Die rassistische Mobilmachung stoppen – gegen den AfD-Aufmarsch in Neumünster!

Datum/Zeit
04.11.23
9:30

Veranstaltungsort
Postparkplatz


Antifaschistische Demonstration
Samstag, 04. November 2023 | ab 9.30 Uhr Postparkplatz | Neumünster

Gemeinsame Bahn-Anreise aus Kiel: Treffen 8.45 Uhr HBF | Abfahrt 9.02 Uhr

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Für den 4. November 2023 plant die faschistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) einen rassistischen Aufmarsch in Neumünster. Damit versucht sie, wie schon der NPD-Tarnverein „Die Heimat“ zwei Wochen zuvor, an die zunehmende rassistische Stimmungsmache in der Neumünsteraner Öffentlichkeit sowie die bundesweit parteiübergreifend inszenierte Hysterie vor Migration und Geflüchteten anzuknüpfen. Konkret mobilisiert sie gegen die Pläne, die Kapazitäten zur Aufnahme von Geflüchteten durch die Nutzbarmachung der ehemaligen Hindenburgkaserne zu erweitern. Sie verknüpft dies mit einem rassistisch aufgeladenen Sicherheitsdiskurs, der sich in Neumünster kürzlich nach einem Gewaltausbruch in einem Einkaufszentrum entfacht hat. Die Stimmungslage in der Stadt ist alarmierend. Damit das Kalkül der AfD und aller anderen rassistischen Hetzer*innen nicht aufgeht, rufen wir dazu auf, dem Aufmarsch entschlossen entgegen zu treten und das Recht auf globale Bewegungsfreiheit und Schutz vor Krieg, Verfolgung und Armut zu verteidigen.

Die AfD wittert Morgenluft

Es ist auffällig, dass die seit Jahren meist träge und unfähig agierende schleswig-holsteinische AfD sich in den letzten Wochen vermehrt um öffentliche Aktivität bemüht. Ende September versuchten die Rechten bereits in Kiel aufzumarschieren, scheiterten hier jedoch an dem Widerstand hunderter Antifaschist*innen. Sie will nun ganz offenkundig auch in ihrem schwächsten Bundesland endlich nachziehen und von der rasanten Rechtsentwicklung in der BRD der letzten Monate profitieren. Bundesweit befindet sich die Partei seit Monaten im Umfragehoch. Immer unverhohlener werden im bürgerlichen Mainstream rassistische Debatten ausgetragen, die an die frühen 1990er Jahre erinnern und zuletzt im Bekenntnis des sozialdemokratischen Bundeskanzlers zu „Abschiebungen im großen Stil“ mündeten. Dies und die weitere gesetzliche Zementierung der Festung Europa im GEAS-Abkommen sind messbare Erfolge auch der AfD. Ihre Strategie dahinter ist die permanente Rechtsverschiebung der Gesellschaft. Bisher ist sie dabei auch ohne Regierungsbeteiligungen ausgekommen.

Immer wieder Neumünster

Auf letztere werden wir uns in nicht allzu ferner Zukunft nichtsdestotrotz einstellen müssen, wenngleich Schleswig-Holstein auch weiterhin nicht zu den Vorreiterinnen zählen dürfte. Anders sieht dies in der ewigen rechten Hochburg Neumünster aus. Hier erreichten die kürzlich in „Die Heimat“ umbenannte NPD und die AfD bei den Kommunalwahlen im März zusammen über 10% der Stimmen und eroberten je drei Sitze im Rathaus. Dass rechte Straßenmobilisierungen an der Schwale mitunter immer wieder besser funktionieren, als in anderen Städten, zeigte die kurzfristig anberaumte Kundgebung der „Heimat“ am letzten Wochenende: Die Neonazis konnten mehrere Dutzend Zuhörer*innen mobilisieren, die einen Querschnitt der Mehrheitsgesellschaft der Stadt darstellten. Unsere Erfahrungen zeigen aber auch, dass antifaschistischer Gegendruck dem rechten Straßenmob schnell auch die Lust am öffentlichen hetzen nehmen kann. So erging es der rassistischen Initiative „Neumünster wehrt sich“ vor einigen Jahren, aber auch weiteren kleineren Versuchen des organisierten rechten Sumpfes von Neumünster, daran anzuknüpfen.

