Start der Kampagne “An die Substanz!”

Wir dokumentieren einen Beitrag von andiesubstanz.noblogs.org:

In Schleswig-Holstein startet in diesen Tagen die Kampagne “An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben”. Verschiedene antifaschistische Gruppen rufen in diesem Zusammenhang dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. Neben den gemeinsamen öffentlichen Aktionen in den nächsten Monaten können sich alle Antifaschist_innen, die sich als Teil der Kampagne begreifen wollen, mit ihren eigenen Inhalten und Aktionsformen einbringen.

Aktuelle Informationen zu der Kampagne gibt es regelmäßig auf dem Blog andiesubstanz.noblogs.org. Dort gibt es auch eine Übersicht über rechte Geschäftswelten in Kiel, Plön und Neumünster. Eine Broschüre und weiteres Material wird in Kürze an mehreren Orten ausliegen.

In den nächsten Tagen folgen Hintergrundberichte zur Situation rechter Geschäfte in Neumünster und im Großraum Kiel.

Im Folgenden noch der Aufruf zu der Kampagne:

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An die Substanz:

Rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben!

Nach den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein vom 26. Mai 2013 mussten Antifaschist_innen zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, dass es neofaschistischen Wahllisten landesweit in insgesamt drei Städten und einem Kreis gelungen war, Kandidaten für die nächsten fünf Jahre in Rathäuser und Kreistage zu schicken. Dies gelang ihnen, obwohl es kaum wahrnehmbaren Wahlkampf gab und Kandidaturen von Neofaschisten sich auf wenige Regionen beschränkten.

Vier rechte Kommunalwahl-Mandate 2013
In Kiel schaffte NPD-Ratsherr Hermann Gutsche den Wiedereinzug ins Rathaus, diesmal angetreten auf der Tarnliste WaKB („Wahlalternative Kieler Bürger“). In Neumünster zog Mark Proch für die NPD in die Ratsversammlung ein, im Kreis Herzogtum-Lauenburg gelang es dem kurz vor der Wahl aus der NPD ausgetretenen Kay Oelke mit der Splittergruppe “Rechtsstaatliche Liga” seinen Sitz im Kreistag zu verteidigen und ins Geesthachter Rathaus einzuziehen. Trotz teilweise sinkender Wähler_innenzahlen lautet die nüchterne Bilanz aus antifaschistischer Perspektive am Wahlabend, dass neofaschistische Bewerber in Schleswig-Holstein die Anzahl ihrer kommunalen Parlamentarier im Land von zwei auf drei bzw. vier zu erhöhen konnten.

Der stete Niedergang neofaschistischer Politik-Strukturen in Schleswig-Holstein
Unweigerlich drängt sich in Anbetracht dessen die Frage auf, welche Schlüsse Antifaschist_innen daraus ziehen müssen, wenn es dem Rechtsaußenlager gelingt, ein erfolgreiches Wahlergebnis zu erzielen, vor allem angesichts der niedrigen Erwartungen im Vorfeld und der allgemein desolaten Verfassung. Zur Erinnerung: Die Schleswig-Holsteinische NPD und ihre Umfeldstrukturen befinden sich seit einigen Jahren im stetigen Niedergang. Im letzten Jahr (2012) war die Neonaziszene so schwach organisiert, dass ihr Mobilisierungspotenzial auf der Straße kaum einmal den dreistelligen Bereich bei entsprechenden Aktionen erreichte. Die NPD demonstrierte ihre Unfähigkeit dann eindrucksvoll am 1. Mai in Neumünster, als ihre Demoroute von hunderten Antifaschist_innen blockiert wurde und eine eigenmächtig gewählte Ausweichroute nach wenigen hundert Metern im Polizeigewahrsam endete.

