Aufruhr um Naziouting im Internet

Am Mittwoch, den 28.10.09, kam es an den Beruflichen Schulen am Königsweg in Kiel zu einem Outing des Neonazi-Aktivisten Svante K., der im Zusammenhang mit Aktionen der NPD und der „Autonomen Nationalisten“ in Schleswig-Holstein auffällig wurde. AntifaschistInnen verteilten Flugblätter an die SchülerInnen, auf denen auch ein Foto abgedruckt ist, welches Svante K. am Rande einer Neonazi-Kundgebung in Lübeck zusammen mit den bekannten Kieler Neonazis Peter Borchert und Daniel Zöllner zeigt. Den Text veröffentlichten die Antifas zusätzlich am selben Tag auf dem Internetportal Indymedia, wodurch die Aktion bekannt wurde. Hier entbrannte seit dem eine hitzige Diskussion – nicht über den Neonazi, sondern über das Outing…


Der Indymedia Artikel: http://de.indymedia.org/2009/10/264371.shtml

 

In der Kommentarleiste des Artikels wurden mehrere Kommentare gepostet, die sich z.B. unter den Namen „königswegschüler“ oder „ich stehe voll hinter s.k.“ mit dem Neonazi solidarisieren. So schreibt der „königswegschüler“: „wen soll das interessieren. das er nazi ist ist nicht bewiesen durch solche fotos. ihr beschuldigt ihn zu unrecht.“ [sic]. Ein weiterer „mitschüler“ schreibt, dass „politisches denken sowieso privatsache“ sei, und in einem anderen Kommentar heißt es: „Auf dem Hetzblatt ist nicht ein Beweis dafür, dass Svante ein Nazi ist, was ich mir auch bei aller Liebe nicht vorstellen kann. Er ist ein wirklich sehr witziger und netter Zeitgenosse, der bestimmt sehr gut mit Kindern umgehen kann. Das Foto, was ihn angeblich zeigt, ist bereits von Anfang 2008 und man sieht dort nichts, was auf einen angeblichen Nazi hindeutet“. Der Eintrag endet mit: „SOLIDARITÄT MIT SVANTE K[…]“.

Um noch mal den vermeintlichen „mitschüler“ zu Wort kommen zu lassen: „ich bin nur ein mitschüler. ich habe übrigens auch im hauptgebäude einen stapel dieser hetzzettel verschwinden lassen. ich stehe voll und ganz solidarisch hinter svante. mir ist es herzlich egal, ob er sich in der rechten szene engagiert hat oder sich dort engagiert. sein politisches denken ist seine privatangelegenheit. die geht niemanden etwas an.“ [sic] Natürlich ist es möglich, dass nur eine Person unter verschiedenen Pseudonymen schreibt, doch die offene Verteidigung des Neonazis und die Leugnung bzw. Verharmlosung seiner Aktivitäten wird dort doch schon sehr eifrig betrieben. Wir können nur hoffen, dass dies nicht der realen Umgehensweise seiner Klasse mit seinem menschenverachtenden Weltbild entspricht.

Doch es wurden unter dem selben Artikel auch Kommentare veröffentlicht, die weitere Details von Svante K.s Naziaktivitäten enthüllen. So konnte anhand seiner E-Mail-Adresse nachgewiesen werden, dass er der Betreiber der Internetseite www.logr.org/ankiel ist (bzw. war…), welche vor der Umbenennung in „Nordflamme“ die Adresse der neonazistischen „Aktionsgruppe Kiel“ war. Die Inhalte von www.logr.org/ankiel bzw. „Nordflamme“ wurden kurze Zeit nach der Veröffentlichung von Svante K.s E-Mail-Adresse gelöscht, ebenso wie sein Eintrag im Forum „soulblog“ und auf der rechten Internetseite „Altermedia“. Auch eine private Internetseite, die er mit dem Satz „Auf diesen Seiten werden Sie alles über die Kieler Nationalisten und ihre Aktionen erfahren“ einleitet und für die er ebenfalls die gleiche E-Mail-Adresse benutzte, wurde nun gelöscht. Hier sollte offensichtlich versucht werden, digitale Spuren zu verwischen. Bei Indymedia gibt es die entsprechenden Screenshots noch zur Dokumentation.

