Im ganz Deutschland finden seit Monaten Aufmärsche mit extrem rechter Beteiligung statt, die Verschwörungserzählungen rund um die Corona-Pandemie verbreiten. Hier ist ein gefährliches Sammelsurium aus Eso-Hippies und „besorgten Bürgern“ bis hin zu Shoa-Leugner*innen, ReichbürgerInnen und rechten Hooligans entstanden. Auch Schleswig-Holstein stellt diesbezüglich keine Ausnahme mehr dar.
Mittlerweile wird vor allem das Kieler Westufer bis zu drei Mal pro Woche von den rechtsoffenen Corona-Relativierer*innen heimgesucht. Was schon im November als überschaubarer Schweigemarsch mit wenig politischer Aussage begann, hat sich mittlerweile zu einer Reihe regelmäßiger „Lärm-Demos“ mit in der Regel um die 200 Teilnehmer*innen entwickelt. Die Veranstaltungen eines „Kieler Aktionsnetzwerks für Frieden, Freiheit & Demokratie“ finden seit mehreren Wochen jeweils montags um 17.30 Uhr und donnerstags um 18.30 Uhr als Aufmärsche mit Trommeln und Lichtern statt. Die große Mehrheit von ihnen trägt demonstrativ keine Masken. Darüber hinaus führte Björn Dinklages „Kiel steht auf“-Initiative an mehreren zurückliegenden Wochenenden Auto-Korsos durch, an denen sich jeweils ein paar Dutzend Fahrzeuge aus ganz Schleswig-Holstein beteiligten.
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Die öffentlichen Reaktionen auf die reaktionären Proteste gegen die Schutzmaßnahmen sind häufig ablehnend, signalisieren aber auch Zuspruch. Die Mobilisierungsfähigkeit und Aktionsbereitschaft der Corona-Relativierer*innen hat sich seit Beginn des zweiten Lockdowns auf einem für Kieler Verhältnisse hohen Niveau eingependelt, der inhaltliche Ausdruck ist meist dünn. Auf organisierte antifaschistische Gegenaktionen auf der Straße wurde in den vergangenen Wochen Pandemie-bedingt bewusst verzichtet, eine weitere Beobachtung der Entwicklungen und ggf. Anpassung dieser Strategie erscheint jedoch gerade in Anbetracht der versuchten Einflussnahme offen faschistischer Akteur*innen dringend geboten. Umso mehr zu begrüßen sind eigenständige dezentrale Aktionen wie die Rote Karte der zu Recht genervten Anwohner*innen vom Schreventeich.