Die öffentliche Präsenz von organisierten Neonazis beschränkt sich aktuell daher auf wenige, in der Regel unangekündigte Stände und Kleinstkundgebungen, die meist auf Dörfern und in Kleinstädten durchgeführt werden. Beunruhigende Ausnahmen waren nicht-explizit neonazistische Aufmärsche zum Thema sexueller Missbrauch von Kindern, die 2012 in Leck und Neumünster von Rechten, darunter besagter NPD-Neu-Ratsherr-Mark Proch, angeführt wurden und zeitweilig Mobilisierungserfolge auswiesen. Abgesehen davon hat das einzige regelmäßige Event der Szene mit Ausstrahlungskraft, der „Trauermarsch in Lübeck“, die Fahrt nach Walhalla angetreten und ist auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Er wurde 2013 einfach abgesagt. Verantwortlich dafür sind neben der abgenommen Mobilisierungskraft und den kontinuierlichen antifaschistischen Gegenaktivitäten sicher auch andauernde parteiinterne Querelen. Zum einen zog sich der langjährige Anmelder des Aufmarsches, Roland Siegfried Fischer, von seiner Parteiarbeit zurück, zum anderen ist ein aktuelles Beispiel der Austritt Kay Oelkes kurz vor der Wahl. In Kiel musste Hermann Gutsche nach dem Wegbrechen der Strukturen der „AG Kiel“ auf den Nazi-unterwanderten Hobbyfußballclub “Bollstein Kiel” zurückgreifen, um seine Wahllisten zu füllen.

Dies verweist bereits auf den Umstand, dass die Tendenz bei den “freien Kräften” keinesfalls anders aussieht: Einzelne Gruppen und Protagonist_innen der Neonaziszene, die formal außerhalb der NPD organisiert sind, machen durch Propaganda und Übergriffe ihre Präsenz deutlich. Dies betrifft die Kreise Stormarn, Ostholstein und Nordfriesland, wo der “Freie Widerstand Südschleswig” in Leck maßgeblich an Inszenierung und Zuspitzung der Proteste beteiligt war. Der Aktivismus und die Vernetzung ist aber nicht annähernd mehr mit den Zeiten des zeitweisen Hypes um “Autonome Nationalisten” in Schleswig-Holstein vor nur wenigen Jahren zu vergleichen.
Auch das faschistische Spektrum jenseits der NPD und den oft mit ihnen verbundenen „Freien“ kann dieses Vakuum nicht füllen. Parteien wie “Die Freiheit” oder ” Die Rechte” und reale Gruppen des Internet-Phänomens “Identitäre Bewegung” sind zwar mal mehr, mal weniger existent, wirkliche Relevanz konnten sie aber bisher auf keinem Gebiet erzielen.

Zwischen Büchern, Wellness, Bier und Rechtsrock: Die blühende rechte Geschäftswelt im hohen Norden
Kurzum: Organisierte rechte Strukturen kriseln in Schleswig-Holstein nicht erst seit gestern größtenteils vor sich hin und doch haben neofaschistische Parteien ihre Sitze in den Rathäusern. Neben den bekannten Parteien und Organisationen muss es noch mehr rechte Lebenswelten im Land geben. Es existiert eine rechte Infra- und Geschäftsstruktur mit teilweise bundesweiter Ausstrahlung, auf die Antifaschist_innen und kritische Journalist_innen zwar regelmäßig hinweisen, die in der antifaschistischen Praxis aber oft zu kurz gekommen sind.

Allein in Kiel und Umland gibt es mehrere Läden, deren Betreiber_innen und teils auch Sortiment schlichtweg als unappetitlich zu bezeichnen sind. Der Regin-Verlag aus Kiel und vor allem aber das Verlagsimperium von Dietmar Munier, ansässig in Martensrade (Kreis Plön), versorgen die ganze Bundesrepublik mit nationalistischer, verschwörungstheoretischer, militaristischer und faschistischer Literatur.

Die namhafte Heilpraxis „Heilcentrum Pless“ wird mitten in Kiel von Henning Pless betrieben, einem in den frühen 1990ern als Vorsitzender der “Heimattreuen Jugend” bekannt gewordenen Neonazi, heute vor allem im Bereich des organisierten Gebietsrevisionismus führend tätig.

In Kiel-Gaarden existiert seit einigen Monaten der Laden “PLS-Werkzeuge”, der von dem langjährigen Nazischläger und Mittlerweile-Bandido Alexander Hardt geschmissen wird. Hardt gehört zum Umfeld des seit 15 Jahren existierenden Neonazitreffpunkts „Club 88“ in Neumünster, wo die Kneipe „Titanic“, betrieben vom sich mittlerweile offen zur NPD bekennenden Horst Micheel, ein Anlaufpunkt für die rechte Szene der Region ist.

