650 Menschen demonstrierten am Mittwochabend des 11. Juli 2018 auch in Kiel, um nach der Urteilsverkündung im Münchner NSU-Prozess vollständige Aufklärung und Auflösung des NSU-Komplex zu fordern. Insbesondere die ausgeblendete Mittäterschaft staatlicher Behörden bei den Morden und Bombenanschlägen, insbesondere des Verfassungsschutz und seiner Spitzel, sowie der Rassismus von Behörden und Gesellschaft standen im Fokus der Kritik vieler Redebeiträge. Zudem wurde der mindestens zehn Todesopfer des Nazi-Terrornetzwerkes gedacht.
Die antifaschistsiche Demonstration unter dem Motto „Kein Schlussstrich – NSU-Komplex aufklären und auflösen!“, zu der 46 Gruppen, Organisationen, Initiativen und Parteien aufgerufen hatten, startete ab 17 Uhr am Alfons-Jonas-Platz in Gaarden und zog anschließend über die Hörnbrücke in die Innenstadt. Redebeiträge wurden währenddessen an insgesamt fünf Kundgebungsorten von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, der IL Kiel, der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein, der SDAJ Kiel, der Antifa Neumünster, dem Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel, dem nara sowie der KOP Kiel gehalten.
Im Redebeitrag der Antifa-Koordination wurde in Anbetracht der ernüchternden Bilanz des NSU-Prozess eingangs treffend resümmiert: „Für uns ist klar: Der Schutz vor rassistischer und faschistischer Gewalt muss nicht mit, sondern gegen diesen Mörderstaat organisiert werden. Wir müssen die rassistischen Sümpfe, aus denen rassistischer und faschistischer Terror erwächst, selbst im Blick behalten und an ihrer Trockenlegung arbeiten, indem wir ihre handelnden Personen frühzeitig konfrontieren. Wir müssen doppelt hinsehen und solidarisch sein, wenn Menschen angegriffen werden, die in das Feindesraster der RassistInnen fallen. Und wir müssen uns auch gegen diesen Staat stellen, der nicht nur Nazis unterstützt und deckt, sondern selbst tagtäglich in ganz anderen Dimensionen rassistischen Mord begeht, wenn im Mittelmeer flüchtende Menschen dem Tod durch Ertrinken zugeführt werden. All diese Aufgaben, die sich uns als Antifaschist*innen und Antirassist*innen stellen, sind seit Auffliegen des NSU bekanntermaßen nicht kleiner, sondern noch einmal deutlich größer geworden. Übernehmt Verantwortung und organisiert Euch, die Zeit der Ausflüchte ist längst vorbei.“
Der Zug löste sich gegen 19.30 Uhr am Alten Markt auf. Nachdem bereits im Vorfeld des Tag X ein Teil der Kaiserstraße in Gaarden in S.-Taşköprü-Straße umbenannt worden war, wurde am Rande der Abschlusskundgebung außerdem eine weitere Straßenumbenennung durchgeführt und die Mehmet-Turgut-Straße in Gedenken an das NSU-Mordopfer aus Rostock ernannt.
Am Samstag, 14. Juli 2018 fand zudem eine weitere Kein Schlussstrich-Demonstration in Hamburg statt, an der sich unter den 1200 Teilnehmenden auch Antifaschist*innen aus Kiel beteiligten.
Presse: KN (11.7.18)
Bilder: Ulf Stephan (r-mediabase)