Des weiteren wurden unter dem Artikel mehrere Fotos veröffentlicht, welche Svante K. eindeutig als Mitglied der rechten Szene outen. Neben dem bereits erwähnten Foto, auf welchem er zusammen mit Peter Borchert, Daniel Zöllner und anderen Mitgliedern der rechten Szene aus Kiel und Neumünster hinter einer erbeuteten Antifa-Fahne zu sehen ist, gibt es ein Privatfoto von ihm und dem bekannten Kieler Neonazi Thorsten T.. Zusätzlich gibt es zwei Fotos, welche Svante K. auf einer Neonazikundgebung 2008 in Lübeck zeigen.

 

svante und seine freunde

Trotz der stichhaltigen Beweise wird seit Bekanntwerden des Outings vor gut einer Woche im Internet massiv versucht, Svante K. als Opfer einer „Hetzkampagne“ darzustellen, mit der versucht werde, eine „giftige stimmung“ [sic] gegen ihn an seiner Schule zu verbreiten. In den Kommentaren wird das Outing des aktiven Neonazis dann auch gerne mal mit der erzwungenen Kennzeichnung von Jüdinnen und Juden durch gelbe Sterne im Dritten Reich verglichen. Wir wollen uns mit diesem Artikel nicht den Schuh für das Outing von Svante K. anziehen, doch wir halten die Aktion für gerechtfertigt, da hier Informationen über einen bekennenden Kieler Neonazi der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Svante K. gehört zur lokalen Naziszene um die „Aktionsgruppe Kiel“ und NPD, er trifft sich mit bekannten Neonazis und er nimmt an Kundgebungen und Aufmärschen der rechten Szene teil.

Um es mit Worten zu sagen, die wir schon einmal benutzt haben: Spätestens als Konsequenz vor allem aus der deutschen Geschichte, bedeutet Antifaschismus neben der Aufklärung über die Ursprünge, Erscheinungsformen und Gefahr faschistischer Ideologie auch immer direkte und frühzeitige Gegenwehr gegen erklärte AnhängerInnen dieser Ideologie. Erst recht, wenn von ihnen öffentliche und politische Aktivität und damit eine unmittelbare Gefahr für alle sich im Widerspruch zu ihnen befindlichen Menschen ausgeht. Es liegt also im Selbstverständnis von AntifaschistInnen begründet, dass sie Neonazis und anderen FaschistInnen durch unterschiedliche Formen der Intervention regelmäßig ihr politisches Leben erschweren. Neben der ohnehin schon dem Faschismus innewohnenden Aggressivität gegen alle Menschen, die nach ihrem nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Weltbild weniger wert sein sollen als andere oder solche, die sich in politischer Opposition zu ihnen befinden, rufen vor allem in ihrem Anliegen erfolgreiche antifaschistische Aktionen immer wieder Reaktionen von Seiten der Neonazis und FaschistInnen hervor.


Nazi sein heißt Probleme kriegen!

Antifa-Aktionstage im November 09. Siempre Antifascista!

Internationale Gedenktage für alle Opfer und betroffenen Personen von Neonazigewalt. Aktives Gedenken heißt vorwärts schreiten, Erinnern heißt Kämpfen – kreative Aktionen gegen neonazistische Strukturen und rechtes Gedankengut. In eurer Region – in eurer Stadt.


Vom 11. – 21. November 2009 werden in verschiedenen Städten Deutschlands Aktionen und Veranstaltungen in Gedenken an alle Opfer und betroffenen Personen von Neonazigewalt stattfinden. In Mölln/Schleswig-Holstein wird es am 21.11. eine Demonstration unter dem Motto „Gedenken und Anklagen“ geben – in Göttingen, Berlin und Freiburg werden am Wochenende rund um den 14.11. verschiedene Aktionen stattfinden.

 

Gedenkt den betroffenen Personen, seid solidarisch und aktiv!

Wir sehen uns als Teil einer weltweit kämpfenden Antifa-Bewegung.

