, für die wir um Verständnis bitten. Wir werden im folgenden aus nahe liegenden Gründen vor allem unsere eigene Mobilisierung kritisch betrachten, für eine Gesamtbetrachtung der Antifa-Aktivitäten am 29.3. seien zur Ergänzung das Nachbereitungspapier der ALi Hamburg und die zumindest nach wie vor angekündigte, ausführliche Auswertung von Avanti hinzuzuziehen.

„„VERSUCH MACHT KLUCH!“ – NACHBEREITUNGSPAPIER DES „BÜNDNIS AUTONOMER ANTIFAS NORD“ [BAAN] ZUR MOBILISIERUNG GEGEN DEN NAZIAUFMARSCH AM 29.03.08 IN LÜBECK“ weiterlesen

„Vom Dschungelcamp ins Teutenhaus? “ Flugblatt Juni 2012

Rainer Langhans, rechter Esoteriker und bekennender Hitler-Fan, besucht am 28.6. die pflichtschlagende Burschenschaft Teutonia zu Kiel, um dort über sein Leben „von der Kommune 1 bis heute“ zu referieren.

Auch wenn es auf den ersten Blick überraschen mag, dass eine rechtsnationale Burschenschaft wie Teutonia einen Alt-68er wie Rainer Langhans einlädt, ergeben sich bei genauerer Betrachtung vielschichtige Überschneidungen in Denk- und Wertemustern. Langhans hat seinen Platz in der Unterhaltungsindustrie gefunden, indem er sich in einschlägigen Sendungen des Privatfernsehens lächerlich macht und die Rolle des vertrottelten Quoten-Hippies übernimmt. Das so inszenierte Bild steht im krassen Gegensatz zu den regelmäßig zum Besten gegebenen sozialchauvinistischen Ansichten. Sein Weltbild äußert er in der Kontinuität des deutschen Faschismus. In seinem bekanntesten Interview äußerte er 1999 seine Bewunderung für Adolf Hitler, den er als „verhinderten Spirituellen“ und „großen Lehrer“ bezeichnete und forderte, „wir müssen die besseren Faschisten sein, denn der Faschist ist […] jemand, […] der wirklich was Gutes wollte.“ Noch heute bekennt er sich zu diesen Aussagen. Momentan tourt Langhans durch diverse Burschenschaften, wo er neben wirr anmutenden spirituellen Thesen fleißig über die „Unterschicht“ und „Türken“ lästert und Verständnis für den Holocaustleugner Horst Mahler äußert. Und wer interessiert sich außer RTL und rechtsnationalen Burschenschaften für die Theorien von Rainer? Vor allem einschlägige Neonazi-Magazine, denen er gerade in den letzten Jahren regelmäßig Interviews gegeben hat und die mit seinem Foto auf der Titelseite werben.

Die Burschenschaft Teutonia ist bekannt für Fehltritte bei der Wahl ihrer Referenten. Erst im November letzten Jahres sollte ein so genanntes „Zeitzeugengespräch“ mit einem Veteranen der Wehrmacht stattfinden. Bei einer Verbindung wie der Teutonia, die lange Zeit damit warb, dass einer ihrer „Alten Herren“ innerhalb rechtsmilitärischer Kreise als “dritterfolgreichster U-Boot-Kommandant des 2. Weltkriegs“ gefeiert wird, dient solch ein Vortrag leider weniger der kritischen Aufarbeitung der deutschen Geschichte, sondern bietet Handlangern des Nazi-Regimes eine Bühne für Geschichtsverherrlichung. Da die Teutonia nach außen stets ein sauberes Image zu pflegen versucht, wurde der Vortrag nach antifaschistischen Protesten kurzfristig abgesagt.

