Gewalt, Intrigen, antifaschistischer Widerstand – Schleswig-Holstein vor dem nächsten Gehversuch von „Neumünster wehrt sich“

Am morgigen Samstag, 23. April 2016 will die Neonazi-Struktur „Neumünster wehrt sich“ um Manfred Riemke abermals versuchen, in der Schwalestadt aufzumarschieren. So kündigen die Rassisten seit Anfang dieser Woche eine Kundgebung ab 14 Uhr auf dem Rudolf Weißmannplatz („AOK-Parkplatz“) am Rande der Neumünsteraner Innenstadt an. Antifaschist_innen mobilisieren derweil zu einer Gegenkundgebung ab 13 Uhr in unmittelbarer Nähe an der Rudolf Weißmannstraße Ecke Ringstraße. Auch aus anderen Städten werden sich wieder zahlreichen Demonstrant_innen den Aktionen gegen die Neonazis anschließen. So sind gemeinsame Bahn-Anreisen von Antifaschist_innen aus Kiel (11.40 Uhr HBF), Hamburg (11 Uhr HBF) und Bad Oldesloe (11 Uhr Inihaus) aus drei Himmelsrichtungen angekündigt.

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Die Bilanz der rechten Mobilmachung in Schleswig-Holstein in den vergangenen Monaten, deren Zentrum die nunmehr vier Ankündigungen von Hetzaufmärschen gegen Geflüchtete in Neumünster bilden, fällt für die Rassist_innen denkbar schlecht aus: Einmal nur 50m gelaufen zu sein, einmal abgeschirmt in der letzten Ecke eines einsamen Kantplatzes herumzudümpeln und einmal gar nicht erst erschienen zu sein, hält die Neonazis offenbar nicht davon ab, es wieder wissen zu wollen. Die Erfolgsaussichten sind bescheiden: Die bisherigen Organisator_innen gelten als zerstritten und überziehen sich zum Teil gegenseitig mit Anzeigen. Eine vor wenigen Tagen von Antifaschist_innen aufgedeckte Schmierenkomödie der bei „Neumünster wehrt sich“ aktiv involvierten Neonazis Nico Seifert und Sebastian Struve, die im Jahr 2012 als „Nationalsozialistische Störungsgruppe“ gegen die schleswig-holsteinische NPD intrigierten, wird kaum zur Besserung der Stimmung in dem rassistischen Zweckbündnis beitragen. Denn spätestens seit der zweiten Kundgebung im Januar sind dort auch führende NPDler wie Marc Proch organisatorisch maßgeblich beteiligt gewesen.

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Auch der kläglich gescheiterte Versuch, am vergangenen Samstag in Bad Oldesloe aufzulaufen, lässt das ambitionierte neonazistische Begehren, eine mächtige völkisch-nationalistische Bürgerbewegung zu sein, ziemlich armselig aussehen. Der Aufmarsch von gerademal knapp 80 Neonazis aus mehreren Bundesländern pointierte das drastische Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit: 1500 Antifaschist_innen sorgten mit Blockaden sowie militanten Aktionen im Vorfeld und am Tag selbst dafür, dass die Nazidemo nicht einmal bis zur nächsten Straßenecke laufen konnte.

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Wie gefährlich der rechte Sumpf trotz fehlender Erfolge auf der Straße nichtsdestotrotz auch mit seinen paar Dutzend Elend sein kann, zeigen jedoch verschiedene gewaltätige Nazi-Angriffe in Schleswig-Holstein binnen nur einer Woche: Bekannt geworden sind ein Überfall einer Reisegruppe der Neonazis auf Antifaschist_innen im Anschluss der Demonstration in Oldesloe am Lübecker Bahnhof, ein nächtliche Angriff auf den linken Buchladen Zapata in Kiel am Abend zuvor, bei dem ein rechter Hintergrund mehr als nahe liegt, oder der widerliche rassistische Angriff auf den Blauen Engel und sein Projekt Café Welcome sowie die Schändung des jüdischen Friedhofes am vergangenen Wochenende ebenfalls in Lübeck.
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Desweiteren tauchten vor gut einer Woche bei einer Informationsveranstaltung zu der geplanten Geflüchtetenunterkunft in der Hindenburgkaserne in Neumünster, die auch Aufhänger der morgigen Hetzkundgebung ist, mehrere Neonazis um den NPD-Ratsabgeordneten Mark Proch auf. Bei der Veranstaltung wurde Proch wiederholt eine Plattform für seine rassistischen Beiträge geboten und traf dabei durchaus auf fruchtbaren Boden bei Teilen des anwesenden Publikums. Teilnehmende Antifaschist_innen hingegen wurden sowohl von Proch selbst als auch anderen Anwesenden angefeindet und teilweise bedroht, bezeichnenderweise wurde in diesem Zuge ein Antifaschist von der Polizei wegen angeblicher Störung der Veranstaltung verwiesen.

Trotz all des zur Schau gestellten Dilettantismus kann „Neumünster wehrt sich“ als erster ernstzunehmender Versuch der Neonazis in Schleswig-Holstein seit 2012 gewertet werden, „die Straße“ zu erobern: Es bleibt zweifelsohne überschaubar, nichtsdestotrotz ist in der rechten Restszene wieder etwas in Bewegung geraten. Gründe genug also, um auch dieses Mal wieder dafür zu sorgen, dass die Motivationslage bei den RassistInnen auch weiterhin keine Schübe bekommt und durch kontinuierlichen entschlossenen Widerstand zu verhindern, dass neo-faschistische Kräfte auch in Schleswig-Holstein von der rassistischen Stimmungsmache und dem allgemeinen Rechtsruck in Deutschland profitieren können. Die Ausgangslage darf aus antifaschistischer Perspektive insgesamt optimistisch stimmen.

Solidarität mit dem Buchladen Zapata – unterstützt, spendet, seid wachsam, organisiert Euch!

In der Freitagnacht vom 15. auf den 16. April 2016 wurde gegen 3.30 Uhr der Buchladen Zapata am Wilhelmplatz in Kiel von mutmaßlich drei Personen angegriffen und eine Schaufensterscheibe zerstört. Während seiner mehr als 30jährigen Existenz wurde der linke Buchladen immer wieder Ziel solcher Attacken, die in der Vergangenheit nachweislich von Neonazis verübt wurden, zuletzt in den Jahren 2008, 2009 und 2010. Ein rechter Hintergrund liegt somit auch in diesem Fall nahe, zumal der Angriff offensichtlich gezielt erfolgte und zudem zeitlich in der Nacht vor einem Neonaziaufmarsch in Bad Oldesloe geschah, der von rechten Protagonisten aus ganz Schleswig-Holstein initiert wurde.
Im Vorfeld dieses Aufmarsches sowie am Tag selbst verhinderten eine breite antifaschistische Gegenmobilisierung und erfolgreiche Aktionen gegen seine Organisatoren abermals, dass neo-faschistische Kräfte auch in Schleswig-Holstein von der rassistischen Stimmungsmache und dem allgemeinen Rechtsruck in Deutschland profitieren können. Auch andere Versuche im Land wieder stärker Fuß zu fassen, wie z.B. verschiedene Aufmarschversuche in Neumünster, scheiterten im zurückliegenden halben Jahr allesamt am kontinuierlichen antifaschistischen Widerstand. Es ist somit nicht auszuschließen, dass der Buchladen Zapata, der in der Neonaziszene immer wieder als ein symbolischer Ort der antifaschistischen Bewegung in Schleswig-Holstein interpretiert worden ist, auch stellvertretend für dieses Engangement gegen rechte Reorganisierungsversuche in den letzten Monaten angegriffen wurde.
Auch in Lübeck kam es in der letzten Woche zu mindestens drei Neonazi-Angriffen. So wurden am Samstag Antifaschist_innen am Lübecker Bahnhof auf ihrer Rückreise von den Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch in Bad Oldesloe brutal attackiert, in der Nacht von Sonntag auf Montag wurde der Blaue Engel, der das antirassistische Projekt Café Welcome beherrbergt, Ziel eines widerlichen Anschlags, eine Nacht zuvor wurde der jüdische Friedhof geschändet. Auch in diesen Fällen gilt den Betroffenen unsere ausdrückliche Solidarität!
Wir rufen alle Kieler_innen dazu auf, deutlich zu machen, dass die Betreiber_innen des Buchladen Zapata viele, viele Freund_innen in dieser Stadt und darüber hinaus haben und ein solcher Angriff wie schon in vergangenen Jahren ins Leere laufen wird. Zeigt Eure konkrete Solidarität: Besucht den Laden, kauft Bücher, spendet und helft bei der finanziellen Tilgung des materiellen Schadens, seid wachsam gegenüber Nazi-Umtrieben auch im Umfeld anderer Projekte, organisiert den antifaschistischen Selbstschutz und lasst sie nicht durchkommen.
Spendenkonto für von Nazi-Gewalt betroffene Projekte:
Verein zur Förderung der politischen Bildung in Gaarden e.V.