Gegen jeden Rassismus

Faschistische Kräfte wie die AfD vertreten nur die lauteste Form des Rassismus, schlussendlich baut aber die gesamte weiße bzw. westliche Vorherrschaft darauf auf – im nationalen wie im globalen Maßstab. Der heutige Rassismus ist entstanden als die Rechtfertigungsideologie imperialistischer und kolonialistischer Ausbeutung und Ausplünderung. Die Abwertung von ganzen Bevölkerungsgruppen auf Grundlage ihrer Herkunft, ihres Passes oder biologistischer Zuschreibungen erfüllt den Zweck, die daran gekoppelte, klaffende soziale Ungleichheit normal erscheinen zu lassen. Der Reichtum sowohl der herrschenden Klassen im Globalen Nordern, als auch der weltweit hegemonialen Nationalökonomien als Ganze fußt auf dem Rassismus. In Zeiten, in denen dieser Status Quo in den Zentren des an seine Grenzen gestoßenen Kapitalismus durch eine immer engere Abfolge von Krisen und zunehmende Weltmarktkonkurrenz gefährdet ist, muss dieser immer gewaltsamer verteidigt werden. Auch hier erfüllt der Rassismus den Zweck, die oft mörderische Gewalt zu legitimieren und den Wert eines Menschenlebens skrupellos danach zu beurteilen, in welche der Welten es hineingeboren wurde. Nur so kann der Massenmord an zigtausenden Menschen auf der Flucht an den europäischen Außengrenzen, genauso wie die zunehmend kriegerische Austragung des Ringens um Märkte und Einflusssphären mit der doppelmoralischen Überheblichkeit der „westlichen Wertegemeinschaft“ noch irgendwie in Einklang gebracht werden. Der Aufstieg des aggressiven Rassismus in Zeiten der Krise der bürgerlichen Gesellschaft ist aus ihr heraus also folgerichtig, solange es kein politisches Projekt gibt, das in der Lage ist, die bestehende Ordnung der Ausbeutung und Unterdrückung aufzuheben.

Die brutale und entgrenzte Eskalation der Gewalt in Israel und Gaza hat den deutschen Rassismus derzeit auf ein noch zynischeres Niveau gehoben. Der Pauschalverdacht insbesondere gegenüber arabischstämmigen und muslimischen Menschen, der Entzug ihrer Rechte bis hin zu offenen Abschiebedrohungen wird von den Herrschenden ausgerechnet als Lehre aus dem deutschen Faschismus propagiert. Zweifelsohne korreliert die dramatische Situation in Nahost auch mit einem Anstieg der Judenfeindlichkeit und des Antisemitismus in Deutschland, wie z.B. der perfide Anschlagsversuch auf ein jüdisches Gemeindezentrum in Berlin-Mitte vor einer Woche vor Augen geführt hat. Es hat sich dadurch nichts an unseren Grundsätzen geändert: Rassismus wie Antisemitismus müssen wir als Antifaschist*innen konsequent begegnen, den Betroffenen gilt unsere unteilbare Solidarität. Wir machen uns dabei aber weder zum Anhängsel einer Staatsräson, noch werden wir das Eine gegen das Andere ausspielen. Was von dem jüngst ausgerufenen staatlichen „Kampf gegen Antisemitismus“ zu halten ist, haben wir bei der „Heimat“-Kundgebung am letzten Wochenende selbst überprüfen können. Keinem anderen Lager kann vorbehaltloser unterstellt werden, auf antisemitischem Fundament zu fußen, wie dem deutschen Neonazismus. Das belegen auch sämtliche Statistiken. Während es derzeit aber anderswo willkürliche Demonstrationsverbote und Repression hagelt, hat die Neumünsteraner Polizei den deutsch-völkischen Antisemit*innen von der NPD großzügig den Gegenprotest vom Leib gehalten und ihnen eine prominente Bühne ermöglicht – so wie sie es die deutschen Ordnungsbehörden seit jeher immer wieder tun. Das offenbart: Der rassistisch gewendete Antisemitismus-Diskurs der Herrschenden ist Interessen-geleitete Stimmungsmache und hat mit unserer Lehre aus der Geschichte, dem konsequenten Antifaschismus, nichts gemein.

Konsequenter Antifaschismus richtet sich nicht nur gegen den Rechtsruck und seine treibenden Kräfte, den staatlichen Rassismus, die Festung Europa, ihren Nationalismus und den Antisemitismus. Er muss auch jenes politische Projekt vorantreiben, das die bestehende kapitalistische Ordnung der Ausbeutung und Unterdrückung und damit die sich verstärkenden Spaltlinien zwischen ihren Leidtragenden aufzuheben weiß. Wir kämpfen für eine Welt, die nicht in Hass, Gewalt und Krieg untergeht, sondern solidarisch und kollektiv die würdevolle, sichere und gleichberechtigte Existenz aller Menschen auf diesem Planeten ermöglicht. Dazu gehört integral aber auch, dass wir uns den AfD-Hetzern auf der Straße entschlossen entgegen stellen – in Neumünster und überall.

Alle zusammen gegen den Faschismus – auf die Straße am 04.11.2023!

Antifaschistische Gruppen Schleswig-Holstein

noafdsh.noblogs.org