Doch nicht nur bei solchen Anlässen offenbart sich das zweifelhafte Weltbild der „Teuten“. Als pflichtschlagender Männerbund stehen diese für den strikten Ausschluss von Frauen. Frauen dürfen weder auf dem Teutenhaus wohnen noch Mitgliederinnen des Lebensbundes „Teutonia“ werden. Bei den meisten öffentlichen Veranstaltungen sind nur Männer zugelassen, so zum Beispiel auch bei dem Vortrag von Rainer Langhans. Die wenigen Anlässe, zu denen auch Frauen erwünscht sind, beschränken sich auf Anlässe der gesellschaftlichen Repräsentation (Bälle, Empfänge) oder Feiern. Frauen werden auf den Wert eines Statussymbols oder Sexualobjekts reduziert. Dazu passend reproduziert gerade die Teutonia mit ihrer klassischen Affinität zur (Kriegs-)Marine das Bild eines heroischen Mannes, der seine „Ehre“ und sein „Vaterland“ („Teutonia“= „Deutsches Reich“) mit der Waffe verteidigen kann, wahlweise in skurrilen Fechtritualen innerhalb der Burschenschaft oder im Militärdienst. Auch ein Hang zu völkisch-germanischen Bräuchen wird regelmäßig gepflegt, wo sich wiederum die Schnittmenge zu rechten Esoterikern wie Rainer Langhans bilden lässt.

Passend zu dem burschenschaftlichen Gebaren und den fragwürdigen Veranstaltungen engagieren sich verschiedene Mitglieder der Teutonia auch regelmäßig im rechtspopulistischen Milieu. So rekrutierte sich der Nachwuchs der kulturrassistischen Kleinstpartei „Die Freiheit“ bei ihrer Gründung in Schleswig-Holstein im Frühsommer 2011 fast gänzlich aus der Teutonia. „Die Freiheit“ ist in Schleswig-Holstein als parlamentarischer Flügel des offen rassistischen Hetzportals „Pi-News“ zu sehen. Auf Kundgebungen und im Internet verbreiten so auch Mitglieder der Teutonia unter dem Deckmantel einer „Islamkritik“ klassische Ressentiments gegenüber vermeintlichen „Nicht-Deutschen“.

Deutlich wird also, dass die Teutonia mit Rainer Langhans, trotz seines selbstgegebenen Bildes des spirituellen Antimilitaristen, einen Referenten gefunden hat, der mit deren Weltbild in diversen Punkten übereinstimmt. Bei allen Unterschieden zwischen dem militaristischen, kulturrassistischen Anstrich der Teutonia und der braunen Esoterik von Rainer Langhans treffen sich die Theorien vor allem bei der elitären Abgrenzung zu sozial benachteiligteren Gesellschaftsschichten und der Verherrlichung oder Relativierung des deutschen Faschismus.

Solidarisch gilt es das Weltbild, für das die Teutonia steht, zu bekämpfen, egal ob es sich in dem Ausschluss von Frauen, in völkisch-germanischer Brauchtumspflege, militaristischem Gehabe oder rassistischer Hetze zeigt.

Faschismus ist niemals friedlich – Rainer Langhans und anderen braunen Esoteriker_innen und vermeintlichen Antimilitarist_innen entschlossen eine Abfuhr erteilen!

Aufruf: Keine Naziaktion am 12.06.08!

Keine Ruhe für NPD-Ratsherr Gutsche!

Am Do., 12. Juni (ab 15 Uhr) findet im Kieler Rathaus die konstituierende Ratssitzung statt.
Da bei der vergangenen Kommunalwahl am 25. Mai insgesamt 1478 KielerInnen die faschistische NPD gewählt haben, wird die ideologische Nachfolgerin der NSDAP an diesem Tag erstmalig einen Ratsherr ins Kieler Rathaus schicken. Da sich ihr frischgebackener Abgeordneter Herrmann Gutsche offensichtlich nicht allein zu seiner neuen Wirkungsstätte traut, planen Kieler Nazis zu diesem Anlass von 14-16 Uhr eine öffentliche Veranstaltung in Form einer Kundgebung o.Ä. in Rathausnähe, Schon am Wahlabend des 25. Mai wurde dieser zu später Stunde – leider ungestört – von etwa zwei Dutzend Neonazis zum Rathaus begleitet, unter ihnen die mutmaßlichen Verantwortlichen für die Angriffsserie auf linke Kieler Einrichtungen Ende April aus dem Spektrum der selbsternannten „autonomen Nationalisten“.

