Auch diesen Samstagnachmittag stellten sich in in der Kieler Innenstadt etwa 40 Antifaschist*innen einer zweistündigen Kundgebung von rund 60 Anhänger*innen von „Widerstand2020“ auf dem Asmus-Bremer-Platz entgegen. Die Gegendemonstrant*innen, darunter Omas gegen Rechts, Mitglieder des Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus und autonome Antifas, schirmten die reaktionäre Mahnwache mit Transparenten ab und verteilten Flugblätter zu dessen Hintergründen an die Passant*innen in der Fußgänger*innenzone.
Im Vergleich zur letzten Woche gab es bei dem Auflauf gegen jegliche Corona-Maßnahmen kaum Veränderungen zu beobachten. Alleinunterhalter Björn de Vil redete eine angebliche Impfpflicht herbei und leugnete die tödliche Gefahr des Virus. Diverse Redner*innen am offenen Mikro schlossen sich der üblichen Mixtur aus Pandemieverharmlosung, Selbstüberschätzung und Verschwörungsmärchen an, darunter auch eine angebliche DDR-Bürgerrechtlerin im „QAnon“-Pullover. Neu waren lediglich fünf grimmig dreinblickende Türstehertypen, die offensichtlich von Kundgebungsteilnehmern angeheuert worden waren und sich durchgängig am Rande des Szenarios im Rücken der Gegendemonstrant*innen postierten.
Die deutlich sinnvollere Kundgebung fand derweil zeitgleich wenige Meter weiter am Europaplatz statt, wo etwa 40 Demonstrant*innen die Freiheit des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan und allen politischen Gefangenen in der Türkei forderten. Deren Lage hat sich seit Corona nochmals verschlechtert.
Zumindest kommende Woche wird dem Asmus-Bremer-Platz die Ideologieproduktion des rechtsoffenen und sozialdarwinistischen Pseudo-Widerstands erspart bleiben. Diverse linke Gruppen, antifaschistische Bündnisse und betroffene Arbeitnehmer*innen rufen stattdessen ab 14 Uhr zur Kundgebung „Gemeinsam und solidarisch gegen Corona und Ausbeutung! – sichere und würdige Arbeitsbedingungen durchsetzen!“ auf. Auf dieser sollen auch Kolleg*innen aus der Pflege, der Logistik und dem Tönnies-Schlachthof in Kaltenkirchen zu Wort kommen und reale Probleme und Verschärfungen im Zuge der Krise wieder in den Fokus rücken.
„Aber wenn wir uns heute und in den nächsten Wochen denjenigen entgegenstellen, die de facto gegen gesellschaftliche Solidarität demonstrieren, haben wir Zweierlei im Hinterkopf: Einerseits den Widerstand gegen die realen Folgen des Ausnahmezustands in Form des nächsten großen kapitalistischen Krisenschubs vorantreiben, sowie Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit verantwortungsvoll verteidigen. Andererseits werden wir keine falschen Zugeständnisse machen, wenn solidarisches Handeln zum Schutze von gefährdeten Personen von Sozialdarwinist*innen negiert und bewusst angegriffen wird, wenn irrationaler Aberglaube diskursfähig wird, wenn Antisemitismus als legitime „Meinung“ gilt und wenn Faschist*innen mit- oder voranmarschieren. Fassen wir zusammen: Verblödete Eso-Hippies und reaktionäre Chauvinisten-Männer sind kein Widerstand.“ (Autonome Antifa-Koordination Kiel)