In Nessendorf (Kreis Plön) war mutmaßlich sogar schon die Neonazi-Mörder-Bande “NSU” beim seit Jahren als NPD-Unterstützer bekannten Eckart August reiten, dessen Eselpark zu den führenden Ausflugstipps Schleswig-Holsteinischer Reiseführer gehört. Und im stormarnischen Glinde wird die Szene im “Thor Steinar”-Laden “Tönsberg” eingekleidet, um sich dann fesch auf rechten Events wie “Wir sprechen Deutsch – ehrlich und laut!”-Grauzonen-Festivals in Schacht-Audorf, “Freiwild”-Auftritten in Dithmarschen, “Kategorie C”-Konzerten in Flensburg und Kiel und Neonazi-Liederabenden an geheimgehaltenen Orten zur Schau zu stellen. Solche Musikveranstaltungen gehörten in den letzten Jahren beständig zur rechten Erlebniswelt in Schleswig-Holstein dazu. Den Soundtrack zu Mord und Totschlag dazu liefert der Mailorder „Support-Wear“ des Kieler Neonazis Matthias Kussin bequem frei Haus.

Nazi-business as usual
Dass überdies in einigen Teilen des Landes neonazistische Übergriffe auch ohne sich öffentlich spektakulär in Szene setzende Gruppen zum Alltag gehören, belegen zu viele Beispiele in hässlicher Regelmäßigkeit. Ein aktuelles, erschreckendes Beispiel ereignete sich Himmelfahrt in der Gemeinde Rieseby bei Eckernförde, Antifaschist_innen als Hochburg rechter Jugendbanden bekannt. Neonazis belagerten und bedrohten unter rassistischen Parolen, Böllerwürfen und Hitlergrüßen das Grundstück einer iranisch-stämmigen Familie. Der Mob konnte eine Zeitlang ungestört agieren und löste sich erst auf, als die Polizei endlich mit genug Kapazitäten eingriff.

An die Substanz gehen!
Auch wenn der rechte Sumpf in Schleswig-Holstein nicht immer übermäßig stark präsent ist, verfügt er zwischen einflussreichen Publizisten, unscheinbaren Geschäftsleuten, NPD-Umfeld, rechter Kneipen-Szene, trister Dorfjugend und rassistischen Sarazzin-Leser_innen im Land über eine feste Verankerung. Soll er trocken gelegt und auf diesem Wege auch das ohne größere Mühen stets abrufbare neofaschistische Wähler_innenpotenzial dezimiert werden, müssen wir als Antifaschist_innen unser Blickfeld auch dorthin erweitern, wo sich ihre Klientel seine Nischen, Geldquellen, ideologische Versicherungen und Erlebniswelten geschaffen hat. Dies sind auch Felder, die uns mitunter nicht zwangsläufig auf offener Straße ins Auge springen und die über letzten paar verbliebenen großen Namen auf den NPD-Wahllisten hinausgehen.

Die Demos und Aktionen gegen “PLS-Werkzeuge” in Kiel und “Tönsberg” in Glinde sind aktuelle positive Beispiele für die richtige Richtung, in deren Fußstapfen wir uns mit der Kampagne “An die Substanz! Rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben!” begeben wollen. Unser Ziel ist es, Informationen über die rechte Infrastruktur breit zugänglich zu machen, gemeinsam zur Tat zur schreiten und rechten Gewerbetreibenden die Grundlage ihrer wirtschaftlichen Existenz zu nehmen. Einige der genannten Beispiele haben sich in den vergangenen Jahren als hartnäckig auch gegenüber langjährigen antifaschistischen Kampagnen erwiesen, andere sind von antifaschistischen Interventionen bisher weitestgehend unbehelligt geblieben. Insgesamt sehen wir jedoch noch eine Menge ungenutzt gebliebenen Spielraum dafür, den Druck auf die rechten Geschäftsleute im Land merkbar zu erhöhen und zur einen oder anderen Ladenpleite beizutragen.

