Am Samstagmittag (31.10.2020) demonstrierten unter dem Motto „Heikendorf und das Ostufer gegen Rechts!“ etwa 700 Antifaschist*innen in Heikendorf bei Kiel, um den zunehmenden rechten und rassistischen Vorfällen in der Gemeinde den Kampf anzusagen. Neben vielen Heikendorfer*innen hatten sich der Demo auch zahlreiche Menschen aus den umliegenden Ortschaften angeschlossen, darunter auch ein Konvoi von 30 Fahrradfahrer*innen aus Kiel.
Nach einem Auftaktredebeitrag des Veranstalters bewegte sich der beeindruckende und bunt gemischte Zug vom Dorfplatz aus etwa eine Stunde lang durch Heikendorfer Straßen, bevor zurück am Ausgangspunkt eine längere Abschlusskundgebung stattfand. Hier sprachen Redner*innen des Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel, der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, von Fridays for Future und der Heikendorfer SPD sowie der Kieler DGB-Vorsitzende Frank Hornschuh, eine ortsansässige Schülerin und Birgit Lohmeyer aus dem mecklenburgischen Jamel, die dort seit Jahren einer neonazistischen Übermacht trotz, der antifaschistischen Initiative in Heikendorf ihre Solidarität aus. Zudem wurden Grußworte von Nazi-Gegner*innen aus Sülfeld im Kreis Segeberg verlesen, das vor allem im letzten Jahr Schauplatz von Nazi-Umtrieben geworden war.
Die Beteiligung an der Demonstration war überwältigend. Dass jemals soviele Menschen in Heikendorf auf der Straße gewesen sind, ist unwahrscheinlich. Dies ist als überdeutliche Bestärkung der lokalen Organisator*innen zu bewerten, ihren Widerstand gegen rechte Aktivitäten auf dem Ostufer fortzuführen. Um mangelnde Rückendeckung brauchen sie sich offenkundig nicht zu sorgen.
Neben gezielten Nazi-Schmierereien waren vor allem Gerüchte um nächtliche Schießübungen im Ort der Hinergrund für die Demo. Dass die Initiator*innen mit ihren Einschätzungen leider nicht falsch liegen, bestätigte sich am Rande der Demo. An mindestens zwei parkenden Autos, die ob ihrer auswärtigen Kennzeichen offenbar angereisten Antifaschist*innen zugeordnet wurden, wurden Reifen zerstochen, desweiteren ein Fahrrad beschädigt. Nichtsdestotrotz hat die Demonstration verdeutlicht, dass die Nazi-Täter*innen sich in ihrem Übermut nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen sollten. Sie werden zukünftig mit starkem Heikendorfer Gegenwind zu rechnen haben. „Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir uns hier heute in Heikendorf versammeln. Auch hier kommt es immer wieder zu Nazi-Aktivitäten, die seit jeher heruntergespielt bzw. von vielen nicht beachtet oder geduldet worden sind. In den letzten Wochen sind dank der Initiative von Heikendorfer*innen eine ganze Reihe von Vorfällen bekannt geworden. Aber auch diese sind leider kein überraschendes Phänomen. Schon in den 1990ern war Heikendorf für seine gewalttätige Nazi-Skinhead-Szene bekannt, die Nazikader wie Peter Borchert hervorbrachte. Das U-Boot-Ehrenmal in Möltenort ist als Monument des deutschen Militarismus eine willkommene Pilgerstätte für Rechte. 2016 veranstaltete der ortsansässige AfDler Torsten Dreyer einen völkisch-nationalistischen Fackelmarsch in Heikendorf und mit Karin Kaiser kommt eine weitere bekannte, wenn auch nicht unumstrittene, AfD-Funktionärin aus Heikendorf und Kriegswaffenausstellungen im Vorgarten waren zumindest einen lokalen Skandal wert. Der NPDler Daniel Nordhorn hat zumindest zeitweise im Schützenverein „Marianne“ geschossen, der nahe des Areals, auf dem die jüngst thematisierten Schießübungen von Nazis stattgefunden haben sollen. Der Verein hat sich nie glaubhaft von Nordhorn distanziert. Und nicht zuletzt lebt hier mit dem Esoteriker Björn Dinklage ein führender Protagonist der rechtsoffenen „Querdenken-Bewegung“, die zuletzt auch in Kiel mit bekennenden Antisemiten und Neonazis demonstriert hat.“ (Autonome Antifa-Koordination Kiel)