Damit sich solch widerliche Szenen nicht wiederholen, rufen wir alle AntifaschistInnen dazu auf, anknüpfend an die erfolgreichen Mobilisierungen der letzten Wochen gegen den zunehmenden Nazi-Aktivismus in Kiel zum Rathaus zu kommen und eine wie auch immer geartete Ansammlung von Neonazis im größtmöglichen Maße zu behindern.

KEINEN MILLIMETER FÜR NAZIS! NIEMALS UND NIRGENDWO!

ANTIFASCHISTISCH PRÄSENT SEIN:
Do., 12.06.08 / 13.00 Uhr / Rathausplatz, Kiel

Stay tuned! Achtet auf aktuelle Ankuendigungen!

Autonome Antifa-Koordination Kiel

Indymedia Artikel zum Tag

Redebeitrag Bündnisdemo in Kiel, 24.05.2008

Liebe Antifaschisten und Antifaschistinnen!
Liebe Kieler und Kielerinnen!

Wir sind hier heute auf der Straße, um dem Wahlkampf der faschistischen NPD eine angemessene Antwort entgegenzusetzen: Nämlich, dass wir ihrer Hetze auch dann keinen Raum gewähren, wenn sie versucht, sich im spießbürgerlichen und pseudosozialem Gewand zu präsentieren. Sollte morgen also tatsächlich eineR ihrer KandidatInnen in das Kieler Rathaus oder sonst wo in Schleswig-Holstein einziehen, so sei dieser Person gesagt, dass wir sie nicht in Ruhe lassen werden, bis sie voller Reue das Weite sucht. Wenn es für die NPD wirklich für einen Sitz reichen sollte, rufen wir zu diesem Zweck alle AntifaschistInnen trotz der letztwöchentlichen Drohungen von Polizeichef Tanck zu einer Spontandemo morgen Abend um 19.30 Uhr vom Kieler Bahnhof auf.

Einerseits haben wir uns als AntifaschistInnen in den letzten Wochen mit dem allerdings unerwartet unscheinbaren, offiziellen Wahlkampf der NPD auseinandersetzen müssen. Eine andere Sache, die für uns deutlich präsenter und weniger absehbar gewesen ist, ist das in jüngster Zeit für Kieler Verhältnisse ungewohnt offensive und vergleichsweise geplante Auftreten von Neonazis auf der Straße.

Auch wenn wir leider noch zu wenig das Gefühl haben, dass die Ereignisse der vergangenen Wochen wirklich im Stadtbewusstsein angekommen sind, dürften doch mittlerweile einige davon mitbekommen haben, dass es vermehrt zu Angriffen auf im weitesten Sinne linke Einrichtungen, zu größeren Ansammlungen von Nazis im Stadtbild und auch immer wieder zu faschistischen und rassistischen körperlichen Übergriffen gekommen ist. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Woche vom 16.-22. April, als Neonazis beinahe jede Nacht Scheiben im ganzen Stadtgebiet einwarfen. So z.B. bei der Arbeitsloseninitiative in Gaarden, beim Zapata-Buchladen, beim Kinderladen der Hansastr. 48 oder dem Wohnprojekt Dampfziegelei.

Parallel zu diesen sich häufenden Angriffen entwickelte sich ein Wohnhaus in der Gaardener Preetzer Str. kurzzeitig zu einem Sammelpunkt für dutzende Neonazis. In diesem Haus wohnten neben einigen Unbeteiligten, die beiden NPD-Kommunalwahlkandidaten Nils Hollm und Thomas Krüger. Das Haus war in Gaarden schon seit einiger Zeit als ein von Nazis bewohntes bekannt. Da ein solcher Umstand, erst recht in dem migrantisch und subkulturell geprägten Stadtteil Gaarden, eine dreiste Provokation für einen Großteil der AnwohnerInnen darstellt, kam es spätestens mit dem Bekanntwerden der Wahlkandidatur zu verschiedenen Aktionen gegen die beiden Nazis.