In der vorliegenden Broschüre geben wir eine kurze Übersicht über Geschäfte, Hintergründe und Personal des rechten Wirtschaftslebens in Schleswig-Holstein. Ausführlichere Informationen sind zudem auf unserem Blog andiesubstanz.noblogs.org zu finden. Dort werden wir auch aktuelle Termine und Aktionen im Rahmen der Kampagne veröffentlichen. Auch wenn der gemeinsamen Aktion ein hoher Stellenwert eingeräumt werden soll, sind alle Antifaschist_innen darüber hinaus selbstredend auch dazu aufgerufen, sich im Rahmen von “An die Substanz!” zu organisieren und auf ihre Weise und mit ihren Mitteln selbstständig aktiv zu werden, gerade auch in Bezug auf Infrastruktur, die von uns an dieser Stelle nicht explizit selbst in den Fokus genommen wurde.

Nutzen wir die nächsten Monate, um all das, was zur rechten Infrastruktur und Erlebniswelt zu zählen ist, dort wo sich die Wähler/innen von Gutsche, Oelke, Proch und Co. herumtreiben, kräftig aufzumischen, auszuhebeln und in der Versenkung verschwinden zu lassen.

It’s up to you! Zusammen mit langem Atem und viel Phantasie: Gegen rechte Strukturen und rechten Lifestyle vorgehen – Nazis in die Pleite treiben!

Kiel: 200 beschimpfen NPD-Flaggschiffbesatzung

+++ Lautstarke Gegenkundgebung gegen NPD-„Deutschlandtour“ in Kiel +++ Bis zu 200 Antifaschist_innen am frühen Vormittag am Asmus-Bremer-Platz +++ Farbeier und Tomaten Richtung nicht-verständliche Nazi-Redner ++++ Kaum lokale Unterstützung für die Bundes-NPD +++

Nachdem die ambitionierte NPD-„Deutschlandtour“ mit dem selbsternannten „Flaggschiff“ zum Start am gestrigen Montag entgegen eigener Ankündigungen nicht über die Grenzen Mecklenburg-Vorpommerns hinaus gekommen war, die für den frühen Abend angekündigte Kundgebung in Neumünster dem defizitären Zeitmanagement sowie dem technischen Ungeschick der Reise-Nazis zum Opfer gefallen war und das antifaschistische Empfangskomitee erfreulicherweise unverrichteter Dinge den Nachhauseweg antreten konnte, warteten heute, am Vormittag des 13. August 2013 bis zu 200 Antifaschist_innen nicht vergebens in der Kieler Innenstadt. Nach einigem Hin und Her bezüglich des genauen Kundgebungsortes im Vorfeld, hatte sich schlussendlich der Asmus-Bremer-Platz mit großer Gewissheit als Ziel der Nazi-Karawane herauskristallisiert. Antifaschistische Gruppen hatten deshalb kurzfristig für 9 Uhr zu einer Gegenkundgebung am selben Ort aufgerufen.

asmusBereits vor dem Eintreffen der ersten Demonstrant_innen hatte die Polizei die Hafenstraße vor dem ehemaligen Karstadt Sport-Gebäude abgeriegelt und ließ hier nur ausgewählte Passant_innen durch. Nachdem es noch kurz zu einer allseitig Verwirrung stiftenden Situation gekommen war, bei der auf einmal der allein angereiste lokale NPD-Anmelder und Kieler Ratsherr Hermann Gutsche ungewollt inmitten der Antifaschist_innen stand, aber schnell von Polizist_innen auf seine Seite gerettet werden konnte, formierte sich noch vor Eintreffen des Nazi-Lasters eine Kundgebung mit zunächst etwa 100 Teilnehmer_innen. In einem kurzen Redebeitrag wurde darauf aufmerksam gemacht, weshalb man sich noch vor allgemeiner Ladenöffnung in der Kieler City versammele und dazu aufgerufen, die Neonazis, die zu diesem Zeitpunkt bereits am IKEA-Parkplatz am Stadtrand gesichtet worden waren, möglichst unangenehm zu empfangen.