Macht Aktionen in den Städten dieser Welt…

Mölln:

Am 23. November 1992 kam es in Mölln zu rassistisch motivierten Brandanschlägen auf zwei Häuser, in denen Menschen mit Migrationshintergrund wohnten. Ein Haus brannte nieder, doch die BewohnerInnen konnten sich retten. In dem zweiten Haus welches angezündet wurde, starben Yeliz Arslan, Ayse Yilmaz sowie Bahide Arslan „ von deutscher Hand“. (unbekannter Interpret)

Noch während der Löscharbeiten gab es Bekenneranrufe bei der Polizei, die mit dem Ausruf „Heil Hitler!“ beendet wurden. Obwohl die Anrufe nicht zurückverfolgt werden konnten, wurden die Täter ermittelt. Der damals 19-jährige Haupttäter wurde zu zehn Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt und der 25-jährige Mittäter bekam eine lebenslange Freiheitsstrafe. Heute befinden sich beide wieder auf freiem Fuß.

In Gedenken an die Opfer der Brandanschläge in Mölln 1992 sowie allen anderen Opfern von Nationalismus, rufen wir zu einer Demonstration auf. Damit wollen wir unsere Trauer über die Geschehnisse und unsere Wut über die bestehenden Verhältnisse auf die Straße tragen.

 

Der Opfer gedenken – Deutschland anklagen

21.11.2009, Samstag | Mölln | Demo „Gedenken und Anklagen“ | Bahnhof | 11 h |

 

Infos: http://moelln92.blogsport.de und http://antifaherzogtumlauenburg.blogsport.de/

Göttingen:

Vor 20 Jahren wurde die Antifaschistin Conny in Göttingen nach einer Auseinandersetzung mit Neonazis von der Polizei in den fließenden Straßenverkehr gejagt. Dabei wurde sie von einem Auto erfasst, durch die Luft geschleudert und war sofort tot. Das war ein politischer Mord!

Zum 20. Todestag von Conny bereiten verschiedene Initiativen und Einzelpersonen Veranstaltungen, eine Ausstellung, ein Solikonzert und weitere Aktivitäten vor. Für Samstag, den 14.11.2009 wird zu einer Demonstration „Kein Vergeben, kein Vergessen!“ in Göttingen aufgerufen.

 

14.11.2009, Samstag | Göttingen| Demo „Kein Vergeben, kein Vergessen!“ | Markt/Gänseliesel | 15 h |


Infos: http://www.inventati.org/ali/ und http://conny2009.blogsport.de

Berlin:

Dieses Jahr finden zum zweiten Mal vom 11. bis zum 14. November Aktionen unter dem Motto „Siempre Antifascista“ statt. Im vergangenen Jahr fanden erfolgreiche Aktionen, wie eine kraftvolle Demonstration unter dem Titel “Kein Kiez für Nazis” mit mehr als tausend TeilnehmerInnen im Nordostberliner Stadtteil Pankow ,ein Festival sowie eine internationale antifaschistische Konferenz mit ReferentInnen aus Spanien, Russland, Italien, Tschechien und Serbien, die für eine breite öffentliche Resonanz sorgte, statt.

 

In diesem Jahr sind das Gedenken an die von Neonazigewalt betroffenen Menschen, Antifaschismus in Subkulturen und eine internationale Antifa-Bewegung weiterhin die zentralen Punkte unserer Arbeit.

 

Infos: http://nea.antifa.de/lokales/siempre-antifa09.html und http://www.red-skins.de/siempre/


Freiburg:

Am 14.11.09 wird in Freiburg eine große unangemeldete Demonstration unter dem Motto „Mit autonomen Zentren antifaschistisch in die Zukunft!“ stattfinden. Anlass ist ein Brandanschlag, den Neonazis am 9. September auf das Autonome Zentrum KTS Freiburg verübt haben.

Verschiedene Gruppen, linke Projekte und Parteien haben bereits ihre Solidarität bekundet und wir fordern dazu auf, sich aktiv mit dem Projekt KTS Freiburg zu solidarisieren. Mittlerweile sind die gröbsten Schäden behoben, wir bitten aber weiterhin um Spenden auf das Konto des Fördervereins für Subkultur e.V., Bankleitzahl 680 900 00, Kontonummer: 15513802, Verwendungszweck: Antifa. Die Spenden werden zur Reparatur der restlichen Schäden benutzt, alles überschüssige Geld kommt direkt antifaschistischem Engagement zu Gute.

 

Demonstration für mehr Autonome Zentren und gegen Nazis am 14. November 2009 | 14 Uhr | Freiburg | Schwabentor


Aufrufe und weitere Infos: www.kts-freiburg.org/siempre-antifascista