Dies veranlasste sie offensichtlich dazu, sich für das Wochenende um den 20.4., dem Geburtstag Adolf Hitlers, KameradInnen aus ganz Schleswig-Holstein einzuladen, um ihr Häuschen zu beschützen. In einem Akt der Selbstüberschätzung griff diese Nazi-Zusammenrottung von etwa 20 Personen dann auch am späten Abend des 18. April eine die Preetzer Straße passierende antifaschistische Spontandemo anlässlich der vorausgegangenen Angriffe gegen linke Läden an. Von deren entschlossener Gegenwehr schienen die Nazis allerdings dermaßen überrascht, dass sie sich nach nur kurzer Zeit hinter ihren Fenstern verbarrikadierten. Dieser ungewollte Rückzug der Nazis war der erste große Erfolg der Antifa gegen das Nazi-Haus mitten in Gaarden!

Von dem Abend scheinbar beeindruckt, mobilisierten Hollm und Krüger für die beiden folgenden Tage noch ein paar mehr Nazis zusammen. Diese konnten dann dank eines Großaufgebotes Polizei zwei Tage lang ungestört den Geburtstag Adolf Hitlers feiern und Reichsfahnen aus den Fenstern hängen. Auch als am Sonntag, 20. April erneut 250 AntifaschistInnen in Sichtweite demonstrierten.
Allerdings schien ihnen die Gesamtsituation wohl doch zu heikel zu werden, weshalb sowohl Krüger als auch Hollm in den folgenden Tagen aus dem Haus auszogen. Die Gefahr eines Nazizentrums mitten in Gaarden wurde somit durch spontane und entschlossene antifaschistische Intervention schon im Keim erstickt.

Auch wenn dieser Erfolg zumindest in Gaarden für etwas Entspannung sorgte, müssen wir aus diesen heißen Tagen die Erkenntnis ziehen, dass es nach einigen Jahren relativer Stille wieder einen festeren Kern von aktionistischen Neonazis neben der miefigen NPD gibt. Dementsprechend kam es auch noch nach der vorläufigen Hochphase im April immer wieder zu Naziansammlungen und Übergriffen in ganz Kiel. Dafür gibt vor allem zwei Ursachen: Ein bundesweiter Trend der Neonaziszene zu einem offensiven Auftreten, der seit dem 1. Mai in Hamburg sogar in den bürgerlichen Medien Beachtung findet, ist seit einigen Monaten auch in Kiel angekommen: Die selbsternannten „autonomen“ Nationalisten. Diese versuchen sich in Praxis, Kleidung und Habitus an linken Autonomen zu orientieren und so ihre widerliche, rückschrittliche nationalsozialistische Ideologie in einem modernen Gewand zu verbreiten. Dies begann in Kiel vor einiger Zeit mit zahlreich und nach festen Routen verklebten Naziaufklebern und ist derzeit bei der nächtlichen Angriffsserie auf linke Läden angekommen. Diese deutliche Erhöhung des Aktionsniveaus erklärt sich auch durch die Rolle des langjährigen Nazikader Peter Borchert. Dieser ist nach seinem letzten Knastaufenthalt Anfang des Jahres wieder in Kiel aufgetaucht. Um ihn scheint sich derzeit der Klüngel autonomer Nazis zu organisieren und mit ihm einen erfahrenen Organisator gefunden zu haben.