DE53 2109 0007 0051 4487 00

GENODEF1KIL

Kieler Volksbank eG
Stichwort: Antifa-Solidarität (wichtig!)
Niemand steht allein – gemeinsam stark gegen rechte Angriffe!

Autonome Antifa-Koordination Kiel, 22.4.2016

„Neumünster wehrt sich” – da wächst (nicht) zusammen, was (nicht) zusammen gehört

Folgend dokumentieren wir einen Artikel von La Quimera: antifascist watch group S-H:

„Am 23. April will die neonazistische Organisation “Neumünster wehrt sich” wieder durch die Stadt an der Schwale marschieren. Die bisherigen Auftritte waren die ersten ernsthaften Versuche seit dem 1. Mai 2012 Aufmärsche in Schleswig-Holstein durchzuführen. Dementsprechend werden die Aktivitäten auch von anderen rechten Akteur_innen genau beobachtet, um das eigene Potential “auf der Straße” ebenso abschätzen zu können, wie jenes der politischen Gegner_innen. Diese Heterogenität spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur wider. Wie wir schon berichteten , übernehmen dort Neonazis verschiedener politischer Herkunft Verantwortung, was, wie dargestellt , auch schon den einen oder anderen Konflikt mit sich brachte. Nicht zuletzt deshalb dürfte der letzte geplante Auftritt am 28. Februar abgesagt worden sein. Dass die offizielle Begründung schlicht gelogen war, ist leicht daran ersichtlich, dass als Grund abwechselnd “organisatorische und technische Gründe”, eine “Erkrankung” oder eine “Sportverletzung am Knie” von Manfred Riemke genannt wurden. Zeichnet es schon ein desolates Bild, dass sich die Neonazis nicht einmal auf eine Ausrede einigen konnten, setzte Riemke dem erbärmlichen Schauspiel noch die Krone auf, als er am Tag der geplanten Kundgebung bei bester Gesundheit in Neumünster unterwegs war. Doch wie wir in diesem Artikel darstellen wollen, ist dies längst nicht das einzige Konfliktpotential. An der Organisation beteiligte Strukturen, haben sich in der Vergangenheit zum Teil massiv hintergangen und angeschwärzt. Diese Vorgänge wurden nie öffentlich thematisiert und selbst ein großer Teil der direkt betroffenen Neonazis kennt die genauen Zusammenhänge nicht. Das werden wir heute ändern.


Jörn Lemke (m.) und Nico Seifert (r.)

Wir schreiben das Jahr 2012. Der NPD-Landesverband muss mal wieder einen Landtagswahlkampf stemmen, in der Hoffnung, mit ausreichend Stimmen, zumindest an die staatliche Parteienfinanzierung zu gelangen. Doch eigentlich ist die Partei zu einem flächendeckenden Wahlkampf nicht in der Lage. Auf diese Ausgangslage sind wir schon in der Vergangenheit eingegangen . In dieser fragilen Situation meldet sich kurz vor der Wahl eine bis dahin unbekannte “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” (NSH) zu Wort. Der gleichnamige Blog versteht sich als Enthüllungsplattform über die NPD in Schleswig-Holstein. In einem langen Pamphlet wird u.a. dem Landesgeschäftsführer Wolfgang Schimmel “Rassenschande”, also ein Kind mit einer “nicht-deutschen” Frau, vorgeworfen, der Autismus des damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke öffentlich gemacht, werden die Landesvorstandsmitglieder Jörn Lemke und Roland Siegfried Fischer als V-Leute des Verfassungsschutz “enttarnt” und allerlei Interna, wie Treffpunkte der rechten Szene, ausgeplaudert. Für Beobachter_innen der Szene decken sich viele Informationen mit anderen Quellen, so dass dort sehr gut informierte Kreise am Werk gewesen sein müssen. Sogar die “Enttarnung” der beiden V-Leute, für deren Arbeit für den Inlandsgeheimdienst es nach wie vor keinen Beleg gibt, erscheint heute in einem anderen Licht. Denn Anfang Dezember 2012 trat Roland Fischer von allen Ämtern zurück und aus der Partei aus. Inzwischen ist durch das NPD-Verbotsverfahren bekannt, dass genau zu diesem Zeitpunkt, nach Angaben der Innenminister_innen, die letzten Quellen in den Führungsgremien der Partei abgeschaltet worden seien.

Doch wer steckte hinter dem Blog und dem Aufruf zum Boykott der NPD? Schnell wurden damals Spekulationen laut. Für möglich gehalten wurde eine “false flag”-Aktion gut informierter antifaschistischer Gruppen. Doch glaubhaft ist dies nicht. Bekanntermaßen entspricht es nicht dem politischen Stil von Antifaschist_innen, offensiv Neonazi-Propaganda zu verbreiten. Innerhalb der rechten Szene wurde schnell mit Namen jongliert, welche Kandidat_innen in den eigenen Reihen in Frage kämen. Insbesondere Dennis Brandt, der zu diesem Zeitpunkt erst kürzlich eine umfassende Aussage bei der Polizei gemacht hatte , und Kevin Stein, schon in handfeste Auseinandersetzungen in der Szene verwickelt , schienen in Frage zu kommen.


Sebastian Alexander Struve

Doch all diese Rechnungen wurden ohne zwei altbekannte Querulanten mit denkbar schlechtem Verhältnis zur NPD gemacht: Sebastian Alexander Struve (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Eutin”) und Nico Seifert (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Neumünster”). 2012 standen beide vor dem politischen Nichts. Ihre jeweiligen Gruppierungen waren zerfallen und den “Rückweg” zur NPD haben sich beide verbaut. Die Gründe im Fall von Sebastian Struve haben wir schon in unserem letzten Artikel zu diesem Thema dargelegt , weshalb wir hier vorwiegend die Vorgänge um Nico Seifert darstellen werden. Seifert war eine zentrale Figur der rechten Szene in Neumünster. Insbesondere mit seinem Freund Daniel Zöllner (“Aktionsgruppe Kiel”) stand er für einen sehr aktionistischen Neonazismus im Stil der “Autonomen Nationalisten”. Doch nachdem die “Aktionsgruppen” um das Jahr 2010 ihren Zenit überschritten hatten, nahm das Konfliktpotential um Seifert in Neumünster zu. Es hieß, Seifert schulde dem, damals ebenfalls im Niedergang begriffenen, “Club 88” Geld. Dieses Geld versuchten die im “Club” zunehmend dominanten “Bandidos” und ihre Unterstützer einzutreiben. Beteiligt war u.a. der heute bei “Neumünster wehrt sich” eingebundene Manuel Fiebinger. Dass die Schulden im Falle Seiferts besonders gern und nachdrücklich zurück gefordert wurden, mag auch daran liegen, dass er, über Daniel Zöllner, Kontakte zu den Erzfeinden der “Bandidos”, den “Hells Angels”, hat. Auch der Weg zur NPD war versperrt. Hier rächte sich, dass Seifert in der ganzen Szene damit geprahlt hat, den damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke verprügelt zu haben. Als die Lage zunehmend brenzlig wurde, verließ Seifert Neumünster in Richtung Witzwort (Nordfriesland).


Laut Struve Kundgebung mit Unterstützung vom Verfassungsschutz: Mike Östreich, Daniel Nordhorn und Roland Fischer (v.l.n.r.)

