»Zuerst!« ist Forum für etablierte und extreme Rechte

Wir dokumentieren einen Artikel aus der Zeitung der rechte rand

Holocaust-Leugner & Konservative


In kürzester Zeit ist dem extrem rechten Monatsmagazin »Zuerst!« ein Brückenschlag ins konservative Milieu gelungen. Einträchtig nebeneinander finden sich hier NS-Kitsch, Holocaust-Leugner, rassistische Hetze, Deutschtümelei und Interviews mit konservativen Politikern. Zwar wird das Blatt nicht neben den seriösen Nachrichtenmagazinen im Verkaufsregal platziert, wie der neonazistische Verleger Dietmar Munier hoffte. Aber das Heft liegt bundesweit in Bahnhofsbuchhandlungen, Tankstellen und am Kiosk zum Verkauf aus. Ende Februar erschien nun die dritte Ausgabe.
Im aktuellen Heft setzt Chefredakteur Günther Deschner den Schwerpunkt auf das aktuelle Reizthema »Linksextremismus«. »Linke Gewalt. Angriff auf den Rechtsstaat«, so ›plärrt‹ es in dicken Buchstaben vom Titel. 15 Seiten mit großen Fotostrecken füllt das Thema im Heft. Die Politik »scheint weder willens noch in der Lage zu sein, die Innere Sicherheit zu garantieren«, schürt »Zuerst!« ganz gezielt Ängste. Statt nur aus zweiter Hand zu berichten, gehen die Autoren auf Anti-Antifa-Recherche.

 

So schlichen sie sich in eine Veranstaltung der Tageszeitung »Junge Welt« zur »Extremismustheorie« ein und waren am 13. Februar mit der Kamera in Dresden in den Antifa-Blockaden unterwegs. Dort sei es zu massivem »Rechtsbruch« gekommen, als tausende Antifas, GewerkschafterInnen und Linke den Aufmarsch von Neonazis blockierten.

 

Ein »Bündnis aus Politik, Polizei und Linksextremisten« sei dafür verantwortlich, beklagt »Zuerst!«-Autor Roger Szrenec. Der Naziaufmarsch wird von Chefredakteur Deschner als traditionsreicher »friedlicher Trauermarsch« beschrieben – eine deutliche Positionierung zugunsten der Neonazis.

 

Gemeinsamer Kampf gegen Links


Der Kampf gegen Links ist mal wieder das einende Moment zwischen Neonazis, extremer Rechter und Teilen des Konservatismus. Im Interview mit »Zuerst!« erklärt Hans Merkel, CSU Politiker und ehemaliger Büroleiter des Bundestagspräsidenten, die Bedrohung von Links: »Wir haben ein ernsthaftes Problem.« Er glaubt: »Das Gesellschaftsbild der extremen Linken hat sich in den letzten Jahrzehnten (…) durchgesetzt.« Hans Merkel ist auch Erstunterzeichner der Kampagne »Linkstrend stoppen!« vom rechten Flügel der Unionsparteien.

 

Wenige Seiten weiter im Heft zeigt sich der Charakter des Blattes aus der »Verlagsgruppe Lesen & Schenken« noch deutlicher. In mitleidsvollem Ton heißt es dort über den Holocaust- Leugner Ernst Zündel, er habe »sieben dunkle Jahre in Haft überstehen« müssen. »Zuerst!« übernimmt kritiklos die Eigencharakterisierung der Holocaust- Leugner, die sich selbst als »Revisionisten« bezeichnen. Zündel habe doch nur die »Wahrheit« herausfinden wollen, heißt es. »Unter fragwürdigen Bedingungen« sei er inhaftiert worden. Sei es wirklich richtig, Zündel zu inhaftieren?, stellt »Zuerst!«-Autor Peer Krusen die rhetorische Frage. Noch deutlicher als in diesem Text kann man kaum die Holocaust – Leugner verteidigen, will man nicht selbst Gegenstand eines Strafverfahrens werden.

 

Ansonsten präsentiert das neue Heft einen Querschnitt durch die Themen der extreme Rechten: Der ehemalige Europaabgeordnete der Partei »Die Republikaner« Harald Neubauer klagt über das Fehlen eines rechten Flügels in der CDU/CSU, der »Vertriebenen«-Aktivist Rudi Pawelka bewirbt die »Landsmannschaft Schlesien«, Manuel Oschsenreiter porträtiert den alternden »Nationalpazifisten« Alfred Mechtersheimer und gleich mehrere Artikel warnen mit rassistischen Tönen vor Einwanderung.

 

Steigende Abozahlen


Über den Verkaufserfolg von »Zuerst!« kann nur spekuliert werden, konkrete Verkaufszahlen sind bisher nicht öffentlich. Doch Verleger Munier schwärmte im Gespräch mit dem Internetprojekt »Gesamtrechts« von steigenden Abozahlen und gab sich Ende Januar optimistisch: »Wenn die Zahlen der letzten 6 Wochen anhalten, können wir ZUERST! dauerhaft durchsetzen«. Munier setzt auf Expansion. Interessierte könnten sich stapelweise Hefte zum Verteilen zusenden lassen, wirbt er. Dennoch dürfte das Projekt gefährdet sein. Denn der bundesweite Vertrieb über Kioske, Supermärkte und Tankstellen ist kostenintensiv.

 

Außerdem hat »Zuerst!« erst jüngst Konkurrenz bekommen. Seit Januar ist auch die rechtskonservative »Preußische Allgemeine Zeitung« am Kiosk zu haben. Ob da neben der »Deutschen Stimme«, der »Nationalzeitung« und der »Jungen Freiheit« noch Platz für »Zuerst!« bleibt, ist fraglich.

 

Zudem ist die politische Ausrichtung des Blattes zu exponiert, um derzeit den Kreis der Werbekunden und LeserInnen zu erweitern. Und auch die Berichterstattung in den Medien war für »Zuerst!« nicht förderlich. Entweder wurde die Gründung gar nicht erst erwähnt oder aber ihre extrem rechte Ausrichtung exakt beschrieben. Lob gab es freilich ausgerechnet von Matthias Brodkorb, einem SPD-Landtagsabgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern und Betreiber des Internetprojektes »Endstation Rechts«. Er attestierte den Autoren von »Zuerst!« »publizistische Gediegenheit« und einen »in Sachen Rechtsextremismus unangreifbaren Eindruck«. Zudem sei das Lektorat »tadellos«, »die Bildreaktion solide und die Schreibe durchaus gefällig«. Widerstand gegen die Zeitschrift kommt unterdessen vom »Hamburger Bündnis gegen Rechts«. In einem offenen Brief wird der »Heinrich-Bauer-Verlag« aufgefordert, den Vertrieb von »Zuerst!« durch seine Tochterfirma »Verlagsunion« einzustellen.


Von Ernst Kovahl