Wir müssen uns als AntifaschistInnen also darauf einstellen, dass die Nazis trotz ihrer erneuten Schlappen in Kiel weiter versuchen werden, diesen Ansatz weiterzuentwickeln und vor allem auf der Straße aktiv zu sein. Erschwerend kommt hinzu, dass sich ebenfalls im letzten Monat auch wieder etwas in der subkulturellen Nazimusikszene bewegt. So fanden im BAM im Kieler Rotlichtviertel am 12. April und am 17. Mai zwei Konzerte mit rechten Bands und entsprechendem Publikum statt. Auch hier gilt es, die Entwicklungen genauestens zu verfolgen und ihnen entgegenzuwirken.

Kieler Polizei und Staatsanwaltschaft versuchten zunächst erfolgreich, die politischen Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und Nazis auf den Straßen Kiels und die Angriffe auf linke Läden als unpolitischen Bandenkrieg zu verharmlosen und totzuschweigen. Dies bestärkt uns mal wieder in unserer Überzeugung, dass der Staat und seine Organe vielleicht ein Interesse an oberflächlicher Ruhe und Ordnung, nicht aber an der Bekämpfung der Nazis hat. Unsere Konsequenz daraus muss lauten: Festigen wir unsere eigene Stärke im Zurückdrängen der Nazis! Entwickeln wir unsere spontane Energie der letzten Wochen weiter, die sich z.B. vor drei Wochen mit der großen Beteiligung an der Antifa-Demo in Gaarden oder anhand der vielen kleinen gelaufenen Aktionen offenbart hat, um den Nazis auch gerade wegen der neuen Herausforderungen weiterhin das Leben zu erschweren. Sei es, indem wir ihre Propaganda aus dem Stadtbild entfernen, indem wir ihre öffentlichen Versammlungen stören oder indem wir sie mit antifaschistischer Kreativität immer wieder in ihrem Alltag nerven.

In disem Sinne: Wehrt Euch gegen den Nazi-Aktivismus in Kiel – auf Euren Ebenen, mit Euren Mitteln!
Bleibt aktiv und organisiert Euch gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus – nicht nur im Nazigewand, nicht nur im Wahlkampf!
Keinen Millimeter den Nazis. Niemals und nirgendwo!

Und jetzt noch kurz etwas in eigener Sache: Natürlich dürfen wir beim antifaschistischen Kampf, wenn wir es ernst meinen, unseren Fokus nicht ausschließlich auf die neonazistischen RassistInnen, NationalistInnen, AntisemitInnen und MilitaristInnen legen. Wir müssen überall dort aktiv werden, wo den Nazis aus der so genannten Mitte der Gesellschaft heraus, ein hervorragender Nährboden geschaffen wird.
Aus diesem Grund finden wir es auch äußerst unerfreulich, dass die grüne Kriegstreiberin Angelika Beer mal wieder eine unserer Demos benutzt, um sich um ihr zu Recht abhanden gekommenes linkes Image zurück zu bemühen. Denn wir erinnern uns: Sie war eine der Speerspitzen der rot-grünen Kriegsparteien, die unter dem Deckmantel eines vermeintlichen Antifaschismus und der NS verharmlosenden Lüge von einem neuen Auschwitz im Kosovo, deutschem Großmachstreben wieder zur politischen Normalität verholfen hat! Sie ist mit dafür verantwortlich, dass 1999 mit dem Angriff auf Jugoslawien erstmals seit der Befreiung vom Nationalsozialismus, wieder deutsche Soldaten an einem Angriffskrieg beteiligt waren! Sie hat damit mehr zum gesellschaftlichen Rechtsruck in der BRD beigetragen, als es die Neonazis der NPD wahrscheinlich jemals tun werden.
Wer ernsthaft Lehren aus dem deutschen Faschismus gezogen hat, kann dagegen in dieser Hinsicht nur eines fordern: Die sofortige und totale Wiederentwaffnung Deutschlands!

Aber glücklicherweise sind heute ja außer Frau Beer noch massenhaft andere Menschen auf der Straße, die uns zuversichtlich stimmen, dass wir gemeinsam und solidarisch den Kampf gegen die Nazis und die ganze andere Scheiße in Kiel und anderswo erfolgreich weiterführen können und dabei nicht auf grüne Militaristinnen angewiesen sind. Genug der Worte:
Auf eine stimmungsvolle antifaschistische Demo durch die Kieler City!