Nun befanden sich Struve und Seifert in einer ähnlichen Lage: Beide vereint ein Führungsanspruch innerhalb ihrer Szene, aber beiden fehlte in Schleswig-Holstein jeglicher Rückhalt, um diesen auch durchzusetzen. Als Konsequenz diskutierten die beiden neue Strukturen jenseits von Rockern und NPD aufzubauen. Seifert kontaktierte 2012 “Die Rechte” und 2013 den “III. Weg”, um Möglichkeiten einer Expansion nach Schleswig-Holstein zu diskutieren. Selbstredend mit sich selbst als “Führer” der neuen Bewegung. Diese Pläne scheiterten jedoch an der mangelnden Basis und der organisatorischen Unfähigkeit Seiferts. Struve, ganz der “Autonome Nationalist”, schwebte mehr eine kompromisslos nationalsozialistische Kameradschaft, fern jeder Partei, vor. Auch diesen Plänen war Seifert nicht abgeneigt, ging es ihm ja primär sowieso nur um eine Führungsrolle jenseits der Kreise, die ihn gerade verfolgten. In der Verfolgung dieses Ziels waren theoretische Grundkonzepte verhandelbares Beiwerk. Auf der Suche nach einem Ausweg intensivierten beide bundesweite Kontakte. Struve stand im Austausch mit Dortmunder “Autonomen Nationalisten” (die ihm auch bei seiner später beschriebenen Intrige halfen), Seifert nach Gütersloh zu Julian Fritsch (Nazi-Rapper “Makss Damage”). Dieser war zu diesem Zeitpunkt mit Belinda B. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”, inzwischen lebt B. in Gütersloh) in einer Beziehung. Zusammen mit Janina H. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”) waren Seifert und B. in dieser Zeit, auf Einladung von Fritsch, mehrfach in der westdeutschen Kameradschaftsszene unterwegs, u.a. bei Axel Reitz in Köln.


Belinda B. (r.) als Ordnerin bei einem Auftritt der “Aktionsgruppe Kiel” am 8. Mai 2010 vor dem Kieler Hauptbahnhof

Sogar die Finanzierung ihrer neuen Bemühungen haben Struve und Seifert intensiv diskutiert. Während sich Struve vorwiegend um Vernetzung innerhalb der Rechten bemühte, versuchte Seifert Finanzquellen zu finden. Zunächst beteiligte er sich am Versand “Support Wear” des Kieler Neonazis Matthias Kussin (früher Matthias Lehnecke). Als das Vorhaben im Streit endete, versuchte Seifert vergeblich eigene Versände verschiedener Ausrichtung ins Leben zu rufen. Die Pläne scheiterten samt und sonders an einfachsten organisatorischen Schritten, zu denen Seifert nicht in der Lage war. Doch ganz Geschäftsmann hatte Seifert natürlich mehrere Eisen im Feuer. Als weiteres Standbein schwebte ihm eine Karriere als Pornostar vor. Da sich aber absolut keine Darsteller_innen fanden, die bereit waren mit Seifert einen Porno zu drehen, erörterten Struve und Seifert die Chancen im Geschäft der Zuhälterei, auch bekannt als Menschenhandel. Naheliegenderweise hatten die beiden Neonazis keine inhaltlichen Skrupel, sexuelle Ausbeutung als weiteren Stein in ihr Mosaik der Menschenfeindlichkeit zu setzen. Allerdings schienen ihnen die Rocker in diesem Bereich zu dominant, Seifert hatte ja gerade erst schlechte Erfahrungen mit den “Bandidos” gemacht.
Doch all diese Bemühungen hatten nicht den gewünschten Effekt. Irgendwie müssten die bisherigen Strukturen in Schleswig-Holstein destabilisiert werden, damit die Szene auf die beiden selbsternannten Nachwuchs-“Führer” angewiesen wäre. Gleichzeitig müsste leidige Konkurrenz um den zukünftigen Thron schon einmal vorbeugend auf Distanz gehalten werden. So ersann Struve zusammen mit Seifert einen Plan: Auf einem nicht auf ihn zurückführbaren Blog bringt er Interna und Intrigen der NPD an das Licht der Öffentlichkeit. Bei den, hoffentlich folgenden, internen Spannungen im NPD-Landesverband könnten er und Seifert einspringen und sich von der NPD abkehrende Neonazis für ihre Zwecke einsammeln. Die “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” war geboren. Gleichzeitig bekam Struve Wind davon, dass Ray Vogel (inzwischen Führungsfigur “Identitas Gemeinschaft” ) in Eutin und Umgebung eine neue Gruppierung gründen wolle. Diese sollte, in Anlehnung an die “Spreelichter” aus Vogels Heimat Brandenburg, “Nordlichter” heißen. Diese Gruppierung könnte allerdings Struves genialen Plan zunichte machen und die versprengten “Kameraden” nach dem Zusammenbruch der NPD an sich binden. Also kontaktierte er Marcel Forstmeier (Führungsfigur “Spreelichter”), um “Nordlichter” gewissermaßen die Franchise-Genehmigung entziehen zu lassen. Ironischerweise existiert inzwischen auf Facebook ein Profil der “Nordlichter”, das Beobachter_innen Struves Umfeld zurechnen.
Der Ausgang der Intrige um die NSH war ebenso ernüchternd wie vorhersehbar: Das ganze Unterfangen entpuppte sich als große Luftnummer und beide Protagonisten verschwanden für Jahre von der Bildfläche. Zurück bleibt aus antifaschistischer Perspektive einzig der Blick in menschliche Abgründe, in der gescheiterte Existenzen sich gegenseitig in ihrer Menschenfeindlichkeit überbieten, um eines Tages vielleicht einmal der große “Führer” zu werden.

Spannend, aber nicht überraschend ist, dass Struve sich aktuell stark innerhalb von “Neumünster wehrt sich” engagiert. Da stehen also Menschen aus der NPD, die Struve mittels einer Intrige abschaffen wollte, Seite an Seite mit ihm und organisieren Kundgebungen. Denn der Umgang mit dem Verrat ist genauso verlogen, wie der Verrat selbst. Nachdem Struve abgetaucht war und selbst treue Weggefährten wie Tobias J. (inzwischen “Identitas Gemeinschaft”) nicht mehr zu ihm stehen, biedert er sich jetzt wieder bei der verfeindeten NPD an. Profitieren tut er wohl davon, dass die genauen Zusammenhänge der Intrige fast allen Beteiligten unklar sind. Zwar herrscht innerhalb des NPD-Landesverbands ein Unbehagen gegenüber Struve, was sich auch darin ausdrückt, dass vom Führungspersonal einzig Mark Proch maßgeblich an “Neumünster wehrt sich” beteiligt ist, aber für eine konkrete Distanzierung von ihrem ehemaligen Kandidaten Struve fehlten die handfesten Belege. Beobachter_innen dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Fest steht allerdings, dass es im Umfeld vom Struve nie ohne Machtkämpfe zugehen wird. Insbesondere da seine neue “rechte Hand” Malte Magnussen auf diesem Gebiet auch kein unbeschriebenes Blatt ist. So steht für “Neumünster wehrt sich” in den nächsten Monaten viel auf dem Spiel. Das dürfte auch Neonazis aufhorchen lassen, die sich bisher nicht an den Neumünsteraner Kundgebungen beteiligten, denn in der Schwale-Stadt steht stellvertretend die Kampagnenfähigkeit der ganzen radikalen Rechten Schleswig-Holsteins zur Disposition. Ein Scheitern der Aufmärsche würde das Ansehen der neonazistischen Strukturen im nördlichsten Bundesland nochmals beschädigen und somit das Mobilisierungspotential zukünftiger Aktionen schwächen. Dumm nur, dass die Führungskader in Neumünster Dilettanten und Intriganten das Feld überlassen haben.“

“Neumünster wehrt sich” – da wächst (nicht) zusammen, was (nicht) zusammen gehört

AFD-Kreisvorstand am Arbeitsplatz geoutet

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia Linksunten:

„Outing am Arbeitsplatz: Gert Hoffmeister, AfD-Kreisvorstand Kiel

Die AfD steht für offenen Rassismus. Sie entwürdigt und entmenschlicht Flüchtende, die in Deutschland Schutz suchen. Parteisprecherin Frauke Petry und AfD-Vizin Beatrix von Storch forderten im Frühjahr 2016 sogar den Waffeneinsatz gegen Geflüchtete an den EU-Außengrenzen. Die AfD benutzt Schlagwörter wie »Überfremdung«, »Asylmissbrauch«, »Parallelgesellschaft« oder »Asylchaos«, um bei der Bevölkerung Ängste zu erzeugen, sie würden ihre erarbeiteten Existenzen verlieren oder das deutsche Sozialsystem würde »geplündert« und infolgedessen zusammenbrechen.

