„Kategorie C“ Konzert im Clubhaus der Bandidos in Wahlstedt

Am vergangenen Samstag, den 13.05.2017, fand im Clubheim des „Bandido MC Northgate“, dem sogenannten „Kuddels Inn“ im schleswig-holsteinischen Wahlstedt ein Neonazi-Konzert mit den Bands „Kategorie C“ und „Hausverbot“ statt [1]. Die zuvor im Internet beworbene Veranstaltung entwickelte sich zum Stell-Dich-ein der organisierten Neonaziszene im Norden und offenbarte abermals die Verbindungen in die organisierte Kriminalität, insbesondere ins Rocker-Milieu. So schienen die Räumlichkeiten des „Bandido MCs“ nicht zufällig gewählt. Deren Mitglieder beteiligten sich aktiv an der Ausrichtung des Events, so übernahmen sie die Schleusung anreisender Neonazis und versuchten anwesende Journalist_innen bei der Dokumentation zu behindern.

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Anreisende Teilnehmende wurden ab 17 Uhr über zwei Schleusungspunkte an der A21 und der B206 zum Konzert in die kleine Stadt unweit von Bad Segeberg geführt. Nachdem ein Großteil der Neonazis bereits ab 18 Uhr die Räumlichkeiten des sogenannten „Outlaw Motorcyleclubs“ im Wahlstedter Industriegebiet erreichte, erschien die Polizei erst ab 19 Uhr mit Einsatzkräften am Ort des Geschehens. Eine schwer bewaffnete Spezialeinheit der Eutiner Polizei sperrte eine Zufahrt an der Hauptstraße zum Clubheim und führte Vorkontrollen durch, was offensichtlich eher dem Veranstaltungsort als der politischen Ausrichtung der Veranstaltung geschuldet war. Einige der anreisenden Neonazis machten ihre Zugehörigkeit zur organisierten Neonaziszene durch das Verwenden von Szenekürzeln wie „BH“, „C18“ oder „1488“ in ihren Autokennzeichen deutlich. Während die Polizei im Nachhinein von etwa 60 Teilnehmenden sprach, konnten insgesamt wohl über 100 Neonazis und Personen aus dem Rocker-Milieu aus verschiedenen Bundesländern in Wahlstedt zusammenkommen.

Unter ihnen befanden sich bekannte Personen wie beispielsweise der Hamburger Neonazi Thorsten de Vries. Der langjährige Neonazi scheiterte zuletzt mit dem Versuch zum 12.09.2015 in Hamburg eine Hooligan-Demonstration anzumelden. In den letzten Wochen postete er in sozialen Netzwerken wiederholt Bilder mit dem Label „KC Crew Hamburg“. Ein langjähriger Freund von de Vries, Sven Johansson, war ebenfalls Gast der Veranstaltung. Johansson war früher im Umfeld von „Blood [&] Honour“ organisiert, ist gut mit Stefan Silar aus Tostedt befreundet und mittlerweile bei den Rockern von „Gremium MC“, einem der letzten MCs die sich nicht den „Hells Angels“ oder den „Bandidos“ angeschlossen haben.

Ebenso anwesend waren Neonazis aus den Strukturen des Terrornetzwerks „Combat 18“ (C18) wie Marco Eckert und Lars Bergeest aus Ostholstein, die erst im vergangenen Jahr, zum „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund gemeinsam mit dem C18-Gründer Will „the Beast“ Browning in Erscheinung traten [2]. Neben Neonazis die sich aus Strukturen von „Blood [&] Honour“ (B[&]H) rekrutierten, waren auch Mitglieder der „Hammerskins“ vertreten, wie z.B. der Möllner Thorsten Wolff, welcher regelmäßig das „Thinghaus“ in Grevesmühlen besucht und an die Mecklenburger „Hammerskin“-Struktur angebunden ist [3].

Auch alte NPD Kader wie Mark Michael Proch und Jan Steffen Holthusen nahmen an der Veranstaltung teil. Proch übernahm teilweise auch das Schleusen der Neonazis am Treffpunkt.

