Unter dem Motto „Solidarisch gegen Corona – kein Raum für Nazis“ beteiligten sich zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am Donnerstagabend (27.01.2022) etwa 1000 Antifaschist*innen an der Bündniskundgebung des Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel auf dem Exerzierplatz. Diese richtete sich gegen die wöchentlichen „Lichtermärsche“ des rechtsoffenen Spektrum der Corona-Relativierer*innen in Kiel, die seit knapp zwei Monaten gegen die staatlichen und gesellschaftlichen Gesundheitsschutzmaßnahmen in der Pandemie abgehalten werden. An diesen konnten sich zuletzt auch bekannte Neonazis wie Peter von der Born ungestört beteiligen. Um dem Gegenprotest aus dem Weg zu gehen, startete ihre Demo parallel zur Antifa-Kundgebung erstmalig auf dem Rathausplatz und nicht vom Exer. In dieser Woche beteiligten sich abermals über 1000 Menschen an dem Marsch. Offenbar aus Angst vor Gegendemonstrant*innen wurde dieser diesmal von etwa einem Dutzend sich martialisch gebärdender Männer angeführt. An seiner Wegstrecke kam es wiederholt zu kleinen Protestaktionen, die von der großzügig begleitenden Polizei abgeschirmt wurden.
Auf der gut eineinhalbstündigen antifaschistischen Kundgebung wurden neben einer deutlichen Gegenpostion zu der sozialdarwinistischen Agenda der Corona-Relativierer*innen auch die diversen realen Missstände in der Corona-Krise thematisiert und ihre solidarische Bewältigung gefordert. Es sprachen u.a. Redner*innen des Runden Tischs, der Omas gegen Rechts, von ver.di Kiel Gesundheit und Soziales, der Seebrücke Kiel, der Antifa Jugend Kiel, des Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und der Autonomen Antifa-Koordination Kiel. Die Bündnisaktion war die erste großangelegte Intervention von Antifaschist*innen gegen den jüngsten und vergleichweise starken Mobilisierungsschub der Corona-Relativierer*innen in Kiel. Sie wurde erfreulich breit aufgenommen, die Teilnehmer*innenzahl übertraf die Erwartungen der Veranstalter*innen. Das Anliegen vieler Kieler*innen, das irrsinnige Treiben von realitätsresistenten Esoteriker*innen, narzistischen Trotzköppen und offenen Rechten auf ihren Straßen nicht länger ohne Widerspruch zu dulden, wurde deutlich. Hieran auch in den kommenden Wochen strategisch gut überlegt anzuknüpfen, ist Aufgabe aller Antifaschist*innen in Kiel.
„Dabei könnte alles viel einfacher sein. Zu Beginn des Ausnahmezustands im März 2020, als die Pandemie auch die Herrschenden überrascht hatte und ihr ideologischer Apparat die veränderte Situation noch nicht erfassen konnte, war für kurze Zeit das Logische logisch: Wenn niemand Miete zahlen muss und wenn alle über ausreichend Platz zum Leben verfügen; wenn niemand um ihren Lebensunterhalt bangen muss, wenn sie nicht zur Arbeit geht oder der Laden dicht bleibt; wenn eine Grundversorgung aller ohne wenn und aber sichergestellt ist und wenn diejenigen, die das gesellschaftlich Nötige aufrecht erhalten, dies bestmöglich geschützt und personell gut aufgestellt tun können; wenn die Carearbeit vergesellschaftet ist und nicht auf der Ausbeutung von Frauen beruht – dann schwinden die objektiven Gründe, das Virus zu verbreiten und es entsteht erst die materielle Basis dafür, dass alle im Sinne aller agieren können. Der Kommunismus erschien in diesem kurzen Moment als der tragfähigste Maßnahmenkatalog. Zur Verwirklichung ist er dennoch nicht gekommen, steht er doch dem herrschenden Klasseninteresse so fundamental entgegen, wie niemand sonst. Die hegemoniale Deutung der Corona-Krise haben schnell einmal mehr die übernommen, die immer nur an der Oberfläche herumkratzen und über Produktions- und Eigentumsverhältnisse den ideologischen Mantel des Schweigens legen. Das gilt für die liberalen Krisenverwalter*innen genauso wie für die sozialdarwinistischen Quarkdenker*innen – sie sind vereint im grundfalschen „Weiter so!“.“ (Autonome Antifa-Koordination Kiel)