Am Samstagnachmittag fand auf dem Asmus-Bremer-Platz auch in der Kieler Innenstadt eine Mahnwache statt, die sich an die bundesweite Initiative „nichtohneuns/Demokratischer Widerstand“ anlehnte. Letztere steht hinter denen als Berliner „Hygienedemos“ bekannt gewordenen Kundgebungen am Rosa-Luxemburg-Platz, die sich zwar vordergründig gegen den Grundrechteabbau im Zuge der Corona-Pandemie richten wollen, zuletzt aber in den Fokus antifaschistischer Kritik geraten sind, weil sich hier wöchentlich eine Querfront versammelt, die auch Verschwörungsfreaks, Antisemit*innen, rechte Trump-Fans und waschechte Neonazis duldet.
Einige Kieler Antifaschist*innen versammelten sich deshalb am Rande der Kieler Aktion um gegebenenfalls direkt gegen offene rechte und reaktionäre Akteure vorgehen zu können. Solcherlei Inhalte konnten dort jedoch zumindest bis auf Weiteres nicht ausfindig gemacht werden. Eine Initiatorin distanzierte sich ausdrücklich von rechten Tendenzen, die bundesweite Entwicklung von „nichtohneuns“ sei ihr vorgeblich nicht bekannt gewesen. Der Ausdruck der Versammlung kann als als hippiesk beschrieben werden, die auf wenigen Schildern vorgetragenen Forderungen bezogen sich auf Grundrechte und es wurde das Grundgesetz verteilt.
Politische Aktionen, die eine offene Diskussion um die jeweilige medizinische und soziale Sinnhaftigkeit der drastischen Maßnahmen im Corona-Ausnahmezustand anregen wollen und sich gegen eine autoritäre Formierung im Zuge der Krise richten, sind nicht reaktionär, sondern grundsätzlich richtig. Wenn die Kieler Initiator*innen es jedoch ernst meinen mit ihrer Abgrenzung von rechten Anhänger*innen des Rechts des Stärkeren oder irrationalen Verschwörungsideolog*innen, sollten sie ihre Anlehnung an „nichtohneuns/Demokratischer Widerstand“ allerdings gründlich überdenken. Denn auch die zeitgleiche gestrige Kundgebung ihres Berliner Vorbilds war abermals durchsetzt von Neonazis, „Identitären“, AfDlern und allerlei kruden Vermutungen über die Corona-Pandemie und ihre Ursachen.
Genauso wie Antifaschist*innen in der Hauptstadt gestern gegen dieses gefährliche Sammelbecken protestierten, werden Kieler Antifaschist*innen die Zusammenkunft auf dem Asmus-Bremer-Platz weiter aufmerksam im Blick behalten. Um gegen die zahlreichen Fehlentwicklungen im Zuge der Corona-Krise zu protestieren, wurden in den letzten Wochen auch in Kiel bereits diverse Plattformen geschaffen, um nötige Kritik in die Öffentlichkeit zu tragen, auch ohne dabei eine emanzipatorische und antifaschistische Grundhaltung der Anschlussfähigkeit nach Rechts zu opfern.