Interessant war die Anwesenheit des Neonazis Rene Callesen, einem bekennenden „Hells Angels“ Supporter, der dem Milieu-Laden „Lokalpatriot“ auf der Hamburger Reeperbahn zugeordnet werden kann. Callesen ist eng befreundet mit Thorsten de Vries und Sacha Bothe, einem ehemaligen „Blood [&] Honour“-Kader aus Niedersachsen, der mittlerweile bei dem größten „Hells Angels“ Supporter Club „Red Devils MC“ in Hannover aktiv ist.

Fraglich ob die „Bandidos“ wussten, dass sie sich mit diesem Rechtsrock-Konzert auch einige Supporter der verfeindeten „Hells Angels“ in ihr Clubhaus holen oder ob in diesem Falle die Nazi-Kameradschaft über der Rockerfeindschaft steht. Die Überschneidungen zwischen Neonazis und Rockern in Schleswig-Holstein sind nicht neu, vielmehr ist das gesamte Chapter „Northgate“ von ehemaligen „Blood [&] Honour“ Leuten aufgebaut worden [4].

Deutlich wurde auch bei diesem Konzert wieder, dass bei Rechtsrockveranstaltungen die Musik für viele Besucher nur eine untergeordnete Rolle spielt. Besonders stehen hier der Austausch und die Vernetzung zwischen alten und neuen rechten Kadern, militanten Neonazis, sowie der Ausbau der Beziehungen zu Rocker-Strukturen und dem kriminellen Milieu im Vordergrund.

Stellungnahme der Antifaschistischen Aktion Neumünster und der Antifa Koordination Lübeck

Bilderstrecke bei recherche-nord

Artikel bei KN Online (15.5.17)

linksunten.indymedia.org

250 Antifaschist*innen am Wahlabend gegen AfD und Abschiebungen

Am gestrigen Wahlabend demonstrierten in Kiel etwa 250 Antifaschist*innen unter dem Motto „Gegen jeden Rassismus – antifaschistische Gegenmacht aufbauen!“ gegen den erstmaligen Einzug der Rechtspartei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Mangels einer AfD-Wahlparty in der Landeshauptstadt zogen die Demonstrant*innen am Abend lautstark von Hauptbahnhof vorbei an der Parteizentrale im Walkerdamm, wo eine Zwischenkundgebung stattfand, zum durch zahlreiche Polizeikräfte abgeschirmten Landeshaus. Die AfD hatte als Konsequenz der zahlreichen antifaschistischen Interventionen im Wahlkampf der letzten Monate abermals keinen Raum in Kiel finden können und musste wiederholt in der Gaststätte „Tivoli“ in der Gemeinde Aukrug ausweichen und ihre eher schlecht besuchte Feier dort unter Polizeischutz verbringen.

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In verschiedenen Redebeiträgen des Kampagnenbündnis Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) Schleswig-Holstein, des netzwerk antirassistische aktion (nara) kiel und der Afghanische Gemeinschaft Kiel wurde nicht nur weiterer Widerstand gegen die AfD in der bevorstehenden Legislaturperiode sowie im Bundestagswahlkampf angekündigt, sondern auch der strukturelle Rassismus als fest verankerter Bestandteil des politischen und geselllschaftlichen Mainstreams benannt. In diesem Zusammenhang wurde auch die uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Abschiebestopps ins Kriegsgebiet von Afghanistan gefordert. In einem weiteren Beitrag stellte sich zudem die Wagengruppe Prüner Schlagloch vor, die seit nunmehr 10 Tagen eine Fläche der Firma „Möbel Kraft“ besetzt hält, um in nach rechts rückenden Zeiten mit der Begründung emanzipatorischer Räume auf die gesellschaftlichen Entwicklungen zu kontern.

Die AfD konnte bei der Schleswig-Holsteinischen Landtagswahl 5,9% der Stimmen auf sich vereinen. Dass dieses Ergebnis hinter dem Bundestrend zurückfällt, ist auch der hartnäckigen antifaschistischen Gegenwehr gegen Auftritte und Propaganda der Partei im Land zu verdanken. In Kiel haben 6173 Wähler*innen (5,2%) die proto-faschistische Partei gewählt, zusätzlich votierten 359 Berechtigte (0,3%) für die AfD-Abspaltung „Liberal-Konservative Reformer“ (LKR), die landesweit gerademal 0,2% der Stimmen erlangte. Die neonazistische NPD ist in diesem Jahr nicht mehr angetreten.