Über diese rassistischen Aspekte hinaus steht die AfD als Partei der „Besserverdienenden“ für die radikale Abschaffung von Sozialleistungen und will das staatliche Eingreifen in die Wirtschaft immer stärker beschneiden. Arbeitszwang für Erwerbslose ist ebenso ein Vorschlag zur Verstärkung einer Zwei-Klassengesellschaft, wie die gezielte Elitenförderung von Kindern aus reichen Familien. Auf die Spitze treibt die AfD es mit der Forderung der Abschaffung des Mindestlohns und der Senkung des Spitzensteuersatzes. Im Ernstfall heißt es dann: Wie du überlebst, wenn du dem Arbeitsmarkt zum Opfer fällst, bleibt deine Sache.

Das traditionelle Familienbild mit der Familie als „Keimzelle der Nation“ steht in der Familienpolitik bei der AfD im Mittelpunkt. Bedroht sieht sie dieses durch arbeitende Mütter, Zuwanderung und »Frühsexualisierung«, »Gender Mainstreaming« und gleichgeschlechtliche Ehe, weshalb z.B. das Thema Homosexualität komplett aus dem Schulunterricht verbannt werden soll. Die AfD fordert eine Volksabstimmung zum Verbot von Abtreibungen und spricht damit Frauen jedes Recht auf Selbstbestimmung ab.

Dass sich die AfD mit dem Rechtsruck 2015 stark für alle rechtsradikalen Kräfte geöffnet hat, ist wohl am besten am Beispiel PEGIDA zu sehen. Reihe um Reihe laufen dort und auf ähnlichen Demos klassische Stiefelnazis, Autonome Nationalisten und Parteimitglieder der NPD und AfD. Mit den reaktionären Schlagworten versucht die AfD auf Stimmenfang zu gehen – und hat damit leider auch teilweise ziemlich großen Erfolg. Im Hinblick auf die kommenden Landtagswahl nächstes Jahr in Schleswig-Holstein haben wir uns den Landesparteiverband der AfD ein bisschen genauer angesehen, damit es nicht soweit kommt wie in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Fangen wir anlässlich des Landesparteitages der AfD Schleswig-Holstein, der am vergangenen Samstag, den 16.4.2016 in Henstedt-Ulzburg statt fand, beim Kreisverband der Landeshauptstadt Kiel an.

Gert Hoffmeister ist seit dem 15. September 2015 Beisitzer des Kreisvorstandes. Vorher trat er für die Partei nicht öffentlich auf und hält sich auch bis jetzt sehr bedeckt.

Nach fast 6 Jahren als Student beendete Hoffmeister das Studium des Mechanical Engineering mit dem Schwerpunkt „Marine Technology“ als Diplomingenieur im Juli 1992 an der TU Hamburg-Harburg. Er fand daraufhin für drei Jahre Anstellung bei Blohm + Voss und war dann bis einschließlich September 1996 als Projektingenieur bei den Harzwasserwerken des Landes Niedersachsen im Dienst. Im Oktober des gleichen Jahres wechselte Hoffmeister dann zu seinem derzeitigen Arbeitgeber Caterpillar. Dort wechselten seine Tätigkeiten immer mal wieder innerhalb des Betriebes und ab April 2014 bis heute ist er am Caterpillar-Standort in Kiel-Friedrichsort, Falkensteiner Straße 2, „Nuclear Segment Manager“.

Dass der Arbeitgeber von Gert Hoffmeister über die rechten Umtriebe und das ätzendes Weltbild seines Mitarbeiters informiert wurde, sehen wir als notwendigen Schritt, um Rassist_innen wie Hoffmeister jeden Raum zu nehmen, in dem sie ihre menschenfeindlichen Ideen verbreiten können und schlimmstenfalls noch Anhänger_innen finden.

Nationalismus ist keine Alternative!

Frei.Wild-Konzert in Kiel und Gegenaktionen

Am Samstag den 9.4. findet in der Kieler Sparkassenarena ein Konzert der nationalistischen und rechts-offenen Band „Frei.Wild“ statt. An diesem Abend werden daher mehrere tausend Fans der Band in der Innenstadt erwartet, deren Spektrum sich von sich selbst als „unpolitisch“ verstehenden „Deutschrock“-Fans über so genannte „Patrioten“ und Rocker bis hin zu Neonazis erstreckt. Mehrere Gegenveranstaltungen sind in Planung.

Bereits im Vorfeld sorgte das angekündigte Frei.Wild-Konzert für politischen Trouble in der Kieler Ratsversammlung: Die Fraktion der LINKEN hatte unter dem Motto „Kein Platz für völkisches und nationalistisches Gedankengut in der Landeshauptstadt Kiel“ einen Antrag zur Missbilligung des Auftritts gestellt, welcher mehrheitlich von den anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Diese brachten daraufhin einen eigenen Antrag ein, in der Kiel als „weltoffene, friedliche, solidarische Stadt“ gelobt wird. Weiter heißt es dort: „Die Ratsversammlung begrüßt es, wenn Künstlerinnen und Künstler in ihrem Wirken diesen Werten entsprechend agieren. Für alle anderen gilt, dass sie im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Freiheit der Kunst handeln können, aber auch eine gesellschaftliche Diskussion darüber aushalten müssen“. Zum Antrag der LINKEN äußerte sich Oberbürgermeister Kämpfer in der Presse „fassungslos“ und sprach von „Zensur“ (KN, SHZ, ND), obgleich im Antrag der LINKEN kein Verbot des Konzerts gefordert wurde.

Unterdessen geht die Band Frei.Wild, nach eigenen Bekunden das erste Mal, auch juristisch mit Unterlassungsklagen gegen ihre Kritiker_innen vor. Vor Gericht bekam die Band offensichtlich recht, auf ihrer Internetseite schreibt sie: „Recht zu kriegen ist gleich doppelt so schön, wenn andere, vermeintlich unglaublich soziale, ja auch nach außen ach so aufrichtig – und natürlich immer auch sehr links gefärbte Menschen, Unrecht haben… und Unrecht kriegen (haha)“.

In Kiel erwartet die Band und ihre Fans trotz allem breiter politischer Protest: Für Mittags um 12 Uhr ruft der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus zu einer Kundgebung auf dem Europaplatz vor der Sparkassenarena unter dem Motto „Für ein freiwildfreies Kiel! Für Vielfalt und offene Grenzen!“ auf und für den Abend kündigt ein Bündnis aus AStA und Partei- und Gewerkschaftsjugenden in der Innenstadt eine Demo unter dem Motto „Frei.Wild Fans den Abend vermiesen? Kein Parkplatz für Nationalismus!“ (Facebook) an.

In den vergangenen Wochen wurde auch die Initiative „Keine Bühne für Nationalisten„, welche bereits letztes Jahr in Flensburg ein Gegenfestival zum Frei.Wild-Auftritt in Schleswig organisierte, mit Veranstaltungen zum Thema in Kiel, Neumünster und Husum aktiv (Facebook). Darüber hinaus veranstalten „Keine Bühne für Nationalisten“ und das Nutzer_innenplenum der Alten Meierei am Abend des Frei.Wild-Auftritts in Kiel ein antifaschistisches Festival mit vier Bands aus Schleswig-Holstein und Hamburg in der Meierei als kulturelle Gegenveranstaltung für alle, die keinen Bock auf Frei.Wild haben!

Da für den Abend wie schon erwähnt mehrere tausend Frei.Wild-Fans in der Stadt erwartet werden, rufen wir dazu auf, aufmerksam und wachsam gegenüber möglichen Übergriffen zu sein. In diesem Kontext sei auch eine Veranstaltung in der Hafenbar „Tat-Ort“ genannt, die ab 20 Uhr unter dem Motto „Wir sind FREI und WILD!“ zur Musik von Frei.Wild und „viele andere Deutsch Rock Klassiker“ (sic!) ein sehr wahrscheinlich unsympatisches Klientel einlädt.

Antifa do it again – auch den nächsten Aufmarsch von „Neumünster wehrt sich“ zum Desaster machen!