Gegen 9.30 Uhr rollte dann tatsächlich der NPD-Werbelaster samt der zwei Busladungen obligatorischer Ordnertruppe und dem bescheidenen lokalen Support in Jens Lütkes Kleinwagen, der außer den Fahrzeughalter selbst noch die Lübecker Jörn Lemke und Jörn Gronemann transportierte, in den polizeilich reservierten braunen Korridor. Als Hermann Gutsche nach der Aufbauphase schließlich mit seiner Eröffnungsrede loslegte, hallten wüste Beschimpfungen, Antifa-Parolen und Störgeräusche aus diversen Lärmquellen durch die Holstenstraße. Garniert wurde das für die frühe Uhrzeit doch recht wütende Begrüßungsszenario mit einigen braunen Farbeiern und gammeligen Tomaten, die in Richtung Nazi-Kundgebung flogen. Der von den am Ende bis zu 200 Gegendemonstrant_innen verschiedener Spektren fabrizierte Lärmpegel konnte durchweg aufrecht gehalten werden, so dass es auch für die NPDler selbst schwierig gewesen sein dürfte, der anschließenden ellenlangen Rede Holger Apfels und dem nachfolgenden Gestotter Ronny Zasows zu folgen.

ffNoch vor 10.30 Uhr kamen die Nazi-Redner der lautstarken Forderung ihres Publikums, nämlich die Fresse zu halten, endlich nach. Die Roadies räumten den Schrott zusammen und der Wanderzirkus verließ Kiel mit dem mutmaßlichen Ziel Hamburg. Wie schon im letzten Jahr ließ sich der Sinn dahinter, dutzende Städte bundesweit abzuklappern, um sich dort beschimpfen zu lassen, auch bei der diesjährigen Station des „Flaggschiffs“ in Kiel nicht endgültig erschließen. Für die antifaschistische Mobilisierung kann jedoch einmal mehr resümiert werden, dass trotz undankbarer Zeit wirklich beeindruckend viele Leute gekommen sind, um der NPD ihre Abneigung zu demonstrieren, dass es durchgängig amtlich laut gewesen ist und dass an der Förde nach wie vor auf eine Menge Leute Verlass ist, wenn es darauf ankommt, spontan und flexibel auf Nazi-Auftritte zu reagieren. Nichtsdestotrotz heißt es Daumen drücken, dass der hässliche Laster möglichst bald eine der vielen noch angekündigten Stationen nicht überlebt, so dass das heutige hoffentlich als sein letztes Gastspiel in Schleswig-Holstein in die Geschichte eingehen kann.

Weitere Berichte:


La Quimera | enough is enough! | blick nach rechts | KN

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Jens Lütke

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Aktueller Stand zur NPD-Kundgebung und Pressemitteilung

Wie heute bestätigt werden konnte, hat die NPD ihre Kundgebung ab 9 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz angemeldet. Antifaschistische Gruppen aus Kiel mobilisieren seit Sonntagabend ebenfalls zum Asmus-Bremer-Platz, um wenn möglich dort die NPD-Kundgebung zu blockieren oder von dort aus flexibel auf mögliche Ausweichorte der NPD reagieren zu können.

Für Morgen wird es einen Ermittlungsausschuss (EA) geben, wo Betroffene von Polizeimaßnahmen, Gewahrsam- oder Festnahmen gemeldet werden können. Der EA ist unter der Nummer 0431 – 5303435 zu erreichen.

Da zeitgleich zur NPD-Kundgebung in Kiel mehrere Stolpersteine verlegt werden, haben wir heute untenstehende Pressemitteilung an die Medien und Verantwortlichen in der Stadt verschickt.

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PM: Verlegung von Stolpersteinen zeitgleich zu NPD-Kundgebung in Kiel

Um an die Opfer von nationalsozialistischer Gewalt zu erinnern, werden vor ihren letzten selbstgewählten Wohnorten Stolpersteine eingelassen. Am Dienstag, 13. August, werden ab 9 Uhr in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel 24 neue Gedenksteine verlegt. Zeitgleich will die NPD im Rahmen ihrer „Deutschlandtour“ eine Wahlkampfkundgebung in Kiel abhalten. Dabei sollen ein mit Werbung versehener Kleinlaster, mehrere Begleitfahrzeuge und Parteiprominenz rassistische Botschaften verbreiten. Im Rahmen einer ähnlichen Veranstaltung versuchten die Neonazis bereits im vergangenen Jahr vergeblich, eine Kundgebung auf dem Asmus-Bremer-Platz für rassistische, nationalistische und antisemitische Hetze zu nutzen.

Der Künstler Gunter Demnig erinnert mit Gedenksteinen aus Messing, auf denen die Namen und die wichtigsten Lebensdaten der Opfer stehen, seit 1997 an die Verbrechen des Nazi-Regimes. Es wurden bereits mehr als 40.000 Stolpersteine in 700 europäischen Orten verlegt. In Kiel sind es bisher 146 Gedenksteine. Zwischen den Gedenkorten (Schloßstraße, Kronshagener Weg, Waitzstraße, Küterstraße) und den möglichen Auftrittsorten der NPD-Führungsriege liegen nur wenige Meter.