Aufstehen gegen Rassismus Schleswig-Holstein zur Landtagswahl

Presse: KN (Sonntag20:08, 20:28, 20:40) | SHZ (7. Mai 2017 20:30 Uhr, 20:39 Uhr, 20:41 Uhr, 21:03 Uhr) | NDR | LN (1/2)

Offener Brief zur Veranstaltung mit AfD-Beteiligung in der Pumpe

Offener Brief linker Kieler Gruppen an die Pumpe:

Liebe Verantwortliche der Pumpe,

mit Unverständnis und Empörung mussten wir feststellen, dass die Alternative für Deutschland (AfD) im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 20.04.2017 in eure Räumlichkeiten eingeladen wurde. Uns ist bewusst, dass nicht die Pumpe selbst der Veranstalter war, doch wurde das Erscheinen von Jörg Nobis nicht unterbunden, weshalb wir uns direkt an euch wenden.

Euch zu erzählen, was die AfD für eine Partei ist, ersparen wir uns an dieser Stelle. Denn eigentlich spricht euer Veranstaltungskalender dafür Bände, dass das widerliche Gedankengut der AfD bei euch nichts zu suchen hat: Linke Musiklabel und links-alternative Gruppen aus Kiel und der Umgebung führen bei euch Veranstaltungen durch. Herkunft, Ethnizität, Sexualität, Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung und vieles mehr spielen bei euch in der Regel keine große Rolle. Die Pumpe ist ein Raum, den fast ausschließlich Menschen nutzen, die nicht in das Weltbild der AfD passen. Und das sollte auch so bleiben!

Unter pseudo-demokratischen Begründungen wurde am vergangenen Donnerstag der AfD die Bühne geboten, ihre rechtspopulistischen, rassistischen, nationalistischen, sozialchauvinistischen und homophoben Denkmuster zu verbreiten. Diese bieten den Nährboden und Rückhalt für Angriffe auf Menschen, die der AfD und ihr nahestehenden Personen nicht in den Kram passen. Wir halten euren Umgang mit dem Besuch der AfD nicht nur für falsch, sondern auch für schlichtweg gefährlich. Wer der AfD eine Bühne gibt, setzt sich nicht aufklärerisch mit rechten Positionen auseinander, sondern legitimiert sie durch den vermeintlich salonfähigen Charakter selbiger. Solche Menschen haben in einem Kulturzentrum, und ganz besonders auf einer Bühne, nichts verloren. Positionen, die die Würde und Gleichwertigkeit eines jeden Menschen in Abrede stellen, bedürfen aus unserer Sicht keinerlei Diskussion.

Von einem Kulturzentrum wie der Pumpe erwarten wir deshalb, dass dort kein Raum für Nazis und deren Stichwortgeber geschaffen wird und kritische Stimmen auch in Zukunft noch Platz bei euch finden – und nicht wie am besagten Donnerstag des Saales verwiesen werden, um rechtspopulistischer Hetze Raum zu geben. Wir fordern euch auf, dass der AfD in Zukunft kein Zutritt mehr in die Räumlichkeiten der Pumpe gewährt wird.

Allgemeiner Studierendenausschuss CAU Kiel
asta.uni-kiel.de

Autonome Antifa Koordination Kiel
antifa-kiel.org

G20 Kielholen! Kieler Netzwerk gegen den G20-Gipfel in Hamburg
g20kielholen.blackblogs.org

Kurdistan Solidaritäts-Komitee Kiel
kurdistansolikiel.noblogs.org

netzwerk antirassistische Aktion [nara] kiel
antiravernetzungsh.noblogs.org

Rote Hilfe OG Kiel
rotehilfeogkiel.gaarden.net

TurboKlimaKampfGruppe (TKKG) Kiel
tkkg.noblogs.org