Für Samstag, den 23. April kündigt die Neonazi-Struktur „Neumünster wehrt sich“ erneut einen Aufmarsch an. An einem noch unbekannten Ort wird ab 14 Uhr für eine „Kundgebung/ Demo“ in der Stadt mobilsiert, die sich u.a. gegen die Einrichtung einer neuen Geflüchteten-Unterkunfit richten soll. Nachdem die beiden bisherigen Aufläufe am 14.11.2015 und 16.1.2016 jeweils von mehreren hundert Antifaschist_innen mit einem Aktionsspektrum von friedlich bis militant begleitet wurden, blieb den Neonazis aufgrund von internen Mobilisierungsproblemen am 28.2.2016 nichts anderes übrig, als den Aufmarsch mit der Notlüge einer angeblichen „Sportverletzung“ von Manfred Riemke abzusagen. Allerdings schafften es die Neonazis nicht einmal, diese Notlüge konsistent zu vertreten und sprachen zu anderen Zeitpunkten von „organisatorischen und technischen Gründen“. Einmal nur 50m gelaufen zu sein, einmal abgeschirmt in der letzten Ecke eines einsamen Kantplatzes herumzudümpeln und einmal gar nicht erst erschienen zu sein, hält die Neonazis offenbar nicht davon ab, es wieder wissen zu wollen. Wie „erfolgreich“ dieser Versuch wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Insbesondere die bisherigen Organisator_innen gelten als zerstritten und überziehen sich zum Teil gegenseitig mit Anzeigen. Trotzdem kann „Neumünster wehrt sich“ als erster ernstzunehmender Versuch der Neonazis in Schleswig-Holstein seit 2012 gesehen werden, „die Straße“ zu erobern. Dass diesem „Testballon“ weitere folgen, beweist der angekündigte Aufmarsch in Bad Oldesloe. Deshalb gilt für uns: Sollten die Neonazis wieder aufmarschieren, werden wir wieder da sein und uns dem rechten Treiben entgegenstellen.

Informationen zu antifaschistischen Gegenaktivitäten und gemeinsamen Anreisen werden in Kürze bekannt gegeben. Darüber hinaus sollten alle Antifaschist_innen sollten sich in ihren Zusammenhängen schon einmal auf die Situation vorbereiten und auf Ankündigungen achten. Überlegt euch, wie ihr euren Teil dazu beitragen könnt, den Auftritt von „Neumünster wehrt sich“ erneut zum Desaster zu machen. Informiert euch! Zieht euch die Recherche-Artikel von La Quimera rein (1, 2), guckt euch Fotos (1, 2, 3) der Neonazis bei den letzten Auftritten an und folgt dem Info-Ticker.

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[Schleswig] Rassistischer Brandanschlag auf syrische Familie

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, am 3.3.2016, versuchten zwei Rassisten in der Bahnhofstraße des Schleswiger Stadtteils Friedrichsberg die Wohnung einer syrischen Familie anzuzünden. Sie taten dies, in dem sie eine brennbare Flüssigkeit von außen gegen die Fensterscheibe im Erdgeschoß kippten und diese anzündeten. Es ist alleine dem Zufall zu verdanken, dass die Flammen so frühzeitig entdeckt worden sind, und sich das Feuer nicht weiter ausbreiten konnte: die Familie handelte geistesgegenwärtig, und war zum Glück in der Lage, den Brand eigenständig mit Decken zu löschen.

Am Montagnachmittag, 7.3. zogen als Reaktion etwa 50 Antifaschist_innen durch die Schleswiger Innenstadt, um ihre Solidarität mit den Betroffenen des Brandanschlags vom auszudrücken. Die kleine Demonstration hatte unangemeldet stattgefunden und wurde nicht von der Polizei begleitet.

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Phantombild eines Täters

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Wir dokumentieren eine Stellungname der AG Antifa Schleswig zu dem Brandanschlag.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, am 3.3.2016, versuchten zwei Rassisten in der Bahnhofstraße des Schleswiger Stadtteils Friedrichsberg die Wohnung einer syrischen Familie anzuzünden. Sie taten dies, in dem sie eine brennbare Flüssigkeit von außen gegen die Fensterscheibe im Erdgeschoß kippten und diese anzündeten. Es ist alleine dem Zufall zu verdanken, dass die Flammen so frühzeitig entdeckt worden sind, und sich das Feuer nicht weiter ausbreiten konnte: die Familie handelte geistesgegenwärtig, und war zum Glück in der Lage, den Brand eigenständig mit Decken zu löschen!

Wir alle sind erleichtert, dass bei diesem feigen Anschlag keine Menschen verletzt worden sind, oder nicht etwas noch Schlimmeres passiert ist! Aber belügen wir uns nicht selbst – vor dem Hintergrund eines rassistisch vergifteten Klimas, das in diesen Tagen überall in unserer Gesellschaft vorhanden ist, könnte es JEDERZEIT möglich sein, dass sich auch das sonst eher biedere Schleswig in einer Reihe mit den Mordbränden von Mölln und Solingen wiederfinden könnte! Auch wenn die Tat selbst verhindert werden konnte: es sind die mörderischen Absichten, die sich dahinter verbergen; es sind die rassistischen Abgründe, die als alleiniges Motiv nachbleiben – die uns zornig machen… die uns dazu bewegen müssen, überall gegen rassistische Stimmungsmache und nationalistische Hetze Gesicht zu zeigen, und entschlossen gegen den völkischen Mob der unsäglichen Pegida-Bewegung vorzugehen.

Dieser Angriff demonstriert auf bedrückende Weise, dass es kaum noch einen Flecken in der Bundesrepublik gibt, der im Augenblick nicht von rassistischen Angriffen betroffen wäre. Zuletzt wurden auch Flüchtlinge in der Stadt Flensburg Opfer von fremdenfeindlicher Gewalt: die Täter waren dabei so skrupellos, eine chemisch-ätzende Flüssigkeit in das offene Duschfenster zu kippen, während sich Menschen aus Syrien dort wuschen. Erst wenige Wochen zuvor brannte in Folge eines Anschlages eine als Flüchtlingsunterkunft vorgesehene Wohnung in einem Flensburger Stadtteil aus. Die Absichten der Täter richten sich also immer gewissenloser und mörderischer gegen die Flüchtlinge, deshalb sollten sie nicht länger bloß als eine Art „Warnsignal“ von angeblich „besorgten Bürgern“ und sog. „Asylkritikern“ verstanden werden – wie sich diese Menschenfeinde selbst gerne titulieren – sondern als direkte Hass-Verbrechen und Mordanschläge, die von absolut enthemmten und gewissenlosen Tätern begangen werden!

Auch in jüngster Vergangenheit wurde die betroffene syrische Familie, die erst seit November 2015 in Schleswig wohnt, Opfer von rassistisch motivierter Gewalt: Nach Recherchen von sh.z und NDR wurden bereits Feuerwerkskörper in die Wohnung geschmissen, und ‚Sieg-Heil‘-Rufe und andere Parolen vor dem Wohnhaus gebrüllt.

Schleswigs Bürgermeister Arthur Christiansen fällt jedoch zu den aktuellen Vorkommnissen nichts Besseres ein, als lediglich festzustellen, dass Schleswig „so etwas nicht verdient“ hätte. Anscheinend geht es ihm und anderen Verantwortlichen viel mehr um den guten Ruf der „beschaulichen“ Schleistadt, nicht aber primär um das Wohlergehen der hier lebenden Flüchtlinge! Richtig und bedeutsam wäre es gewesen, die unantastbare Würde und das Menschenrecht auf Unversehrtheit der Flüchtlinge in den Vordergrund zu stellen, und keinen Lokalpatriotismus.

Als Katalysator von rassistischen Pogromen und Hass-Verbrechen sind bei weitem nicht mehr alleine die nationalsozialistischen Mordbrenner der NPD beteiligt, sondern auch die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ und, mit ihr verbunden, die völkisch-rassistische PEGIDA-Bewegung, die als eine Art außerparlamentarischer Arm begriffen werden kann. Insbesondere der Kreisverband Flensburg-Schleswig der AfD macht aus seiner dreisten rechtspopulistischen und kulturrassistschen Grundhaltung keinen Hehl. So teilen sie auf ihrer Facebook-Seite unverblümt Artikel der rechtsextremen Zeitung „Junge Freiheit“, beziehen sich positiv auf das verschwörungstheoretische, antisemitische Magazin „Compact“ und hetzen in bester NPD-Manier gegen Flüchtlinge und nichtchristliche Glaubensbekenntnisse. Es verwundert nicht und passt sehr gut zu dem nach Rechtsaußen verorteten Selbstverständnis dieser Rassisten in Nadelstreifen, dass der Kreisverband der AfD zum Brandanschlag noch kein einziges Wort verloren hat.