Aufruf 24.5.08: Keinen Millimeter für Nazis. Niemals und nirgendwo!

Zunehmende Nazigewalt in Kiel

Manche mussten im letzten Monat die Erfahrung selbst machen, einige haben es mitbekommen, an vielen ist es bisher völlig vorbeigegangen: Die Kieler Neonaziszene wird wieder aktiver und ist vor allem in den letzten Wochen durch ein ungewohnt offensives Auftreten aufgefallen. In der Woche vom 16.-22. April kam es im gesamten Kieler Stadtgebiet fast täglich zu nächtlichen Angriffen von Neonazis auf im weitesten Sinne linke Läden und Projekte. Betroffen waren u.a. der Zapata-Buchladen, die Arbeitsloseninitiative in Gaarden, der Kinderladen der Hansastr. 48 und einige andere Einrichtungen, bei denen mit Steinen die Fensterscheiben zertrümmert wurden. Zeitgleich kam es seitdem vermehrt zu faschistischen und rassistischen Übergriffen in Kiel und Neonazis tauchen vermehrt im Stadtbild auf. Zur Eskalation kam es, als es zu tagelangen Konflikten um ein von den beiden NPD-Kommunalwahlkandidaten Thomas Krüger und Nils Hollm bewohntes Wohnhaus in der Gaardener Preetzer Str. kam, die erst durch den Auszug der beiden infolge antifaschistischer Gegenwehr beendet werden konnten.
Diese vorläufigen Höhepunkte rechter Gewalt in Kiel sind die Zuspitzung einer Entwicklung, die ortsansässige AntifaschistInnen schon seit einiger Zeit beobachten: So waren an den Wänden und Laternenpfählen in weiten Teilen des Stadtgebietes zunehmend Naziaufkleber und Parolen festzustellen und Neonazis unternahmen mehrmals (schüchterne) Versuche, BesucherInnen linker Veranstaltungen und Demonstrationen abzufotografieren.

Bundesweiter Modetrend: Selbsternannte „autonome“ Nazis

Diese Häufung von offensivem Handeln der Naziszene war in Kiel in den vergangenen Jahren seit dem Niedergang der Kameradschaft Kiel im Jahre 2004 eher unüblich. Es kam zwar immer mal wieder zu rechtem Straßenterror, z.B. als sich Ende 2005 für kurze Zeit der Nazitreffpunkt Ballmann 7 am Exerzierplatz etablierte oder zu Anschlagsversuchen, z.B. als das linke Zentrum Alte Meierei im Juni 2006 mit einem Molotow Cocktail beschmissen wurde, der glücklicherweise nicht zündete. Die Hauptaktivität ging allerdings von Mitgliedern der NPD aus. Diese gibt sich jedoch vor allem in Kiel seit einigen Jahren betont spießbürgerlich, weshalb sich die Tätigkeit Kieler Nazis vor allem auf Flugblattaktionen, Kundgebungsversuche oder andere gewaltfreie und gesetzeskonforme Aktionen beschränkte.

Seit einigen Monaten scheint allerdings ein bundesweiter Modetrend der Nazis, der vor allem in der Kameradschaftsszene AnhängerInnen findet, auch im hohen Norden angekommen zu sein: Selbsternannte „autonome“ Nationalisten (AN). Diese kommen zwar ideologisch oft zumindest aus dem weiteren Umfeld der NPD, agieren jedoch eher unabhängig. Wichtig für die oft jungen, extrem gewalttätigen AN sind ein gewisser ‚Erlebnisfaktor’ und ein ‚rebellisches’ Lebensgefühl. Dieses drücken sie oft in einer von linken Autonomen geklauter Symbolik und einem entsprechendem Kleidungsstil aus. Auf das Konto der AN gehen eine bundesweit zunehmende Zahl von Körperverletzungen, Brandanschlägen und anderen direkten Angriffen auf MigrantInnen, Dunkelhäutige, jüdische Einrichtungen und neuerdings vermehrt gegen ihre politischen GegnerInnen. Die Neonazigewalt in Deutschland war nach den mörderischen Pogromen insbesondere auf von MigrantInnen bewohnte Häuser und Flüchtlingsunterkünfte Anfang der 90er Jahre kurzfristig zurückgegangen. Derzeit sind insbesondere ANs für eine gegenteilige Entwicklung mitverantwortlich, im Vergleich zum Mob Anfang der 90er jedoch in zunehmend besser organisierten Formen.

