Auch in Kiel finden entsprechend des bundesweiten Auftriebs der rechstoffenen, verschwörungsideologischen und sozialdarwinistischen Bewegung gegen die staatlichen Seuchenschutzmmaßnahmen wieder größere regelmäßige Protestaktivitäten aus dem Milieu der Corona-Skeptiker*innen statt. Neben eher kleinen, unangemeldeten und als „Spaziergänge“ deklarierten Aktionen, die vor allem montags im Stadtgebiet durchgeführt werden, hat sich in der Landeshauptstadt seit Anfang Dezember wie schon vor einem Jahr ein regelmäßiger „Lichtermarsch“ am Donnerstag als zentraler Termin des Spektrums etabliert. Nachdem dessen Aktivitäten in den Monaten zuvor deutlich abgeflaut waren, finden sich im Zuge der erneuten Verschärfungen der Corona-Maßnahmen mit Aufkommen der Omikron-Variante wieder hunderte Gegner*innen jeglichen Seuchenschutzes in der Pandemie, meist ohne Abstände und Masken, zusammen.
Waren es am 9.12. noch knapp 300 Teilnehmer*innen, die sich am Abend auf dem Exerzierplatz versammelten und durch die innerstädtischen Quartiere zogen, kamen am 16.12. bis zu 800 Menschen zusammen, eine für Kieler Verhältnisse ungewohnte Größenordnung. Auch am 23.12. fand eine Demo von Teilnehmer*innen im mindestens mittleren dreistelligen Bereich statt. Eine Einordnung der versammelten Spektren fällt nicht zuletzt deshalb schwer, da auf Transparente, Fahnen, Schilder sowie inhaltliche Redebeiträge fast vollständig verzichtet wird. Eine politische Botschaft ist für Außenstehende kaum erkennbar. Rein äußerliche Merkmale verweisen auf einen weitgehenden Querschnitt der Gesellschaft, eine prägende Mitwirkung offen rechter Akteur*innen kann auf der Straße kaum festgestellt werden, wenngleich diese in den Chatgruppen der Veranstalter*innen weiterhin fester, zeitweise tonangebender Bestandteil sind.
Eine aufmerksame Beobachtung der Corona-Demos sollte für Kieler Antifaschist*innen allein wegen ihrer derzeitigen Größe sowie der bundesweiten Zuspitzung der Bewegung auf der Tagesordnung bleiben. Ob daraus politsche Interventionen auf der Straße geschlussfolgert werden müssen, hängt auch davon ab, auf welchem Niveau sich die klar reaktionär zu verortenden Proteste in den nächsten Wochen fortentwickeln.