Da dieser Angriff unmissverständlich aufgezeigt hat, dass auch Schleswig für die Flüchtlinge keinen sicheren Ort mehr darstellt, fordern wir für die Zukunft:

– Eine lückenlose Benennung und Aufklärung aller rassistischen Gewalttaten

– Die konsequente Bestrafung von rechten Gewalttätern – allerdings nicht im Sinne von sinnloser Zwangsarbeit und Wegsperren, sondern auch mittels einer direkten Konfrontation mit ehemaligen Opfern und migrantischen Kultur-Organisationen

– Ein nachhaltig wirkendes und effizientes Schutz-Konzept für Flüchtlinge im Kreis Schleswig-Flensburg, das sich durch eine bewusste Beteiligung aller Flüchtlingshelfer_innen, aber auch von antirassistischen Gruppen sowie natürlich der Flüchtlinge selbst auszeichnet, da sie die unmittelbar Betroffenen von rassistischer und nazistischer Gewalt sind! Dabei scheint es nicht zwingend notwendig zu sein, auf die staatliche Bürokratie und Exekutive zurückzugreifen, die durch die Verabschiedung immer neuer ausländerfeindlicher Gesetze und einem strukturell verankerten Rassismus in den Institutionen vielmehr als Teil des Problems anzusehen sind, als das sie dazu geeignet wären, den Schutz der Flüchtlinge glaubhaft zu gewährleisten.

Außerdem fordern wir die gesellschaftliche Akzeptanz und Entkriminalisierung gegenüber allen antifaschistischen Strukturen im Raum Schleswig-Flensburg ein, die unentwegt daran arbeiten, den Rassist_Innen und Faschist_Innen die gesellschaftliche Hegemonie zu entreißen, zivilgesellschaftlichen Widerstand zu organisieren und dem rechten Mob die Stirn zu bieten – das ist nicht zum bürokratischen Nulltarif zu erhalten!

Nationalismus ist kein Lösungsansatz für einen global entfesselten Kapitalismus!
Rassismus ist kein Standpunkt, sondern die Vorstufe zum Pogrom!
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

AG Antifa Schleswig, März 2016

[Kiel] Prozess gegen Antifaschisten wegen AfD-Parteitag-Blockade eingestellt

Der für heute angesetzte Prozess gegen einen Genossen, dem im Zusammenhang mit dem Kessel gegen Antifaschist_innen am 21.3.2015 „Widerstand“ vorgeworfen wurde, wurde noch vor Beginn eingestellt. Um 9 Uhr hatten sich ca. 30 Unterstützer_innen des Betroffenen im Kieler Amtsgericht eingefunden, kurz darauf konnte der Genosse noch im Flur vor dem Saal verkünden, dass der Prozess nach einer Unterredung zwischen Anwalt und Gericht eingestellt wurde. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Prozesserklärung des Genossen, die er bei Prozessbeginn vorgetragen hätte.

Prozesserklärung – 7.3.2016

Hanna Arendt formulierte unter den Eindrücken der Nationalsozialistischen Barbarei folgenden Satz: “Niemand hat das Recht, sein Gehorchen als Vorwand für die Rechtfertigung seines Handelns zu benutzen. Gehorchen ist keine Rechtfertigung für Handeln.”

Wenn ich also heute vor Gericht des Widerstandes beschuldigt werde, einen Widerstand der sich gegen den erstarkenden Rechtsruck und Autoritarismus in der Gesellschaft wendet, wenn einerseits der Staat Zivilcourage einfordert, und anderseits diejenigen kriminalisiert , die gegenüber dem Nationalismus und dem Rassismus, der auch vom Staat, ausgeht nicht schweigen und nicht Tatenlos bleiben, scheinen diese Sätze nach wie vor ihre Gültigkeit nicht verloren zu haben.


Ich stehe also vor Gericht weil ich mich den erschreckenden gesellschaftlichen Entwicklungen entgegenstelle und eben nicht willenlos gehorcht habe. Weil ich meiner Menschlichkeit gefolgt bin, die sich gegen die Entwürdigung anderer Menschen zur Wehr setzt und setzten muss. Wenn ich dafür vor dem Gesetz bestraft werde, geben mit diese Eingangsworte auch weiterhin Recht und verdeutlichen die Richtigkeit ihres Inhalts.


Am 21. März 2015, ironischerweise dem internationalen Tag gegen Rassismus, veranstaltete die AfD ihren Landesparteitag in Kiel. Dagegen und gegen die menschenverachtende Politik dieser Partei und ihrer Anhänger wollte und will ich Widerstand leisten.


Kein Zweifel: Die AfD ist wieder da – und sie ist ekelhafter als je zuvor. Noch im vergangenen Sommer wurde ihr nach der Abspaltung der Gruppe um Bernd Lucke von vielen ein baldiges Ende vorausgesagt. Nun erlebt sie im Zuge der meist rassistisch geführten Debatten um Flucht und Migration ein unheilvolles Comeback. Die politische Diskussion in der „Mitte“ der deutschen Gesellschaft hat sich insgesamt nach rechts verschoben. Sie kommt nun denen entgegen, die sich in der AfD durchgesetzt haben: Denen, die bereit sind mit völkischem Nationalismus und Rassismus rechte Hetze zu betreiben.


Die AfD bedient mit ihrer Rhetorik den Mob auf der Straße und übt zugleich den Schulterschluss mit anderen rassistischen und autoritären Bewegungen wie PEGIDA. Auf ihren Veranstaltungen findet sich neben neurechten Kadern regelmäßig eine gruselige Mischung aus Stammtischrassist*innen, ultraneoliberalen Pinochet-Fans, evangelikalen Rechtsauslegern, Verschwörungsfreaks, antimuslimischen Rassist*innen, Antifeminist*innen und Putin-Fans. Für sie alle hat die AfD die Funktion eines Sammelbeckens. Trotzdem inszeniert sie sich immer erfolgreicher als das seriöse parlamentarische Sprachrohr „besorgter Bürger“.


Sie ist parteipolitische Repräsentantin und organisatorisches Rückgrat einer völkischen Koalition, deren Mitglieder*innen arbeitsteilig vorgehen: Auf der Straße sorgen die Hogesa-Nazis für eine Atmosphäre des Terrors, in der Migrant*innen und politische Gegner*innen um ihre Unversehrtheit fürchten müssen. Währenddessen treibt die AfD in den Parlamenten mit mehr oder weniger kalkulierten Tabubrüchen den Rechtsruck voran. So forderte Frauke Petry unlängst den Gebrauch von Schusswaffen gegen Flüchtlinge, die die Grenze überqueren. Zuvor gab sich der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke öffentlich seinen rassistischen Wahnvorstellungen hin, als er von „unterschiedlichen evolutionären Ausbreitungstypen von ‚Afrikanern‘ und ‚Europäern‘ schwadronierte. Die AfD ist geistiger Brandstifter und Lautsprecher der Gewalt in einem, sie ist unmittelbar (mit)verantwortlich für die zahlreichen Anschläge auf Menschen mit Migrationshintergrund und die brennenden Asylunterkünfte.


Das zeigt sich besonders drastisch im Umgang mit den Übergriffen von Köln. Die AfD hat sie sofort instrumentalisiert und eine kulturalistisch-rassistische Deutung forciert. Die Reaktion von Nazi-Hools und selbsternannten Bürgerwehren hat in Form von Übergriffen auf Menschen mit Migrationshintergrund nicht lange auf sich warten lassen. Doch daneben knüpft die AfD auch an ein populäres Deutungsmuster der Mehrheitsgesellschaft an: den Nützlichkeitsrassismus. Menschen und deren Fluchtgründe werden hierbei auf reine Kosten-Stellen für den deutschen Staat und seine „Steuerzahler“ reduziert. Damit befindet sich die AfD in voller Übereinstimmung mit den Regierungsparteien. Denn die nationalistische Einteilung der Welt in „die“ und „wir“ ist die gemeinsame Geschäftsgrundlage der Festung Europa. „Wir brauchen weniger Ausländer, die uns ausnützen, und mehr, die uns nützen“, forderte Günther Beckstein (CSU) schon vor Jahren und brachte damit nur zum Ausdruck, was die kapitalistische Ordnung der Welt faktisch ist: rassistisch.