In Kiel scheinen sich solche ANs derzeit um den langjährigen Nazikader Peter Borchert zu organisieren. Dieser Klüngel ist mit hoher Wahrscheinlichkeit für die jüngsten Angriffe auf linke Objekte in Kiel verantwortlich. Sie waren auch der Grund dafür, dass um den Geburtstag Adolf Hitlers am 20.4. herum, den sie in und vor dem besagten Haus in der Preetzer Str. feierten, halb Gaarden in den Ausnahmezustand versetzt wurde. So wurde die Straße und das umliegende Gebiet von einem riesigen Polizeiaufgebot für nahezu alle PassantInnen gesperrt, während die Nazis unter Polizeischutz Reichsfahnen aus den Fenstern hängen und ungestört Hitler huldigen konnten…
Diese braune Mischung aus Straßenschlägern der AN und NPD-Kandidaten an jenem Wochenende macht deutlich, dass beide Szenen trotz des phasenweise widersprüchlichen Auftretens kaum voneinander zu trennen sind, sondern es personelle Überschneidungen gibt. Einen gemeinsamen Ausdruck ihrer Menschenverachtung, der sogar in den Medien Beachtung fand, lieferte dementsprechend auch eine Gruppe von etwa 60 Nazis um Peter Borchert und den NPD-Kommunalwahlspitzenkandidaten Herrmann Gutsche, die zusammen mit der Bahn zum Naziaufmarsch in Hamburg am 01. Mai anreisten. Nachdem sie zwei Bahnabteile besetzt hatten, verschafften sie sich Zugang zur Lautsprecheranlage und verkündeten neben anderer faschistischer Hetze, die Bahn befördere ab sofort nur noch ‚Deutsche’. Für ‚Ausländer’ stünden Viehwagen zur Verfügung…

Damals wie heute: Nationalsozialistische Ideologie heißt Gewalt

Für Nationalsozialisten war und ist Gewalt nicht einfach nur ‚Mittel zum Zweck’, sondern ein wichtiger Bestandteil ihrer Ideologie. Zwischen 1933 und 1945 strebten sie ein ‚neues Europa’ an, in dem große Menschengruppen versklavt, vertrieben und ermordet sein sollten. Diesem grausamen Ziel kamen die Nazis sehr nahe: Millionen Menschen – Juden, Sinti, Roma, politische GegnerInnen, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung und andere – wurden ermordet. Millionen weitere wurden vertrieben, verschleppt und zu Zwangsarbeit gezwungen.
Heutige Nazis vom Kameradschaftsspektrum über AN bis zur NPD stellen sich selber in diese deutsche Tradition. An ihrem Ziel hat sich genauso wenig geändert wie an ihrer menschenfeindlichen Ideologie. Dass ‚nur’ über 150 Menschen in der BRD der letzten 20 Jahre von Nazis ermordet wurden, liegt an den eingeschränkten Möglichkeiten und mitnichten am mangelnden Vernichtungswillen der Szene.

