Rechtsoffener Corona-Protest in Kiel dünnt aus

25 Antifaschist*innen kommentierten auch am Samstag, 27.06.2020 die wöchentliche Kundgebung von Verschwörungsgläubigen und Sozialdarwinist*innen gegen die Corona-Maßnahmen am Asmus-Bremer-Platz. Bei dieser versammelten sich knapp 40 Teilnehmer*innen, die sich mittlerweile „gern [als] rechts“ verstehen. Folgerichtig kam es zu antisemitischen und NS-relativierenden Äußerungen.

Die Gegendemonstrant*innen postierten sich mit Transparenten um die Kundgebung herum und verteilten Flugblätter mit dem Titel „Solidarisch Handeln statt Recht des Stärkeren! Kein Platz für rechtsoffene Querfrontversammlungen in Kiel!“. Zum Ende der Kundgebung kam es zu einer Ingewahrsamnahme, deren konkreter Hintergrund unklar blieb.

Eine Woche darauf hatten die Veranstalter*innen nach einem für Sonntag angekündigtes „Kleinkunstspektakel“ zunächst auch ihre für Samstag, 04.07.2020 geplante regelmäßige Kundgebung, vorgeblich wetterbedingt, kurzfristig abgesagt. Dann kam es an diesem Tag dennoch zu einer weiteren skurrilen Präsenz in der Kieler Innenstadt: Nur noch 20 „Corona-Skeptiker*innen“ kamen im Regen zusammen und sprachen zueinander unverstärkt von einer Sitzbank. Das Erscheinungsbild erinnerte damit anachronistisch an eine Wanderpredigt.

 

 

 

 

 

Ob sich dahinter ein Strategiewechsel verbirgt, um Gegenprotesten und Hygieneauflagen zu entgehen, bleibt offen. Dass der abgespeckte Aufritt nicht ausschließlich auf mangelnde Koordinierungsfähigkeiten der verschwörungsgläubigen Gemeinde zurückzuführen ist, dafür sprechen Ankündigungen, wonach Hauptorganisator Björn Dinklage zukünftig auf Anmeldungen und öffentliche Ankündigungen seiner Aktionen verzichten will. Dass er sich damit auch aus dem Fokus von Antifaschist*innen und Öffentlichkeit bringen will, ist ebenfalls nicht auszuschließen.

 

 

 

 

 

Ob die Kieler Verschwörungsideolog*innenszene damit endgültig zu einem gänzlich irrelevanten Häuflein zusammenschrumpfen wird, werden die kommenden Wochen zeigen. Nicht unwahrscheinlich scheint jedoch, dass es von ihrer Seite zu unangekündigten Kleinstveranstaltungen kommen wird.

Ob und wie Antifaschist*innen darauf reagieren wollen, sollte spontan und auch eigenverantwortlich entschlossen werden. Diesen Samstag jedenfalls zogen es viele Antifaschist*innen vor, sich statt der Pein einer weiteren Runde reaktionärer Märchenerzählungen lieber der Unterstützung der parallel verlaufenen Demonstration gegen die repressive und kriegerische Politik des türkischen AKP-MHP-Regimes zuzuwenden. Alltägliche Aufmerksamkeit wird jedoch weiterhin geboten sein.