„Rassistische und sozial-chauvinistische Parolen sind in unmittelbarer Nähe einer Gedenkveranstaltung, die unter anderem von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Schleswig-Holstein, Schüler*innen der Humboldtschule und dem Gymnasium Altenholz organisiert wird, nicht hinnehmbar und höhnen der Opfer“ kommentiert Julia Schmidt von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel.

Und weiter: „An der Denkweise alter und neuer Nazis hat sich seit dem Tod der Familien Levy und Weitz, an deren Deportation am Dienstag erinnert werden soll, nicht viel geändert. Umso unerträglicher ist es, wenn heutzutage immer noch Neonazis ihre menschenverachtenden Meinungen verbreiten.“

Wie jetzt bestätigt wurde, hat die NPD ihre Kundgebung ab 9 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz angemeldet. Weitere Plätze sollen als Ausweichort für den Fall von Protesten angemeldet worden sein. Aus diesem Grund rufen antifaschistische Gruppen für Dienstag ab 9 Uhr zur Gegenkundgebung auf dem Asmus-Bremer-Platz auf.

HH-St.Georg: Verfahren gegen Kieler Genossen eingestellt

Was eigentlich nur als sogenannter Sprungtermin zur Wahrung formaler Fristen im laufenden Prozess gegen einen Kieler Antifaschisten im Zusammenhang mit den Gegenaktivitäten zum Hamburger Naziaufmarsch am 2. Juni 2012 angelegt war, endete vor dem Amtsgericht Hamburg-St. Georg heute am 9. August 2013 binnen weniger Minuten überraschend mit der Einstellung des Verfahrens nach §153a StPO. Sowohl Richterin und Staatsanwaltschaft, als auch der Anwalt des Angeklagten stimmten dieser unter der Auflage einer Zahlung von 500€ an die Arbeitsgemeinschaft Neuengamme, der Interessenvertretung ehemaliger Häftlinge des KZ Neuengamme, ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen, zu.

