14.10.15
16:00
NICHT IN UNSEREM NAMEN!
Nein zur geplanten Asylrechtsverschärfung am 15.10. im Bundestag – Schluss mit der Abschottungs- und Abschreckungspolitik!
Mittwoch, 14.10.2015: Demonstration
16 Uhr / Europaplatz / Kiel
Während sich Deutschland für seine ,,Willkommenskultur“ abfeiert, wird in Berlin die drastischste Verschärfung des Asylrechts seit 1993 beschlossen. Bereits seit den 70ern wurde das Grundrecht auf Asyl sukzessive ausgehöhlt.
In der letzten Asylrechtsverschärfung vom Juli 2015 wurde Flucht per se als Verbrechen definiert, damit so gut wie jeder Geflüchteter pauschal kriminalisiert und zukünftig ohne Umschweifen in Abschiebehaft genommen werden kann. Als Haftgrund reicht alleine die Vermutung der falschen oder unvollständigen Angaben gegenüber den Behörden, ein fehlender Pass, Geldzahlungen an „Schlepper“, die Umgehung der Grenzkontrollen bei der Einreise oder die Einreise über einen „sicheren Drittstaat“. Einer dieser Punkte wird wohl auf jeden Geflüchteten zutreffen, der in Deutschland angekommen ist. Refugees Welcome ist beim Gesetzgeber eben doch nur eine leere Floskel – ebenso wie die vermeintlich unumstößlichen Grundrechte.
Der nun zur Abstimmung stehende Gesetzesentwurf enthält folgende unmenschliche und zum Teil verfassungswidrige Änderungen, die das Menschenrecht auf Asyl in weite Ferne rückt:
Wiedereinführung des 2014 abgeschafften Vorrangs von Sachleistungen vor Geldleistungen. Dies bedeutet konkret, dass das Selbstbestimmungsrecht der Geflüchteten noch weiter eingeschränkt wird und sie nicht einmal selbst darüber entscheiden können, was sie essen und wo sie es kaufen.
Massive Kürzungen der ohnehin schon unter dem Existenzminimum liegenden Leistungen für Geduldete, Menschen mit Schutzstatus in anderen EU Ländern und solchen, denen unterstellt wird, ihrer Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachzukommen.
Ausweitung der „sicheren Herkunftsstaaten“ um Albanien, Kosovo und Montenegro. Damit wird für Menschen aus den Balkan Staaten nicht nur die Einzelfallprüfung im Asylverfahren außer Kraft gesetzt, sondern es findet eine gruppenbezogene Entrechtung sondergleichen statt, durch die sie systematisch diskriminiert werden und ihnen jede Bleibeperspektive genommen wird. Insbesondere die Gruppe der Roma ist davon betroffen, für sie gibt es kein sicheres Herkunftsland.
Verlängerung des Zwangsaufenthaltes in den jetzt schon völlig überfüllten und menschenverachtenden Erstaufnahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate. Schutzsuchende aus so genannten „sicheren Herkunftsländern“ sollen sogar bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag dort ausharren – das heißt, aufgrund der rigiden Ablehnungspraxis bezüglich dieser Herkunftsstaaten, auf unbestimmte Zeit bis zu ihrer Abschiebung. In den Erstaufnahmeeinrichtungen ist Privatsphäre faktisch nicht vorhanden, dadurch entsteht automatisch das Potential für Konflikte und Auseinandersetzungen.
Weitere Arbeits- und Ausbildungsverbote für Schutzsuchende, denen unterstellt wird, sich nur nach Deutschland begeben zu haben, um Sozialleistungen zu beziehen. Diese Verschärfung betrifft pauschal auch Menschen aus den „sicheren Herkunftsstaaten“ sowie Menschen, denen unterstellt wird, ihre Abschiebung zu verhindern. Sie beinhaltet den Abbruch bereits begonnener Ausbildungen, Studiengänge sowie den Schulabbruch auch für minderjährige Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind.
Diese Maßnahmen gehen einher mit einer verschärften EU-Außengrenzenkontrolle. Die Ministerpräsidenten haben dem Konzept von Haftlagern, den sogenannten „Hot Spots“, an der EU-Grenze zugestimmt. Unter Führung von Frontex sollen in diesen Hotspots Geflüchtete festgesetzt und registriert werden.
Auf die Mitgliedsstaaten weiter verteilt wird im Prinzip nur ein kleiner Teil der Menschen, nämlich die, die eine Chance auf Asylanerkennung haben. Die Restlichen werden aus den „Hotspots“ gleich in die Herkunftsländer abgeschoben. Letztlich ein weiterer Schritt zur Legalisierung der vom Europäischen Gerichtshof als völkerrechtswidrig eingestuften sog. Push-back Operation (d.h. die direkte Abschiebung bzw. das Zurückdrängen schon beim Grenzübertritt).
Das von Politik und Medien verwendete Argument, man wolle mit dieser Gesetzesänderung „falsche Anreize“ verringern, verstößt nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern ist schlichtweg menschenverachtend. Die Logik, Menschen würden ihre Heimat wegen des üppigen Taschengeldes in Deutschland verlassen, ist rassistisch und blendet Fluchtgründe und -ursachen vollkommen aus. Gerade die ehrenamtlichen Hilfsprojekte und -organisationen täten gut daran, ihre Stimme dagegen zu erheben, nicht nur weil die staatlichen Aufgaben weiter auf sie abgewälzt werden. Wir wollen nicht nur helfen, den Missstand zu verwalten! Wir sind der Überzeugung, dass dieser sich nicht in den Flüchtlingszahlen begründet, sondern in den von Deutschland mitproduzierten Fluchtursachen und in den verpassten Chancen, eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung zu gewährleisten. Mit dem angekündigten Gesetz übergeht die Bundesregierung die Tatsache, dass es keine legalen Einreisewege nach Europa gibt, sie verhöhnt die Geflüchteten und all die Hilfsbereitschaft etlicher engagierter Menschen.
Wir wollen offene Grenzen und ein europäisches Asylsystem, welches Grund- und Menschenrechte beachtet. Wir lehnen die derzeitigen Unterbringungskonzepte ab, die Geflüchtete in zwangsweise in Zelten, Container und Massenlager steckt. Eine adäquate und dezentrale Unterbringung für Geflüchtete in eigenen Wohnungen ist möglich und notwendig. Wir fordern ein Grundrecht auf Asyl, welches Armut und jede Form der Unterdrückung und Ausbeutung ebenso berücksichtigt wie Kriege und politische Verfolgung.
Am 15.10. stimmen auch die politischen Vertreter*innen Schleswig-Holsteins im Bundesrat über den geplanten Gesetzesentwurf der Bundesregierung ab. Wer für eine echte Willkommenskultur in Deutschland ist, kann nicht für die geplante Asylrechtsverschärfung sein und sollte sich klar positionieren. Refugees Welcome bedeutet auch, sich grundsätzlich für die Rechte aller Geflüchteten einzusetzen!
Darum lasst uns am 14.10. gemeinsam auf die Straße gehen und zeigen, wie weltoffen Kiel wirklich ist!
Verschärfung des Asylrechts – nicht in unserem Namen!
netzwerk antirassistische aktion [nara] kiel | Autonome Antifa-Koordination Kiel