In solchen Zuständen gelten der militärische Einsatz der Nato gegen geflüchtete Menschen und ein Deal mit dem brutalen Erdogan-Regime in der Türkei nicht als der Skandal, der er ist. Er wird nicht als menschenverachtende Maßnahme zur Stabilisierung des europäischen Kapitalismus und seiner Effekte, sondern vielmehr als die pragmatische Lösung eines externen Problems verharmlost. Und selbst wohlmeinende Zeitgnoss*innen rechnen inzwischen nach, wie viel die Refugees der deutschen Volkswirtschaft einbringen. Solche Kosten-Nutzen-Kalküle sind dabei Teil eines breiteren, sozialdarwinistischen Gesellschaftsprogramms, das auch Hartz IV-Empfänger*innen nach ihrer Nützlichkeit bewertet und ihnen im Zweifelsfall die Existenzgrundlage entzieht. Die AfD bietet insofern nur die verschärfte Version des Ressentiments für all jene, denen die große Koalition der Menschenfeinde von Seehofer bis SPD-Siggi noch immer nicht genug deutsch spricht.

Das zeigt: Der Kampf gegen die AfD ist immer auch der Kampf gegen die Grundfesten von Staat, Nation und Kapital – ein Kampf gegen: Angst, Armut, Abschottung. Wer den Rassismus der AfD kritisiert, darf die „Mitte der Gesellschaft“ nicht vergessen. Indem wir gegen die völkische Koalition um die AfD vorgehen, verteidigen wir daher nicht eine smarte Version des neoliberalen Grenz- und Krisenregime gegen seine plumpe Verschärfung. Im Gegenteil: Ein koordiniertes Vorgehen gegen die Speerspitze der Menschenverachtung heißt insgesamt deutlich zu machen: Abschottung ist keine Option.


Also: Widerstand gegen diese menschenverachtenden, rassistischen, chauvinistischen Brandstifter im Nadelstreifenanzug scheint mir heute noch wichtiger als vor knapp einem Jahr vor der Sparkassenarena.

Ich möchte nun noch ein zwei Sätze zu mir persönlich sagen:


Seit meiner Jugend bin ich permanent mit Rassismus konfrontiert. Sei es das meine Klassenkamerad*innen mich mit dem N-Wort beschimpfen, ich ständig auf meine Herkunft angesprochen werde, von Nazis aus dem Dortmunder Westfalenstadion vertrieben werde oder ich von Rechten bei helllichtem Tag in der Holstenstraße zusammen geschlagen werde. Damals gab es für mich neben einem doppeltem Nierenanriss eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 250 DM, was den Strafbefehl über 900 €, um den es heute geht nochmals in ein anderes Licht rückt. Diese Aufzählung könnte ich noch eine ganze Weile weiter machen aber ich glaube es ist deutlich geworden, was ich meine…


Dass ich hier heute vor Gericht stehe liegt nicht daran, dass ich gewalttätig oder brutal bin, es geht vielmehr darum, wieder einmal mit repressiven Maßnahmen gegen antifaschistischen Protest vorzugehen während auf der anderen Seite die zunehmend eskalierende Gewalt von rechts oft nur halbherzig verfolgt wird.


In Frankfurt habe ich selbst gesehen, dass die Polizei grundlos mit Pfefferspay und Schlagstock auf Demonstrant*innen losging – es folgten natürlich keine rechtlichen Konsequenzen. Auf der anderen Seite scheint ein rassistischer Mob, der geflüchtete Menschen in einem Bus zu Tode ängstigt und terrorisiert die deutsche Justiz nicht zu tangieren. Und wieso kaum ein Anschlag auf Lager von Geflüchteten aufgeklärt wird spricht ebenfalls Bände. Erst letzten Donnerstag gab einen Brandanschlag in Schleswig. Wenige Tage zuvor waren Geflüchtete in Flensburg in der Dusche mit Säure angegriffen worden.


Diese Taten reihen sich ein in die hunderten von Angriffen auf Geflüchtete und die mörderische rassistische Gewalt gegen vermeintliche „Ausländer“ und „Fremde“. Die Rechte Hetze die von der AFD über Pegida bis zur NPD und ultrafaschistischen Kameradschaften tagtäglich propagiert wird ist mörderisch und menschenverachtend.


Solange es den Kapitalismus gibt, wird es auch immer faschistische Gruppierungen und Parteien geben, die sich organisieren, und alle, die nicht in ihr Menschenverachtendes Weltbild passen angreifen oder ermorden. Deshalb gilt es, für eine Gesellschaft zu kämpfen in der es keinen Platz für faschistische Terrorbanden und kapitalistische Ausbeutung gibt. Wir kämpfen für eine solche solidarische Gesellschaft. Daran wird auch dieses Urteil heute nichts ändern.

WEHRET DEN ANFÄNGEN! NIE WIEDER FASCHISMUS! FASCHISMUS IST EIN VERBRECHEN!

Geplante Nazi-Aufmärsche in Neumünster und Kiel: Zwei Ankündigungen, zwei Absagen.

Naziaufmarsch von “Neumünster wehrt sich” am Vorabend abgesagt +++ Trotzdem über 200 Antifas bei gemeinsamen Anreisen nach NMS und über 500 Menschen bei Kundgebung des Bündnis gegen Rechts +++ “Kieler Patrioten” kündigten rassistische Spontandemo in Kiel an +++ Am Ende hieß es aber auch in Kiel: null RassistInnen, viele Antifas

Für Sonntag, den 28.02. mobilisierten Schleswig-Holsteinische Neonazis um die Facebook-Gruppe “Neumünster wehrt sich” zu einem rassistischen Aufmarsch nach Neumünster. Die Rechten wollten ab 13 Uhr auf dem Großflecken „Gegen Asylbetrug! Sexuelle Übergriffe und Gewalt auf unseren Straßen! Für unsere deutsche Identität“ demonstrieren. Antifaschistische Gruppen mobilisierten zu Anreisen aus verschiedenen Städten und das lokale Bündnis gegen Rechts meldete eine Kundgebung mit Konzert in direkter Sicht- und Hörweite zu den Nazis an.

Am späten Samstagabend ließen die Neonazis dann auf ihrer Facebook-Seite verlautbaren, dass sie ihre Aktion aus „technischen und organisatorischen Gründen“ absagen müssten. Um sich mit eigenen Augen von dieser erfreulichen Nachricht zu überzeugen und auf eventuelle Ersatzveranstaltungen der Nazis in Neumünster oder Schleswig-Holstein reagieren zu können, wurde von Antifa-Seite trotz der virtuellen Absage weiter nach Neumünster mobilisiert. Obwohl der kurzfristig geänderten Situation machten sich am Sonntag über 200 Antifas aus Kiel, Hamburg, Lübeck und Flensburg per Zug auf nach Neumünster. Mit einer kurzen Spontandemo zogen die Zuganreisenden zum Großflecken, wo sich bereits bis zu 300 Menschen auf der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts Neumünster versammelt hatten. Unter die Kundgebungsteilnehmer_innen hatten sich auch drei Mitglieder der vom ehemaligen Chef der „Alternative für Deutschland“, Bernd Lucke, gegründeten Partei „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (ALFA) verirrt. Nachdem sich einige engagierte Antifas freundlicherweise um die Entsorgung ihrer Schilder kümmerten, sahen es die drei Herren dann doch ein, besser zu gehen.

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Als klar war, dass es an diesem Tag wirklich keine Nazi-Aktionen in Neumünster geben wird, machten sich ca. 150 Antifas spontan zurück auf den Weg nach Kiel, wo in der Zwischenzeit die Web 2.0-RassistInnen „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ über Facebook zu einer Demonstration gegen „kriminelle Ausländer, illegale Einwanderung und Kuscheljustiz“ aufgerufen hatten. Mit einer weiteren Spontandemonstration ging es für die aus Neumünster kommenden Antifaschist_innen diesmal durch die Kieler Innenstadt in Richtung Alter Markt/Schloßgarten, wo der Startpunkt für die rechte Zusammenrottung sein sollte. Vor Ort traf man allerdings nur auf weitere Antifaschist_innen und Antirassist_innen, von den RassistInnen erneut keine Spur. Die Polizei war allerdings inzwischen mit einem martialischen Aufgebot von Räumpanzern und Wasserwerfern in der Kieler Innenstadt aufgefahren. Größere Gruppen Antifas zogen anschließend noch durch die Straßen der Kieler City um sicher zu gehen, dass nicht doch Leute dem rechten Aufruf folgen und um deutlich zu machen, dass RassistInnen hier keinen Meter zu gewinnen haben.