Polizei und Staatsanwaltschaft: Totschweigen zum Erhalt von Ruhe und Ordnung

Während auf Kiels Straßen tagelang eine äußerst angespannte Lage herrschte, schwiegen Polizei und Staatsanwaltschaft die jüngsten Vorkommnisse in Kiel im Zusammenhang mit der Welle von Nazigewalt inklusive zweier antifaschistischer Demonstrationen mit 60 und 250 TeilnehmerInnen nicht nur wie zu erwarten tot, sondern hielten Betroffene und JournalistInnen sogar dazu an, nichts darüber zu veröffentlichen. Begründet wurde dies damit, es würde sich bei den Verantwortlichen der Naziattacken und den Menschen, die sich dagegen zu Wehr setzten, um zwei sich bekriegende unpolitische „Banden“ handeln. Wieder einmal machten die Staatsorgane in Kiel deutlich: Sie haben weder Interesse daran, sich mit den Naziaggressionen auseinanderzusetzen, noch sind sie Willens und in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Ihnen geht es ausschließlich darum, dass eine oberflächliche Ruhe und Ordnung auf Kiels Straßen nicht durch einen in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Konflikt gestört wird.
Kieler AntifaschistInnen zogen hieraus Konsequenzen und informierten die Bevölkerung mit tausenden verteilten Flugblättern auf Deutsch und Türkisch. Über 600 TeilnehmerInnen einer antifaschistischen Demonstration im Stadtteil Gaarden am 03.05. bewiesen, dass sich derzeit trotz der (mittlerweile ein stückweit gebrochenen) Nachrichtensperre ein breiter und starker Widerstand gegen das offensive Gehabe der Nazis in Kiel formiert.

Aktiv bleiben gegen Nazis und ihren Nährboden

Hieran gilt es anzuknüpfen: Die Geschichte hat gezeigt, dass es unumgänglich ist, den Nazis überall dort entschlossen entgegenzutreten, wo sie zu erstarken drohen. Darum muss es uns als AntifaschistInnen darum gehen, eine Stimmung in der Stadt zu schaffen, die ihnen jeglichen Raum für ihre Aktionen nimmt. Dazu gehört auch, neben der Verhinderung ihrer öffentlichen Auftritte und der Beseitigung von Nazipropaganda im Straßenbild, die Nazis aus ihrer Anonymität zu reißen und ihnen in ihrem alltäglichen Leben permanent auf die Nerven zu gehen. Klärt Euer Umfeld über das Naziproblem in Kiel auf und werdet selbst aktiv. Dass wir unsere Intervention nicht auf die Zeit des NPD-Wahlkampfes beschränken dürfen und die politische Auseinandersetzung nicht bei den bekennenden NationalsozialistInnen stehen bleiben darf, steht für uns außer Frage. Ist es doch erst die rechte Politik der so genannten bürgerlichen Mitte, die Rassismus, Nationalismus und die Schaffung von Sündenböcken als bedeutende Bestandteile der Naziideologie zum Normalzustand der Gesellschaft machen. Der antifaschistische Kampf muss sich selbstverständlich auch gegen diejenigen richten, die für Abschiebungen verantwortlich sind, die die Bundeswehr wieder für deutsche Großmachtinteressen Kriege führen lassen und die mit nationalistischer Stimmungsmache die allgegenwärtigen kapitalistischen Krisensymptome wie die Verarmung breiter Bevölkerungsteile übertünchen wollen.
Eine wichtige Rolle muss in diesem Kampf auch weiterhin der gemeinsame Ausdruck einer antifaschistischen Gegenmacht auf der Straße zukommen, weshalb wir zur Teilnahme an der antifaschistischen Bündnisdemonstration „Das ist unsere Stadt – Keine Stimme den Nazis!“ des Runden Tischs gegen Rassismus und Faschismus in Kiel am 24. Mai aufrufen.

Wehrt Euch gegen den Nazi-Aktivismus in Kiel – auf Euren Ebenen, mit Euren Mitteln!
Rassismus und Nationalismus bekämpfen – nicht nur im Nazigewand, nicht nur im Wahlkampf!

Antifaschistische Demonstration: 24. Mai 2008
Auftaktkundgebung: 11.30 Uhr, Bahnhofsplatz

Autonome Antifa-Koordination Kiel
(formerly known as „Anti-Nazi-Koordination Kiel“)