Hintergrund des Prozesses, der am 26. Juli 2013 mit dem de facto einzigen Verhandlungstag begonnen hatte und von Protestaktionen antifaschistischer und Antirepression-Gruppen begleitet worden war, an denen sich an einem Freitagmorgen etwa 100 solidarische Menschen beteiligt hatten, war ein nach Zeugenaussagen dreier Polizisten am Abend des 2. Juni 2012 nahe des Hamburger Hauptbahnhofes vermeintlich erfolgter Angriff des Angeklagten auf einen der ihrigen. Beobachter_innen zufolge war es jedoch der Angeklagte selbst gewesen, der während eines rechtswidrigen Einkesselungsversuchs antifaschistischer Demonstrant_innen durch Angehörige einer Brandenburger Bereitschaftspolizeieinheit niedergeschlagen, brutal festgenommen und verletzt wurde. Auch entgegen dieser Tatsache erhielt der Betroffene Anfang des Jahres schließlich einen Strafbefehl unter dem Vorwurf der „Körperverletzung“ und des „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“. Dem eingelegten Widerspruch folgte die heute zu Ende gegangene Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht St. Georg.
Sowohl die Unterstützer_innen außerhalb des Gerichtssaals, wie auch der Anklagte selbst in seiner Prozesserklärung hatten immer wieder betont, dass das vordergründige Anliegen der Prozessführung darauf abziele, brutale Polizeieinsätze wie dem in Hamburg am 2. Juni 2012, die mit der üblicherweise anschließend inszenierten medialen Hetze und der strafrechtlichen Verfolgung von Antifaschist_innen in keinen kausalen Einklang zu bringen sind, nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen und stattdessen den Kampf um die Deutungshoheit der Geschehnisse politisch und juristisch zu führen. Ziel war es gewesen, durch die öffentliche Begleitung, die politische Einordnung und eine offensive Verteidigungsstrategie in die strukturell ungleichen Machtverhältnisse vor Gericht einzugreifen und die polizeiliche Darstellung der Ereignisse in ihrer Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Zur juristischen Wahrheitsfindung im bürgerlichen Sinne habe man jedoch nicht beitragen wollen, weshalb der Angeklagte die Aussage verweigert hatte.
Dass der Prozess nun entgegen ursprünglicher Erwartungen mit einer Einstellung endete, werten der Angeklagte und seine Unterstützer_innen als Hinweis darauf, dass diese Strategie aufgegangen ist. Dass die Anklage den billigen Hintergrund gehabt habe, dass die am Einsatz beteiligten Beamten die Tatsache ihres brutalen Übergriffs mit einer prophylaktischen Anzeige unter umgekehrten Vorzeichen verwässern wollten, sei während des Prozesses allzu offensichtlich geworden. Die schwache Polizeilegende sei nicht mehr ohne Weiteres als Begründung für eine Verurteilung aufrecht zu erhalten gewesen, weshalb die Option der einvernehmlichen Einstellung des Verfahrens überhaupt auf den Tisch gekommen sei. Auch wenn es bedauerlich sei, dass die zwei noch nicht gehörten Brandenburger Polizeizeugen sich nun nicht mehr zu ihrer gewalttätigen Festnahmepraxis werden äußern müssen, was sicherlich noch das eine oder andere interessante Detail über den Normalzustand des deutschen Polizeiwesens ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hätte, sei das Ergebnis der Prozessarbeit zufriedenstellend. Auch wenn der Angeklagte die Spende sicherlich lieber aus freien Stücken getätigt hätte: Kein Cent gehe in irgendwelche Staatskassen, sondern komme der Aufrechterhaltung des Gedenkens an die Verbrechen Nazi-Deutschlands zu Gute. Und der betroffene Genosse sei im wahrsten Sinne des Wortes mit einem blauen Auge davon gekommen – alles in allem demnach eine gute Bilanz!
Der Angeklagte und seine Unterstützer_innen danken allen, die den Prozess solidarisch begleitet haben und hoffen, dass die insgesamt positive Wendung des Verfahrens andere Betroffene staatlicher Repression dazu ermutigt, kämpferisch und politisch mit Strafbefehlen, Bußgeldern und Prozessen umzugehen und nicht im stillen Kämmerlein jede staatliche Frechheit zu schlucken.


Solispaziergang zum Gericht am 26.7.2013

„Bollstein Kiel“-Mitglieder bei Neonazi-Demonstration in Bad Nenndorf

„Wir Bollsteiner lassen uns in keine politische Ecke zwängen!“ polterte der Mettenhofer Freizeitfussballclub „Bollstein Kiel“ noch im Jahr 2011 aufgrund einer Turnierausladung wegen rassistischer Sprüche seiner Mitglieder. Dass es damit weit her ist und die Kerngruppe von „Bollstein Kiel“ klar der rechten Szene zuzuordnen ist, hatte die Autonome Antifa-Koordination Kiel zusammen mit dem Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel dann im August 2012 aufgedeckt, was zur Absage eines von „Bollstein Kiel“ veranstalteten Fussballturniers auf dem Kieler Nordmarksportfeld führte.  
Obwohl die „Bollsteiner“, ungeachtet der antifaschistischen Recherchen, immer wieder versuchten zu betonen „unpolitisch“ und auf keinen Fall „rechts“ zu sein, war bei der Kommunahlwahl im Mai 2013 ein großer Teil des „Bollstein“-Umfelds auf der Wahlliste des NPD-Tarnvereins „WAKB“ zu finden.
Als nun am 3. August 2013 ein auf wenige Hundert zusammengeschmolzener Haufen Neonazis im niedersächsichen Bad Nenndorf durch antifaschistische Blockaden erfolgreich davon abgehalten werden konnte, zum dortigen Wincklerbad zu demonstrieren, war auch ein Teil der „Bollstein Kiel“-Gruppe in ihren „Vereins“-T-Shirts, u.a. in Begleitung der schleswig-holsteinischen NPD-Kader Daniel Nordhorn (Kreisvorsitzender des NPD-Verbandes Segeberg-Neumünster), vor Ort.
Alle hier abgebildeten Fotos stammen von Recherche Nord.
Weitere Bilder der Neonazis in Bad Nenndorf gibt es auch bei der Antifa Koordination Lübeck.
bollstein
tt
hh
kk
aa
nn