Die „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ hatten ursprünglich schon länger für diesen Tag, parallel und in (offizieller) Abgrenzung zu “Neumünster wehrt sich” eine Demonstration angekündigt und geplant, es mangelte ihnen jedoch an organisatorischen Fähigkeiten (u.a. fand sich kein Anmelder) und entsprechend positiver Rückmeldung. Zudem hatten Antifaschist_innen für etwaige Pläne bereits ihren Widerstand angekündigt, weshalb sie diese per Facebook wieder absagten. Stattdessen wurden jetzt am Wochenende von der Facebook-Seite der “Kieler Patrioten” der spontane Demo-Aufruf am 28.2. sowie eine Ankündigung, bei einer Party im linken Zentrum Alte Meierei am Samstagabend aufzutauchen, verbreitet. Weder bei der Party am Samstag noch bei der angekündigten Aktion am Sonntag gaben sich einzelne, geschweige denn eine Gruppe „Patrioten“ offen zu erkennen, worin sich bestätigt, dass diese nicht mehr als ein Internet-Phänomen sind.

Die Mobilisierungsfähigkeit von “Neumünster wehrt sich” war ebenfalls sehr begrenzt und diesmal auf den Kern der üblichen Verdächtigen zusammengeschrumpft, die entsprechende Veranstaltung auf Facebook hatte nur ca. 30-35 Zusagen, die letzten zwei Male lag diese im dreistelligen Bereich, bei ca. 80-100 realen TeilnehmerInnen. Durch die kurzfristige Absage bzw. das gar nicht erst Erscheinen haben die beiden Facebook-Gruppen “Neumünster wehrt sich” und „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ jeweils stark an Glaubwürdigkeit verloren; sie konnten trotz großspuriger Ankündigungen ihre Web-Hetze nicht auf die Straße übersetzen.

Insgesamt waren an diesem Tag in Kiel und Neumünster vereinzelte Nazis unterwegs, es fanden jedoch weder die ursprünglich angekündigten rassistischen Demonstrationen, noch entsprechende Ersatzveranstaltungen statt.

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Erfreulich war die hohe Resonanz auf unsere Mobilisierung gegen den angekündigten Naziaufmarsch von “Neumünster wehrt sich”: Trotz der Absage am Vorabend sind über 200 Antifas aus Kiel, Flensburg, Lübeck, Hamburg und anderen Orten in organisierten Zuganreisen nahezu zeitgleich in Neumünster eingetroffen und haben sich kurzerhand der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts mit zu dem Zeitpunkt ca. 300 Teilnehmer_innen angeschlossen. Auch der Info-Ticker auf twitter und der Ermittlungsausschuss arbeiteten wie geplant. Im Zuge der diesmaligen Mobilisierung veröffentlichten antifaschistische Gruppen Recherche-Berichte im Vorfeld des 28.2. und zogen die virtuellen HetzerInnen damit ins Licht der Öffentlichkeit. 500 Nazigegner_innen bei einem abgesagten Aufmarsch lässt uns für die Zukunft optimistisch auf die wahrscheinlich leider kommenden erneuten Versuche von RassistInnen in Schleswig-Holstein aufzumarschieren, blicken. Auch die nach wie vor in Schleswig-Holstein vorkommenden Anschläge auf Unterkünfte für Geflüchtete müssen als das ernst genommen werden was sie sind: Eine Bedrohung für Gesundheit und Leben von vor Krieg und Unterdrückung geflüchteten Menschen durch deutsche “Bürger”, angestachelt durch den weit bis in die so genannte politische “Mitte” reichenden Rassismus und Nationalismus in dieser Gesellschaft. Dem gilt es sich auch weiterhin mit Wort und Tat überall entgegenzustellen!

Autonome Antifa-Koordination Kiel

Fotos:
https://www.flickr.com/photos/98466105@N06/sets/72157665061477091

Presse:
http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Neumuenster/Demos-Rechte-Szene-sagt-ab-Gegendemo-in-Neumuenster

http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Kiel/Alter-Markt-Wird-Demo-nach-Kiel-verlegt

http://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/video-das-war-die-demo-gegen-rechts-in-neumuenster-id12863031.html

http://www.shz.de/regionales/polizeiticker/neumunster-kiel-demonstrationsgeschehen-in-neumuenster-id12863936.html

[HH/ NMS] Antifa Enternasyonal Aktionswochenende 26.02.-28.02

Am Wochenende vom 26. – 28.02.2016 steht für Antifaschist_innen in Hamburg und Schleswig-Holstein einiges bevor: Am Freitag laden die Genoss_innen vom Antifa Enternasyonal Café in die Rote Flora zu einer Veranstaltung über die Antifa Genclik, am Samstag ruft ein breites Bündnis in Hamburg zur Demonstration gegen den Krieg der Türkei in Kurdistan auf und am Sonntag gilt es mit allen nötigen Mitteln den Naziaufmarsch in Neumünster zu stoppen. Dafür wird es Zuganreisen aus Kiel und Hamburg geben.


Veranstaltung zur Antifa Gençlik

26.02.2016 | 20 Uhr | Rote Flora | Hamburg

Im Antifa Enternasyonal Café ist Çagri Kahveci zu Gast, der am 2014 erschienen Buch über die Antifaşist (Antifa) Gençlik mitgewirkt hat. Er wird über die Entstehung und Geschichte des einzigartigen Organisationsansatzes, der sich 1988 zwischen migrantischer Vereinskultur, Jugendbanden des Kiez und autonomer antifaschistischer Politik entwickelte, berichten. Antifa Gençlik Gruppen etablierten sich in verschiedenen Städten und sagten Nazis und Rassisten den Kampf an. Mitte der 1990er Jahre lösten sie sich in Folge staatlicher Repression auf.

Das Antifa Enternasyonal Café wird von Antifaschist*innen aus der deutschen und kurdischen Linken in Hamburg gestaltet. Als gruppenübergreifender Zusammenhang wollen wir einmal im Monat einen Anlaufpunkt bieten, um in gemütlicher Atmosphäre zusammenzukommen und sich zu vernetzen. Das Ziel ist es ein besserer Austausch und die gemeinsame Diskussion antifaschistischer und internationalistischer Strategien.

Großdemonstration gegen den Krieg der Türkei in Kurdistan
27.02.2016 | 14 Uhr | Hachmannplatz (Hbf) | Hamburg

Im Rahmen der Kurdistan-Aktionswoche in Hamburg findet am Samstag eine Demonstration statt, zu der verschiedene kurdische, linke und fortschrittliche Gruppen mobilisieren. Die Demo richtet sich gegen die Eskalationspolitik der AKP-Regierung und die Kriminalisierung kurdischer und progressiver Organisationen in der Türkei und Deutschland. Dem Paktieren der Bundesregierung gegenüber dem autoritären Regime von Erdogan und dem erkauften Schweigen infolge des „Flüchtlingsdeals“ muss gerade hierzulande entschlossener Widerstand entgegengesetzt werden. Weg mit dem PKK-Verbot – Solidarität mit der basisdemokratischen Selbstverwaltung!

Mehr Infos findet ihr auf https://hamburg4kurdistan.blackblogs.org/
Aufruf von YXK / JXK – Verband der Studierenden aus Kurdistan, Ciwanen Azad Hamburg und internationalistischen Antifaschist*innen

Eine gemeinsame Anreise aus Kiel gibt es auch: 12:00 Treffen | 12:21 Abfahrt

Naziaufmarsch in Neumünster verhindern!
28.02.2016 | 13 Uhr | Neumünster

Für Sonntag mobilisieren Schleswig-Holsteinische Neonazis der Facebookgruppe »Neumünster wehrt sich« zum dritten Mal innerhalb von drei Monaten zu einem rassistischen Aufmarsch in Neumünster. Verschiedene antifaschistische Kräfte aus der Region rufen dazu auf, den Aufmarsch zu blockieren, stören und zu verhindern. Eine gemeinsame Anreise wird es aus Flensburg, Kiel und Hamburg geben.

Anreise aus Kiel: Treffen: 11:40 Treffen | 11:55 Abfahrt
Anreise aus Hamburg: 11:00 Reisezentrum

Am Sonntag gibt es einen Ticker auf Twitter. Folgt @ticker_nms und nutzt #nmsnzifrei

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